15. Jahrgang | Nummer 17 | 20. August 2012

Antworten

Georg Klein, Killer-Oberst von Kundus – Am 3. September 2009 hatten Sie als Kommandeur eines Bundeswehrfeldlagers im afghanischen Kundus einen Angriff amerikanischer Kampfflugzeuge auf zwei von Aufständischen entführte Tanklaster veranlasst, bei dem rund 100 Zivilisten ums Leben kamen. Sie hatten sich dazu der Lüge bedient, es befänden sich deutsche Soldaten in der Nähe des Geschehens („troops in contact“), weil die Einsatzgrundsätze in diesem Fall einen Angriff erlaubten. Sie sind für Ihre Tat nicht belangt worden – weder mussten Sie ihr Kommando sofort niederlegen, noch wurden Sie degradiert, und es fand sich schon gar kein Staatsanwalt, sie eines Kriegsverbrechens anzuklagen. Schon dass sagte einiges aus über die vorherrschende Denkungsart in der Bundeswehrführung und bei Ihren Dienstherren im unionsgeführten Verteidigungsministerium sowie im Kanzleramt. Nun aber, so ist den Medien zu entnehmen, sollen Sie zum Brigadegeneral befördert werden. Dazu vermerkte Dirk Kurbjuweit im Spiegel: „Wenn ein Mitarbeiter befördert wird, dann zeigt sich sein Arbeitgeber einverstanden mit dessen Leistung, er findet sie sogar herausragend, besser als die Leistung anderer Obersten. Bislang sah es so aus, als werde Klein seine Tat verziehen, nun sieht es so aus, als werde sie belohnt.“ Die Botschaft an die Truppe, in der Sie sowieso als heimlicher Held gelten, ist unmissverständlich: Ordentlich zuschlagen zahlt sich am Ende aus!

Jörg Lau, naiver Leitartikler der ZEIT „… durch nichts zu rechtfertigen“ seien, meinten Sie, die beabsichtigten „Leopard“-Panzer-Verkäufe an so pazifistische Staatswesen wie Saudi-Arabien, Katar und möglicherweise Indonesien. Dürfen wir Ihnen auf die argumentativen Sprünge helfen? „Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens. Wenn Tumult und Streit Profit bringen, wird es sie beide encouragieren.“ So befand im 19. Jahrhundert der englische Ökonom  Thomas Joseph Dunning. Karl Marx zitierte ihn in einer Fußnote in „Das Kapital“, Band I. Wenn Sie nachlesen möchten: Band 23 der Werk-Ausgabe des Dietz-Verlages, Seite 788. Ansonsten sind wir der festen Überzeugung, dass die honorige Firma Krauss-Maffei auch Büchsenbier an die Saudis liefern würde – vorausgesetzt „mit entsprechendem Profit“. Die von Ihnen zitierten Panzerdeals umfassen immerhin mehr als das Doppelte des geplanten Bestandes der Bundeswehr.

Guido Westerwelle, Unauffälligkeitsstratege  Sie gewährten der Bunten ein Interview über Heimat und Werte. Gut gewählt, der Ort für ein Gespräch zu diesem Thema: Der Obersalzberg, wo einst der Gröfaz Weltpolitik machte und sie nun als Gröaaz zu reüssieren wünschten, Glückwunsch.

Siegfried Kauder, Promi-MdB der CDU – „Lobbyismus ist im Prinzip nichts Schlechtes. Jede Institution darf sich an einen Abgeordneten wenden – wenn das Anliegen berechtigt ist, folgt man dem, wenn nicht, lässt man es sein“, haben Sie in einem Interview mit DeutschlandradioKultur geäußert. Es ist beachtlich, wie nahe sich die Ansichten eines Vorsitzenden des Rechtsausschusses, als der Sie im Bundestag agieren, und eines Kita-Kindes sein können. „Wie sich der kleine Moritz die Weltgeschichte vorstellt – genau so ist sie“, hat Anton Kuh dereinst aphoristisch festgestellt, Sie sind eine neuerliche Bestätigung dieser Erkenntnis.

