27. Jahrgang | Nummer 10 | 6. Mai 2024

Antworten

Boris Pistorius, Minister für Ertüchtigung – Nachdem wir Ihre Sehnsucht nach „Kriegstüchtigkeit“ schon einmal und vergeblich kommentiert haben, sehen wir Sie nun im Rathaus von Osnabrück die Saga fröhlich fortsetzen. Das Rathaus, der Ort, wo 1648 nach fünf Jahren Verhandlung der Westfälische Frieden geschlossen wurde, ist vielleicht nicht gerade eine geeignete Stätte, die Einstimmung des deutschen Volkes zur Kriegsbereitschaft einzuleiten. Sie begründen dieses mit einer Bedrohung Deutschlands und der Notwendigkeit, in der Lage sein zu müssen, Kriege zu führen, insbesondere im Osten, damit diese Kriege nicht stattfänden. Es ist wahr, dass Putin den Osten der Ukraine besetzt hat, die Fortsetzung einer Jahrhunderte alten Fehde um Donbass und Krim, was den Überfall nicht rechtfertigt. Es ist jedoch keinesfalls zwingend, daraus eine Bedrohung Deutschlands abzuleiten. Wenn es eine Abschreckung gibt, dann sind es die Atomwaffenarsenale der großen Mächte und nicht die in Kasernen versteckten deutschen Soldaten, deren Anzahl Sie so gern vergrößern wollen.

Die Ausrichtung ausgerechnet deutschen Aufrüstungsbestrebens auf Russland ist im Grunde unerträglich, hat doch dieses Land, mit seinen damals assoziierten Republiken, über 20 Millionen Menschen geopfert, um die deutsche Armee zu besiegen und Europa zu befreien. Kriege gelten vermeintlich der Herrschaft und treffen doch das Volk. Was möchten Sie gern ausrichten in einem Krieg gegen dieses Volk, das auf einem Neuntel der Fläche der Erde lebt? Wie lange, glauben Sie, käme es zur großen Katastrophe, wäre die deutsche Brigade in Litauen widerstandsfähig, deren Personal Sie mit unerhörten Privilegien anlocken müssen, einer der seltsamsten Vorgänge, der die Öffentlichkeit um elf Milliarden Euro bringt? In Osnabrück sagten Sie zu Ihrem Erlass: „Ich habe noch viel zu viel vor, um hier über ein Vermächtnis zu reden.” Uns graut vor Ihrem Vermächtnis. Einer der Hauptgründe für den Westfälischen Frieden war „Kriegsmüdigkeit”, die auf die „Tüchtigkeit” folgte, man erinnere sich an den Marsch Napoleons weg von Moskau in späterer Zeit. Nehmen Sie sich Zeit, die Geschichte von Krieg und Frieden zu verstehen, dann werden Sie finden, dass überzogene Aufrüstung und Kriegsrhetorik der beste Weg ins Unglück sind.

 

Wolfgang Kubicki (FDP), Bundestagsvizepräsident – Dass es noch in dieser Legislaturperiode in Sachen Aufarbeitung der Corona-Pandemie zu einer Enquete-Kommission des Bundestages kommen könnte, sehen Sie nicht. „Aber der Druck wird massiv zunehmen.“ Und Sie haben auch Vorstellungen dazu, worüber zu reden wäre: „Viele Politiker haben sich damals für ‚Team Vorsicht‘ statt ‚Team Augenmaß‘ entschieden, weil ersteres honoriert und letzteres abgestraft wurde. Das war auch in den Medien oder der Wissenschaft so. Es gibt Stellungnahmen aus der Leopoldina, die sind an Peinlichkeit nicht zu überbieten. Oder von Frau Alena Buyx aus dem Ethikrat, die jetzt auf einmal auch die Aufarbeitung für sich entdeckt hat. Oder von Christian Drosten, der sagt, wir hätten es besser hinbekommen als die Schweden. Was nachweislich falsch ist.“

Offenbar haben Sie Hoffnung, dass die Aufarbeitung hinsichtlich der Pandemie nicht so lange auf sich warten lassen wird wie im Falle der braunen Vergangenheit der Bundesbank. Die hatte den Auftrag dazu ja überhaupt erst im Jahre 2017 erteilt und Ergebnisse nochmals sechs Jahre später präsentiert … (siehe Blättchen 9/2024).

 

Kristi Noem, Running Mate und Enfant terrible – Seit 2019 sind Sie die Gouverneurin des US-amerikanischen Bundesstaates South Dakota. In dieser Funktion dürfen Sie etwa jede siebte Quadratmeile Ihres Staates bei Strafandrohung nicht mehr betreten. In vier Reservaten verschiedener Sioux-Stämme droht Ihnen eine Festnahme. Die Sioux belegten Sie mit einem Bann wegen rassistisch pauschalisierender Äußerungen über die indigene Bevölkerung, wie die New York Times berichtete. Das können wir gut verstehen. Deutlich größere Wellen jedoch schlug jüngst ihr Buch, in dem Sie am Rande beschrieben, wie und warum Sie Ihren Hund (das ZDF meldet gar: Welpen, ein 14 Monate alter Deutsch-Drahthaar) vor zwanzig Jahren erschossen haben. Das letztere geht ja nun überhaupt nicht, findet die Volksseele in Deutschland und anderswo!

Warum diese neueste Aufregung über olle Kamellen? Sie sind die kandidierende Partnerin von Donald Trump, den american God verhüten möge, für die kommende Präsidentschaftswahl, also fast schon Vizepräsidentin.

 

Manja Schreiner, gewesene Berliner Senatorin für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt – Die Universität Rostock kam nicht umhin, Ihnen den Doktortitel zu entziehen, den sie Ihnen 2007 für eine Dissertation zum Thema „Arbeitnehmerberücksichtigung im Übernahmerecht“ verliehen hatte. „Übernahmerecht“ ist hier das Stichwort. Offenbar haben Sie erhebliche Teile Ihrer Arbeit – vermeintlich im Recht – „übernommen“, ohne dies wie verlangt zu kennzeichnen. Das Portal VroniPlag Wiki hat jedenfalls festgestellt, dass rund 19 Prozent des Hauptteils Ihrer Arbeit Plagiate seien. Unter Politikern und Politikerinnen scheint das nicht völlig unüblich zu sein, denn Sie befinden sich diesbezüglich in illustrer Gesellschaft. Kein Wunder also, dass die Plagiatsjäger bei dieser Berufsgruppe besonders argwöhnisch sind. Gewiss, über Ihren Widerspruch ist noch nicht entschieden. Dennoch: Einer Ihrer Wahlwerbesprüche 2023 hieß doch „Nutzen Sie die Chance für einen Neuanfang!“