14. Jahrgang | Nummer 3 | 7. Februar 2011

An einen Humanisten

von Lothar Quinkenstein

Reuchlin, du hast dich
tapfer geschlagen gegen
Hoogstraeten und Pfefferkorn,
Kind deiner Zeit,
Geschriebenes aber
war Pflicht.
Lesen, was dasteht,
und wo du nicht wusstest,
erfandst du kein Urteil, empfahlst
kundige Prüfung.

Du hast gewiss gehört davon:
Der Fall wird wieder aufgerollt,
es führt eine neue
Spur nach Nürnberg,
Capestrano, die Armleder-Banden,
ich fürchte nur, diesmal –
ich weiß,
der Streit hat dich erschöpft,
größere Reisen
unternimmst du nicht mehr,
aber einer, Reuchlin,
einer muss doch –
ich weiß,
was einer konnte,
hast du getan. Dein Gottvertrauen
war Vernunft.
Noch einmal ihr zu glauben,
Entscheidung für jeden,
du hast,
ja, du hast Recht:
Die nimm uns nicht ab.

Anm. d. Red.: Der Geburtstag des aus Pforzheim stammenden Philosophen
und Humanisten Johannes Reuchlin (1455 – 1522) jährte sich
am 29. Januar zum 556. Mal.