von Kai Agthe
Die Nachricht erreichte die Hörer von mdr Figaro am 9. Juli 2007: Unter fünf Bewerbern ist der Berliner Schriftsteller, Schauspieler und Musiker Steffen Mensching zum neuen Intendanten des Theaters Rudolstadt gewählt worden. Ab der Spielzeit 2008/09 – und damit ab der 216. Spielzeit (!) des traditionsreichen Hauses – wird der gebürtige Ost-Berliner den Musentempel leiten. Da er sich zum Zeitpunkt, da die Neuigkeit verkündet wurde, in New York aufhielt, konnte Thomas Bille, der Moderator des Frühmagazins, den designierten Intendanten nur telefonisch befragen. Einem Theater stand Mensching bis dato nicht vor, hat aber Erfahrung in Theaterregie. 1997 inszenierte er Woody Allens Bullets over Broadway in Chemnitz. Und mit dem Stück Das Ballhaus, das vor Jahren in Weimar und in Rudolstadt aufgeführt wurde, war er auch schon in Thüringen als Bühnenautor zu erleben.
Bekannt wurde Mensching (Jahrgang 1958) durch die Zusammenarbeit mit dem kongenialen Hans-Eckardt Wenzel. Vor und nach 1989 begeisterten über viele Jahre beide mit ihrem anarchistischen Clownstheater Wenzel & Mensching. Die Szene, in der etwa ein lädierter Notenständer kurzerhand zum »Adapter« für eine »Piko-Spielzeug-Eisenbahn« mutierte, ist allen, die diesen Sketch je sahen, unvergeßlich: »Ab klappter, der Adapter.« Nach dem Ende des legendären Zwei-Mann-Projektes konzentrierte sich Steffen Mensching auf das Schreiben. Wie Wenzel so hatte Steffen Mensching schon in den späten siebziger Jahren als Lyriker reüssiert. Mit den Romanen Jakobs Leiter und Lustigs Flucht bewies er einen poetisch langen Atem, der die Kritik verzückte. Und während Wenzel eine feste Combo hat, war Mensching als musikalischer Gast der Berliner Folk-Band Schnaftl Ufftschick, die ihre Arrangements als »klezmerakustischen Dance Brass« bezeichnen, zu erleben.
Die Wahl Steffen Menschings zum Nachfolger von Axel Vornam (Jahrgang 1956) – der sein Amt 2003 antrat und im kommenden Jahr als Intendant nach Heilbronn wechseln wird – komme, so Mensching im Rundfunkinterview, seinem lang gehegten Wunsch entgegen, im Theater »intensiver tätig zu werden«. Und das in einer Region, die er nach eigenen Angaben gut kennt und mag. Auf die Frage, wie er, der Künstler, sich wohl in die mit dem Intendantenposten unmittelbar verknüpfte »Poetik der Verwaltung« finden wird, antwortete er, daß er auf die Unterstützung der Mitarbeiter des Hauses hoffe und mit seinen Aufgaben zu wachsen gedenke. »Ob ich aber die große Begeisterung für die ›Verwaltungspoetik‹ entfalte, bezweifle ich«, so Mensching gegenüber mdr Figaro.
Der künftige Intendant des kleinen, aber feinen Thüringer Theaters weiß natürlich nur zu gut, daß das Programm der Rudolstädter Bühne unter seiner Leitung nicht allein »um Kunstproduktion« – also um ein avantgardistisches und großstädtisch ambitioniertes Repertoire – zentriert sein kann und darf, sondern mit Kleinkunst, Literatur und Gesprächen eine möglichst breites Angebot bieten soll. Außerdem will Mensching stärker junge Leute in das Theaterleben Rudolstadts einbeziehen. Es werde für ihn ein spannendes Experiment sein zu erleben, »was man mit einem solchen Theater in der Region machen kann«. Die Sterne stehen für die Bühne im Schatten der Heidecksburg derzeit günstig: Weil der Landkreis Rudolstadt-Saalfeld die Fördermittel für das Theater erhöhte (und sich damit nachdrücklich zu der Kultureinrichtung bekannte), war auch der Freistaat in der Pflicht und mußte seine finanzielle Förderung ebenfalls nach oben korrigieren.
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