16. Jahrgang | Nummer 16 | 5. August 2013

Der Luftballon

von Renate Hoffmann

Sonntagfrüh, es war halb acht,
und wer hätte da gedacht,
dass im Hauptbahnhof Berlin
ein Luftballon die Runde macht.

Auf dem Bahnsteig, ziemlich leer,
kommt er plötzlich so daher.
Angezeigt ist: Zug aus Wien.
Ach, das kümmert ihn nicht sehr.

Wenig Luft, doch himmelblau
schwebt er sanft im Großstadttau.
Steigt nach oben, kommt herunter,
dreht sich eitel wie ein Pfau.

Unbefugt und naseweise
wagt er sich auf die Geleise,
trudelt dort vergnügt und munter,
als wolle er auf eine Reise.

Nun aber braust der „Wiener“ ran,
der den Ballon nicht sehen kann.
Diesem wird vor Schreck ganz schwach.
Knall – perdu – welch’ Ungemach.

Und von seines Daseins Fülle
bleibt nur noch die blaue Hülle.