16. Jahrgang | Nummer 14 | 8. Juli 2013

Film ab

von Clemens Fischer

Filme von den Brüdern Ethan und Joel Coen sind bisweilen nur etwas für Menschen mit starken Nerven. Wer sich an die Showdowns von „Blood Simple“ oder „Fargo“ (ein Oscar, drei Nominierungen) und vor allem an „No Country for Old Men“ (drei Oscars, eine Nominierung) erinnert, wird das sicher bestätigen. Aber auch fürs nicht ganz so harte Publikum haben sie schon veritable Stücke abgeliefert – wie das Gangster-Epos „Millers Crossing“ oder den Spätwestern „True Grit“. Und weiteres Publikum dürfte sich der Fan-Gemeinde bei schrägen Streifen wie „Hudsucker“ oder „The Big Lebowski“ hinzugesellt haben. Die meisten dieser Filme zeugten zugleich von einem, sagen wir, sehr eigenwilliger Humor der Brüder, der durchaus als eines ihrer Markenzeichen gelten kann.
Eher enttäuschend hingegen waren Ausflüge der Coens ins Genre Komödie. Ihr Remake des Klassikers „Ladykillers“ war jedenfalls rasch wieder vergessen. Das könnte „Gambit – Der Masterplan“, erneut ein Remake, zu dem die Coens das Drehbuch beisteuerten, auch wieder so gehen. Denn was als geniale Idee daherkommt, einen steinreichen Kotzbrocken um eine Menge Geld zu bringen und seinem brillanten, britisch-steifen, aber von seinem Arbeitgeber dauer-gemobbten Knecht für (eigentlich: Kustos von) dessen Kunstsammlung nicht nur finanzielle Genugtuung zu verschaffen, und was überdies trefflich besetzt ist (Colin Firth als Kustos, Alan Rickman als Kotzbrocken und Cameron Diaz als US-Südstaaten-Mädel auf dem schmalen Grad zwischen doofer Blondine und Sympathieträgerin mit Herz und Hirn am richtigen Fleck), das kommt insgesamt so artifiziell-bemüht, so überhaupt nicht wunderleicht komödiantisch, mit einem Wort: so langweilig daher, dass einem Coen-Fan nur die Vorfreude auf den nächsten Film der Geschwister bleibt. Der dann hoffentlich cineastisch den eingangs genannten wieder deutlich näher kommt oder – besser noch – sie möglichst übertrifft.
„Gambit“, Regie: Michael Hoffman; derzeit in den Kinos.

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Wer Brad Pitt als netten, gefühligen Sympathieträger genießen will wie in „Legenden der Leidenschaft“ oder „In der Mitte entspringt ein Fluss“, die oder der wird sich vor Jahren weder „Sieben“ noch „Inglourious Basterds“ angetan haben und sollte derzeit auch bei „World War Z“ einen großen Bogen um das Kino machen. Zwar gibt Pitt in diesem Streifen auch den treu sorgenden, höchst sympathischen und völlig unheroischen Familienvater, dem nach offenbar einschlägigen Erfahrungen die heimischen vier Wände wichtiger sind als die Karriere, vor allem aber muss er die Welt retten. Und zwar vor einer durch einen Virus ausgelösten und rasant verbreiteten Zombie-Invasion, die die Einwohner ganzer Großstädte binnen Kürze dahinrafft und gegen die kein Kraut gewachsen scheint.
Wer sich „World War Z“ trotzdem zumutet, der wird von Regisseur Marc Forster neben dem üblichen apokalyptischen Zombie-Horror – dieses Mal gehen die Beißer allerdings nicht spastisch-langsam sondern ausgesprochen zügig, ja geradezu flink zu Werke – zum Teil mit semi-dokumentarischen Bildern konfrontiert, wie sie bisher noch nicht zu sehen waren. Wie die Untoten etwa eine gigantische Mauer, die zum Schutz um Jerusalem errichtet wurde, mit nichts als der Aufeinanderschichtung ihrer Körper überwinden und anschließend Juden und Arabern ohne Unterschied den Garaus machen, das wird der Zuschauer so schnell nicht vergessen. Auch dank 3D nicht. Und wer will, kann in diese Sequenz sogar so etwas wie eine politische Botschaft mit ambivalent positiver Note hineininterpretieren: Wenn die Existenz erst irreversibel bedroht ist, dann erledigen sich zumindest alle anderen Probleme und Streitereien schlagartig von selbst. Zombies als finale Metapher für den Nahost-Konflikt – das dürfte schwerlich zu toppen sein.
Weit hergeholt? Anscheinend nicht, denn auch der Regisseur selbst hat ja eine politische Botschaft formuliert, für die sein Film stehen soll: „2015 werden wir zehn Milliarden Menschen sein, für die es immer weniger Ressourcen gibt. Da steht uns ohne Frage ein Tipping Point bevor, ein Moment, an dem die ganze Situation kippen wird.“
Brad Pitt, der neben der Hauptrolle auch die eines Produzenten übernahm, ist da wohl nicht ganz so intellektuell ambitioniert und sieht den Streifen eher als Entertainment für die ganze Familie. Genau das Richtige für seine neun und elf Jahre alten Söhne, verriet er dem Blatt USA today. Da wird sich vielleicht mancher beim Verlassen des Kinos fragen, ob auch er so einen Vater hätte haben wollen.
In den USA ist „World War Z“ bereits ab 13 Jahre frei gegeben, in Deutschland hingegen erst ab 16. Wie die Zeiten sich doch geändert haben: George Romeros Genre-Klassiker „Dawn oft the Dead“ von 1978 schaffte es seinerzeit zwar in einer entschärften Fassung in die deutschen Kinos, aber ungekürzt steht er hier bis heute auf dem Index.
„World War Z“, Regie: Marc Forster; derzeit in den Kinos.