von Thomas Behlert
Wer mit wachen Augen und ebensolchen Sinn für das Besondere durch die Welt des Lesens stiefelt, wird immer wieder Bücher entdecken, die sich mit ein und demselben „Ding“ beschäftigen. Und dann heißen die Druckerzeugnisse auch noch „111 Gründe“. Aber warum gibt es zu einem Thema gerade 111 Gründe? Warum gerade diese Primzahl? Mit der lässt sich doch gar nichts anfangen, sie ist ja nur durch 1 und durch sich selbst teilbar. Die vorhergehende Zahl, also die 110, ist doch viel schöner anzusehen. Mit der kann man etwas anfangen, sie ist mathematisch sinnvoller und besser zu handhaben.
Nun gibt es eben 111 Gründe und viele naseweise Schreiberlinge beschäftigen sich mit der dreistelligen Zahl. Aus allen Richtungen kommen mittlerweile Bücher, die ganz verschiedene Themen aus Sport, Kultur und Lebensraum näher beschreiben und eben 111 Gründe dafür anführen, zum Beispiel dieses oder jenes „Ding“ zu lieben. Zum ersten Mal stieß ich darauf, als Frank Schäfer sich mit Heavy Metal beschäftigte und 111 Gründe zu dieser Musikrichtung in einem Buch festhielt.
Ganz verstärkt hat nun der Berliner Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf dieses Schema aufgegriffen und machte sogleich die Fans vieler Fußballmannschaften glücklich, indem er Begeisterte des runden Leders, die auch noch ganz hervorragend schreiben können, für die 111 Gründe-Bücher gewinnen konnte. Nun liegt eine geballte Ladung Fußballfieber in den Regalen. Mit dabei sind die wichtigen Mannschaften, die sich gerade in der 1. Bundesliga um die besten Plätze schlagen. Ob nun Bayern München, Borussia Dortmund, Hamburger SV oder die gerade wieder aufgestiegene Hertha BSC – zu jeden werden genau 111 Gründe offeriert, den jeweiligen Verein zu lieben. Mit dabei sind außerdem die Kultmannschaften 1. FC Köln, FC St. Pauli und – als einziger Club aus dem Osten – der 1. FC Union Berlin.
Herausgepickt habe ich mir das Buch zu Werder Bremen, da dieser Verein seit Jahren nicht gerade um die Liebe der Fans kämpft und sich zumeist um einen Nichtabstiegsplatz bemüht. Hier schreiben Nina Willborn und Thomas Andre vergnüglich und spannend über Eigenarten und Aktionen des Vereins, die nur mit ihm in Verbindung gebracht werden können. Als 61. Grund, Werder zu lieben, wird angeführt: Weil die Mannschaft die anspruchsvollsten, schnöseligsten und motzigsten Fans hat. Der interessanteste Grund aber ist der 27. Hier steht, wen die Bremer schon alles abgelehnt haben: Petr Cech, Udo Lattek, Stefan Effenberg, Andrej Schewtschenko und Michael Ballack. Ob aber Werder mit diesen Weltstars überhaupt etwas hätte anfangen können, wäre ein weiteres Buch wehrt.
Im selben Verlag sind neben den Fußballbüchern auch Gründe-Bücher über Großstädte und Landstriche erschienen, wie zum Beispiel Hamburg, Berlin, New York, Italien und die Ostsee. Darin sollten Mann und Frau unbedingt einmal geblättert haben, bevor eines der vorgestellten Reiseziele angesteuert wird. Und außerdem kann während des Stadtrundgangs im betreffenden Buch gestöbert und untersucht werden, ob die genannten Gründe tatsächlich stichhaltig sind.
Besonders gut gelungen ist „111 Gründe, die Ostsee zu lieben“. Petra und Jörg Mehrwald geben eine wunderschöne Liebeserklärung ab, die sich humor- und liebevoll mit dem größten Binnengewässer Europas beschäftigt. Kurioses wird vorgestellt, Geheimnisse um die Hanse verraten und sogar mitgeteilt, wo der Ostseereisende noch Bernstein findet.
Nicht zuletzt ist ein Buch erschienen, das die Lehrerschaft wieder aufrichtet und sich mit dem schönsten Beruf überhaupt beschäftigt: „111 Gründe, Lehrer zu sein“. Witzig und hintersinnig stellt der Schriftsteller Dietrich von Horn die Besonderheiten des Lehrerberufs vor und beschäftigt sich mit dem Typ Lehrer im Besonderen. Übrigens sollten das Lehrer-Buch unbedingt alle Eltern lesen, denn oft machen diese den größten Unfug und dann erst die Schüler.
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