19. Jahrgang | Nummer 14 | 4. Juli 2016

Antworten

Boris Johnson, britischer „Verzichtspolitiker“ – Obwohl insel- und europaweit als strohblonder Kopf der Brexit-Kampagne bekannt, haben Sie darauf verzichtet, für das Amt des neuen Premiers zu kandidieren. Sie hätten „nicht das Zeug, um das Land zu führen“, lautete die Begründung. Wiewohl das sehr wahr ist, rätseln die Medien darüber, ob Sie Opfer einer Intrige geworden oder einfach zu faul zu konstruktiver Sacharbeit sind. Der Verdacht liegt nahe. Im Deutschen sagt man: „Große Klappe und nichts dahinter.“ Im Englischen wohl: „All mouth and no trousers.“

Anna Veronika Wendland, Osteuropa-Historikerin – Im Onlinejournal Internationale Politik und Gesellschaft (IPG) fordern Sie ein Ende der „verlogenen Symbolpolitik“ gegenüber Russland. Zitat: „Die NATO war gegen die Sowjetunion gerichtet, sie wurde von Russland nie anders wahrgenommen, auch nicht in der Zeit des erfolglosen Ausprobierens von vertrauensbildenden Alternativen. Und sie ist jetzt wieder gegen Russland gerichtet, muss es heute zwangsläufig sein.“ Man müsse den Russen endlich zu verstehen geben, dass sie „einstweilen“ als Gegner betrachtet werden. Bemerkenswert ist, dass Sie gerade erst zum Mitglied des Petersburger Dialogs erkoren wurden, der sich ausdrücklich der Verständigung zwischen Deutschland und Russland widmen soll. Was wird Ihr Beitrag dazu sein? Etwas anderes als den Abbruch des Dialogs könne Sie doch kaum erreichen.

Panamakanal-Erweiterungsbauer, Könner – Ihre grandiose Leistung ging im Brexit-Spektakel fast unter. Kurze Meldungen nur, dabei schreibt dieses Projekt vermutlich mehr Geschichte für die Menschheit als unsere europazentrierten Medien wahrnehmen wollen. Wir gratulieren! Zwei Jahre Bauverzögerung und Kostenverdopplung sind bei einem Projekt dieser Größenordnung akzeptabel – und Berlin kann das sicher nur voll Neid angesichts seiner BER-Erfahrungen zur Kenntnis nehmen.

Kris Kristofferson, Songwriter, Sänger, Mime – Ihr Platz in der Popgeschichte wäre Ihnen sicher, selbst wenn Sie nur diese zwei Songs geschrieben hätten: Da wäre zum einen „Me and Bobby McGee“. Allerdings nicht wegen Ihrer eigenen Country-Einspielung mit Schunkel-Touch, sondern weil eine Kollegin mit ganz anderem stimmlichen Format, der Sie zeitweise nahe standen, daraus die Hymne der Hippiegeneration gemacht hat – die viel zu jung verstorbene Janis Joplin. Und zum anderen Ihren Katersong „Sunday Mornin‘ Commin‘ Down“, den Conny Cash zum Nummer-eins-Hit machte. Auch als Schauspieler reüssierten Sie – sehr früh bereits (1973) als Billy the Kid in Sam Peckinpahs Western „Pat Garrett jagt Billy the Kid“ mit der grandiosen Filmmusik von Bob Dylan, der zugleich ein Mitglied Ihrer Gang spielte. Traurigen Ruhm hatte Ihre Hauptrolle in Michael Ciminos „Heaven’s Gate“ (1980) zur Folge, denn der Film ruinierte United Artists, eines der großen Hollywood-Studios. Zunächst hatte sich das Budget von geplanten 20 auf 44 Millionen Dollar mehr als verdoppelt, dann spielte der Streifen keine acht Millionen ein. Das lag vor allem daran, dass das Vierstundenopus, das der Regisseur aus 220 Stunden Filmmaterial destilliert hatte, bei der amerikanischen Filmkritik gnadenlos durchfiel: Der Film galt zu seiner Zeit als zu unpatriotisch, zeigte er doch anhand des historischen Johnson County War, in dem amerikanische Großfarmer um 1890 im Bundesstaat Wyoming versuchten, osteuropäische Einwanderer zu vertreiben, wie sehr die USA auf der Basis von Brutalität und nackter Gewalt errichtet worden sind. Genau für dieses gesellschaftskritische Herangehen wird der Film heute geschätzt.
Am 22. Juni sind Sie 80 geworden. Wir gratulieren nachträglich!