18. Jahrgang | Nummer 16 | 3. August 2015

Lobpreisung in höchsten Tönen. Cum grano salis …

von Alfons Markuske

Über diese Ausnahmekünstlerinnen und Ihr neues Programm „Ein Karneval der Tiere und andere Phantasien“ eine Kritik schreiben zu wollen, wäre, um Talleyrand zu zitieren, nicht nur ein Verbrechen: Es wäre ein Fehler. Denn unter Lobpreisung in höchsten Tönen kommt hier überhaupt nichts in die Tüte!
Die Rede ist wieder einmal vom Hamburger Instrumental-, Vokal-, Esprit- und Prêt-à-porter-Quintett Salut Salon, dessen neues Programm vor kurzem Premiere hatte, traditionell im Thalia Theater der Hansestadt. Inspiration dafür hatte sich das Ensemble bei seiner Afrika-Premiere in Nairobi, der Hauptstadt Kenias, im Januar dieses Jahres, geholt, wo es auch mit Kindern in Slums arbeitete – wie in Viña del Mar/Chile bereits seit 13 Jahren.
Wem Angelika Bachmann, die prima inter pares, (Geige), Iris Siegfried (Geige, Gesang), Sonja Lena Schmidt (Cello, das sie gelegentlich – stehend spielend – zu führen weiß, wie weiland Ivenhoe seine Lanze) und Anne-Monika von Twardowski (Klavier) allerdings immer noch kein Begriff sind, der oder die höre und sehe sich vorm Weiterlesen erst einmal Vivaldis Sommer auf Youtube (20 Millionen Klicks in einem Jahr!) an, um zu entscheiden, ob ihm zusagt, was die Damen und wie sie es treiben. Es soll ja auch ziemlich humorresistente Musikal-Puristen geben … (Zum neuen Programm gehört dieses Kabinettstückchen, der Sommer, zwar nicht, aber als Publikum kann man ihn sich zum Abschluss erklatschen, mit standing ovations. So geschehen beim Hamburger Konzertabend am 25. Juli.).
Dieses Mal gibt also Camille Saint-Saëns den Rahmen vor, aber da dessen Suite mit ihren 14 kurzen Sätzen, die aber nicht alle „zum Einsatz“ kommen, nur etwas über 20 Minuten dauert, konnten noch jede Menge weiterer Tiere eingeladen werden: Johann Sebastian Bachs sicher weidende Schafe sind ebenso dabei wie Jacque Iberts „Kleiner weißer Esel“, die Schlange Kaa aus dem Dschungelbuch, Modest Mussorgskis „Kücklein in ihren Eierschalen“ und Nikolai Rimski-Korsakows fliegende Hummeln. Nicht zu vergessen Astor Piazzolas Haifisch („Escualo“) und ein im Vergleich zu seinen überwiegend nur prollig verfressenen Artgenossen kulinarisch exponentiell verfeinerter König der Tiere, der sein Savannenfrühstück besingt.
Und diese Löwen-Nummer toppt die anderen noch insofern um einen Hauch, als Anne-Monika von Twardowski dabei zeigt, dass sie nicht nur auch über eine wunderbare Singstimme verfügt, sondern zugleich über das nötige Spektrum im Minenspiel und in der Gestik, um solch einen Song zum Gesamtkunstwerk zu machen. Bitte mehr davon! Nicht als Konkurrenz zu Iris Siegfried, doch als Ergänzung allemal. Und, falls diese Stoß-Fürbitte erhört werden sollte, dann im nächsten Programmheft bitte die „Genrebezeichnung“ von Anne Monika – Darf ich Sie so nennen? Natürlich nur mit Hamburger Du! – erweitern auf Klavier, Gesang.
Eines von den vielen kleinen Sahnehäubchen, die Salut Salon wieder für sein Publikum bereithält, ist darüber hinaus Sonja Lena Schmidts Demonstration, wie man es sich vorzustellen hat, wenn eine Schildkröte Cancan tanzt. Sie, Sonja Lena Schmidt, tut das während ihres Cello-Spiels, zu dem die Füße ja bekanntlich nicht unbedingt gebraucht werden.
Und dann Angelika Bachmann an der singenden Säge! Dieses Instrument beamt Saint-Saëns‘ „Schwan“, noch dazu kombiniert mit Tschaikowskis „Tanz der kleinen Schwäne“, in eine ganz neue Dimension.
Doch Iris Siegfried – ist zu ihr denn gar nichts zu sagen? Nein, die haut mich nämlich jedes Mal so vom Hocker, dass ich eh bloß ins St …, Sto …, Stottern käme.
Doch apropos Quintett und cum grano salis: Dieses Mal fehlt Oscar, der Quotenmann der Truppe, was an sich schon unverzeihlich ist, denn auf den wartet das Publikum inzwischen so wie vor Jahrzehnten auf Martin Jente jeweils am Ende der legendären Samstagabendshow „Einer wird gewinnen“ mit Hans-Joachim Kuhlenkampf. Gut, Angelika Bachmann liefert im „Abspann“ die womöglich zutreffende Entschuldigung, Oscar weile noch in Afrika auf Safari, und die hoffentlich zutreffende Tröstung, pünktlich zum Weihnachtsprogramm werde er wieder mit von der Partie sein. Aber ehrlich? Eigentlich hätte die jetzige Premiere eben um ein paar Tage verschoben werden müssen …

P.S.: Hamburg weiß, was es an Salut Salon hat, und ernannte die Künstlerinnen im Juli zu Ehren-Alster-Schleusen-Wärterinnen, eine Ehrung, die die Congregation der Alster-Schleusenwärter S.C. an Personen vergibt, die Schleusen für die Hansestadt öffnen. Da stehen sie nun in einer Reihe mit solchen Persönlichkeiten wie Siegfried Lenz, John Neumeier, Jürgen Roland, Heidi Kabel und – Uwe Seeler.

Tournee-Daten unter www.salutsalon.de. Und Karten? Schwierig, aber nicht aussichtslos. Für das Weihnachtsprogramm am 18. Dezember in Neubrandenburg etwa gab gerade es noch welche. Zwar 16. Reihe, aber immerhin.