13. Jahrgang | Nummer 9 | 10. Mai 2010

Vorwärts zu neuen Witzen

von Margit van Ham

Wenn die Nachrichtensendungen eine Hiobsbotschaft nach der anderen verbreiten, wächst in mir jedesmal das Verlangen nach guten politischen Witzen. Ich meine solche bösen, wie die Frage nach den Miss-Wahlen in der DDR. Die Antworten waren genial – Frau Mittag war damals zur MissWirtschaft gekrönt worden, Frau Honecker zur MissBildung. Man konnte so richtig herrlich seinen Ärger ablassen. Oder „Lieber gemeinsam hinter Erich Honecker als einzeln vor Erich Mielke“. Ich denke, bei der Auflösung des Zentralkomitees der SED hat man einen großen Fehler gemacht. Die Abteilung Witze hätte übernommen werden sollen, vielleicht beim Bundespresseamt angesiedelt oder gleich beim Kanzleramt. In Zeiten wie diesen wäre eine solche Abteilung unbezahlbar.

„Neues aus der Anstalt“ ist gut und böse, aber so ein kurzer Witz läßt sich natürlich viel besser verbreiten. Die ganze politische Witzkultur liegt am Boden und ich wollte sie in einem schwachen Moment der Nostalgie wiederbeleben. Erst machte ich mich auf die Suche nach den alten Mitarbeitern der Abteilung, aber auf meine Annonce hat nur ein Spaßvogel reagiert. Vielleicht lesen sie keine Zeitung mehr. Wäre ja möglich. Ich habe mich dann doch mit dem Spaßvogel getroffen. Wir haben überlegt, einen Verein zu gründen. Aber ganz ehrlich, mein Wunsch nach neuer Witzkultur erfuhr einen heftigen Dämpfer angesichts der Formulare, die auszufüllen waren. Ein einziger Witz, hihi. Wir ließen also von diesem Konzept ab, verlegten uns darauf, Witze zu sammeln. Also nicht die heute gängigen, sondern richtige politische.

Als wir uns vier Wochen später trafen, war die Ausbeute erbärmlich. Ein großes Nichts voller Harmlosigkeit. Wir gingen also ans Erfinden, oder besser gesagt, zunächst ans Nachempfinden der alten Witze. Aber so richtig gefiel uns „Frau Brüderle als Miss Wirtschaft“ nicht. Und der Verfassungsschutzchef ist auch nicht so allbedrohlich, geschweige denn allbekannt, daßs man sagen könnte „Lieber gemeinsam hinter Angela als einzeln vor Herrn X“. Nachempfinden fiel somit weg. Wir dichteten: „Erst Griechenland, dann Portugal, die Krise lauert überall“. Hm, vermutlich kann keiner so richtig darüber lachen. Aber wir steigern uns. Der Plan, eine eigene Witzagentur zu gründen, nimmt langsam Gestalt an. Wir wollen dann regelmäßig „Neues aus der Witzagentur“ veröffentlichen. Die von der Anstalt sind hoffentlich verrückt genug, nichts dagegen zu haben.

Einen ersten Vorgeschmack können wir schon bieten. Also: „Angela Merkel war langsam am Ende ihres Lateins angelangt. Die Probleme in der Eurozone flogen ihr nur so um die Ohren und die Parteifreunde und -feinde wetzten schon die Messer. Sie wollte sich mit Herrn Ackermann beraten, der war ihr sowieso noch etwas schuldig. Sie wählte seine persönliche Nummer im Büro, aber er war nicht zu erreichen. Sie versuchte es dann mit der Handynummer. Es dauerte, aber die Verbindung kam. Seltsame Geräusche im Hintergrund irritierten sie allerdings. „Wo sind Sie denn? “ fragte sie in den Lärm von Hupen hinein. „Ich bin gerade in Peking und fühle vor, ob wir nicht den chinesischen Yuan für Deutschland übernehmen könnten. Am besten, Sie kommen auch gleich her.“

Die Antwort von Frau Merkel lassen wir noch offen, aber Sie können sich schon immer mal in unsere Abonnentenliste eintragen.