26. Jahrgang | Sonderausgabe | 3. April 2023

Die USA und die Zusicherungen von 1990,
die NATO nicht nach Osten zu erweitern:
Erhellendes zu einem alten Problem?

von Marc Trachtenberg*

Mehr als dreißig Jahre sind vergangen, seit US-Außenminister James Baker dem sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow im Februar 1990 versicherte, dass der Zuständigkeitsbereich der NATO „keinen Zentimeter nach Osten“ ausgedehnt würde, wenn Deutschland nach der Wiedervereinigung Teil der Nordatlantikpakt-Organisation und die Vereinigten Staaten in diesem Land „präsent“ blieben.[1] Später wurde das NATO-Gebiet natürlich nicht nur auf die ehemaligen Verbündeten der UdSSR in Osteuropa, sondern auch auf einige ehemalige Sowjetrepubliken ausgedehnt, und viele Russen haben behauptet, dass die NATO-Mächte mit der Aufnahme dieser neuen Mitglieder gerade die Versprechen gebrochen hätten, die Baker und andere hohe westliche Beamte am Ende des Kalten Krieges dazu abgegeben hatten.[2] Die Amerikaner hatten, wie 2008 Gorbatschow selbst klar gesagt hat, „versprochen, dass die NATO nach dem Kalten Krieg sich nicht über die Grenzen Deutschlands hinausbewegen würde, aber jetzt ist halb Mittel- und Osteuropa Mitglied, was ist also aus ihren Versprechen geworden? Das zeigt, dass man ihnen nicht trauen kann.“[3]

Was ist von diesen Anschuldigungen zu halten?

Jack Matlock, der US-Botschafter in Moskau im Jahr 1990, war der Ansicht, dass die Russen in diesem Fall Recht hätten. Seiner Ansicht nach hatte man Gorbatschow „grundsätzliche Zusicherungen“ gegeben, dass „wenn ein vereinigtes Deutschland in der NATO bleiben könnte, sich die NATO nicht nach Osten bewegen würde“.[4]

Robert Gates, der damalige stellvertretende nationale Sicherheitsberater des US-Präsidenten, vertrat ebenfalls die Ansicht, dass „Gorbatschow und andere“ „zu der Annahme verleitet“ worden seien, dass eine „NATO-Osterweiterung“ nicht stattfinden würde, „zumindest nicht in absehbarer Zeit“.[5] Und eine Reihe von Wissenschaftlern ist zu ähnlichen Schlussfolgerungen gekommen.

Der US-Politikwissenschaftler Joshua Shifrinson versuchte in einem wichtigen Artikel, der 2016 in der vom Massachusetts Institute of Technology herausgegebenen Zeitschrift International Security veröffentlicht wurde, zu zeigen, dass „die russischen Behauptungen eines ‚gebrochenen Versprechens‘ in Bezug auf die NATO-Erweiterung berechtigt sind“ – dass nämlich „während der diplomatischen Verhandlungen rund um die deutsche Wiedervereinigung im Jahr 1990 die Vereinigten Staaten gegenüber der Sowjetunion wiederholt informelle Zusicherungen gegen eine künftige Expansion der NATO nach Osteuropa unterbreitet haben“.[6]

Swetlana Sawranskaja und Tom Blanton verwiesen unter Bezug auf ein viel zitiertes elektronisches Briefing-Book, das vom National Security Archive 2017 ins Internet gestellt wurde, auf eine „Kaskade von Zusicherungen“, die den Sowjets 1990 gegeben worden seien, und kamen zu dem Schluss, dass „spätere sowjetische und russische Beschwerden darüber, dass man in Bezug auf die NATO-Erweiterung in die Irre geführt wurde“, von den Beweisen gestützt würden.[7]

Und Mary Sarotte, Autorin einer Reihe von wichtigen Büchern und einschlägigen Artikeln, die sich mit diesen Fragen befassen, stimmt dem zumindest zur Hälfte zu. Sie hat nämlich die Darstellung ausdrücklich zurückgewiesen, dass die damaligen Zusicherungen von US-Außenminister James Baker, des deutsche Bundeskanzlers Helmut Kohl und des deutschen Außenministers Hans-Dietrich Genscher gegenüber den sowjetischen Führern, die NATO werde sich nicht nach Osten ausdehnen, nicht für Osteuropa gegolten, sondern sich lediglich auf Ostdeutschland bezogen hätten. „Bei ihrem Besuch in Moskau im Februar 1990 in Moskau“, so Sarotte, „haben alle drei wiederholt bekräftigt, dass sich die NATO überhaupt nicht nach Osten bewegen würde.“[8] Ich schreibe aber zugleich ‚zur Hälfte zustimmend‘, weil Mary Sarotte der Meinung ist, dass diese Beteuerungen kein Versprechen darstellten, da sie nie schriftlich bestätigt worden seien: Gorbatschow, schreibt sie, „hat den Westen nie dazu gebracht, zu versprechen, die Grenzen der NATO einzufrieren“.[9] Dennoch glaubt sie, dass man den Russen nicht wirklich vorwerfen könne, dass sie gedacht hätten, es sei ein Versprechen darüber abgegeben worden.[10]

Die meisten westlichen Akademiker und ehemaligen Beamten waren jedoch nicht bereit, auch so weit zu gehen. Baker selbst beharrte 1997 etwa darauf, dass er „nie die Absicht gehabt habe, die Aufnahme neuer NATO-Mitglieder auszuschließen“, dass „der Vorschlag zum Zuständigkeitsbereich der NATO sich nur auf das Gebiet der ehemaligen DDR bezogen habe“ und dass selbst dieser Vorschlag „rasch zurückgezogen worden sei“.[11] In einem Interview mit CNN im Jahr 2009 legte Baker dar, was in dieser Hinsicht inzwischen zur US-amerikanischen Standardsichtweise bezüglich der „Frage der Erweiterung der NATO“ geworden war: „Wissen Sie, es gab eine Diskussion darüber, ob das vereinigte Deutschland Mitglied der NATO sein würde, und das war die einzige Diskussion, die wir je hatten. Und die Sowjets unterzeichneten einen Vertrag, in dem sie anerkannten, dass das vereinigte Deutschland Mitglied der NATO sein würde. Ich verstehe also nicht, wie sie auf die Idee kommen können, dass wir ihnen irgendwie versprochen haben, dass es keine Erweiterung der NATO geben würde. Es war dabei nie die Rede von etwas anderem als der DDR.“[12]

Viele andere ehemalige Beamte teilen diese Ansicht. Philip Zelikow, der sich 1990 im Stab des Nationalen Sicherheitsrates (NSC) der USA mit diesen Fragen befasst hatte, und Rodric Braithwaite, der damalige britische Botschafter in Moskau, sind gute Beispiele dafür, und eine Reihe ehemaliger deutscher Beamter, darunter auch Genscher selbst, äußerten später ähnliche Ansichten.[13] Sogar Jack Matlock, der frühere US-Botschafter in der UdSSR, hat bei einigen Gelegenheiten gesagt, dass sowohl Baker als auch Genscher bei ihren Zusicherungen nur an das damalige ostdeutsche Gebiet gedachten haben.[14]

Und diese allgemeine Sichtweise wurde von einer Reihe von Wissenschaftlern bestätigt, insbesondere von Mark Kramer (USA), Hannes Adomeit (Deutschland) und Kristina Spohr (Deutschland – USA). Kramer schrieb beispielsweise in einem wichtigen Beitrag aus dem Jahr 2009 mit dem Titel „Der Mythos einer NATO-Nichterweiterungszusage an Russland“, dass die „Dokumente aller Seiten Zelikows Argumentation voll und ganz bestätigen“, dass die „Vereinigten Staaten keinerlei Verpflichtungen hinsichtlich der künftigen Gebietsumrisse der NATO eingegangen sind“, abgesehen von „einigen speziellen Punkten in Bezug auf Ostdeutschland“, die im 2+4-Vertrag vom September 1990  über den Status des wiedervereinigten deutschen Staates festgeschrieben worden seien. Die Quellen würden somit „die Vorstellung, dass die Vereinigten Staaten oder andere westliche Länder jemals zugesagt hätten, die NATO nicht über Deutschland hinaus zu erweitern“, widerlegen.[15]

Adomeit stimmt dem zu: „Die Behauptung, die westlichen Staats- und Regierungschefs hätten feste Zusagen gemacht, dass die Nato sich nicht nach Osten ausdehnen würde – also über das Gebiet der ehemaligen DDR hinaus –ist ein Mythos, der allerdings nach wie vor schwer zu entkräften ist, egal wie viele Beweise zu dessen Widerlegung angeführt werden können.“[16] Auch Kristina Spohr hält die Behauptung, bei den Verhandlungen zur deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1990 seien Garantien gegeben worden, „die eine Expansion der Nato nach Osteuropa ausschließen“, für „völlig unbegründet“.[17] Sie betont, dass nie „rechtlich verbindliche“ Zusagen gemacht worden seien, die eine Ausdehnung der Zuständigkeit der NATO auf Osteuropa ausschlössen. „Wenn de jure keine Zusagen gemacht wurden“, schreibt sie, „konnten auch keine Zusagen gebrochen oder ‚verraten‘ werden.“[18]

Wer hat also Recht? Die Frage ist es wert, detailliert untersucht zu werden, weil die Art und Weise, wie sie beantwortet wird, eine direkte Auswirkung auf bestimmte, viel umfassendere historische Probleme hat – vor allem auf die Frage, wie die Welt nach dem Kalten Krieg zu dem wurde, was sie heute ist. Das Thema bezieht sich auch auf bestimmte grundlegende Aspekten der Theorie der Internationalen Beziehungen, insbesondere auf die Frage, ob der Kampf um die Macht im Mittelpunkt des internationalen politischen Lebens steht. Die Untersuchung dieses Themas kann uns nicht zuletzt etwas Grundlegendes über die Funktionsweise von Diplomatie sagen, insbesondere über die Rolle, die dabei Zusicherungen, Versprechen und Verpflichtungen in den zwischenstaatlichen Beziehungen spielen.

Aber vielleicht ist der Hauptgrund, warum dieses Thema es wert ist, untersucht zu werden – und auch der Hauptgrund, warum dadurch weiterhin so viele Debatten ausgelöst werden – der, dass sich dieses Thema direkt auf bestimmte grundlegende politische Fragen bezieht. Wie diese dann beantwortet werden, hat einen ganz offensichtlichen Einfluss darauf, wie wir über die NATO-Erweiterung und ganz allgemein über die amerikanische Politik nach dem Kalten Krieg denken sollten.

Die historische Analyse kann als eine Art Ausgangspunkt für Überlegungen darüber dienen, ob nicht alternative Vorgehensweisen hätten verfolgt werden sollen, die mehr mit dem übereinstimmen, was James Baker im Februar 1990 als US-Außenminister zu versprechen schien, – und sogar auch als Ansatz für Überlegungen darüber, wie die amerikanisch-russischen Beziehungen heute gestaltet werden sollten.

Angesichts der Bedeutung dieses Themas und der zahlreichen Arbeiten, die insbesondere in den letzten Jahren dazu verfasst wurden, ist es an der Zeit, einen Schritt zurückzutreten und einen neuen Blick auf die Debatte zu werfen. Das Ziel dieser Arbeit ist jedoch nicht nur eine Zusammenfassung dessen, was verschiedene Wissenschaftler und andere zu diesem Thema gesagt haben. Vielmehr geht es darum, die Argumente dieser Autoren zu bewerten, indem zunächst gezeigt wird, wie weitreichende Auslegungsfragen auf relativ eng gefassten historischen Behauptungen beruhen, um dann diese Behauptungen im Lichte der zu ihrer Untermauerung vorgebrachten Beweise zu untersuchen. Bei dieser Methode ergeben sich die Antworten nicht aus einer direkten Prüfung der Beweise, sondern eher auf indirekte Weise, durch eine Analyse von Argumenten, die andere Experten und Zeitzeugen vorgebracht haben. Dies ist meines Erachtens ein wirksamer Weg, um zu grundlegenden Schlussfolgerungen bei jedem wichtigen historischen Thema zu gelangen.[19]

Daher soll hier auf die drei Hauptargumente eingegangen werden, die von den Kritikern der russischen Sichtweise vorgebracht worden sind. Erstens behaupten sie, dass die Zusicherungen nur für Ostdeutschland und nicht für ganz Osteuropa galten und dass selbst diese Zusicherungen durch später im Jahr 1990 mit der UdSSR ausgearbeitete Vereinbarungen ersetzt worden seien. Zweitens behaupten sie, dass die Zusicherungen in jedem Fall rechtlich nicht bindend und somit überhaupt nicht verbindlich gewesen seien, da sie nicht in einem förmlichen, unterzeichneten Abkommen enthalten wären. Und drittens beharren sie darauf, dass – welchen Eindruck die Russen auch immer von dem gewonnen hätten, was ihnen gesagt worden sei – die westlichen Staats- und Regierungschefs nicht absichtlich versucht hätten, sie in die Irre zu führen.

Was ist von diesen drei grundlegenden Behauptungen zu halten?

 

Ostdeutschland oder Osteuropa?

Die Zusicherungen, die den Russen im Februar 1990 gegeben wurden, mögen recht allgemein geklungen haben, aber die meisten ehemaligen Offiziellen im Westen haben behauptet, dass sie in Wirklichkeit nur für Ostdeutschland gelten sollten, und auch eine Reihe von Wissenschaftlern ist sich einig, dass dies der Fall war.[20] Diese grundlegende Behauptung wird durch zwei zentrale Argumente gestützt. Erstens wird behauptet, dass eine NATO-Erweiterung über die Oder-Neiße-Linie, das heißt die Ostgrenze Deutschlands, hinaus damals einfach kein Thema war. „Es gibt keinerlei Beweise dafür“, schrieb Zelikow, „dass Ende Januar oder Anfang Februar 1990 irgendjemand – Herr Genscher, James Baker oder Michail Gorbatschow – auch nur über die Möglichkeit nachgedacht, geschweige denn gesprochen hat, die NATO noch weiter nach Ostmitteleuropa auszudehnen.“[21] Ronald Asmus, ein weiterer ehemaliger US-Beamter mit besonderem Zugang zu den Archiven, schließt sich diesem Standpunkt an und erweitert den Zeitrahmen sogar noch ein wenig: „In Wirklichkeit dachte im Frühjahr und Herbst 1990 weder in Washington noch in Moskau irgendjemand an eine NATO-Erweiterung.“[22] Hannes Adomeit vertritt in etwa die gleiche Auffassung. Im Frühjahr und Sommer 1990, so schreibt er, „schien es unvorstellbar, dass irgendeines der nicht-sowjetischen Mitglieder des Warschauer Paktes neben Ostdeutschland eines Tages dem westlichen Bündnis beitreten wollte“.[23] Und Mark Kramer sagt, dass vor allem die sowjetische Führung im Januar und Februar 1990 „noch sehr zuversichtlich“ war, „dass der Warschauer Pakt überleben würde“. Zur Untermauerung zitiert er den damaligen sowjetischen Außenminister Eduard Schewardnadse, der 1990 gesagt habe, er und Gorbatschow „konnten nicht glauben, dass der Warschauer Pakt aufgelöst werden könnte. Das lag jenseits unseres Vorstellungsvermögens.“[24] Sogar die Regierungen in den gerade befreiten Ländern des heutigen ‚Mittel- und Osteuropas‘hätten die Frage 1990 nicht aufgeworfen.[25] Die Folgerung war klar: Wenn dies kein Thema war, dann konnten Baker und andere westliche Politiker bei ihren Erklärungen unmöglich die Länder des Warschauer Paktes im Sinn gehabt haben.

Das zweite Argument ist enger gefasst und bezieht sich nicht auf das, was die Menschen damals dachten, sondern auf das, was bei den wichtigsten Ost-West-Treffen, bei denen die angeblichen Versprechen gemacht worden waren, tatsächlich besprochen wurde. Die Grundbehauptung ist, dass es bei diesen Gesprächen nur um Deutschland ging und dass die gesamte Osteuropa-Frage einfach nicht zur Sprache kam.[26] Kristina Spohr bringt es auf den Punkt: „Angesichts späterer russischer Klagen über gebrochene westliche Versprechen, die die NATO-Osterweiterung betreffen, kann nicht genug betont werden, dass es bei den oft zitierten Baker-Gorbatschow-Gesprächen nur um Deutschland und das deutsche Territorium ging, nicht aber um irgendein anderes Land des Warschauer Paktes. In den Gesprächen ging es zu keinem Zeitpunkt um den künftigen Ausschluss Osteuropas (jenseits der DDR) aus der NATO.“[27]. Auch hier ist die Folgerung klar: Wenn diese umfassenderen Fragen zu Osteuropa nie zur Sprache kamen, konnten in diesen Gesprächen auch keine Versprechungen in Bezug auf diese Region gemacht worden sein.

