von Liesel Markowski
Cervantes’ Don Quijote de la Mancha als Musiktheater, das hat es schon gegeben. Aber wohl noch nie so leichtfüßig und brillant wie in den Theatralischen Abenteuern, die Hans Zender nach dem berühmten Roman ins Libretto gefaßt und vertont hat. Berlins Komische Oper präsentierte – in erstmaliger Kooperation mit dem ebenfalls in der Hauptstadt ansässigen Ensemble Zeitgenössische Oper – eine herzerfreuende Aufführung. In der Reihe mit dem Signum Akut hat das Haus in der Behrenstraße dieses bereits 1993 uraufgeführte Werk herausgebracht. Es bewährte sich nach wie vor als neu und frisch und hatte nichts von seinem Biß eingebüßt.
Die Geschichte des Ritters von der traurigen Gestalt, jenes Narren, der – ins Mittelalter zurückblickend – mit verblichenen Idealen die Welt verbessern will, naiv durch ein Traumland wandert und schließlich als Gutmensch stirbt, ist nach wie vor inspirierend. Zumal, wenn sie mit soviel Charme und Phantasie klingend daherkommt wie bei Hans Zender. Seine Musik ist uneingeschränkt modern, äußerst delikat und vielseitig. Sie gibt den einzelnen Abenteuern jeweils ein eigenes klangliches Profil, bedient sich ungewöhnlicher dramaturgischer Varianten. Der auch als Kapellmeister erfahrene Komponist (Jahrgang 1936) gibt seinem Orchestersatz durch viele Raffinessen ein ganz besonders schillerndes Flair: mit der geradezu bunten Besetzung des üppigen Schlagwerks (unter anderem Zymbeln, Xylophone, Donnerblock, Glocken) und sparsamen Streichern, Holz- und Blechbläsern. Melodram und Hörspiel mit verschiedenen Lautsprechern, Sprechgesang, Flüstern, rhythmisches Sprechen und Rhythmen per Schuhabsatz, Koloraturen, Kantilene und Life-Elektronik (Duett des Hauptdarstellers Don Quijote mit sich selbst) brechen Opern-Gewohntes spannungsvoll auf.
Die Bühne: ein Stahlgerüst in vier Etagen mit vielerlei Rädern, Hebeln, Maschinen. Regisseurin Sabrina Hölzel läßt die Figuren sich wie Puppen in den Etagen bewegen, ihre skurrilen Gewänder (Ausstattung: Mirella Weingarten) sind das I-Tüpfelchen dieser hell-kühlen und doch geheimnisvollen Ansicht.
Sowohl die Musiker der Komischen Oper wie die Ensemble-Solisten waren vorzüglich bei der Sache, und Dirigent Rüdiger Bohn führte das klingende Geschehen differenziert und effektvoll. Die schwierigen, bis auf die Protagonisten in zwei bis vier Rollen besetzten Vokalpartien wurden glänzend bewältigt. Besonders zu nennen Tom Sol mit fülligem Bariton als Titelheld und Mark Bowman-Hester mit extrem hohem Tenor als Sancho Panza.
Ein durch und durch amüsantes Erlebnis, das am Ende, als Don Quijote von einem ihm gleichenden Spiegelritter (der seinen, Dons, Part elektronisch rückwärts singt) besiegt wird, auch besinnliche Elemente hat.
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