von Liesel Markowski
Seit fünfzehn Jahren gibt es die Kammeroper Schloß Rheinsberg: Junge Sänger kommen zur Sommerzeit in die idyllische brandenburgische Kleinstadt, um zu lernen, zu proben, sich zu bewähren. Siebentausend aus aller Welt waren es inzwischen. Viele von ihnen avancierten an großen Opernhäusern, sogar an der Met in New York waren »Rheinsberger« zu hören. Dazu hat Siegfried Matthus, spiritus rector des Ganzen, eine Werkstatt für junge Komponisten und Librettisten gegründet, um Neuschöpfungen von Opern zu fördern, ihren Autoren ein Forum von Fachleuten sowie Bühnenerprobung zu bieten. Es werden Libretti und ihre Vertonungen geprüft, diskutiert, in Teilen szenisch realisiert, vor richtigem Publikum. Anwesende Theaterleute sollen zu Kompositionsaufträgen und Aufführungen angeregt werden, was bereits dreimal erfolgreich geschah.
Bei der diesjährigen zweiten Werkstatt wurden sechs Szenenausschnitte erarbeitet nach Themen unterschiedlicher Couleur: abstrakte, auf Literatur oder Mythen der Vergangenheit orientierte, kritisch historische oder märchenhafte Stories. Sehr artifiziell und kompliziert wirkten Peter Sabbaghs Helle Nächte (Worte: Volkhardt Preuß) mit Literaturtext- und -Personen-Zitaten um Frauen, Liebe und Tod, Wachen und Traum in ermüdendem impressionistischen Tonstrom. Schwer zugänglich auch Hyazinth von Peter Francesco Marino (Text: Gabriele Strassmann), eine Variation der antiken Sage, verklausuliert und realitätsfremd, wenn auch musikalisch durchsichtig und knapp gefaßt.
Doch nicht alles schwebte auf esoterischer Höhe, manches war zum Glück lebensnäher, auch aktuellpolitisch wie die Szene Dunkelrot um den Asylantrag einer Afrikanerin in Deutschland von Karola Obermüller und Gabriele Strassmann mit eindringlicher dramatischer Geste im Gesang und Orchester. Auch die schlagkräftige politische Parodie auf Hitler & Co bei Morbus teutonicus sprach an, mit bizarren, wenn auch bekannten musikalischen Mitteln von Alexander Strauch (Text: Siegfried Gerlich) auf den Punkt gebracht.
Ausgesprochene musikdramatische Begabung hat der Däne Soeren Nils Eichberg mit seiner Vertonung der Fontane-Novelle Grete Minde (Libretto: Constanze John) bewiesen. Das tragische Schicksal einer Mutter mit unehelichem Kind, die, von hartherzigen Mitmenschen verstoßen, zur feuerlegenden Rächerin wird, ist in fesselnder Musik gestaltet. Am schönsten aber gelang Mario Wiegand Heiteres: Mit seiner spritzigen Komödie Kater, erzähl mir ein Märchen auf den Text von Marc Béla Steffens traf er beim Publikum ins Schwarze. Wunderbar locker geht es da um Tiere mit menschlichen Eigenschaften in einer mit vielen bekannten Zitaten gewürzten Musik, ein richtiger Spaß.
Die Aufführung aller sechs Szenen wurde ansprechend und abwechslungsreich von Marcello Cardosa Gama inszeniert. Das jugendliche, durchweg stimmschöne Sängerensemble und die instrumentale Camerata Rheinsberg haben unter Leitung von Ferenc Gabor alle Musiken klangvoll realisiert.
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