18. Jahrgang | Nummer 5 | 2. März 2015

Enttäuschung

von Renate Hoffmann

Beinah wär’ es Frühling gewesen.
Kürzlich hatte ich gelesen
Zugvögel zögen schon nach Nord,
und in einem kleinen Ort
– bei Quieselbach –
blühten seit einem Weilchen
die ersten Veilchen.
Es dufte stark danach.

Mal abgeseh’n vom Veilchenduft
spürt man deutlich milde Luft.
Herr Klein dreht sportlich seine Runde,
so etwa um die Mittagsstunde.
Er trägt den Wintermantel offen
und geht auch heute ohne Hut,
was er sonsten nie nicht tut.
Das lässt doch hoffen.

Amseln flöten honigsüße,
Meisen trällern ihre Grüße,
Spechte hämmern wie besessen,
als hätten sie den Takt vergessen.
Nur die Kuckucksrufe fehlen.
Zugefrorne Pfützen schmelzen
und die Stimmung geht auf Stelzen.
Wonne tropft in alle Seelen.

Dann am Nachmittag um viere
trete ich vor meine Türe.
Ach, da schneit es wie verrückt …
Ich bin ziemlich unbeglückt.