Des Blättchens 3. Jahrgang (III), Berlin, 24. Januar 2000, Heft 2

Ein Nachruf

von Walter Thomas Heyn

Silvester sollte so schön werden. Nach zehn Jahren hatte ich als Freiberufler wieder einigermaßen festen Boden unter den Füßen und nach vier Jahren in Berlin eine Menge Freunde oder zumindest gute Bekannte. Einladungen lagen ausreichend vor. Ich entschied mich für eine Unternehmerfamilie aus Bernau; netter Mann, nette Frau und drei prachtvolle Bengels im besten Bengelalter, die mit mir ausdauernd Tischfußball zu spielen liebten. Der Hausherr war nach der Wende reich und bald darauf wieder arm geworden. Seitdem war er mittellos, lebte aber weiterhin standesgemäß auf höchstem Niveau mit Haus und Auto und allem, was gemeinhin als dazugehörig empfunden wird. Mitunter wurde ihm von den Chefs kleiner Handwerkerfirmen zu Hause aufgelauert, die auf diese Weise versuchten, an ihr Geld zu kommen. Aber es war ja keines da.
Nach dem Tischfußball-Turnier, welches ich 17:21 verlor, zeigte mir der Hausherr das neue Silberservice für den Tee, für nur schlappe 6000. Schüchtern wies ich auf die Situation der Handwerker hin, die doch für ihre Arbeit ihr Geld verlangten. Eisig wurde ich beschieden, nicht […]