Was ist nun von diesen Argumenten zu halten? Man kann mit der Behauptung beginnen, dass die deutsche Wiedervereinigung das einzige Thema gewesen sei, das die Menschen damals wirklich beschäftigte, dass der Zusammenbruch des Warschauer Paktes nicht als ernsthafte Möglichkeit angesehen wurde und dass eine Ausweitung der NATO nach Osteuropa einfach „unvorstellbar“ war. Und der erste Punkt, der hier anzumerken ist, ist der, dass viele Menschen damals jedoch sehr wohl glaubten, die Tage des Warschauer Paktes seien gezählt. Genscher zum Beispiel erkannte klar, dass der Pakt auseinanderfallen könnte. Ein Satz in seiner wichtigen Rede, die er im Januar 1990 in Tutzing (Deutschland) hielt – „Was immer im Warschauer Pakt geschieht [Hervorhebung – M.T.] – eine Ausdehnung des NATO-Territoriums nach Osten, das heißt, näher an die Grenzen der Sowjetunion heran, wird es nicht geben.“ – deutet stark darauf hin, dass er diese Möglichkeit vor Augen hatte.[28] Genschers Grundgedanke war zudem, dass die deutsche Frage nicht auf rein deutscher Basis gelöst werden könnte, sondern vielmehr in einem größeren, gesamteuropäischen Rahmen behandelt werden müsste. Die Wiedervereinigung Deutschlands müsse unter Berücksichtigung der Interessen aller erfolgen, und deshalb legte er großen Wert auf die Nutzung der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), der einzigen großen gesamteuropäischen Sicherheitsinstitution, die es damals gab. (Diese Überlegung knüpfte an die alte, im deutschen politischen Diskurs seit den 1960er Jahren häufig verwendete Idee einer ‚europäischen Friedensordnung‘ an, ein Begriff, den Genscher selbst verwendete.) Und es war schon damals ganz offensichtlich, dass er in diesem Zusammenhang ausdrücklich an Osteuropa dachte. Er wollte den Sowjets zusichern, dass der Westen „die Instabilität in Osteuropa nicht zu seinem Vorteil ausnutzen würde“ – ein Kalkül, das nur dann Sinn ergab, wenn dies damals eine echte Sorge war.[29]

Was die UdSSR betrifft, so ist keineswegs klar, dass die sowjetische Führung zu jener Zeit „noch sehr zuversichtlich war, dass der Warschauer Pakt überleben würde.“ Der erste Beweis, den Mark Kramer anführt, um diese Behauptung zu untermauern, ist die Aufzeichnung eines Treffen Gorbatschows mit wichtigen Beratern Ende Januar 1990. Der Pakt als solcher wurde dort nicht erwähnt, aber die Frage von Osteuropa wurde zweimal angesprochen. An einer Stelle sagte Gorbatschow, dass „die Tschechoslowakei, Bulgarien und Ungarn an uns interessiert seien.“ Sie machten zwar eine schwierige Zeit durch – eine „Krankheit“, wie er es nannte –, „aber sie können nicht weit weglaufen.“ Mit Polen war das jedoch eine andere Geschichte; aus wirtschaftlichen, politischen und historischen Gründen waren die Beziehungen der UdSSR zu diesem Land viel schwächer. Im weiteren Verlauf des Treffens kam Gorbatschow kurz auf die Frage der „anderen sozialistischen Länder“ zurück. „Man muss mit ihnen zusammenarbeiten“, sagte er. „Schließlich sind sie Verbündete. Wenn wir sie im Stich lassen, werden sie von anderen eingesammelt werden“, womit er vermutlich die NATO-Mächte meinte (diese Möglichkeit kam ihm zu diesem Zeitpunkt tatsächlich in den Sinn). Man hat den Eindruck, dass er Osteuropa nicht völlig aufgegeben hatte, aber keineswegs „sehr zuversichtlich“ war, dass der Warschauer Pakt intakt bleiben würde.[30]

Eine Reihe von Notizen und Tagebucheintragungen, die Schewardnadses Assistent Teimuraz Stepanow-Mamaladse im Januar und Februar 1990 gemacht hatte, war die zweite Quelle, die Kramer anführte, um diesen Punkt zu untermauern. Die gesamte Frage der Zukunft des Warschauer Paktes wurde zwar in den dort aufgezeichneten Gesprächen kaum diskutiert, sie kam jedoch bei Schewardnadses Treffen am 12. Februar mit seinem britischen Amtskollegen Douglas Hurd zur Sprache. „Das wichtigste Mitglied des Warschauer Paktes“, so wird der sowjetische Außenminister zitiert, „ist die DDR. Wenn sie aufhört zu existieren, werden die sowjetischen Truppen aus Ungarn und der Tschechoslowakei abgezogen werden. Auch Polen wird sie nicht wollen. Welchen Zweck hätte dann der Warschauer Pakt?“ Dies muss vor dem Hintergrund der Tatsache interpretiert werden, dass die sowjetische Regierung zu diesem Zeitpunkt die Wiedervereinigung und damit das Verschwinden der DDR als unvermeidlich ansah (obwohl sie immer noch hoffte, den Prozess hinauszuzögern). Der britische Bericht über dieses Treffen zeigt einen „melancholischen und fatalistischen“ Schewardnadse, der die deutsche Wiedervereinigung als unvermeidlich akzeptierte und voraussagte, dass die sowjetischen Truppen aus dem vereinigten Deutschland abgezogen würden und der Warschauer Pakt dann verschwinden würde.[31]

Viele andere Beweise, von denen einige erst vor kurzem ans Licht gekommen sind, deuten in die gleiche Richtung. Das Thema kam beispielsweise auf einer Sitzung des sowjetischen Politbüros am 2. Januar 1990 zur Sprache; die Mitglieder des Politbüros, so einer der wichtigsten Mitarbeiter Gorbatschows, „begriffen, dass das ‚sozialistische Lager‘ verschwunden war“.[32] Anatoli Tschernjajew, einer von Gorbatschows engsten Beratern, notierte später im selben Monat in seinem Tagebuch: „Osteuropa stößt sich völlig von uns ab, und wir können nichts mehr tun […]. Die kommunistische Bewegung zerbröckelt überall.[33]

Doch all dies war von Anfang an ziemlich klar. Bereits im September 1989, zwei Monate vor dem Fall der Berliner Mauer , war die Central Intelligence Agency der Ansicht, dass die neue demokratische Regierung, die bald in Ungarn an die Macht kommen würde, wahrscheinlich „in zunehmenden Maße auf dem Abzug aller sowjetischen Truppen vom ungarischem Territorium bestehen“ würde; im November war die CIA der Meinung, dass „mit ziemlicher Sicherheit“ jede demokratisch gewählte Regierung in diesem Land „den Rückzug aus dem Warschauer Pakt frühzeitig auf die Tagesordnung mit der UdSSR setzen“ würde.[34] Am Ende des Jahres 1989 berichteten die Zeitungen, dass „die Reihen des Warschauer Paktes möglicherweise aufbrechen. Plötzlich scheint ein sowjetischer Rückzug aus Osteuropa eine reale Möglichkeit zu sein“.[35] Die Ungarn und Tschechen drängten, wie sich bald herausstellte, auf einen Abzug der sowjetischen Truppen von ihrem Gebiet. Am 19. Januar 1990 berichtete die Washington Post, dass „ungarische und polnische Führer heute sagten, dass sie den Abzug aller sowjetischen Truppen in einem oder zwei Jahren aus ihren Ländern wollen, was die immer schneller werdende Auflösung des Warschauer Paktes als Militärbündnis unterstreicht“.[36] Die Sowjets erklärten sich bald darauf im Grundsatz bereit, ihre Streitkräfte aus der Tschechoslowakei und Ungarn abzuziehen, und Anfang März wurden entsprechende formelle Vereinbarungen unterzeichnet.[37]

Die Bedeutung all dessen war zu diesem Zeitpunkt hinreichend klar. Der Titel eines Artikels, der am 4. Februar 1990 in der Washington Post erschien, nur wenige Tage bevor Baker in Moskau eintreffen sollte, ist dafür ein guter Indikator: „Warschauer Pakt – Endspiel: In Osteuropa ist das Militärbündnis tot“.[38] Mark Kramer selbst hatte 2005 festgestellt, bedeuteten diese Ereignisse in Osteuropa „im Februar und März 1990“ – die Tatsache, dass die Sowjets unter Druck zugestimmt hatten, ihre Streitkräfte bis Mitte 1991 aus Ungarn und der Tschechoslowakei abzuziehen, und die Tatsache, dass „die Zukunft der sowjetischen Streitkräfte in Polen und Ostdeutschland ebenfalls in Frage stand“ –, dass „es keinen Zweifel mehr daran gab, dass der Warschauer Pakt sich auflöste“.[39] Dies ist weit entfernt von seiner späteren Behauptung, dass zum Zeitpunkt von Bakers Besuch in Moskau im Februar „die sowjetische Führung noch sehr zuversichtlich war, dass der Warschauer Pakt überleben würde“.

Und obwohl die Osteuropäer anstrebten, den Warschauer Pakt zu verlassen, soll das für die sowjetische Führung kein Hinweis darauf gewesen sein, dass sie möglicherweise der NATO beitreten wollten? Gorbatschow erklärte später, dass dies damals einfach kein Thema war. „Das Thema ‚NATO-Erweiterung‘“, sagte er 2014 in einem Interview, „wurde überhaupt nicht diskutiert, und es wurde in jenen Jahren auch nicht zur Sprache gebracht. Ich sage das mit voller Verantwortung. Kein einziges osteuropäisches Land hat das Thema angesprochen, auch nicht nach dem Ende des Warschauer Pakts 1991.“[40]

Es stimmt jedoch nicht, dass „kein einziges osteuropäisches Land die Frage“ eines NATO-Beitritts in dieser Zeit aufgeworfen hat. Die Idee wurde vielmehr von führenden osteuropäischen Politikern bei Treffen mit dem stellvertretenden Außenminister Lawrence Eagleburger Ende Februar 1990, nur wenige Tage nach den Baker-Zusicherungen an Moskau, zur Sprache gebracht; einer von ihnen, Ungarns Außenminister Gyula Horn, äußerte sich damals sogar öffentlich in diesem Sinne.[41] Die Osteuropäer drängten freilich nicht allzu lautstark auf dieses Thema. Wie alle anderen waren auch sie besorgt, dass ein zu schnelles Vorgehen Gorbatschows Position innerhalb der sowjetischen Führung untergraben könnte und dass im Falle seines Sturzes alles verloren wäre. Aber es war klar genug, was sie vorhatten. Wie Helmut Kohl im Mai gegenüber Präsident Bush erklärte, hatte der sowjetische Führer „große Probleme. Seine osteuropäischen Verbündeten sagen, dass sie in der NATO sein wollen“.[42] Und tatsächlich erklärte auch Gorbatschow selbst dem französischen Präsidenten François Mitterrand in demselben Monat, dass er Baker gesagt habe: „Wir sind uns Ihrer wohlwollenden Haltung gegenüber der von einer Reihe von Vertretern osteuropäischer Länder geäußerten Absicht bewusst, aus dem Warschauer Pakt auszutreten und anschließend der NATO beizutreten.“ In diesem Zusammenhang habe er seinen berühmten Vorschlag gemacht, auch die UdSSR in die NATO aufzunehmen.[43]

All dies sollte nicht sehr überraschend sein. Nachdem die Polen, Tschechen, Ungarn und andere ihre Unabhängigkeit wiedererlangt hatten, waren sie zwangsläufig um ihre Sicherheit besorgt, da der künftige Kurs der sowjetischen Politik überhaupt nicht klar war. Zumindest war, wie französische Beamte ihren deutschen Kollegen im Februar 1990 mitteilten, ein „Zusammenbruch des Warschauer Paktes absehbar“.[44] Es mussten also neue Sicherheitsvereinbarungen für die Region getroffen werden, und es war nur natürlich, dass die Osteuropäer ein gewisses Sicherheitsverhältnis zu den Westmächten und insbesondere zu den Vereinigten Staaten aufbauen wollten – und sie begannen bereits vor Bakers Reise nach Moskau, sich in diese Richtung zu äußern.[45] Wie Mary Sarotte feststellt, bedeutete dies, dass sich die westlichen Regierungen mit „bedeutenden Fragen über die Zukunft der europäischen Sicherheit und der NATO, sowohl in Osteuropa als auch in einem neu vereinigten Deutschland“ befassen mussten.[46]

Und es hat sich herausgestellt, dass US-Beamte bereits über diese Fragen nachdachten. Sarotte entdeckte zu ihrer Überraschung, dass das Thema „bereits im Februar 1990“ aufkam.[47] Joshua Shifrinson hat seinerseits einige wichtige neue Archivalien ausgegraben, aus denen hervorgeht, dass die Frage der künftigen Sicherheitslage in Osteuropa schon früher in den Köpfen wichtiger Beamter war. Der nationale Sicherheitsberater des Präsidenten, Brent Scowcroft, war bereits im Dezember 1989 besorgt über ein „Machtvakuum“ in Osteuropa; er befürwortete daher „eine viel robustere und konstruktivere Rolle der USA in der Mitte Europas“. Zwei weitere NSC-Beamte, Robert Hutchings und Robert Blackwill, verfassten im darauf folgenden Monat ein Memo an Scowcroft, in dem sie für eine „starke Präsenz der USA in Osteuropa“ plädierten.[48] Und es gibt einige Anzeichen dafür, dass bestimmte wichtige politische Entscheidungsträger bereits über die Aufnahme der Osteuropäer in die NATO nachzudenken begannen. Robert Zoellick, ein hoher Beamter des Außenministeriums und einer der wichtigsten Berater Bakers in diesen Fragen, erinnerte sich später daran, dass er „die Möglichkeit eines NATO-Beitritts Polens und anderer Staaten vorwegnahm“, und Zoellick scheint sich dabei auf die Zeit Anfang 1990 bezogen zu haben, als die Politik der Vereinigten Staaten in diesem Bereich ausgearbeitet wurde.[49]

Natürlich konnte zu diesem Zeitpunkt niemand mit Sicherheit vorhersagen, wie die Politik der USA auf diesem Gebiet aussehen würde. Hier geht es jedoch nur darum, dass eines der Hauptargumente, die Zusagen von James Baker könnten nichts mit Osteuropa zu tun gehabt haben – nämlich, dass damals überhaupt niemand über diese größeren Fragen nachgedacht habe – von den Beweisen einfach nicht gestützt wird. Da allerdings später behauptet wurde, die Zusicherungen könnten unmöglich etwas mit Osteuropa zu tun gehabt haben, da zu jenem Zeitpunkt ja niemand an einen baldigen Zusammenbruch des Warschauer Paktes geglaubt habe, deutet die Tatsache, dass die Tage des Paktes gezählt waren und man davon auch ausging, darauf hin, dass die Zukunft Osteuropas sehr wohl in den Köpfen war, als die zitierten Zusicherungen Anfang Februar 1990 gegeben wurden – und dass sich diese Zusicherungen daher sehr wohl direkt auf das gesamte Gebiet des Warschauer Paktes bezogen haben könnten.

