27. Jahrgang | Nummer 4 | 12. Februar 2024

Kleine Bücherschau

von Holger Sudau

Unruhige Zeiten mit Humor bekämpfen

Loriot wird natürlich nicht vergessen. Zu seinem 100. Geburtstag gab es im Fernsehen einige Dokumentationen, in der Mediathek der öffentlich-rechtlichen-Rundfunkanstalten kann man immer noch seine Sketche und Filme bewundern und natürlich darüber lachen. Im Schweizer Verlag Diogenes, der immer noch als sein Hausverlag gilt, erscheinen alte und neue Zusammenstellungen. Irgendwie hatte Loriot zu jedem Thema beste Zeichnungen zu bieten, so begegnet man seinen Figuren in der wahren Liebe, in der Natur und zu Weihnachten.

Verdammt aktuell ist das gerade erschienene „Seid friedlich“. Ok, Kriege werden die 126 Seiten nicht verhindern und auch ein Waffenstillstand kann leider damit nicht erreicht werden. Aber wir Menschen haben in diesen unruhigen Zeiten, in denen der Frieden immer brüchiger wird und eine Ampelregierung Waffen in alle Himmelsrichtungen verteilt, etwas Humor verdient. So darf gelacht, geschmunzelt und sich gefreut werden über Soldaten mit kessen Hüten auf dem Kopf, über Bundestagsabgeordnete, die ihre Wohnung mit der Axt auseinander nehmen, um Abhörgeräte zu finden, und über Räuber, die durch ihre Marotten fast schon sympathisch sind. Gleich die Karikatur auf dem Titelbild sollte an alle Krieg führenden Völker verteilt werden, denn hier sitzt ein verliebtes Pärchen auf einer Kanone, in deren Rohr ein Strauß Blumen gesteckt ist.

Insgesamt versuchen Loriots Figuren, die Knollennasen präsentieren und meist eigentümliche Kopfbedeckungen tragen, für Frieden und Sicherheit zu sorgen. Auch wenn die lustigen Bilder, Cartoons und Karikaturen (egal wie man sie nennt) schon einige Jahre auf den Buckel haben, treffen sie zu und zaubern ein befreiendes Lachen in die Gesichter der Betrachter. So ist es die Wahrheit, wenn der Verlag als Werbung schreibt: „Friede, Freude, Loriot“.

Susanne von Bülow / Peter Geyer (Hrsg.): Seid friedlich mit Loriot, Diogenes Verlag, Zürich 2023, 128 Seiten, 14,00 Euro.

*

Ein gutes Buch über Schnee und Kälte

Kinder freuen sich über die kalte Jahreszeit, noch mehr wenn es schneit und sie ganz spontan Schlitten fahren können oder einen Schneemann bauen. Viele Erwachsene mögen auch den Schnee, aber dann nur in den Urlaubs- und Wintersportgebieten. Ansonsten denken sie an verspätete Züge, Unfallschwerpunkte, Heizungskosten und Straßenreinigung, statt sich nach Matsch oder Schnee am Tag einfach am Abend mit einem guten Buch hinzusetzen, etwas Wärmendes (mit Alkohol ist möglich) zu trinken, das Handy mal in der Tasche zu lassen und ein gutes Buch zu lesen. Da hat der Rezensent auch gleich das passende Druckerzeugnis.

Geschichten und Gedichte, die sich ganz konkret mit der kalten Jahreszeit beschäftigen: „Reclams Winterbuch“. Das Buch ist nicht teuer und beherbergt aus aller Welt und aus allen Zeiten Geschichten und Gedichte über Schneemänner, Eisköniginnen, herrlich anzusehende Winterwälder und Sportereignisse im Schnee. So darf man unter anderen von Christian Morgenstern, Heinz Erhardt, Heinrich Heine, Klabund und Hermann Hesse allerlei Schönes lesen. Ergänzt wird dieser herrliche Band durch Winterlieder und Rezepte, bei dem der Leser Nussecken backen und einen richtigen Eierpunsch anrichten kann. Bis zum März sollte das Buch gelesen sein, denn dann beginnt der Winter zu nerven.

Reclams Winterbuch. Geschichten und Gedichte für die kalte Jahreszeit, Verlag Philip Reclam Verlag, Stuttgart 2023, 175 Seiten, 12.00 Euro.

*

Finsterhelden aus der Gruselstadt

Anime-Fans wissen, dass ihre Lieblingsbücher von hinten gelesen werden müssen, wie es halt in Japan so üblich ist. Nun ist ein tolles europäisches Jugendbuch erschienen, das dem Leser mitteilt: Dieses Buch wird von hinten gelesen! Dreh es um und lies es umgekehrt!

Und dann stößt man auf eine Makedonisches Graphic Novel, das sich mit einem bisher unbekannten Land beschäftigt. Es geht um Gruselstadt, die sich im Neu-Alt-Unbekannt-Land befindet, und um einige Einwohner. Allerdings können Leserinnen und Leser nicht einfach die Stadt besuchen, denn sie ist klein, steht auf einem kahlen Berg und ist von gigantischen Steinwällen umgeben. Auf den ersten Seiten werden die Hauptdarstellerin Stella Dark und ihre Freunde und Mitbewohner vorgestellt. So die aristokratischen Ratten Tristan und Isolde, das alte Monster Chupi und Nino, der als bescheidener, stiller und mutiger Junge gilt und in der Geizsiedlung wohnt. Zwischen den spannenden und lustigen Personenbeschreibungen gilt es die Tagebüchereintragungen von Stella zu lesen, denn man will sich in der geheimnisvollen Welt zurecht finden. Als dann die Gruselstadt in Gefahr ist, hilft Nico mit seinen Finsterhelden.

Die Schriftstellerin Biljana Crvenkovska, die bereits viele Bücher und Drehbücher für Fernseh- und Zeichentrickserien schrieb, hat hier die Leser verzaubert und verführt sie mit grusligen, lustigen und spannenden Details in eine Traumwelt, deren Natur, Tiere und Berge unbedingt erhalten werden müssen. Ganz wunderbar in Szene gesetzt hat die Figuren und die ganze Gruselwelt Nita Mucha, die als Künstlerin und Illustratorin arbeitet. Die Übersetzerin und Autorin Cornelia Marks hat das Buch ins Deutsche übertragen, sie studierte zeitweilig in Skopje und lebt jetzt in Halle an der Saale.

Biljana Crvenkovska: Stella Dark, Graphic Novel, mit Illustrationen von Nita Mucha, aus dem Mazedonischen von Cornelia Marks, Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2023, 88 Seiten, 18,00 Euro.