Paul Ryan, Romneys Schatten-Vize – Steuersenkungen für Reiche, Sozialkürzungen, Kampf gegen die Schwulenehe, mehr Geld fürs Militär – Sie sind in der Tat ein würdiges Alter Ego Ihres möglichen Chefs. Und Verständnis für Politmarketing haben Sie ebenfalls, wie Ihr erster Auftritt bezeugte, zu dem Sie demonstrativ einem Kriegsschiff entstiegen sind. Da im Land der unbegrenzten Möglichkeiten leider wirklich nichts auszuschließen ist, darf sich die Welt womöglich auf eine substanzgeklonte Neuauflage des Terroristenteams Bush jr./Cheney freuen. Und die Romney-Jubler unter anderem auch auf wieder mehr tote amerikanische Soldaten, von deren weltweiten Opfern ganz zu schweigen.

Victor Ponta, Rumäniens Premier – Ob Ihr Feldzug gegen Staatspräsident Basescu dem Interesse Rumäniens oder lediglich dem Ihrer Machtansprüche geschuldet ist, vermögen wir nicht zu beurteilen. Dass Sie allerdings mit Dan Sova nun einen Mann mit einem Ministerposten geadelt haben, der noch vor wenigen Monaten den von Hitlerfreund Antonescu eifrig betriebenen Holocaust in Rumänien geleugnet hat, darf als bemerkenswert bezeichnet werden. Im Nachbarland Ungarn haben Gleichgesinnte auch schon das Sagen.

Frank Stronach, Österreichischer Milliardär – Sie haben es mit Zulieferungen für den Autobau zum Krösus gebracht, sind aber bitter enttäuscht vom politischen Personal der Alpenrepublik und gründen nun kurzerhand eine eigene Partei, für die Sie ein Programm nach eigenem Bekunden auch schon zusammen haben. Sie sollten sich diesen Vorgang patentieren lassen, denn auch anderswo – und nicht nur um die Alpen herum – neigt das politische Personal bei der Gestaltung des Neoliberalismus zu dem einen oder anderen ärgerlichen Zugeständnis an Sozialneider. Wenn Milliardäre ihre eigenen Parteien gründen, dann ist das nichts anderes als „direkte Demokratie“. Und die wollen wir doch alle, gelt?

Helmut Kohl, Altkanzler – Der 30. Jahrestag Ihrer erstmaligen Wahl zum deutschen Bundeskanzler ist uns allen ein von Herzen kommender Anlass, dieses Datum würdig zu feiern. Höhepunkt soll eine halbstündige, Ihrer Person betreffende Eloge von Angela Merkel im Deutschen Historischen Museum sein. Dass dies ein noch höherer Höhepunkt wird, liegt wiederum ganz in Ihrer Hand: Sie könnten Ihr einst per Eid abgegebenes Kanzler-Ehrenwort, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden, gegen die ehrenwörtliche Schweigepflicht gegenüber Ihren seinerzeitigen Schwarzgeld-Spendern eintauschen und uns final glücklich machen.

Ludger Schwarte, Hochschullehrer für Philosophie an der Kunstakademie Düsseldorf – In Ihrem jüngst erschienenen Buch „Vom Urteilen“ gelangen Sie zu dem Fazit: „Nur eine Überzeugung rechtfertigt das Rechtssystem, in dem wir leben: Das Volk muss beaufsichtigt, gemaßregelt, unter Verschluss gehalten werden“, und zielen damit auf das Gestrüpp geltender Gesetze und vergleichbarer Regelungen hierzulande, das zu kennen und zu befolgen der Einzelne gar keine Chance mehr habe. „Die Lebensregungen eines deutschen Bürgers regeln heute mehr als 5000 Gesetze und Verordnungen des Bundes, zu denen die Gesetze und Verordnungen der Länder, der Bezirke, Kreise und Gemeinden, technische und professionelle Regelungen, Hausordnungen usw. hinzukommen.“ Was uns zu der Vermutung führt, dass die Regierung womöglich ihre guten Gründe dafür haben wird, so mit dem Volke zu verfahren. Sie könnte es sich ja auch einfacher machen, wenn sie sich des Diktums von Alt-Meister Brecht erinnerte: „Das Volk hat das Vertrauen der Regierung verscherzt. Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?“