Für die Zwecke dieser Analyse ist ein solches „könnten“ jedoch nicht beweiskräftig genug, und es ist daher wichtig zu fragen, ob Baker und Genscher bei den Zusagen vom Februar tatsächlich Osteuropa als Ganzes im Blick hatten. Und an diesem Punkt kommt das zweite grundlegende Argument derjenigen ins Spiel, die bestreiten, dass solche umfassenden Zusagen gemacht wurden. Dabei handelt es sich um das Argument, dass bei den Gesprächen über die deutsche Wiedervereinigung im Jahr 1990 nie die gesamte Frage Osteuropas zur Sprache kam, so dass Baker und Genscher bei ihren Äußerungen darüber – die Zuständigkeit der NATO würde sich nicht nach Osten verlagern – nur von Ostdeutschland gesprochen haben und sich nicht auf Osteuropa als Ganzes bezogen haben können. Entsprechende westliche Darstellungen sind weit verbreitet. So untermauert zum Beispiel Mark Kramer seine Behauptung, es seien nie Zusagen „über die Rolle der NATO gegenüber“ dem gesamten Warschauer-Pakt-Gebiet gemacht worden, mit der Feststellung, dass „die Frage während der Verhandlungen über die deutsche Wiedervereinigung in der Tat nie zur Sprache kam und die damalige sowjetische Führung dies auch nie behauptete“.[50] Und Hannes Adomeit führt für seine grundsätzliche Behauptung, die Baker-Zusicherungen hätten sich nur auf Ostdeutschland und nicht auf Osteuropa insgesamt bezogen, eine Bemerkung ins Feld, die Horst Teltschik, einer der wichtigsten Berater Kohls, 2018 gemacht hat: „Ich habe 1989/90 an allen Gesprächen von Bundeskanzler Kohl mit Bush, Baker, Mitterrand, Thatcher und Gorbatschow auf den verschiedenen NATO-, EU- und G7-Gipfeln teilgenommen. Von einer NATO-Erweiterung über Deutschland hinaus war zu keinem Zeitpunkt die Rede. Verhandelt wurde über den Übergangsstatus der ehemaligen DDR und Berlins, solange sowjetische Streitkräfte in der DDR stationiert waren.“[51]

In der Tat hatte Gorbatschow selbst (im Widerspruch zu seinen früheren Aussagen) im Jahr 2014 genau das Gleiche gesagt. Auf die Frage eines Interviewers, ob er glaube, dass seine westlichen Partner ihn belogen hätten, als sie ihm 1990 versprachen, die NATO werde sich nicht nach Osten ausdehnen, antwortete er, nein, dieses Thema sei in seinen Gesprächen mit den westlichen Führern nie zur Sprache gekommen. Das einzige Thema, das sie behandelt hätten, sei die Frage der Ausdehnung der militärischen Strukturen der NATO auf Ostdeutschland gewesen; die Baker-Erklärung, auf die der Interviewer angespielt hatte, wurde „in diesem Zusammenhang abgegeben“.[52] Gorbatschow schien hier also den entscheidenden Punkt zuzugeben, und es ist kaum verwunderlich, dass diese Äußerungen von denjenigen als „schlagender Beweis“ behandelt wurden, die behaupten, dass sich die Zusicherungen, die den Russen 1990 gegeben wurden, nur auf Ostdeutschland und nicht auf Osteuropa insgesamt bezogen.[53]

Was ist nun von dieser ganzen Argumentation zu halten? Zunächst einmal ist es richtig, dass sich die Diskussionen im Wesentlichen um Deutschland drehten und dass die osteuropäischen Länder kaum erwähnt wurden. Aber folgt daraus notwendigerweise, dass sich die Zusicherungen von Baker und Genscher nur auf Ostdeutschland bezogen? Vielleicht wurde Osteuropa nie erörtert, und die Zusicherungen wurden im Zuge einer Diskussion über Deutschland gegeben, aber könnten sie sich nicht trotzdem auf das gesamte Gebiet des Warschauer Paktes bezogen haben? Denn nehmen wir einmal an, dass sie sich auf Osteuropa insgesamt beziehen sollten, und dass die Sowjets das Gesagte dann einfach zur Kenntnis genommen und in ihre allgemeineren Überlegungen über das weitere Vorgehen einbezogen haben. In diesem Fall wäre eine tatsächliche Erörterung der Frage gar nicht erforderlich gewesen, aber die Zusicherungen könnten immer noch berechtigterweise so ausgelegt werden, dass sie auch für das gesamte Gebiet östlich der Oder-Neiße-Linie gelten sollten. Das allein beweist natürlich noch nicht, dass die Zusicherungen in diesem Sinne zu interpretieren sind. Das bedeutet nur, dass die Tatsache, dass Osteuropa nicht erörtert wurde – für sich genommen – nicht beweist, dass sich die Zusicherungen nur auf den östlichen Teil des bald wiedervereinigten deutschen Staates bezogen. Ob dies nun der Fall war oder ob die Zusicherungen auch für Polen und die anderen Warschauer-Pakt-Staaten galten, ist daher als Problem weiter zu untersuchen. Diese Frage kann auch nicht einfach mit dem Hinweis abgetan werden, dass es bei den Gesprächen im Wesentlichen um Deutschland ging und dass das gesamte Thema Osteuropa nie zur Sprache kam.

Welches Licht werfen dann die Belege auf das, was die westlichen Führer im Sinn hatten, als sie davon sprachen, die Zuständigkeit der NATO nicht nach Osten auszudehnen?

Im Falle Genschers besteht kaum ein Zweifel, dass er an Osteuropa als Ganzes dachte. Das geht aus seiner Tutzinger Rede vom 31. Januar 1990 eindeutig hervor. Wie bereits erwähnt, deutet schon der Wortlaut seiner dortigen Zusicherung, dass was „immer im Warschauer Pakt geschieht, eine Ausdehnung des NATO-Territoriums nach Osten, das heißt, naher an die Grenze der Sowjetunion heran, wird es nicht geben“, darauf hin, dass er an ein mögliches Auseinanderbrechen des Warschauer Pakts gedacht hat; das wiederum zeigt mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass die Zusicherung für das gesamte Gebiet des Warschauer Paktes gelten sollte. Damit wolle er es den Sowjets leichter machen, einer Wiedervereinigung Deutschlands zu Bedingungen zuzustimmen, die der Westen akzeptieren könne, so der Minister weiter: „Diese Garantie wird für die Sowjetunion und ihre Haltung von Bedeutung sein.“ Dann wies er erneut auf Osteuropa als Ganzes hin: „Der Westen muss sich von der Erkenntnis leiten lassen, dass die Veränderungen in Osteuropa und der deutsche Einigungsprozess die sowjetischen Sicherheitsinteressen nicht gefährden dürfen.“[54] In privaten Gesprächen mit britischen und italienischen Staatsoberhäuptern war Genscher sogar noch deutlicher. Gegenüber beiden Regierungen erklärte er kategorisch, dass die Zusicherungen der Nichterweiterung der NATO nicht nur für Ostdeutschland, sondern auch für Osteuropa insgesamt gelten würden.[55]

Was Genscher allerdings während seines Treffens mit Baker am 2. Februar 1990, zwei Tage nach seiner Tutzinger Rede, und unmittelbar danach sagte, war noch wichtiger. Die beiden Außenminister sollten etwa eine Woche später nach Moskau reisen, und es war wesentlich sicherzustellen, dass beide mit einer Stimme sprechen würden. Einem Telegramm zufolge, das über das Treffen auf Bakers Bitte an Vernon Walters, den damaligen US-Botschafter in Bonn, geschickt wurde, „bestätigte Genscher, dass die Neutralität eines vereinigten Deutschlands nicht in Frage kommt. Das neue Deutschland würde in der NATO bleiben, weil die NATO ein wesentlicher Baustein für ein neues Europa ist. Mit dieser Aussage bekräftigte Genscher die Notwendigkeit, den Sowjets zu versichern, dass die NATO ihren territorialen Geltungsbereich weder auf das Gebiet der DDR noch auf andere Gebiete in Osteuropa [Hervorhebung – M.T.] ausdehnen werde. (Er äußerte sich so nach dem Treffen gegenüber der Presse.)“[56] Und was genau hatte Genscher den Journalisten gesagt? Aus dem offiziellen Protokoll des US-Außenministeriums über die Pressekonferenz geht eindeutig hervor, dass aus Genschers Sicht die Zusage der Nichterweiterung der NATO nicht nur für Ostdeutschland, sondern für ganz Osteuropa gelten sollte:

„GENSCHER: Vielleicht darf ich hinzufügen, wir waren uns völlig einig, dass es keine Absicht gibt, das NATO-Verteidigungs- und Sicherheitsgebiet nach Osten auszudehnen. Das gilt nicht nur für die DDR, die wir uns nicht einfach einverleiben wollen, sondern das gilt ebenfalls für alle anderen Staaten im Osten [Hervorhebung – M.T.]. Wir erleben zurzeit dramatische Entwicklungen im gesamten Osten, im COCOM (Coordinating Commitee for East West Trade Policy der NATO-Staaten für Embargomaßnahmen gegenüber dem Osten, möglicherweise hier aber ein Protokollfehler, denn Sinn an dieser Stelle ergäbe nur ein Verweis auf COMECON, den Wirtschaftsverbund der Ostblockstaaten – der Übersetzer) und im Warschauer Pakt. Ich denke, es ist Teil dieser Stabilitätspartnerschaft, die wir dem Osten anbieten können, dass wir klar und deutlich machen, dass, was auch immer innerhalb des Warschauer Paktes geschieht, auf unserer Seite keine Absicht besteht, unser Verteidigungsgebiet – das Gebiet der NATO – nach Osten auszudehnen.“[57]

Und das ist noch nicht alles. Man kann sich sogar einen Ausschnitt aus einer Videoaufzeichnung der Pressekonferenz ansehen, der Genschers Ausführungen enthält: „Wir [gemeint sind er und Baker] waren uns einig, dass nicht die Absicht besteht, das NATO-Verteidigungsgebiet auszudehnen nach Osten. Das gilt im Übrigen nicht nur für die DDR, die wir da nicht einverleiben wollen, sondern das gilt ganz generell. – [Hervorhebung – M.T.].[58] Man kann sehen, wie Baker an Genschers Seite steht, als der diese Erklärung abgibt. Demgegenüber ist auch heute noch üblich, dass ehemalige Beamte und andere Beobachter auf die „vagen mündlichen Zusicherungen“ verweisen, die den Russen „von hochrangigen westlichen Politikern gegeben wurden, dass die NATO nicht erweitert würde“ – auch auf „zweideutige Dinge“, die „von westlichen Politikern sowohl privat als auch öffentlich gesagt wurden“.[59] Es ist jedoch schwer vorstellbar, wie Genscher noch deutlicher hätte ausdrücken sollen, was er im Sinn hatte.[60]

Genschers Äußerungen an Bakers Seite sind nicht nur deshalb wichtig, weil sie bestätigen, was bereits aus der Tutzinger Rede deutlich genug geworden war, dass nämlich für den deutschen Außenminister die „Garantie“ (um den Begriff zu verwenden, den Genscher selbst in Tutzing verwendet hatte) für das gesamte Gebiet des Warschauer Paktes gelten sollte. Noch wichtiger ist, was sich daraus hinsichtlich der Haltung Bakers ergibt. Denn Genscher machte deutlich, dass er sowohl für sich selbst als auch für den US-Außenminister sprach – die Verwendung des Wortes „wir“ verdeutlicht dies – und dieser Sachverhalt wird zusätzlich dadurch unterstrichen, dass Baker an Genschers Seite stand, als der diese Worte aussprach. Es ist auch bemerkenswert, dass in dem erwähnten Telegramm an Vernon Walters Genschers Bemerkung „und auch sonst nirgendwo in Europa“ zitiert wurde und nichts darüber vermerkt wurde, dass die US-Regierung diese Ansicht nicht teile. Auch das US-Außenministerium selbst gab keine Klarstellung heraus, in der es darauf hinwies, dass Genscher nur für sich selbst gesprochen hätte, als er diese Bemerkung machte, und dass die US-Regierung seine diesbezüglichen Ansichten nicht unbedingt teilte. Man kann also davon ausgehen, dass Baker damit einverstanden war, dass die Zusicherung der Nichtausdehnung der NATO für das gesamte Gebiet des Warschauer Paktes galt, zumal die Abgabe einer solchen Zusicherung von Anfang an dem grundsätzlichen Ansatz des US-Außenministers in dieser Frage entsprach.[61]

Die Zusicherungen, die Baker und Genscher den sowjetischen Führern bei ihren aufeinander folgenden Besuchen in Moskau etwa eine Woche später gaben, müssen im Lichte dessen interpretiert werden, was am 2. Februar gesagt worden war. Und das wäre selbst dann zutreffend, wenn der unwahrscheinliche Fall vorläge, dass die Aussage Genschers auf der Pressekonferenz über die Gültigkeit der Zusicherungen für das Warschauer Pakt-Gebiet insgesamt von Gorbatschow und Schewardnadse nicht zur Kenntnis genommen worden wären.

Selbst wenn dies der Fall wäre, stellt sich trotzdem die Frage, ob russische Repräsentanten (und bestimmte westliche Wissenschaftler und ehemalige Beamte) die Zusicherungen Jahre später zu Recht so interpretierten, dass sie Osteuropa als Ganzes meinten, und die Antwort auf diese Frage hängt einzig und allein davon ab, worauf sich Baker und Genscher damals bezogen.

Was also haben Baker und Genscher den sowjetischen Führern in Moskau am 9. und 10. Februar gesagt? Die Schlüsselfrage ist auch hier wiederum, ob sich die Zusicherungen, die zuerst Baker und dann Genscher gaben, sich speziell auf Ostdeutschland oder auf Osteuropa insgesamt bezogen.

Zunächst ist festzustellen, dass der Kontext, in dem diese Zusicherungen gemacht wurden, recht allgemein war. Bei seinen Treffen mit Gorbatschow und Schewardnadse ging es Baker nicht um die relativ enge Frage des militärischen Status‘ des noch ostdeutschen Territoriums, sondern um die viel grundsätzlichere Frage, welchen Platz Deutschland in der Welt nach dem Kalten Krieg einnehmen sollte. Bei seinem Treffen mit Schewardnadse am Morgen des 9. Februar wies Baker beispielsweise darauf hin, wie wichtig es sei, den wiedervereinigten deutschen Staat in der NATO zu verankern; andernfalls würde Deutschland „zweifellos seine eigenen unabhängigen nuklearen Fähigkeiten erwerben“. Er sei sich jedoch darüber im Klaren, dass bei einem Verbleib Deutschlands in der NATO „natürlich eiserne Garantien gegeben werden müssten, dass sich die Zuständigkeit oder die Streitkräfte der NATO nicht nach Osten verlagern würden. Und dies müsste in einer Weise geschehen, die Deutschlands Nachbarn im Osten zufrieden stellen würde“.[62] Erst im weiteren Verlauf des Treffens trug er die Idee vor, dass der östliche Teil Deutschlands entmilitarisiert werden könnte und dass dort keine NATO-Truppen stationiert werden dürften. Dies zeigt übrigens, dass Baker kein Problem damit hatte, explizit über ostdeutsches Gebiet zu sprechen, wenn er es wollte.

Auf dieses Treffen folgte am Nachmittag ein längeres Treffen mit Gorbatschow und Schewardnadse, und die russischen und amerikanischen Berichte über dieses Treffen sind leicht zugänglich. Beide lassen Baker fast dasselbe sagen, so dass man ziemlich sicher sein kann, dass diese Berichte korrekt sind. Auch hier wurden die Zusicherungen im Rahmen einer Diskussion über die grundlegende Frage gegeben, ob Deutschland ein neutraler Staat werden oder in der NATO bleiben sollte. Baker wies erneut auf die Probleme hin, die sich bei einem Austritt Deutschlands aus der NATO ergeben könnten; erneut betonte er, dass ein neutrales Deutschland nicht unbedingt ein friedliches Deutschland sein würde und dass die Deutschen, wenn sie nicht mehr unter dem Schutz der Vereinigten Staaten stünden, der Meinung sein könnten, sie müssten eine eigene nukleare Kapazität entwickeln. Bakers Hauptargument war, dass die Sowjets deshalb den Verbleib Deutschlands in der NATO zulassen sollten. Er war sich darüber im Klaren, dass dies für die Sowjets schwer zu akzeptieren sein könnte, weil es eine gewisse Verschiebung des Ost-West-Machtgleichgewichts bedeutete. Um Gorbatschow und Schewardnadse die Zustimmung zu dieser Idee zu erleichtern, wollte Baker ihnen klarmachen, dass diese Verschiebung nicht zu weit gehen würde – zumindest lässt sich das aus der Tatsache ableiten, dass er unmittelbar nach der Darlegung seiner allgemeinen Ansichten darüber, warum es so wichtig sei, dass Deutschland in der NATO bliebe, die Zusicherungen skizzierte, die die Sowjets erhalten würden, wenn sie der Idee zustimmten: „Wir verstehen die Notwendigkeit von Zusicherungen für die Länder im Osten. Wenn wir eine Präsenz in einem Deutschland aufrechterhalten, das Teil der NATO ist, würde sich Zuständigkeit der NATO um keinen Zoll nach Osten ausdehnen.“[63]

Baker kam später in der Sitzung auf denselben Punkt zurück, diesmal in Form einer Frage, und dieser Teil des Protokolls ist von großem Interesse. Er sprach über die „Welle der Emotionen“ in Deutschland, die die innere Einigung des Landes bald zu einer vollendeten Tatsache machen würde. Aber es sei wichtig, „um des Friedens in der Welt willen alles zu tun, um externe Mechanismen zu entwickeln, die die Stabilität in Europa sichern“. Dann sprach er erneut das Grundproblem gegenüber Gorbatschow an:

„BAKER: Ich möchte Ihnen eine Frage stellen, die Sie nicht sofort beantworten müssen. Angenommen, die Wiedervereinigung findet statt, was würden Sie bevorzugen: ein vereinigtes Deutschland außerhalb der NATO, absolut unabhängig und ohne amerikanische Truppen; oder ein vereinigtes Deutschland, das seine Verbindungen zur NATO beibehält, aber mit der Garantie, dass sich die Rechtsprechung [sic – er sagte wahrscheinlich ‚der Zuständigkeitsbereich‘] oder die Truppen der NATO nicht östlich der gegenwärtigen Grenze ausbreiten werden?

GORBATSCHOW: Wir werden über alles nachdenken. Wir beabsichtigen, alle diese Fragen auf der Führungsebene eingehend zu erörtern. Es versteht sich von selbst, dass eine Ausweitung der NATO-Zone nicht akzeptabel ist.

BAKER: Wir sind damit einverstanden.

