Des Blättchens 10. Jahrgang (X), Berlin, 24. Dezember 2007, Heft 26

Butzmann bei Kollwitz

von Hartmut Pätzke

Manfred Butzmann, Käthe-Kollwitz-Preisträger der Akademie der Künste des Jahres 1991, ist in einer prägnanten Werkpräsentation im Käthe-Kollwitz-Museum in Berlin-Charlottenburg zu erleben.
Butzmann wird als Maler, als feinsinniger Aquarellist und vor allem mit seinen Aquatinta-Radierungen – bis in die jüngste Zeit – vorgestellt. Zusätzlich nutzt er die Postkarte, um auf beängstigende Zustände in Gesellschaft und Natur, auf oft äußerste Gefahren aufmerksam zu machen.
In seinem Anliegen für Gesellschaft und Natur, von der Parkstraße 36 aus (Das grüne Haus), wo Butzmann bis vor kurzem mit seiner Frau lebte, um jetzt im elterlichen Haus in Bornim tätig zu bleiben, ist er Klaus Staeck verwandt. Die Ausstellung Parallel. Plakate von Klaus Staeck seit 1971 und Manfred Butzmann seit 1977, die 1996 zu sehen war, belegte die frappierende thematische Gemeinsamkeit der unterschiedlichen künstlerischen Sprachen. Butzmann setzt seine kritische Sicht unter bundesrepublikanischen Verhältnissen unbeirrt fort. Klaus Staeck, seit 2006 Präsident der Akademie der Künste, erinnerte in seiner Rede am Eröffnungstag der Ausstellung an seine Begegnungen mit Butzmann. Als »Moralisten im besten Sinne« hat Eugen Blume die beiden Künstler bezeichnet.
Die Ausstellung ermöglicht, auf zwei Etagen und in sieben Kapiteln klar gegliedert, sowohl Einblicke in die Biographie als auch in prägnante Teile des Werkes des Pankower Künstlers. Am Anfang standen die Lehre als Offsetretuscheur und vor allem der Malzirkel bei Magnus Zeller (1888 bis 1972) in Caputh. Noch vor Beginn seines Studiums in Weißensee bei Arno Mohr, Werner Klemke und Klaus Wittkugel brachte Butzmann Beachtliches hervor, kleine Bilder, Porträts vor allem.
Butzmann setzte sein Studium als Meisterschüler an der Deutschen Akademie der Künste bei Werner Klemke fort. Schwerpunkte in der Graphik sind Bauwerke, die er gefährdet sieht. Der Zyklus Steinernes Berlin nach dem gleichnamigen Buch (1930) von Werner Hegemann (dessen Werke 1933 verbrannt wurden) ist eine Hommage an die Stadt Berlin. Jule Hammer hatte die Aquatinta-Radierungen, 17 Blätter aus den Jahren 1981/82 und 27 Blätter aus den Jahren 1983 bis 1987, die zum Teil wie Grenzmauer (1981), Schinkels Elisabethkirche (1982) oder Giebelwand mit Schatten (1987) einen historischen Zustand dokumentieren, der inzwischen beseitigt, gewichen oder überholt ist, bereits 1988 im Haus am Lützowplatz ausgestellt.
Als Butzmann der Ruf zum halbjährigen Dienst in der Nationalen Volksarmee in Neubrandenburg ereilte, nutzte er ihn, um Charakteristisches aus dem Soldatenleben in Zeichnungen festzuhalten und anschließend in Graphik umzusetzen. Die Distanz zum Gesehenen und Erlebten, die Kühle des Daseins, die Leere des Militärischen wurden von Butzmann ins Bild gebracht.
Früh traten Besonderheiten in das Werk des Graphikers. Dazu gehören die »Abreibungen« (Frottagen), erstmals 1967, geübt im Meißner Dom und in der Stralsunder Nikolaikirche, eine auch kulturelle Tat. Im Käthe-Kollwitz-Museum sind die großformatigen »Abreibungen« aus Berliner Hausfluren zu sehen. SAXA LOQUUNTUR heißt es – Steine reden. Heimatkunde ganz eigener Sicht ist das Hauptthema des Künstlers.
Butzmann ist ein Mann der Tat. Dazu gehört auch das Pflanzen von Bäumen, womit Ben Wargin bis heute allenthalben für Aufsehen sorgt. Kontinuierlich, bis 1996, veranstaltete Butzmann, in der Ausstellung ist das Plakat zum 25. Fest zu sehen, im Oktober ein Spektakel mit Kindern, das Hasenfahnenfest in der Parkstraße in Pankow. Als Eintritt brachte jedes Kind eine selbstgefertigte Zeichnung mit. Bei Spiel, Sackhüpfen, Musik und Unterhaltung, die Musiker Schotten-Schulle und Lemmer waren stets dabei, brachten in späteren Jahren die einstigen Kinder bereits ihre eigenen Kinder mit. Über viele Jahre war auch der Drehorgelspieler Walter Nerger, genannt Latschenpaule, mit von der Partie. Den Abschluß bildete ein Umzug mit Lampions.
Der Hase als Symbol war bei Butzmann vor Joseph Beuys da. Butzmann meint, zu der Zeit habe er dessen Namen noch gar nicht richtig schreiben können und auch nichts von »sozialer Plastik« gewußt.
Manfred Butzmann hat nicht wenige freundschaftliche und kollegiale Kontakte, wodurch seine Initiativen stets auf ein breites Fundament gestellt waren. Als Fotografen begleiteten ihn Christian Borchert (1942-2000) und Joachim Thurn. Ihre Fotos verwendete Butzmann mitunter in seinen Plakaten.
Butzmann, das sollte man wissen, ist stets mit dem Fahrrad unterwegs, ohne auf öffentliche Verkehrsmittel ganz zu verzichten. Seine Plakate sind aus der Druckerei Graetz in der Auguststraße, wo Käthe Kollwitz ihr berühmt gewordenes Plakat Deutsche Heimarbeit-Ausstellung 1906 bereits drucken ließ. Vom Druckereiinhaber Walter Graetz aus, der Nachfolger ging in den neunziger Jahren in Konkurs, verteilte Butzmann per Fahrrad seine Plakate und klingelte so manches Mal an unserer Tür.
Die Ausstellung wurde als Beginn einer Zusammenarbeit des Käthe-Kollwitz-Museums mit der Akademie der Künste signalisiert. Das könnte Früchte für beide Institutionen zeitigen.

Manfred Butzmann. Eine Werkschau in sieben Kapiteln. Bis 6. Januar 2008, Käthe-Kollwitz-Museum Berlin-Charlottenburg, Fasanenstr. 24, Katalog (alle Reproduktionen in Farbe): 20 Euro