13. Jahrgang | Nummer 5 | 15. März 2010

Ode an einen gefallenen Baum

von Renate Hoffmann

Da liegst du nun,
zerstückt in große Scheiben;
und nur dein Übermut
hat dich zu Fall gebracht.
Es war von dir sehr unbedacht,
die Expansion so weit zu treiben:
Musstest du die Mauer sprengen,
dich in die Rosenbeete drängen,
die Terrassensteine heben
und nach der Straßenleuchte streben?

Nun geht’s dir schlecht –
geschieht dir recht.
Doch bald wird’s Mai.
Dich überzog stets zarter Blütenschimmer.
Im Sommer warfst du Schatten in mein Zimmer.
Die Vögel turnten in dir rum –
man drehte man sich nach deinem Herbstschmuck um.
Und im Dezember trugst du Lichterketten,
als ob die Zweige Winterblüten hätten …

Du bist geköpft.
Die Träne tröpft.

Ich fühl’ mich hundselendiglich –
treib wieder aus, ich bitte dich.