GORBATSCHOW: Es ist durchaus möglich, dass in der Situation, wie sie sich jetzt darstellt, die Anwesenheit amerikanischer Truppen eine eindämmende Rolle spielen kann. Es ist möglich, dass wir, wie Sie sagten, gemeinsam darüber nachdenken sollten, dass ein vereinigtes Deutschland nach Wegen suchen könnte, um wieder aufzurüsten und eine neue Wehrmacht zu schaffen, wie es nach Versailles geschah. Wenn Deutschland außerhalb der europäischen Strukturen steht, könnte sich die Geschichte in der Tat wiederholen. Das technologische und industrielle Potenzial erlaubt Deutschland, dies zu tun. Wenn es im Rahmen der europäischen Strukturen bestehen würde, könnte dieser Prozess verhindert werden. Über all dies muss nachgedacht werden. Vieles von dem, was Sie gesagt haben, scheint realistisch zu sein. Lassen Sie uns nachdenken. Es ist unmöglich, jetzt schon ein Fazit zu ziehen.“[64]

Auch hier ist es wichtig, den Kontext zu beachten, in dem diese Zusicherung gegeben wurde. Baker sprach über die allgemeine Frage der „Sicherheit in Europa“. Es ging ihm nicht um die relativ enge Frage des künftigen militärischen Status des damaligen ostdeutschen Gebiets. Oder anders ausgedrückt: Hätte Baker über das Gebiet des Warschauer Paktes als Ganzes gesprochen, hätten seine Äußerungen in diesem Zusammenhang durchaus einen Sinn ergeben. Bakers Äußerungen in einer Pressekonferenz, die er nach seinen Treffen mit Gorbatschow und Schewardnadse abhielt, sind ein weiterer wichtiger Pinselstrich in diesem Gesamtbild. Baker habe den sowjetischen Führern gegenüber erklärt, dass es die Ansicht seiner Regierung sei, dass die „äußeren Aspekte“ des deutschen Einigungsprozesses „mit gebührender Rücksicht auf die Sicherheitsbedenken der deutschen Nachbarn erfolgen sollten“, und er habe „angedeutet, dass die Vereinigten Staaten keine Neutralität für ein vereinigtes Deutschland befürworten; dass wir eine fortgesetzte Mitgliedschaft in oder Assoziierung mit der NATO befürworten und dass wir auch der Meinung sind, dass es keine Ausdehnung der NATO-Truppen nach Osten geben sollte, um die Sicherheitsbedenken der Menschen im Osten Deutschlands zu beschwichtigen“.[65] Auch hier wurde nicht versucht, deutlich zu machen, dass er nur von dem Gebiet sprach, das noch zu Ostdeutschland gehörte. Und die Besänftigung der Sicherheitsbedenken der östlichen Nachbarn Deutschlands, das heißt vor allem der UdSSR, hätte leicht als Ausschluss der NATO-Erweiterung auf Länder wie Polen verstanden werden können.

Da der Schwerpunkt der Gespräche vom 9. Februar auf den „äußeren Aspekten“ der deutschen Wiedervereinigung lag, war es nur natürlich, dass Baker und die sowjetische Führung vor allem die Auswirkungen der deutschen Wiedervereinigung auf das gesamte europäische Machtgefüge im Auge hatten. Da die Zusicherungen, eine NATO-Erweiterung nicht vorzunehmen, in diesem Zusammenhang gegeben wurden, sollten sie dahingehend verstanden werden, das heißt als Ausschluss von Entwicklungen, die sich zu drastisch auf das europäische Gleichgewicht auswirken würden, und dazu gehörte auch eine eventuelle Ausweitung des Zuständigkeitsbereichs der NATO auf Osteuropa.

Baker hatte erkannt, dass die Sowjets „sehr nervös wegen der Entwicklungen in Mitteleuropa“ waren (ein Begriff, der sich vor allem auf die Tschechoslowakei, Ungarn und Polen bezog); eines der Dinge, die er ihnen im Austausch für ihre Bereitschaft, die Wiedervereinigung Deutschlands zu westlichen Bedingungen zu akzeptieren, geben konnte, war daher die Zusage, dass die NATO nicht in dieses Gebiet expandieren würde.[66] Angesichts der russischen „Nervosität“ würde eine solche Zusicherung in Moskaus Augen einen realen Wert haben. Wenn dies die grundlegende Botschaft von Baker am 9. Februar war, so wurde sie von Genscher, der am nächsten Tag mit den sowjetischen Führern zusammentraf, sicherlich noch verstärkt. Als er versicherte, dass es im Falle eines Verbleibs des vereinigten Deutschlands in der NATO keine Ausdehnung des NATO-Gebiets nach Osten geben würde, verwendete er dieselbe Formulierung ganz generell („in general“) wie auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Baker und bei anderen Gelegenheiten. Die Frage, ob das vereinigte Deutschland in der NATO bleibe, sei eine schwierige Frage, sagte Genscher zu Schewardnadse, aber es sei für die Nachbarn Deutschlands besser, wenn Deutschland in die europäischen Strukturen eingebunden bleibe, und dazu zähle er eindeutig die NATO. Und wie Baker gab er in diesem Zusammenhang seine Zusicherung ab, die NATO nicht zu erweitern: „Für uns ist es ein fester Grundsatz: Die NATO wird nicht nach Osten erweitert werden […]. Und was die Nichterweiterung der NATO betrifft, so gilt das ganz generell.“[67] Es ist ganz klar, dass er mit „ganz generell“ meinte, dass die Zusicherung für ganz Osteuropa und nicht nur für Ostdeutschland galt – ein Punkt, der in dem Spiegel-Artikel, in dem dieses neue Beweisstück 2009 vorgestellt wurde, angesprochen und auch von Kristina Spohr in ihrem Artikel von 2012 angemerkt wurde.[68]

In der Tat legte Spohr weitere Beweise vor, die zeigten, dass Genscher zu diesem Zeitpunkt ganz Osteuropa im Blick hatte. „Es ist bemerkenswert“, schrieb sie, dass Genscher bei seinem Treffen mit dem sowjetischen Außenminister „sich auf seine drei Tage zuvor gehaltene Potsdamer Rede berief (die Schewardnadse angeblich gelesen und an Gorbatschow weitergeleitet hatte). In Potsdam hatte Genscher vorgeschlagen, dass angesichts der osteuropäischen Entwicklungen, insbesondere der tschechoslowakischen und ungarischen Forderungen nach einem sowjetischen Truppenabzug, ‚die NATO einen wichtigen Beitrag zur Stabilität leisten könnte, wenn sie eine unmissverständliche Erklärung abgäbe: Was auch immer im Warschauer Pakt geschehen ist, eine Ausdehnung des NATO-Territoriums nach Osten, das heißt näher an die Grenzen der Sowjetunion, wird es nicht geben.‘“[69]

In Anbetracht der Tatsache, dass sich Genscher eine Woche zuvor offensichtlich mit Baker auf eine gemeinsame Politik geeinigt hatte, sollten diese Erklärungen so interpretiert werden, dass sie nicht nur Genschers, sondern auch Bakers Denkweise widerspiegeln. Es ist schwer vorstellbar, dass Genscher solche ausdrücklichen Erklärungen abgegeben hätte, wenn er nicht in seinem langen Gespräch mit Baker eine Woche zuvor den deutlichen Eindruck gewonnen hätte, dass der US-Außenminister die Dinge ähnlich sah. Die grundsätzliche Schlussfolgerung scheint also unausweichlich: Soweit es Genscher und Baker betraf, sollten die Zusicherungen zur Nichterweiterung der NATO nicht nur für Ostdeutschland gelten, sondern für das gesamte Gebiet des Warschauer Paktes.

Das mag ja alles stimmen, aber könnte man nicht auch sagen, dass das, was im Februar versprochen wurde, durch spätere Entwicklungen überholt wurde? Die Antwort lautet: Ja, aber nur zum Teil. Wenn die Zusicherungen für das Gebiet des Warschauer Paktes insgesamt galten, so galten sie insbesondere für das damalige ostdeutsche Gebiet, und soweit sie für dieses Gebiet galten, wurden sie eindeutig durch die Vereinbarungen ersetzt, die in den „2+4“-Verhandlungen später im selben Jahr ausgearbeitet und in dem im September unterzeichneten 2+4-Vertrag festgelegt worden sind.[70] Dieser Teil der allgemeinen Zusicherung war „ausgegliedert“ worden und wurde separat behandelt. Mit dieser einen Ausnahme blieben die Zusicherungen vom Februar jedoch bestehen; soweit sie sich auf das übrige Gebiet des Warschauer Paktes bezogen, wurden sie durch nichts berührt oder ersetzt, was in den Gesprächen über die deutsche Wiedervereinigung vereinbart wurde.

Aber vielleicht wurden sie durch Zugeständnisse ersetzt, die die Sowjets damals an anderer Stelle machten? So hat Mary Sarotte argumentiert, „dass Gorbatschow“ auf der Washingtoner Gipfelkonferenz mit US-Präsident Bush Ende Mai 1990 „als Antwort auf eine direkte Frage von Bush zugestanden hat, dass Nationen wählen können, welchen Militärbündnissen sie beitreten“; den sowjetischen Führer dazu zu bringen, dieses allgemeine Prinzip zu akzeptieren, war ihrer Ansicht nach „eine bedeutende Leistung der USA“. Und in der Tat, wenn Gorbatschow grundsätzlich zugestimmt hätte, dass Polen und die anderen bisherigen Ostblockstaaten das Recht hätten, der NATO beizutreten, wäre dies sicherlich ein außergewöhnliches Zugeständnis seinerseits gewesen. Die meisten Belege deuten jedoch darauf hin, dass er zu diesem Zeitpunkt kein so weitreichendes Zugeständnis gemacht hat. Aus den Memoiren und den meisten frühen Interviewberichten geht nämlich eindeutig hervor, dass sich Gorbatschows Zugeständnis nur auf die Frage bezog, ob der bald wiedervereinigte deutsche Staat das Recht habe, der NATO beizutreten, wenn er dies wolle, und die neuen Quellen, die Jahre später verfügbar wurden – insbesondere die sowjetischen Aufzeichnungen der Sitzung, auf der das Zugeständnis gemacht wurde –, bestätigen, dass diese Sicht der Dinge zutreffend ist.

Schließlich sollte man auch bedenken, dass Gorbatschows Akzeptanz des Grundsatzes, dass Deutschland das Recht habe, im westlichen Bündnis zu bleiben, auf dem Washingtoner Gipfel zwar als großer Durchbruch angesehen wurde, dass es damals aber keineswegs klar war, ob Gorbatschows Äußerungen eine grundlegende Änderung seiner Politik widerspiegelten. Mehr als einen Monat nach der Konferenz waren sich die US-Beamte nicht sicher, wie solide dieses Zugeständnis war. Erst im Juli, nach einem Treffen Helmut Kohls mit Gorbatschow in Südrussland, waren sie sicher, dass die Sowjets endgültig zugestimmt hatten, dass Deutschland in der NATO bleiben könnte.

Das alles hatte aber nichts mit Osteuropa zu tun. Gorbatschow war zu jenem Zeitpunkt bereit, den Osteuropäern den Austritt aus dem Warschauer Pakt zu gestatten, wenn sie dies wollten, aber er stimmte nicht ausdrücklich zu, dass sie der NATO beitreten könnten.[71]

Welche allgemeinen Schlussfolgerungen sind also aus der Analyse in diesem Abschnitt zu ziehen? Wir haben uns hier mit dem Argument befasst, dass die Februar-Zusagen nur für Ostdeutschland und nicht für ganz Osteuropa galten, einem Argument, das in der Literatur durch zwei zentrale Behauptungen gestützt wird. Erstens wird behauptet, dass die westlichen Staats- und Regierungschefs bei der Erteilung von Zusicherungen über eine Nicht-Erweiterung der NATO unmöglich das gesamte Gebiet des Warschauer Paktes im Auge gehabt haben konnten, weil eine NATO-Ausweitung in dieses Gebiet damals einfach kein Thema war. Vielmehr, so wurde argumentiert, waren insbesondere die Sowjets „sehr zuversichtlich“, dass der Warschauer Pakt überleben würde. Doch dieses Argument war nicht stichhaltig: Im Februar 1990 war klar, dass der Pakt zerfiel und dass die Osteuropäer bereits über neue Sicherheitsvereinbarungen unter Einbeziehung der NATO-Mächte nachdachten – und einige US-Beamte hatten bereits begonnen, sich mit dem Problem zu befassen. Ähnlich verhält es sich mit der zweiten zentralen Behauptung derjenigen, die darlegen, die Zusagen zur Nichtausweitung der NATO hätten sich nur auf das Gebiet der damaligen DDR bezogen: Da die Gespräche, bei denen diese Zusagen gegeben wurden, angeblich nur Deutschland betrafen und die Frage Osteuropas gar nicht zur Sprache kam, konnten bei diesen Treffen unmöglich Zusagen gemacht worden sein, die sich auf die gesamte Region bezogen. Mein Argument ist, dass, auch wenn das Gebiet des Warschauer Paktes in den Gesprächen nicht wirklich erörtert wurde, die Zusicherungen der Nichterweiterung der NATO durchaus für dieses Gebiet als Ganzes gegolten haben könnten; und dass man erkennen kann, was Genscher und Baker im Sinn hatten, wenn man sich die Protokolle ihrer Treffen mit den sowjetischen Führern genau ansieht und auch, was sie an anderen Orten gesagt haben, insbesondere auf der gemeinsamen Pressekonferenz. Die Schlussfolgerung war, dass die Zusicherungen für das gesamte Gebiet des Warschauer Paktes und nicht nur für Ostdeutschland gelten sollten. Und soweit sich die Zusicherungen auf das Gebiet jenseits der Ostgrenze der DDR bezogen, wurden sie durch nichts ersetzt, was auf dem Washingtoner Gipfel vereinbart wurde.

All dies bedeutet, dass die Zusagen vom Februar, soweit sie überhaupt verbindlich waren, auch nach dem Washingtoner Gipfel verbindlich blieben – allerdings nur insoweit, als sie sich auf das Gebiet östlich der Oder-Neiße-Linie bezogen. Ein Beamter des deutschen Auswärtigen Amtes drückte dies bei einem Treffen mit seinen britischen, französischen und amerikanischen Amtskollegen im März 1991 so aus: „Wir hatten während der 2+4-Verhandlungen deutlich gemacht, dass wir die NATO nicht nach Osteuropa ausdehnen würden“, so dass „wir daher Polen und den anderen nicht die Mitgliedschaft in der NATO anbieten konnten“.[72] Zumindest einige Beamte im Westen nahmen die ein Jahr zuvor gegebenen Zusicherungen also noch ernst.

 

Ein bindendes Versprechen?

Waren die Zusagen vom Februar für die Regierungen, die sie gegeben hatten, jemals wirklich bindend? Kristina Spohr betont, dass keine rechtsverbindlichen Zusagen gemacht worden seien, das heißt es wurden keine schriftlichen Vereinbarungen unterzeichnet, die die NATO an der Expansion nach Osteuropa hinderten. Und sie geht davon aus, dass die betreffenden Zusicherungen, wenn sie rechtlich nicht bindend waren, in Wirklichkeit überhaupt nicht bindend waren.[73] Allerdings deutet Sarotte an, dass das ganze Problem auf einem Missverständnis beruhte: Die Sowjets glaubten, dass rein mündliche Absprachen ausreichten, während die Amerikaner der Meinung waren, dass sie sich nicht wirklich zu irgendetwas verpflichtet hätten, wenn keine schriftliche Vereinbarung unterzeichnet worden sei. Manchmal wiederum scheint sie der amerikanischen Sichtweise zuzuneigen: Die Sowjets hätten die Amerikaner und die Deutschen dazu bringen können, ihnen schriftliche Garantien zu geben, dass die NATO nicht nach Osteuropa expandieren würde, aber sie haben das nicht getan, und infolgedessen wurde keine Vereinbarung getroffen. „Im Februar 1990 hätte die Sowjetunion für einen kurzen Moment ein Abkommen mit den Vereinigten Staaten schließen können, aber sie tat es nicht.“ Gorbatschow gelang es nicht, etwas schriftlich zu sichern, „und das Fenster schloss sich. Deutschland vereinigte sich und die NATO begann, sich nach Osten zu bewegen.“[74] Der Grundgedanke, dass die Zusagen vom Februar, da sie rein mündlich erfolgten, rechtlich nicht bindend gewesen seien und daher überhaupt nicht bindend waren, ist in der Tat sehr verbreitet. Ich selbst [Marc Trachtenberg – der Übersetzer] habe Henry Kissinger im April 2017 auf einer Konferenz in Yale gehört, wie er diesen Standpunkt vertrat.

