20. Jahrgang | Nummer 25 | 4. Dezember 2017

Käthe Kollwitz in Dresden

von Hartmut Pätzke

Käthe Kollwitz hatte sowohl durch Max Lehrs (1855–1938), den sie noch Direktor des Kupfer-und Zeichnungskabinetts nannte und mit dem sie auch einen beachtlichen Briefwechsel über 40 Jahre führte, als auch durch Dresdner Kunsthandlungen als auch Sammler in Dresden einen hohen Stand.
„Die Kollwitz-Sammlung des Dresdner Kupferstich-Kabinettes. Graphik und Zeichnungen 1890–1912“, herausgegeben von Werner Schmidt, war im Käthe Kollwitz Museum Köln 1988, in einer Publikation des DuMont Buchverlages Köln opulent dargeboten worden. Nur gelangte dieser wunderbare Katalog damals kaum nach Dresden. In ihm geben Verzeichnisse der „Vermißten graphischen Blätter“ und der „Vermißten Zeichnungen“ des Dresdner Kupferstich-Kabinettes detaillierte Auskunft. Drei graphische Blätter konnten nun am 8. November 2017 wieder in das Haus aufgenommen werden, wie in der Presse zu lesen war. Es sind ein Frauenkopf von 1905, eine Lithographie, zwei Radierungen (ein weiterer Frauenkopf von 1905 und ein Selbstbildnis von 1910).
Im Jahr des 150. Geburtstages der Künstlerin, die in Dresden früh gewürdigt wurde und ihr Leben aufgrund einer Einladung von Prinz Ernst Heinrich von Sachsen, auf dem Rüdenhof, benachbart dem Schloss Moritzburg, beschließen sollte, hat spät eine Ausstellung geöffnet, in der Max Lehrs, der durch Karl Woermann 1896 zum Direktor des Kabinetts berufen worden war, die überragende Gestalt bildet. 1904 ging er nach Berlin, wo er leichter direkten Kontakt zu Käthe Kollwitz, gewinnen konnte, kehrte 1908 nach Dresden zurück. 1917, zum 50. Geburtstag der Künstlerin gab es eine Ausstellung der Handzeichnungen der Künstlerin. Es gelang, zehn Zeichnungen zu erwerben, zudem drei Selbstbildnisse. Lehrs gewann bis zum Dezember 1923 für Dresden 179 Grafiken und 21 Zeichnungen der Kollwitz.
Die „Selbstbildnisse“ der Dresdner Ausstellung werden angeführt von einem „Selbstbildnis“, noch gezeichnet mit ihrem Familiennamen Schmidt, eine aus dem Nachlass der Familie Kollwitz im Jahre 2000 in das Käthe Kollwitz Museum Köln gelangte Federzeichnung in Schwarz und Pinsel in Braun aus dem Jahr 1898. Die 16 Selbstporträts, in unterschiedlichen Techniken, dürfen als eine Verneigung vor dieser außerordentlichen Künstlerin verstanden werden. Darunter sind drei 1917 erworbene Zeichnungen, die Kaltnadelradierung „Selbstbildnis am Tisch“ (1893?) und die Lithografie aus dem Jahr 1934, die 1998 als Geschenk aus der Sammlung Hans Theo und Hildegard Richter in die Sammlung gelangte. Neben den Selbstbildnissen bildet „Ein Weberaufstand“, ausgestellt auf der „Großen Berliner Kunstausstellung“ 1898, wo Woldemar von Seidlitz und Max Lehrs dazu gelangten, den Grundstock für die Käthe-Kollwitz-Sammlung in Dresden. „Ein Weberaufstand“ zählte zu den ersten Ankäufen. Die „Goldene Medaille“, die der Kollwitz für diese Leistung von der Jury zugesprochen wurde, zu der Adolph von Menzel und Max Liebermann zählten, wurde von Wilhelm II. abgelehnt. Auf Vorschlag von Max Lehrs wurde ihr jedoch in Dresden eine kleine goldene Medaille zugesprochen. „Die Graphischen Künste“ in Wien brachten von Max Lehrs 1903 das erste Werkverzeichnis des graphischen Werkes der Kollwitz. Max Lehrs hielt nichts von der Praxis, allein Geschenke von Künstlern anzunehmen. Um den Rang zu wahren, schien ihm der Kauf einzelner Blätter unabdingbar, sodass bereits 1902 insgesamt 85 Blätter im Kabinett waren. Zum 1. Januar 1905 wechselte er als Direktor zum Berliner Kupferstichkabinett, wo er die Erwerbungen, die im Kupferstichkabinett 1902 begonnen hatten, fortsetzte. Zum 1. Juli 1908 ging er wieder nach Dresden. Unter seinen Nachfolgern war inzwischen nicht ein Blatt der Kollwitz erworben worden. Er blieb dort bis zum Dezember 1923.
Der Katalog enthält weitere Druckgrafik, darunter das „Gedenkblatt für Karl Liebknecht“ in der ersten verworfenen Fassung, in der verworfenen zweiten Fassung als auch in der dritten endgültigen Fassung, einem Holzschnitt von 1920. Die sieben Blätter der Folge „Krieg“ (Holzschnitte in Schwarz, 1922), beschließen Ausstellung und Katalog.
Die Ausstellung, die nur 78 Blätter umfasst, darunter drei Leihgaben, ist im Residenzschloss Dresden bis zum 14. Januar 2018 zu sehen. Bis zum 10. Dezember 2017 präsentiert das Käthe Kollwitz Museum Köln einige der Käthe-Kollwitz-Preisträger der Akademie der Künste, unter ihnen die diesjährige Preisträgerin, Katharina Sieverding.
Zu bedauern ist, dass der Dresdner Katalog ohne ein erhellendes und notwendiges Register blieb.

Petra Kuhlmann-Hodick u.a. (Hrsg.): Käthe Kollwitz in Dresden, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett / Paul Holberton publishing, Dresden / London 2017, 176 Seiten, 20,00 Euro (Museumsausgabe).