Des Blättchens 10. Jahrgang (X), Berlin, 17. September 2007, Heft 19

Der (Alp-)Traum vom Elch

von Gunnar Decker

Mit jeder Flasche Bier kann man ein Stück vom Urwald retten. Schluckweise kauft so eine Großbrauerei für ein paar Cent mehr pro Flasche den tropischen Regenwald auf. Keine Ahnung, was die dann damit macht. Hopfenanbau? Wahrscheinlich tobt schon der Krieg deutscher Brauereien um die letzten Zipfel des freien Regenwaldes. Besser als Marketing ist nur noch, eine unabhängige Studie in Auftrag zu geben.
Jetzt gibt es eine ungeahnte Alternative für alle, die sich nicht des Regenwaldes wegen zu Säufern machen lassen wollen: Elchjagd! Denn die Elche sind an der Erderwärmung schuld. Das hat ein Forscher von der norwegischen Universität für Biowissenschaften herausgefunden, und die Nachrichtenagentur AFP schickt es um die Welt. Demnach stößt ein ausgewachsener Elch jedes Jahr hundert Kilogramm des Treibhausgases Methan aus, was in der mit notorischem Rülpsen verbundenen Verdauung der Tiere seine Ursache hat. Jetzt rechnet der Wissenschaftler vor, diese hundert Kilogramm entsprächen einer Menge von 2,1 Tonnen des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2).Wie aus hundert Kilogramm 2,1 Tonnen werden können, wird allerdings nicht erklärt; aber das war auch nicht Ziel der Studie.
Eine solch gigantische Expansion, die jedes Gesetz zur Erhaltung der Masse revolutioniert, muß doch die Biogasproduzentenherzen aller Länder höher schlagen lassen. Was ist denn schon der Kampf ums Öl, wenn es noch solche Elche gibt! Jedoch scheint der norwegische Forscher, vielleicht wegen frühkindlicher Erlebnisse mit Elchen, blind zu sein für die ungeheureren Wachstumspotentiale seiner Entdeckung. Wenn das erst einmal die deutschen Bierbrauer mitbekommen! Statt dessen versucht der von negativer Energie blind vorangetriebene Forscher, das Elch-Image noch weiter zu schädigen, indem er ausrechnet, die Menge der Elch-Verdauungsgase entspräche genau dem Schadstoffausstoß bei einem Langstreckenflug von Oslo nach Santiago de Chile – hin und zurück. Leider hat er vergessen hinzuzufügen, um wessen Schadstoffausstoß es sich dabei handelt. Über Graugänse ist in dieser Hinsicht noch viel zu wenig geforscht worden.
140000 geschätzte Elche sind nach dieser Rechnung (294000 Tonnen Schadstoffe pro Jahr über Norwegen) genauso gefährlich für die Ozonschicht wie eine ganze Jumbojet-Flotte im Dauereinsatz. Bei soviel wissenschaftlicher Beweisführung naht der finale Elchtest für den Elch. Massenelchkeulung zum höheren Wohle des Klimas? Der moderate Mitteleuropäer, für den bereits Auto und Flugzeug so schadstoffrei gemacht worden sind, daß sie schon wieder nützlich für die Ozonschicht sind – ganz anders als die Elche – schlägt dagegen vor, über Technologien einer Reduzierung des Methanausstoßes dieser fehlkonstruierten Tiere nachzudenken. Nichtblähende Ersatznahrung etwa. Oder man geht mittels Gentechnik gleich an die Wurzel des Übels. Damit ließen sich auch Arbeitsplätze in der Industrie schaffen.
So müßte nicht einmal mehr der Elch der Umwelt zuliebe zum Aussterben gebracht werden. Anders als rothaarige Mitbürger; aber die sterben von ganz allein aus, meldet AP. Und das hat nichts mit ihrem Methanausstoß, sondern nur mit dem Paarungsverhalten zu tun. Denn Rothaarige, hat eine Studie herausgefunden, paaren sich immer weniger mit anderen Rothaarigen. So müssen die Rothaarigen bis 2100 aussterben. Welche Farbe haben eigentlich Elche?