Aber selbst wenn man der Auffassung ist, dass nur unterzeichnete Übereinkünfte rechtlich bindend sind – und diese Ansicht ist problematischer, als man denken mag[75] –, hat das eigentliche Problem hier wenig mit internationalem Recht zu tun. Jeder weiß, dass keine schriftlichen Vereinbarungen in Bezug auf Osteuropa jemals unterzeichnet wurden, und dennoch bleibt diese Frage aktuell, denn der eigentliche Vorwurf lautet, dass das, was US-Außenminister Baker selbst bei seinem Treffen mit Gorbatschow am 9. Februar als „Zusicherungen“ bezeichnete, moralisch oder politisch bindend war und dass der Westen die mündlichen Zusagen, die seine Führer damals gemacht haben, nicht eingehalten hat. Und niemand glaubt wirklich, dass die Äußerungen hoher Beamter sie zu nichts verpflichten, solange diese nicht in einer unterzeichneten Vereinbarung festgehalten sind; wäre dies nämlich der Fall, wäre ein sinnvoller Austausch zwischen Spitzenbeamten kaum möglich. Es muss davon ausgegangen werden, dass das, was bei hochrangigen Treffen gesagt wird, wirklich politisches Gewicht hat; dass sich hohe Beamte zumindest bis zu einem gewissen Grad auf das verlassen können, was sie einander bei solchen Gelegenheiten sagen; und dass es ihnen nicht freisteht, sich von den mündlichen Zusicherungen, die sie geben, einfach zu distanzieren, indem sie behaupten, diese seien rechtlich nicht bindend, weil nichts unterzeichnet worden sei. Andernfalls könnte mündlicher Austausch nicht annähernd die Rolle spielen, die ihm im internationalen politischen Leben tatsächlich zukommt.

Diese Feststellung lässt sich mit vielen historischen Exempeln belegen. So verweist Shifrinson auf das Beispiel der kubanischen Raketenkrise.[76] Obwohl nie ein formelles Abkommen unterzeichnet wurde, betrachtete Präsident John F. Kennedy seine Zusage, die amerikanischen Jupiter-Raketen aus der Türkei abzuziehen, durchaus als verbindlich. Darüber hinaus betrachteten die US-Regierung und auch die UdSSR die am Ende der Krise getroffene Vereinbarung über künftige sowjetische Militärlieferungen an Kuba noch Jahre später als verbindlich, ohne dass sie in einem eindeutigen, unterzeichneten, schriftlichen Abkommen festgeschrieben worden war.[77] Das beste Beispiel für die Verbindlichkeit informeller Absprachen zwischen Staaten ist wohl die Tatsache, dass 1945 die mündlichen Zusagen über den Zugang des Westens zu Berlin durch die sowjetische Zone als ausreichend angesehen wurden. Präsident Franklin D. Roosevelt bestand nicht darauf, eine formelle, schriftliche Garantie für die Zugangsrechte der USA auszuhandeln. Wie Gorbatschow 1990 scheint Roosevelt der Meinung gewesen zu sein, dass die sowjetisch-amerikanischen Beziehungen auf gegenseitigem Vertrauen beruhen müssten und dass das Bestehen auf schriftlichen Garantien als Beweis für Misstrauen gewertet würde und die Entwicklung der von ihm gewünschten Beziehungen erschweren könnte.[78] Wie sich herausstellte, waren die Zugangsrechte der USA durch eine mündliche Vereinbarung gesichert, die die amerikanischen und britischen Befehlshaber in Deutschland am 29. Juni 1945 mit ihrem sowjetischen Amtskollegen ausgearbeitet hatten. Etwa zehn Tage später folgte eine schriftliche Vereinbarung, die sich nicht auf Berlin, sondern auf Wien bezog; man ging jedoch davon aus, dass diese Vereinbarung auch für Berlin galt, „da die sowjetischen Vertreter in wiederholten Erklärungen versichert hatten, dass diese Grundsätze sowohl für Berlin als auch für Wien gälten“.[79]

Die eigentliche Frage ist also nicht, ob mündliche Zusicherungen in irgendeiner Weise verbindlich sind, sondern vielmehr, was den Grad ihrer Verbindlichkeit bestimmt. Und wenn man über diese Frage nachdenkt, kommen einem drei Gesichtspunkte in den Sinn:

  • Erstens – Die meisten Menschen würden zustimmen, dass eine Zusicherung umso verbindlicher ist, je ausdrücklicher sie ist.
  • Zweitens – Allgemein wird davon ausgegangen, dass Zusicherungen, die im Rahmen einer gegenseitigen Vereinbarung – auch einer stillschweigenden – gegeben werden, verbindlicher sind als solche, die einseitig abgegeben werden.
  • Ein dritter Faktor hängt mit dem Kontext zusammen: Wenn es sich um eine „one-off“ – also einmalige – Zusicherung handelt, um einen britischen Ausdruck zu verwenden, wird sie im Allgemeinen als weniger verbindlich angesehen, als wenn sie Teil eines ganzen Netzes von Zusicherungen ist, die zu verschiedenen Zeiten von verschiedenen Personen gegeben wurden.

Ich will damit allerdings nicht sagen, dass eine Zusicherung in allen drei Bereichen einen hohen Stellenwert haben muss, um als verbindlich zu gelten. Man könnte die Ansicht vertreten, dass sie nicht in allen oder auch nur in einem dieser Bereiche einen hohen Stellenwert haben muss, um als verbindlich zu gelten. Welche Auffassung man vertritt, hängt von der eigenen Theorie darüber ab, was eine verbindliche Verpflichtung ausmacht, eine Frage, die sich letztlich der historischen Analyse entzieht. Aber man kann dennoch etwas Licht in die Angelegenheit bringen, indem man sich ansieht, wie gut die Zusagen vom Februar 1990 in jedem dieser drei Bereiche abschneiden.

Und das grundlegende Ergebnis ist, dass sie im ersten und dritten Bereich einen hohen Stellenwert haben, im zweiten jedoch keinen annähernd so hohen. Was den ersten Faktor betrifft, so ist klar, dass die Zusicherungen zwar nicht so explizit waren, wie sie hätten sein können, aber sie waren weitaus expliziter, als die meisten, die über dieses Thema geschrieben haben, bereit zu sein scheinen, anzuerkennen. Dies gilt insbesondere für die Aussagen auf der gemeinsamen Pressekonferenz am 2. Februar: Genscher, an dessen Seite Baker stand, sagte den Reportern (laut offiziellem Protokoll), er und Baker seien sich „völlig einig, dass es keine Absicht gibt, den NATO-Verteidigungs- und Sicherheitsraum nach Osten auszudehnen“ und dass „das nicht nur für die DDR gilt, die wir uns nicht einfach einverleiben wollen, sondern das gilt ebenfalls für alle anderen Staaten im Osten“. Und Genscher wurde vielleicht noch deutlicher bei seinem Treffen mit Schewardnadse eine Woche später. Im Protokoll heißt es dazu: „BM (Bundesminister Genscher) … Für uns stehe aber fest: Die NATO werde sich nicht nach Osten ausdehnen. … Was im übrigen die Nichtausdehnung der NATO anbetreffe, so gelte dieses ganz generell.“[80]

Doch was lässt sich über den zweiten Bereich sagen, nämlich die Frage, ob so etwas wie eine Abmachung getroffen wurde? Diese Frage ist für unsere Zwecke von grundlegender Bedeutung, denn wenn die Zusicherungen im Gegenzug für ein bedeutendes sowjetisches Zugeständnis gegeben wurden, dann würden die meisten Menschen sie als verbindlicher ansehen, als wenn dies nicht der Fall gewesen wäre. Deshalb hat die Frage, ob es eine Abmachung gab, so sehr im Mittelpunkt der Debatte gestanden. Und der erste Punkt, mit dem wir uns hier befassen müssen, ist die Frage, worum es bei der „Abmachung“, sofern es eine solche gab, gehen sollte.

Es wird oft behauptet, dass die Sowjets im Gegenzug für die Nichterweiterungszusage zugestimmt hätten, die Wiedervereinigung Deutschlands zuzulassen, aber das war keineswegs der Fall.[81] Die eigentliche „Abmachung“, die im Februar auf den Tisch gelegt wurde, hatte nichts damit zu tun, ob Deutschland wiedervereinigt werden würde, sondern zu welchen Bedingungen [Hervorhebung – der Übersetzer]. Die Sowjets hatten zu diesem Zeitpunkt bereits deutlich gemacht, dass sie bereit waren, die Wiedervereinigung Deutschlands zu akzeptieren.[82] Das „Geschäft“, das Baker ihnen unterbreitete, bestand nun darin, dass er im Gegenzug für die Bereitschaft Moskaus, den wiedervereinigten deutschen Staat in der NATO zu belassen, versprach, dass die NATO nicht nach Osten erweitert würde. Man kann natürlich argumentieren, dass es sich dabei um ein bedingtes Angebot handelte, das automatisch zu einem „Geschäft“ wurde, sobald die Sowjets im Laufe des Jahres zustimmten, dass Deutschland als Ganzes im westlichen Bündnis bleiben konnte. Aber dieses Argument erscheint mir ein wenig gezwungen. Die Verbindung zwischen den Zusicherungen der Nichterweiterung und der Entscheidung, dem wiedervereinigten Deutschland den Verbleib in der NATO zu gestatten, war etwas zu schwach, um sagen zu können, dass eine Abmachung getroffen worden sei. Allerdings waren sich die US-Beamten darüber im Klaren, dass die beiden Fragen miteinander verknüpft waren. Baker beispielsweise wies auf einer Pressekonferenz im Anschluss an seine Treffen mit der sowjetischen Führung am 9. Februar genau darauf hin. „Was ich damit sagen will“, äußerte er den Reportern gegenüber, „ist, dass wir unter den Bedingungen einer fortgesetzten deutschen Mitgliedschaft in der NATO die DDR als Teil dieser Mitgliedschaft haben werden. Das ist, zumindest in den Augen der Vereinigten Staaten, nicht möglich, ohne dass es irgendeine Art von Sicherheitsgarantie für die NATO-Truppen gibt, die sich nach Osten bewegen, oder für die Zuständigkeit der NATO, die sich nach Osten bewegt.“[83]

Aber zu sagen, dass die Amerikaner verstanden haben, dass die beiden Fragen miteinander verbunden sind, ist nicht ganz dasselbe wie zu sagen, dass tatsächlich eine Vereinbarung getroffen wurde, die die beiden Fragen miteinander verbindet.

Die eigentliche Frage, die sich hier stellt, hat nichts mit den Ansichten der USA zu tun, sondern eher mit der sowjetischen Sichtweise. Haben die Sowjets tatsächlich verstanden, was ihnen angeboten wurde? Verstanden sie insbesondere, dass sich die Zusicherungen, die ihnen gegeben wurden, nicht nur auf Ostdeutschland, sondern auf Osteuropa als Ganzes bezogen? Da wir keine besonders guten direkten Hinweise zu diesem Thema haben, müssen wir damit beginnen, zu überlegen, welche Schlussfolgerungen Gorbatschow und Schewardnadse in Anbetracht des damaligen Wissensstandes hätten vernünftigerweise ziehen können. Angesichts der Tatsache, dass Baker und Genscher in der darauffolgenden Woche nach Moskau kommen sollten, um diese Fragen zu erörtern, kann man sich vorstellen, dass die sowjetische Führung wohl genau darauf geachtet haben wird, was die beiden westlichen Außenminister in der Öffentlichkeit sagten, und insbesondere auf das, was Genscher auf der gemeinsamen Pressekonferenz am 2. Februar darüber gesagt hatte, dass die Nichterweiterungszusicherung allgemeiner Natur sei und nicht nur für Ostdeutschland gelte. Diese Äußerungen sind dann wohl von besonderem Interesse gewesen, da Genscher gesagt hatte, er spreche sowohl für sich selbst als auch für Baker, was durch die Tatsache unterstrichen wurde, dass Baker direkt neben ihm stand, als er sprach. Die Sowjets hatten dann wohl auch zur Kenntnis genommen, was Genscher in seiner Potsdamer Rede sagte, die er unmittelbar nach seinem Treffen mit Baker und kurz vor seinem Besuch in Moskau hielt.[84] Diese Rede dürfte wichtig gewesen sein, nicht, weil sie etwas Neues enthielt – die Schlüsselpassage war fast identisch mit der entsprechenden Passage in der Tutzinger Rede –, sondern weil sie gehalten wurde, nachdem Genscher sich (vermutlich) mit Baker in Washington auf eine gemeinsame Politik geeinigt hatte, und somit etwas über die Politik der USA zu diesem Zeitpunkt verriet. Und was Baker am 9. Februar sowohl bei seinen Treffen mit Schewardnadse und Gorbatschow als auch auf der Pressekonferenz nach diesen Treffen sagte, deutete ebenfalls stark darauf hin, dass sich die Zusicherungen nicht nur auf Ostdeutschland, sondern auf Osteuropa insgesamt bezogen. Weder die Art und Weise, wie diese Zusicherungen formuliert waren, noch der Kontext, in dem sie gegeben wurden, ließen darauf schließen, dass sie nur für das noch ostdeutsche Gebiet gelten sollten; wenn Baker gewollt hätte, dass sie nur für Ostdeutschland gelten sollten, hätte er dies sehr leicht deutlich machen können. Und Genschers explizite Aussage bei seinem Treffen mit Schewardnadse am 10. Februar, dass die Nichterweiterungszusicherung ganz allgemein gelte – also für das gesamte Gebiet des Warschauer Paktes – ist wohl auch deshalb wichtig, weil man davon ausgehen konnte, dass der deutsche Außenminister nach seinem Treffen mit Baker nicht nur für sich selbst, sondern zumindest bis zu einem gewissen Grad auch für die US-Regierung sprach.

Man kann sich vorstellen, dass all dies von der sowjetischen Führung zur Kenntnis genommen worden sein dürfte. Tatsächlich sagte Schewardnadse (wie Kristina Spohr in einer der oben zitierten Passagen hervorgehoben hatte) zu Genscher bei ihrem Treffen am 10. Februar direkt, dass er die Potsdamer Rede gelesen und an Gorbatschow weitergeleitet habe. In Anbetracht dessen, dass die sowjetische Führung wusste, was in Osteuropa vor sich ging, und in Anbetracht der Tatsache, dass sie sich zwangsläufig Gedanken über die Zukunft dieser Region machte, hat sie, so ist anzunehmen, natürlich sehr genau darauf geachtet, was bei all diesen Gelegenheiten über die Zukunft des Warschauer Paktgebiets gesagt oder angedeutet wurde – eine Frage, die, wie Mark Kramer selbst gezeigt hat, genau zu diesem Zeitpunkt für die höchsten sowjetischen Offiziellen zu einem wichtigen Anliegen zu werden begann.[85] Und wenn Gorbatschow und Schewardnadse diese Dinge verstanden und die Zusicherungen so interpretiert haben, dass sie sich auf das gesamte Gebiet des Warschauer Paktes beziehen, dann hat sich das wohl unweigerlich auf ihre Politik in der Frage, ob  Deutschland in der NATO bleiben darf, ausgewirkt; ihre Zugeständnisse in dieser Frage wären dann in diesem Zusammenhang gemacht worden; und all das würde den Eindruck erwecken, dass tatsächlich so etwas wie eine „Abmachung“ getroffen worden sein muss.

Spekulationen darüber, wie die Erklärungen von Baker und Genscher von der sowjetischen Führung wahrgenommen worden sein „müssen“, können uns jedoch nur bedingt weiterbringen. Solide Schlussfolgerungen müssen sich auf harte empirische Beweise stützen, und das grundsätzliche Problem besteht darin, dass es kaum Belege dafür gibt, dass Gorbatschow und Schewardnadse damals tatsächlich der Meinung waren, dass diese Aussagen für Osteuropa als Ganzes galten. Zwar vertrat Gorbatschow in späteren Jahren gelegentlich die Ansicht, Baker und andere hätten ihm versichert, „dass sich die NATO keinen Zentimeter nach Osten bewegen würde“, und dass „die Amerikaner sich nicht an diese Zusicherung hielten“ – ja, dass „sie sich vielleicht sogar genüsslich die Hände rieben, wie gut sie die Russen hinters Licht geführt hatten“.[86] Manchmal allerdings vertrat er aber auch genau die gegenteilige Auffassung. Im Jahr 2014 argumentierte er beispielsweise, dass die Zusicherung der Nichterweiterung nur für das damalige ostdeutsche Gebiet gegolten habe und dass selbst diese Zusicherung später im Jahr durch den Zwei-Plus-Vier-Vertrag überholt worden sei.[87] Wie bereits erwähnt, wird das letztgenannte Eingeständnis manchmal als eine Art „rauchender Colt“ angesehen: Wenn sogar Gorbatschow selbst zugab, dass die Zusicherungen vom Februar nur für Ostdeutschland galten, wie konnte dann noch jemand behaupten, dass sie für ganz Osteuropa galten?

Seine Aussage aus dem Jahr 2014 ist jedoch nicht ganz so schlüssig, wie einige Autoren meinen. Zum einen muss sie vor dem Hintergrund der Tatsache verstanden werden, dass Gorbatschow innerhalb Russlands oft dafür kritisiert wurde, „leichtgläubig und naiv zu sein und die Zusicherungen munter zu akzeptieren, anstatt eine verbindliche rechtliche Garantie für die Nichterweiterung zu fordern“, und die Behauptung, dass Osteuropa zu diesem Zeitpunkt nicht einmal ein Thema war, könnte für ihn eine einfache Möglichkeit gewesen sein, diese Kritik zurückzuweisen.[88] Die Beweiskraft dieser Aussage Gorbatschows muss auch im Lichte der Tatsache bewertet werden, dass (wie oben erwähnt) seine Behauptung, dass „kein einziges osteuropäisches Land die Frage aufgeworfen hat, nicht einmal nach dem Ende des Warschauer Pakts 1991“, schlichtweg falsch war; in der Tat war Gorbatschow 1990 selbst (wie ebenfalls oben bereits gezeigt wurde) über das Interesse der Osteuropäer an einem NATO-Beitritt informiert. Das allein zeigt schon, dass seine Aussage von 2014 nicht ganz zuverlässig ist. Das bedeutet natürlich nicht, dass sie keinerlei Beweiswert hat; es bedeutet lediglich, dass ihr Wert als Quelle begrenzter ist, als man vielleicht denken könnte. Und ihr begrenzter Wert wird noch deutlicher, wenn man sie gegen alle Beweise abwägt, die in die entgegengesetzte Richtung weisen, das heißt gegen die Erklärungen Gorbatschows, wonach die Amerikaner ihre Versprechen bezüglich der Nichtausweitung der NATO nicht eingehalten hätten. Bei der Gesamtbeurteilung der Frage, wie wahrscheinlich es ist, dass Gorbatschow zum damaligen Zeitpunkt davon ausging, dass sich die Zusicherungen zur Nichterweiterung der NATO nur auf Ostdeutschland bezogen, muss man schließlich auch alle oben genannten Gründe berücksichtigen, die dafür sprechen, dass er zum damaligen Zeitpunkt von den Beweisen für die Absichten von Baker und Genscher Kenntnis gehabt haben „muss“.

All dies bedeutet, dass die jetzt verfügbaren Beweise nicht solide genug sind, um eindeutige Schlussfolgerungen darüber zu ziehen, was Gorbatschow damals für den Geltungsbereich der Februar-Zusicherungen hielt. Man kann daher nicht mit Sicherheit davon ausgehen, dass er insbesondere verstand, dass die Zusicherungen für ganz Osteuropa galten. Und das bedeutet, dass man nicht sicher sein kann, dass die Zusicherungen, soweit sie für das gesamte Gebiet des Warschauer Paktes gelten sollten, irgendeinen wirklichen Einfluss auf die sowjetische Politik zu jener Zeit hatten. Man kann daher nicht sicher sein, dass die breitere Garantie in direktem Zusammenhang mit den Zugeständnissen stand, die die Sowjets in den Gesprächen über die deutsche Wiedervereinigung machten, und man kann daher nicht mit Sicherheit sagen, dass sie Teil einer „Abmachung“ waren.

Was kann schließlich über den dritten Faktor gesagt werden – die Rolle, die die vielen allgemeinen Zusicherungen verschiedener westlicher Offizieller während dieser ganzen Zeit gespielt haben? Es ist ziemlich klar, dass Erklärungen dieser Art – all das Gerede über die Sensibilität des Westens gegenüber sowjetischen Interessen, darüber, dass die Vereinigten Staaten keinen „einseitigen Vorteil“ anstrebten und so weiter – wahrscheinlich dazu beitrugen, den Weg für das große sowjetische Zugeständnis zu ebnen, Deutschland nach der Wiedervereinigung in der NATO zu belassen. Selbst diejenigen Wissenschaftler, die wie Spohr bestreiten, dass eine „Abmachung“ getroffen wurde, sind sich einig, dass dies der Fall war.[89] Und in der Tat bestand der Sinn dieser sehr allgemeinen Zusicherungen darin, der sowjetischen Führung die Zugeständnisse zu erleichtern, die sie machte.

Diese sehr allgemeinen politischen Erklärungen spielten in der Tat eine wichtige Rolle in der Geschichte, und bei dem Versuch, heute zu beurteilen, wie verbindlich die Zusicherungen vom Februar waren, ist es wichtig, sie im Zusammenhang mit den anderen Dingen zu sehen, die Moskau zu jener Zeit von den NATO-Regierungen gesagt wurden. In einem Informationsbuch des National Security Archives , das sich mit dieser Frage befasst, ist die Rede von einer „Kaskade von Zusicherungen bezüglich der sowjetischen Sicherheit, die Gorbatschow und anderen sowjetischen Amtsträgern während des gesamten Prozesses der deutschen Wiedervereinigung 1990 und bis ins Jahr 1991 von westlichen Führern gegeben wurden“, und in der Tat wurden den Sowjets zahlreiche allgemeine Zusicherungen gegeben, dass der Westen bestrebt sei, sie mit Respekt zu behandeln, kooperative Beziehungen zu ihnen aufzubauen und nichts zu unternehmen, was sowjetische Interessen beeinträchtigen würde. So wurde Bush Ende 1989 – für sein Treffen mit Gorbatschow auf Malta im Dezember – von seinen Beratern gedrängt, eine gemäßigte Linie zu verfolgen – die Sowjetunion, so schrieb einer von ihnen, müsse ständig versichert werden, „dass wir nicht nach einseitigen Vorteilen streben und dass wir uns zurückhaltend verhalten“ –, und der Präsident befolgte diesen Rat. Seine Regierung, so versicherte er Gorbatschow, werde „versuchen, alles zu vermeiden, was der Stellung [der UdSSR] in der Welt schaden könnte“.[90] Baker vertrat denselben Standpunkt, als er im Februar erneut mit dem sowjetischen Führer zusammentraf. Bei der Behandlung der „externen Aspekte der deutschen Wiedervereinigung“, so Baker, seien sich die US-Führer darüber im Klaren, dass die Interessen der deutschen Nachbarn berücksichtigt werden müssten, und er sowie der Präsident hätten deutlich gemacht, dass „wir in diesem Prozess keinen einseitigen Vorteil suchen“.[91] Bush selbst versicherte Gorbatschow in einem Telefongespräch Ende Februar, dass dies der Fall sei, und Baker bekräftigte diesen Punkt erneut bei einem Treffen mit Schewardnadse im Mai.[92] Die britische und die französische Führung übermittelten den Sowjets die gleiche allgemeine Botschaft.[93]

Nicht alle diese Zusicherungen wurden nur unter vier Augen gemacht. Viele Erklärungen dieser Art wurden auch in der Öffentlichkeit abgegeben. Genschers Tutzinger und Potsdamer Reden, die Pressekonferenz von Baker und Genscher am 2. Februar und Bakers Äußerungen gegenüber den Reportern nach seinen Treffen mit Gorbatschow und Schewardnadse am 9. Februar wurden bereits erwähnt. Andere westliche Staats- und Regierungschefs, wie zum Beispiel NATO-Generalsekretär Manfred Wörner, vertraten eine ähnliche Linie.[94] Ein Kommuniqué, das auf der NATO-Außenministertagung in Turnberry im Juni 1990 verabschiedet wurde, vermittelt ein gutes Gefühl für die Art von Rhetorik, mit der den Sowjets damals begegnet wurde. „Wir suchen keinen einseitigen Vorteil aus der deutschen Einheit“, erklärten die Minister, „und sind bereit, dies unter Berücksichtigung legitimer sowjetischer Sicherheitsinteressen zu demonstrieren.“[95]

Diese allgemeinen politischen Erklärungen trugen dazu bei, den spezifischeren Zusicherungen zur Nichterweiterung der NATO Leben und Bedeutung einzuhauchen; dass diese spezifischen Zusicherungen in diesem allgemeinen Kontext gemacht wurden, machte sie, da sind sich die meisten Experten einig, verbindlicher, als wenn diese allgemeineren politischen Erklärungen nicht ständig abgegeben worden wären.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Dieser Abschnitt hat sich mit der Frage befasst, ob die Zusicherungen vom Februar in irgendeiner Weise für die Regierungen, die sie gegeben haben, verbindlich waren. Der erste Punkt war, dass rein mündliche Zusicherungen verbindlich sein können, zumindest in politischer oder moralischer Hinsicht; die Staaten handeln auf jeden Fall so, als ob dies der Fall wäre. Die eigentliche Frage ist also nicht, ob mündliche Erklärungen verbindlich sein können, sondern vielmehr, wie verbindlich sie tatsächlich sind. Ich habe dann drei Faktoren untersucht, die für diese Frage von Bedeutung sind:

  • Der erste hatte damit zu tun, wie explizit die Zusicherungen waren, und die Schlussfolgerung war, dass sie zwar nicht so explizit waren, wie sie hätten sein können, aber doch viel expliziter, als viele Menschen glauben.
  • Der zweite Faktor hatte mit der Frage zu tun, ob die beiden Seiten eine Abmachung getroffen hatten, das heißt ob die Sowjets zustimmten, dem bald wiedervereinigten deutschen Staat den Verbleib in der NATO zu gestatten, und dafür im Gegenzug für die Zusage erhielten, dass die NATO nicht in das Gebiet des Warschauer Paktes expandieren würde. Die Schlussfolgerung lautete, dass zwar ein gewisser Zusammenhang zwischen den beiden Fragen bestand, dieser aber viel zu lose war, um von einer „Abmachung“ sprechen zu können.
  • Der dritte Faktor hatte mit den vielen allgemeinen Zusicherungen zu tun, die die westlichen Staats- und Regierungschefs in dieser Zeit abgaben, und die Schlussfolgerung daraus war, dass sie die spezifischeren Zusicherungen verbindlicher machten, als sie es sonst gewesen wären.

Für viele, die sich für die Frage interessieren, ob die NATO-Erweiterung einen Vertrauensbruch des Westens darstellte, waren die letztgenannten allgemeinen Erklärungen das, was wirklich zählte. Wie Matlock beispielsweise später feststellte, hatte Bush versprochen, „einen sowjetischen Rückzug aus Osteuropa nicht ‚auszunutzen‘“, doch mit der „Ausweitung des Zuständigkeitsbereichs der NATO nach Osten, als der Warschauer Pakt zerfiel“, hätten die NATO-Mächte die Situation eindeutig „ausgenutzt“.[96] „Ich verstehe nicht“, sagte Matlock bei einer anderen Gelegenheit, „wie irgendjemand die anschließende Erweiterung der NATO als etwas anderes denn als ‚Vorteilsnahme‘ betrachten kann, zumal Russland zu diesem Zeitpunkt kaum eine glaubwürdige Bedrohung darstellte.“[97] Gorbatschow selbst vertrat einen ähnlichen Standpunkt. Der spätere Beschluss zur NATO-Erweiterung, so sagte er 2014 in einem Interview, „war definitiv ein Verstoß gegen den Geist der Erklärungen und Zusicherungen, die uns 1990 gegeben wurden“.[98] Und da die sowjetischen Zugeständnisse in der deutschen Frage vor dem Hintergrund dieser allgemeinen Erklärungen der westlichen Politik gemacht wurden und die Zusicherungen vom Februar ein wichtiger Teil dieses Gesamtbildes waren, kann man sagen, dass es einen Zusammenhang zwischen diesen Zusicherungen und dem sowjetischen Zugeständnis in Bezug auf Deutschland in der NATO gab – lockerer als manche behaupten, aber real genug, um politisch bedeutsam zu sein.

 

Wurden die Sowjets absichtlich in die Irre geführt?

Wladimir Putin warf den westlichen Führern 2014 vor, sie hätten „uns viele Male belogen, Entscheidungen hinter unserem Rücken getroffen und uns vor vollendete Tatsachen gestellt. Dies geschah mit der NATO-Osterweiterung und der Errichtung militärischer Infrastrukturen an unseren Grenzen“.[99] Joshua Shifrinson verwendet keine derartigen Formulierungen, aber er deutet an, dass die US-Regierung die sowjetische Führung 1990 absichtlich in die Irre führte. Es gebe „starke Beweise“, schreibt er, „dass die Vereinigten Staaten die Sowjetunion bei den Gesprächen 1990 in die Irre geführt haben“. Sein Kernpunkt – und er stützt sich dabei auf ein Argument, das Mary Sarotte bereits früher entwickelt hatte – ist, dass „immer mehr Beweise darauf hindeuten, dass die politischen Entscheidungsträger der Vereinigten Staaten der Sowjetunion Grenzen für die NATO-Präsenz nach dem Kalten Krieg vorschlugen, während sie insgeheim ein amerikanisch dominiertes System planten und Schritte unternahmen, um dieses Ziel zu erreichen“. „Unverblümt ausgedrückt“, schreibt er, „legten die Vereinigten Staaten 1990 in Gesprächen mit den Sowjets einen kooperativen Großentwurf für das Nachkriegseuropa vor, während sie dabei waren, ein von den Vereinigten Staaten dominiertes System zu schaffen.“ Das Ziel war, „die Vormachtstellung der USA auf dem Kontinent zu stärken“. Zu diesem Zweck erweckten die US-Regierungschefs bei den Sowjets absichtlich den Eindruck, dass sie auf deren Sicherheitsinteressen Rücksicht nehmen würden, doch dies aus rein taktischen Erwägungen. Das eigentliche Ziel bestand darin, „sich die sowjetische Duldung zu sichern“ – die Sowjets dazu zu bringen, das, was die Amerikaner in Europa tun wollten, mitzutragen. Die Zusicherungen, die NATO nicht auszuweiten, seien in diesem Kontext zu verstehen: Es gebe „immer mehr Beweise“, schreibt Shifrinson, „dass die Vereinigten Staaten unaufrichtig waren, als sie der Sowjetunion informelle Zusicherungen gegen eine NATO-Erweiterung anboten“ – dass sie vielmehr darauf aus waren, „sowjetische Schwächen auszunutzen“, während sie „eine kooperative Fassade präsentierten“.[100]

Was ist von dieser Argumentation zu halten? Zunächst einmal ist klar, dass eine gewisse Diskrepanz zwischen den tatsächlichen Überlegungen der US-Führer zu jener Zeit und ihrer offiziellen Rhetorik bestand. So wurde den Sowjets im Mai 1990 versichert, dass der von den Amerikanern angestrebte Prozess „keine Gewinner und Verlierer hervorbringen würde. Stattdessen würde er eine neue, völkerrechtlich abgesicherte europäische Struktur hervorbringen – eine, die einschließend und nicht ausschließend [gegenüber Moskau – der Übersetzer] sein würde.“[101] Doch privat war Bushs Haltung eine ganz andere. Ende Februar erklärte er Kohl, warum er glaubte, warum die Vereinigten Staaten in der zentralen Frage, ob das vereinigte Deutschland in der NATO bleiben könne, ihr Ziel erreichen würden: „Wir haben uns durchgesetzt, sie nicht.“[102] Allgemeiner ausgedrückt: Egal, was in der Öffentlichkeit gesagt wurde oder was man den Sowjets erzählte, das eigentliche Ziel war nicht der Aufbau eines neuen internationalen Systems, in dem die UdSSR ein integraler Bestandteil wäre. Stattdessen, so schreibt Mary Sarotte, „bestand das Ziel darin, die Sowjets loszuwerden“. Die US-Führer, so stellt sie fest, hätten zwar in der Öffentlichkeit viel über die Notwendigkeit gesprochen, die Sowjets mit Respekt zu behandeln, aber in Wirklichkeit ließen die Dokumente „keine Sorge“ um die Würde der Sowjetunion erkennen.[103]

Diese Argumente sind durchaus zutreffend, und die Belege deuten in der Tat darauf hin, dass die damalige Rhetorik weitgehend taktisch zu verstehen ist. So stellte Genscher später fest, dass eines der Ziele seiner Tutzinger Rede darin bestanden habe, der sowjetischen Führung dabei zu helfen, „die Hürden zu nehmen“, die sie andernfalls hätten daran hindern könnten, der NATO-Mitgliedschaft des bald wiedervereinigten deutschen Staates zuzustimmen.[104] Wie er anderen westlichen Führern damals erklärte, bestand einer der Hauptgründe, warum er der KSZE so viel Bedeutung beimaß, darin, den Sowjets zu helfen, „ihr Gesicht zu wahren“ und es ihnen somit zu erleichtern, die deutsche Wiedervereinigung zu westlichen Bedingungen zu akzeptieren.[105] Auch im amerikanischen Kalkül spielten taktische Erwägungen damals eine wichtige Rolle. Wie Shifrinson hervorhebt, war die US-Politik laut einem hochrangigen amerikanischen Beamten zu jener Zeit darauf ausgerichtet, „den Eindruck von Bewegung“ in Bezug auf die europäische Sicherheit zu erwecken und Gorbatschow „einige Dinge anzubieten, die ihm den Prozess der deutschen Wiedervereinigung angenehmer machen“. Er zitiert Bush, der Ende Februar zu Kohl sagte: „Wir werden das Spiel gewinnen, aber wir müssen clever dabei sein.“[106] Und einige US-Beamte hatten den Eindruck, dass Bush sein Spiel tatsächlich clever gespielt hatte. Robert Gates, der stellvertretende nationale Sicherheitsberater in der frühen Bush-Periode, sprach später darüber, wie der Präsident auf dem Malta-Gipfel im Dezember 1989 gegenüber Gorbatschow in der deutschen Frage „genau richtig aufgespielt habe. Gates’ Gesamtbeurteilung der Art und Weise, wie Bush das Thema während seiner Amtszeit behandelt hat, ist sogar noch aufschlussreicher. „Bush manipulierte und benutzte Michail Gorbatschow“, schrieb er, „um außenpolitische Ziele zu erreichen, die für den Westen, die Vereinigten Staaten, die Republiken der ehemaligen Sowjetunion – und für ein demokratisches Russland – wichtig sind.“[107]

Rodric Braithwaite, der damalige britische Botschafter in Moskau, verwies vor kurzem auf die „zweideutigen Äußerungen“ zur NATO-Erweiterung, die 1990 von führenden westlichen Politikern „sowohl privat als auch öffentlich“ gemacht wurden, meinte aber, dass während der Verhandlungen über die deutsche Wiedervereinigung „eine gewisse konstruktive Zweideutigkeit vielleicht unvermeidlich war“; „danach“, fügte er hinzu, „war die Notwendigkeit, die Russen zu beschwichtigen, weniger dringlich“.[108] Gorbatschow selbst schien später anzudeuten, dass Russland in der gesamten Zeit nach dem Kalten Krieg an der Nase herumgeführt worden war. In einem Meinungsartikel, der 2008 in der New York Times veröffentlicht wurde, verwies er auf die „nicht endende Ausweitung der NATO“, die „amerikanische Entscheidung, Raketenabwehrsysteme in Nachbarländern aufzustellen“ und so weiter, und wies darauf hin, dass „all diese Schritte vor dem Hintergrund des netten Geredes über Partnerschaft“ stattfanden. Warum, so fragte er, „würde sich jemand eine solche Scharade bieten lassen?“.[109]

Die Feststellung, dass die westlichen Länder Anfang 1990 vor allem aus taktischen Gründen so handelten, bedeutet jedoch nicht, dass die Zusicherungen vom Februar in bösem Glauben gegeben wurden. Wie Mary Sarotte und Joshua Shifrinson gezeigt haben, hatten verschiedene US-Beamte zu diesem Zeitpunkt zwar bereits begonnen, über eine Ausweitung der Sicherheitsgarantien auf die „neuen Demokratien“ in Osteuropa nachzudenken. Aber es gibt keinen Beweis dafür, dass Baker selbst zu jenem Zeitpunkt in diesem Sinne dachte.[110] Ich habe den Eindruck, dass Baker im Februar die Ansicht vertrat, dass er von der UdSSR so enorme Zugeständnisse verlangte – nämlich die Zustimmung zum Verbleib des wiedervereinigten Deutschlands in der NATO –, und dass die Sowjets deshalb im Gegenzug einige weitreichende Zusicherungen erhalten mussten. Es scheint, dass er sich zunächst auf die kurzfristige Frage konzentrierte, wie er die sowjetische Führung dazu bringen konnte, die Wiedervereinigung Deutschlands zu westlichen Bedingungen zu akzeptieren; seine Politik war auf die Erreichung dieses unmittelbaren Ziels ausgerichtet. Die Frage, wie dann mit Osteuropa umzugehen sei, spielte im Februar 1990 keine so große Rolle. Sollte das Problem später auftauchen, könnten die US-Führer dann herausfinden, wie man damit umgehen sollte.

Wenn dies also Bakers Haltung war, als die Zusicherungen am 9. Februar gegeben wurden, so hatten sich seine Ansichten allerdings bis Mitte 1990 gewandelt. „Im Juli“, so Shifrinson, „räumte Baker selbst die Möglichkeit einer NATO-Osterweiterung ein.“ Die KSZE könnte eine Art „Zwischenstation“ für Länder darstellen, die den Warschauer Pakt verlassen wollten, aber, wie Baker es ausdrückte, „der NATO und der EG (noch) nicht beitreten“ konnten.[111] Dieses „noch“ in der Klammer war ziemlich wichtig; es zeigte, dass sich Bakers Ansichten über die Frage der NATO-Erweiterung zu diesem Zeitpunkt zu verändern begannen. Andere US-Beamte dachten bereits darüber nach, die Osteuropäer einzuladen, Verbindungsmissionen zur NATO einzurichten; diese Verbindungsmissionen sollten ein erster Schritt in Richtung Vollmitgliedschaft sein.[112] Die Frage der NATO-Erweiterung nach Osteuropa wurde Ende Oktober 1990 auf einer Sitzung einer wichtigen ressortübergreifenden Gruppe in Washington erörtert. Einige Teilnehmer, so Shifrinson (er zitiert aus dem Protokoll dieser Sitzung), wollten die „Tür der NATO offenhalten und den Osteuropäern nicht den Eindruck vermitteln, dass die NATO für immer ein geschlossener Klub sei“; andere sprachen sich gegen eine NATO-Erweiterung aus, aber auch sie waren sich einig, dass es sich um eine offene Frage handele und dass die Politik in diesem Bereich in Zukunft überprüft werden könne.[113]

Auch die Deutschen rückten von ihrer Anfang 1990 eingeschlagenen Linie ab. Als Baker Ende März bei einem Treffen mit Genscher bemerkte, dass es so aussehe, als wollten die mitteleuropäischen Staaten (die Tschechoslowakei, Ungarn und Polen) der NATO beitreten, bemerkte der deutsche Außenminister, dass „dies eine Frage sei, die wir im Moment nicht anfassen sollten“ – und Baker stimmte zu.[114] Damit wurde angedeutet, dass dieses Thema später behandelt werden könnte und dass weder die Amerikaner noch die Deutschen der Ansicht waren, dass eine NATO-Erweiterung aufgrund der Zusagen von Baker und Genscher vom Vormonat einfach nicht in Frage käme.

Mitte 1990 wussten die US-Führer, dass sie alle Trümpfe in der Hand hatten und mehr oder weniger alles bekommen konnten, was sie wollten; sie ließen sich nicht mehr lange von den Zusicherungen zurückhalten, die sie im Februar gegeben hatten. Natürlich war ihnen klar, dass sie ihre Ziele leichter erreichen konnten, wenn sie sich Schritt für Schritt bewegten und das, was Gorbatschow als „nettes Gerede“ bezeichnete, fortsetzten; allerdings waren sie zu dem Schluss gekommen, dass sie den Kalten Krieg gewonnen hatten, und fühlten sich nun freier, von den Zusicherungen vom Februar abzurücken.[115]

Dass hier ein Element von Arglist vorlag, ist klar genug. Die Amerikaner sagten nicht: „Wir haben diese Zusicherungen gegeben, um das zu bekommen, was wir wollten – ein vereinigtes Deutschland in der NATO – und jetzt, wo wir es haben, können wir unsere Versprechen nicht einfach brechen.“ Es wäre jedoch nicht richtig, dabei haltzumachen, denn einige interessante Fragen tauchen erst auf, wenn man sich fragt, warum sich die amerikanische Politik weg von den gegebenen Zusicherungen bewegt hat. Die Schlüsselfrage ist hier, ob das Ziel der USA wirklich darin bestand, „die Vormachtstellung der USA auf dem Kontinent zu stärken“, als eine Art Selbstzweck. Viele der neuen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass dies keineswegs das Endziel war. Eine Reihe einflussreicher politischer Entscheidungsträger war vielmehr der Ansicht, dass die USA „zwischen Deutschland und Russland in Mitteleuropa stehen“ müsse. Sie waren der Ansicht, dass die Vereinigten Staaten diese Rolle nicht deshalb spielen mussten, weil dies in ihrem eigenen Interesse lag, sondern weil das übergeordnete Ziel darin bestand, ein stabiles politisches System in Europa aufzubauen.[116] Man ging davon aus, dass die Europäer die Aufgabe nicht allein bewältigen könnten. Russland und Deutschland stünden ohne die Beteiligung der Amerikaner vor einem Sicherheitsdilemma. Ohne den Schutz der Vereinigten Staaten müssten die Deutschen ihre eigene Macht entwickeln, um sich gegen Russland zu verteidigen, das schließlich eine große Atommacht bleiben würde. Um Russland auf diese Weise die Stirn zu bieten, müsste Deutschland natürlich eine eigene Atomstreitmacht aufbauen. Das wiederum würde unweigerlich eine Bedrohung für Russland darstellen, nicht zuletzt, weil ein starkes Deutschland sich so verhalten könnte, wie es einem schwachen, nichtnuklearen Deutschland niemals möglich wäre. Dies war auch schon während des Kalten Krieges ein Problem, und eine der großen Aufgaben der NATO bestand damals darin, zur Lösung dieses Problems beizutragen. Deutschland war von jeder möglichen russischen Bedrohung abgeschirmt worden und musste daher keine eigenen Nuklearstreitkräfte aufbauen – oder durfte es sogar nicht. Gleichzeitig war die deutsche Macht in eine Struktur eingebettet, die von den Vereinigten Staaten dominiert wurde, einem Land, das eindeutig entschlossen war, keinen Krieg zu riskieren, um den Status quo in Europa zu ändern; das NATO-System war daher auch für Russland eine Quelle der Beruhigung. Und der Grundgedanke, der sich Ende 1989 durchsetzte, war, dass die NATO diese Rolle auch in der Zeit nach dem Kalten Krieg spielen könnte. „Das Bündnis“, so bemerkte ein US-Beamter, sei „der beste Ausweg aus dem deutsch-russischen Sicherheitsdilemma.“[117] Die US-Präsenz würde dazu dienen, sowohl Deutschland als auch Russland zu beruhigen und zu verhindern, dass eines der beiden Länder wirklich eine Bedrohung für das andere darstellte; ohne die USA wäre das politische System in Europa weit weniger stabil.[118]

Auch Baker sah die Dinge so, wie seine Äußerungen vor der sowjetischen Führung am 9. Februar zeigen. Seine gesamte Argumentation gegenüber den Sowjets, warum der wiedervereinigte deutsche Staat in der NATO verbleiben sollte – warum es in sowjetischem Interesse sei, dass ein um das neue Deutschland erweiterte NATO-System intakt bleibe – beruhte auf dieser Art von Denken. „Wenn Deutschland neutral ist“, sagte er zu Gorbatschow, „heißt das nicht, dass es nicht militaristisch sein wird. Ganz im Gegenteil, es könnte sich sehr wohl dafür entscheiden, sein eigenes Nuklearpotential zu schaffen, anstatt sich auf die amerikanischen nuklearen Abschreckungskräfte zu verlassen.“ Dasselbe hatte er an diesem Tag bereits gegenüber Schewardnadse gesagt. Und Gorbatschow verstand den Punkt. Die Sowjets, so sagte er, wollten „nicht wirklich eine Wiederholung von Versailles erleben, wo die Deutschen sich selbst bewaffnen konnten“. Und er stimmte zu, dass der beste Weg, die Dinge unter Kontrolle zu halten, darin bestehe, dafür zu sorgen, „dass Deutschland innerhalb der europäischen Strukturen eingebunden wird“. Er hielt Bakers Ansatz daher für „sehr realistisch“.[119]

Wie ist dann die Frage zu beantworten, ob die Sowjets absichtlich getäuscht wurden? Die grundlegende Schlussfolgerung ist, dass es keine Beweise dafür gibt, dass die amerikanische und die deutsche Regierung nicht beabsichtigten, die Zusicherungen vom Februar zum Zeitpunkt ihrer Abgabe einzuhalten; erst später, im Juli, kam Baker zu dem Schluss, dass die osteuropäischen Länder schließlich Teil der NATO werden könnten. Es wäre jedoch ein Fehler, diesen Politikwechsel dem Wunsch zuzuschreiben, Europa als eine Art Selbstzweck zu beherrschen, und eines der interessantesten Dinge an den neuen Beweisen ist das Licht, das sie auf die Überlegungen werfen, die der Europapolitik der Bush-Regierung 1990 zugrunde lagen – das heißt auf die Frage, warum sie zu dem Schluss kam, dass die Stabilität von der Aufrechterhaltung einer militärischen Präsenz der USA in Europa abhing. „Als ich in die Zukunft blickte“, erinnerte sich Scowcroft später, „dachte ich, dass die USA mit Truppen vor Ort in Europa die beste Art von Sicherheit für den Erhalt des atlantischen Bündnisses darstellten, und ich hielt das für entscheidend, nicht nur wegen der Sowjetunion [Hervorhebung – M.T.].“[120] Die Präsenz der Vereinigten Staaten hatte nach Ansicht wichtiger Beamter eine viel umfassendere Funktion. Das System konnte ihrer Ansicht nach nur dann stabil sein, wenn die Vereinigten Staaten „zwischen Deutschland und Russland in Mitteleuropa“ standen; und die gesamte Politik der NATO-Erweiterung, die allmählich Gestalt annahm, beruhte auf diesem Grundgedanken.

Die NATO musste allerdings nicht erweitert werden, damit die Vereinigten Staaten diese Rolle weiterhin spielen konnten. Wenn eine US-Streitmacht in Westeuropa während des Kalten Krieges faktisch zwischen Deutschland und Russland gestanden hatte, hätte sie diese Rolle auch nach dem Kalten Krieg weiterspielen können, selbst wenn die NATO sich nicht nach Osten erweitern würde. Aber selbst wenn dies zuträfe, muss man sich darüber im Klaren sein, dass die Politik der NATO-Erweiterung nicht in erster Linie auf dem Wunsch beruhte, „die Vormachtstellung der USA auf dem Kontinent“ um ihrer selbst willen zu stärken – zumindest deuten einige der neuen Erkenntnisse stark darauf hin.

 

Schlussfolgerung

Die Vereinigten Staaten waren nach dem Zweiten Weltkrieg bereit, das Gebiet, das die Rote Armee 1945 besetzt hatte, als sowjetische Einflusssphäre zu akzeptieren. Dank Hitler, so Präsident Truman im Juli 1945, „werden wir für eine lange Zeit ein slawisches Europa haben. Ich glaube nicht, dass das so schlimm ist“.[121] Im selben Monat erkannten die US-Führer in Potsdam Ostdeutschland als Teil der sowjetischen Sphäre an, und Ende 1945 machten sie deutlich, dass sie ganz Osteuropa in diese Kategorie einordneten.[122] Dies blieb für die meiste Zeit des Kalten Krieges die Ansicht der USA. Eine Bemerkung, die Präsident Kennedy bei seinem Wiener Treffen mit dem sowjetischen Führer Nikita Chruschtschow im Juni 1961 machte, ist in dieser Hinsicht recht aufschlussreich. Seine Regierung, so erklärte er Chruschtschow, wolle „nicht in einer Weise handeln, die die Sowjetunion ihrer Bindungen in Osteuropa berauben würde“ – was in der Tat bedeutete, dass seine Regierung zustimmte, dass die sowjetischen Interessen in diesem Gebiet vorherrschend waren.[123]

Doch vom Kriegsende an hoffte die US-Regierung zugleich, dass die Sowjets ihre Kontrolle über die Region lockern und den Osteuropäern mehr Autonomie gewähren würden, das heißt mehr eigene Kontrolle über deren inneren Angelegenheiten. Wichtige Beamte der Truman-Ära wären daher durchaus zufrieden gewesen, wenn Osteuropa zu dem geworden wäre, was Eduard Mark eine „offene Sphäre“ nannte – ein Gebiet, in dem die sowjetischen Sicherheitsinteressen vorherrschten, das aber „offen für die wirtschaftlichen Interessen anderer Nationen und für solche einheimischen Bestrebungen blieb, die die militärische Sicherheit des Hegemons nicht bedrohten“.[124]

In den 1950er Jahren dachten die führenden Politiker der USA noch in diesen Kategorien. Im Oktober 1957 versicherte Außenminister John Foster Dulles seinem sowjetischen Amtskollegen, dass die UdSSR „ein Recht auf ein Gefühl der Sicherheit“ habe. „Wenn mit anderen angrenzenden Ländern ein ähnliches Verhältnis wie zwischen Finnland und der Sowjetunion und Jugoslawien und der Sowjetunion entwickelt werden könnte, mit einem Gefühl der Unabhängigkeit und dennoch engen Beziehungen“, sagte er, „wäre dies eine sehr annehmbare Lösung.“[125] Die berühmte „Sonnenfeldt-Doktrin“, die 1976 so viel Aufmerksamkeit erregte (und den Prozess auslöste, der zu Präsident Fords berühmtem Fauxpas über Polen in den Präsidentschaftsdebatten 1976 führte, der ihn möglicherweise die Wahl gekostet hat), war aus demselben Stoff geschnitten. Helmut Sonnenfeldt, einer der wichtigsten Berater von Außenminister Henry Kissinger, vertrat die Ansicht, dass das Ziel der USA „die ‚Finnlandisierung‘ Osteuropas“ sein sollte; in dem Vortrag, in dem er jene Überlegungen dargelegt hatte, die später als „Sonnenfeldt-Doktrin“ bezeichnet wurden, habe er, wie er später sagte, eine „seit langem bestehende, wenn auch komplexe amerikanische Position erläutert, nicht eine neue Politik, geschweige denn eine Doktrin vorgeschlagen“.[126] Und Sonnenfeldts Ansichten, so ist heute klar, spiegelten die grundlegende Denkweise der gesamten US-Regierung in der damaligen Zeit wider.[127]

Wenn eine „Finnlandisierung Osteuropas“ der große Traum der Amerikaner während des Kalten Krieges war, so muss es den US-Entscheidungsträgern Anfang 1990 so vorgekommen sein, als stünden sie kurz vor der Verwirklichung dieses Traums. Die Zusicherungen vom Februar 1990 sollten in diesem Zusammenhang gesehen werden. Es hätte seinerzeit durchaus sein können, dass bald ein sehr zufriedenstellendes Paket von Vereinbarungen Gestalt annähme. Die Osteuropäer wären frei, ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln, aber die sowjetischen Sicherheitsinteressen würden respektiert werden. Und die Westmächte sollten die Dinge nicht durch eine zu harte Linie gegenüber den Sowjets verderben. Eine harte Linie hätte zum Sturz der Regierung Gorbatschow und zu einem sowjetischen Durchgreifen in Osteuropa führen können. Dies galt es natürlich zu vermeiden. Insbesondere musste den Sowjets versichert werden, dass ihre Sicherheitsinteressen respektiert würden, wenn sie der Wiedervereinigung Deutschlands zu im Wesentlichen westlichen Bedingungen zustimmten.

Erst später erkannte die amerikanische Führung, dass die UdSSR zu schwach geworden war, um die USA noch daran zu hindern, zu tun, was diese wollten. Mitte 1990 wurden die Zusicherungen vom Februar daher nicht mehr als verbindlich angesehen. Das, was Gorbatschow als „süßes Geschwätz“ bezeichnete, wurde fortgesetzt, aber die gesamte Vision einer kooperativen Beziehung, die auf gegenseitigem Vertrauen und gegenseitigem Respekt beruhte, stand, wie immer deutlicher wurde, im Widerspruch zur Realität. All dies wurde und wird in Russland zutiefst missbilligt. Anatoli Adamischin, der damals stellvertretender Außenminister unter Schewardnadse war, gab kürzlich der Bush-Administration die Schuld daran, dass sie mit ihrer „Wir tun, was wir tun müssen, und zur Hölle mit Russland“-Haltung die Chance vertan habe, eine viel gesündere politische Beziehung nach dem Kalten Krieg aufzubauen.[128] Und viele westliche Wissenschaftler und andere Beobachter scheinen ebenfalls der Meinung zu sein, dass 1990 der falsche Weg eingeschlagen wurde, auch wenn sie die Sache nicht ganz so unverblümt formulieren.[129]

Wie soll man auf diese Argumentation reagieren? Die hier vorgenommene Analyse hat zu bestimmten Schlussfolgerungen geführt. Meines Erachtens geht aus den historischen Aufzeichnungen klar hervor, dass sich die Zusicherungen, die sowohl Baker als auch Genscher den Sowjets im Februar 1990 hinsichtlich der Nichterweiterung der NATO gaben, nicht nur auf Ostdeutschland, sondern auf Osteuropa insgesamt bezogen. Genscher äußerte sich in dieser Hinsicht recht deutlich, Baker weniger, aber die Beweise zeigen zweifelsfrei, dass auch er das gesamte Gebiet des Warschauer Paktes westlich der Sowjetunion im Auge hatte. Diese Zusicherungen kamen Versprechen gleich – vielleicht nicht „rechtlich bindenden“ Versprechen, aber dennoch Versprechen – und die diesbezüglichen russischen Behauptungen sind keineswegs unbegründet. Die russische Führung hat nicht (wie manchmal behauptet wird) einfach eine falsche Geschichtsdarstellung für ihre eigenen politischen Zwecke ausgeheckt. Aber die Sowjets wurden auch nicht absichtlich in die Irre geführt, als die Zusicherungen gegeben wurden. Wenn es hier ein Element der Arglistigkeit gab, dann kam es erst Monate später ins Spiel, als sich die Politik der USA änderte und die amerikanische Führung begann, über die Aufnahme der Osteuropäer in die NATO nachzudenken.

Welchen Einfluss haben diese Schlussfolgerungen auf die grundsätzliche Frage, wie die allgemeine Politik zu bewerten ist, die die US-Regierung in diesem Bereich ab Mitte 1990 verfolgt hat?

Man kann natürlich sagen, dass es sich um eine Frage der nationalen Ehre handelt und dass es eine Schande war, was die Vereinigten Staaten getan haben, als sie diese Versprechen nicht eingehalten haben. Oder man könnte eine zynischere Sichtweise einnehmen und wie E. H. Carr 1939 argumentieren, dass selbst formale Abkommen nur Momentaufnahmen seien, die das Kräfteverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt widerspiegeln, und dass es natürlich ist, dass sich die Politik entsprechend ändert, wenn sich die Kräfteverhältnisse ändern, und dass in der Vergangenheit gemachte Versprechen nicht mehr als verbindlich angesehen werden.[130] Oder man könnte den Standpunkt vertreten, dass manche Dinge im internationalen politischen Leben wichtiger sind, als einfach nur sein Wort zu halten. Man könnte argumentieren, dass die Westmächte eine moralische Verpflichtung hatten, für die Sicherheit der „neuen Demokratien“ in „Mittel- und Osteuropa“ zu sorgen, und dass dies die Verpflichtung, die im Februar gemachten Versprechen einzuhalten, überwiegen sollte.

Der springende Punkt ist jedoch, dass es sich hier nicht um eine historische Frage im eigentlichen Sinne handelt. Die Antworten, die man gibt, hängen von den moralischen und politischen Werten ab, die man vertritt, und diese prägen zwar oft die historische Analyse, sind aber nur in begrenztem Maße von ihr geprägt. Natürlich haben Historiker, wie jeder andere auch, ihre eigenen Ansichten zu diesen Themen. Und es stimmt auch, dass Historiker, wenn sie sich mit diesen Themen befassen, etwas Besonderes beizutragen haben. Wenn jemand davon spricht, wie wichtig es ist, seine Verpflichtungen einzuhalten, fällt dem Historiker schnell das Beispiel des Vietnamkriegs ein. War der massive Einsatz der USA dort gerechtfertigt, nur, weil Zusagen gemacht worden waren? Andererseits weiß der Historiker auch, dass man einen hohen Preis dafür zahlen kann, wenn man Zusagen nicht einhält, insbesondere, wenn diese als Teil einer „Absprache“ angesehen werden. Den Deutschen wurde 1918 versprochen, dass der Frieden auf dem Wilson’schen Friedensprogramm beruhen würde, und sie legten auf dieser Grundlage ihre Waffen nieder; später sahen sie die Alliierten mit einigem Recht als diejenigen an, die dieses Versprechen gebrochen hatten; und der daraus resultierende Groll erklärt, warum die internationale Politik in der gesamten Zeit nach Versailles so instabil war.[131] Historiker, die mit solchen Fällen vertraut sind, können somit einen gewissen Beitrag zur politischen Debatte leisten. Aber die historische Analyse an sich kann die grundsätzliche Frage, wie die Politik der NATO-Erweiterung zu bewerten ist, nicht wirklich beantworten, und es ist ohnehin nicht die Aufgabe des Historikers, über die Vergangenheit zu urteilen. Er kann zwar Denkanstöße zu diesen Fragen geben, aber um politische und moralische Urteile zu fällen, muss man sein persönliches Empfinden einbringen, und das bedeutet, dass diejenigen, die sich mit solchen Fragen beschäftigen, letztlich selbst Antworten finden müssen.

 

Anhang I:

Worauf hat sich Gorbatschow auf dem Washingtoner Gipfel im Mai 1990 festgelegt?

Hat Gorbatschow auf der Washingtoner Gipfelkonferenz mit Bush im Mai 1990 zugestimmt, dass „Nationen wählen können, welchen Militärbündnissen sie beitreten“ – ein Prinzip, das sogar für die osteuropäischen Länder gelten würde? Wenn ja, wäre es in der Tat, wie Mary Sarotte sagt, eine „bedeutende US-amerikanische Errungenschaft“ gewesen, Gorbatschow dazu zu bringen, ein solches Prinzip zu akzeptieren.[132] Und es gibt ein Stückchen Material aus dem Archiv (welches von Sarotte zitiert wird), das darauf hindeutet, dass Gorbatschow dieses allgemeine Prinzip akzeptiert hat. Wie sich herausstellte, notierte Baker auf der entscheidenden Sitzung, dass „Gorby“ gesagt habe, dass „jeder der NATO beitreten kann“.[133] Der Großteil der Belege deutet jedoch darauf hin, dass Gorbatschow einfach grundsätzlich akzeptierte, dass der bald wiedervereinigte deutsche Staat das Recht hatte, seine eigenen Bündnisse zu wählen. Aus den frühen Berichten geht klar hervor, dass Gorbatschow sich nur auf Deutschland bezog.[134] Und die dokumentarischen Quellen, die in den letzten Jahren verfügbar geworden sind, bestätigen, dass dies der Fall war.[135]

Wie im Text erwähnt, wurde dieses Zugeständnis in Bezug auf Deutschland im Nachhinein als echter Durchbruch angesehen. Baker bezeichnete es in seinen Memoiren (S. 254) als einen solchen. Auch Zelikow und Rice sehen in Germany Unified (S. 283) darin einen „Wendepunkt“, und sie zitieren Anatoli Tschernjajew mit einer ähnlichen Aussage (S. 282-83). Damals zögerten die führenden Politiker der USA jedoch, das Zugeständnis Gorbatschows als endgültig zu betrachten. Dieser Punkt war aus der früheren Literatur bereits ersichtlich, und die neuen Erkenntnisse unterstreichen, wie vorsichtig sie waren. Man beachte zum Beispiel die Art und Weise, wie US-Präsident Bush in einem Telefongespräch, das er unmittelbar nach dem Treffen mit Helmut Kohl führte, damit umging. „Gegen Ende des Gesprächs“, so sagte er dem Bundeskanzler, „dachte ich, dass er [Gorbatschow] meiner Position irgendwie zustimmen würde, dass ich Deutschlands Vollmitgliedschaft in der NATO unterstütze, dass es aber Deutschland überlassen sei, darüber zu entscheiden“; „wir hatten keinerlei Vereinbarung getroffen“, sagte er später, „aber es gab daraufhin auch keine Feindseligkeit“.[136] In einem langen Telegramm des US-Außenministeriums, in dem dargelegt wurde, was den Verbündeten über das Treffen mitgeteilt werden sollte, wurde betont, dass dort „keine Durchbrüche“ erzielt worden waren.[137] Man beachte auch den vorsichtigen Ton, den George H. Bush bei der Unterrichtung der Kongressabgeordneten über die Ereignisse auf dem Gipfel anschlug.[138]

Doch allmählich erkannten die US-Politiker, dass das Zugeständnis Gorbatschows solide war. Zu diesem Punkt siehe zum Beispiel: Don Oberdorfer, The Turn: From the Cold War to a New Era: The United States and the Soviet Union, 1983-1990[139]. Erst nachdem sie zu diesem Schluss gekommen waren, erkannten sie, dass der Washingtoner Gipfel ein Wendepunkt war.

Schließlich sind noch zwei weitere Punkte zu erwähnen. Erstens hat Gorbatschow in Washington zwar nicht zugestimmt, dass die Osteuropäer der NATO beitreten können, er hatte jedoch bereits grundsätzlich akzeptiert, dass sie den Warschauer Pakt verlassen können, wenn sie dies wünschen. Er bat nur darum, dass die Amerikaner nicht versuchen sollten, „die Osteuropäer loszulösen“.[140] Der zweite Punkt ist, dass Gorbatschows Zugeständnis in Washington in Bezug auf Deutschland nicht (wie manchmal behauptet wird) spontan gemacht wurde, sondern im Wesentlichen deshalb, weil er von Bushs Argument, dass die Länder im Rahmen des Helsinki-Abkommens selbst über ihre Bündnisse entscheiden könnten, überrascht war und es nicht widerlegen konnte. Wie Andrej Grachev bemerkt, „war die Entscheidung Gorbatschows keineswegs improvisiert“; sogar der französische Präsident Mitterrand hatte bereits einige Tage zuvor bei einem Treffen mit Gorbatschow auf Helsinki hingewiesen.[141]

 

Anhang II:

Sind mündliche Zusicherungen völkerrechtlich verbindlich?

Häufig wird angenommen, dass Zusicherungen wie solche, die Baker Gorbatschow im Februar 1990 in Moskau gegeben hat, nur dann rechtsverbindlichen Charakter tragen, wenn sie in unterzeichneten Abkommen verankert sind. Rechtsgelehrte sind jedoch in der Regel nicht der Ansicht, dass nur schriftliche, unterzeichnete Vereinbarungen völkerrechtlich verbindlich sind. Wie Charles Lipson 1991 feststellte, werden „praktisch alle internationalen Verpflichtungen, ob mündlich oder schriftlich“, in der völkerrechtlichen Literatur als „verbindliche internationale Verpflichtungen“ behandelt.[142] Und tatsächlich haben Rechtswissenschaftler oft argumentiert, dass einseitige Erklärungen auf Außenministerebene rechtlich verbindlich sein können. Für die traditionelle Ansicht siehe zum Beispiel James W. Garner, „The International Binding Force of Unilateral Oral Declarations“[143].

Auslöser für Garners Artikel war eine wichtige Entscheidung des Weltgerichtshofs aus dem Jahr 1933, in der eine mündliche Erklärung des norwegischen Außenministers Nils Ihlen aus dem Jahr 1919 über die Souveränität Dänemarks bezüglich Grönlands als rechtlich bindend bestätigt wurde. Mit dieser Entscheidung bestätigte der Gerichtshof die allgemeine Auffassung, dass derartige Erklärungen nach dem Völkerrecht verbindlich sein können.

Die Nachfolgeinstitution des Weltgerichtshofs, der Internationale Gerichtshof, bekräftigte diesen Grundsatz 1974 in einem von Neuseeland und Australien angestrengten Verfahren, in dem es um die Anfechtung des Rechts Frankreichs auf Durchführung von Atomtests im Pazifik ging, und erweiterte ihn sogar noch. Ein Artikel des bekannten Völkerrechtlers Thomas Franck, der sich sowohl mit diesem Fall als auch mit dieser allgemeinen Frage befasst, ist sehr lesenswert.[144]

Auszüge[145] aus diesen beiden Fällen und ein dritter Fall, der sich auf diese Frage bezieht, sind auf der Webseite des Kurses „International Law and Justice“ des Institute for International Law and Justice IILJ[146] verfügbar; siehe Unit 4, Part I, Section D, on „Legal Effects of Unilateral Declarations“. (Das IILJ ist an der New York University NYU Law School angesiedelt.) Für die derzeitige Mainstream-Sichtweise zu diesem Thema bitte auch die 2006 von der UN-Völkerrechtskommission verabschiedete Erklärung über „Guiding Principles Applicable to Unilateral Declarations of States Capable of Creating Legal Obligations“ beachten, die ebenfalls auf dieser Webseite zu finden ist[147]. Zu diesen Fragen siehe ebenfalls William T. Worster, „Between a Treaty and Not: A Case Study of the Legal Value of Diplomatic Assurances in Expulsion Cases“[148].

Die im Text und in Anhang IV angeführten Beispiele (zur Kubakrise, zum Zugang zu Berlin und zum Vorwaffenstillstandsabkommen von 1918) zeigen, dass in der Praxis auch schriftliche Vereinbarungen nicht unterzeichnet werden müssen, damit eine Verpflichtung als verbindlich, ja sogar als rechtsverbindlich angesehen werden kann. Und man sollte auch die Art von Beweisen beachten, die der IGH als Beweis für das Bestehen einer rechtsverbindlichen Verpflichtung annahm. „Zu den einseitigen Erklärungen, die der Gerichtshof als rechtsverbindliche Verpflichtung Frankreichs ansah“, schrieb Franck, „gehören eine Reihe von Kommuniqués, Botschaften und Presseinterviews, in denen der französische Präsident, der französische Botschafter in Neuseeland, der französische Außenminister und der Verteidigungsminister erklärten, dass ihr Land ein Stadium der nuklearen Entwicklung erreicht habe, das darauf hindeute, dass der umstrittenen Serie von atmosphärischen Tests nun Tests folgen könnten, die ausschließlich unterirdisch durchgeführt würden.“[149]

Was ist von all dem zu halten? Oft wird mit großer Gewissheit darüber gesprochen, was nach internationalem Recht verbindlich ist und was nicht, aber man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Ansichten über diese Fragen weitaus subjektiver sind, als vielen Menschen bewusst ist. Im Rahmen des derzeitigen internationalen Rechtssystems kann niemand – nicht einmal der IGH – verbindliche Stellungnahmen dazu abgeben, was rechtlich erforderlich ist (es sei denn, die beteiligten Parteien erklären sich im Voraus damit einverstanden, durch die Entscheidung gebunden zu sein); die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten haben Gesetzeskraft, aber dasselbe kann man vom IGH nicht behaupten. Die Entscheidungen des IGH sind also nicht in der gleichen Weise verbindlich wie die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs; letztlich steht es den Menschen frei, sich ihre eigene Meinung darüber zu bilden, was in der internationalen Arena rechtlich verbindlich ist; und die Art und Weise, wie man mit dieser Frage umgeht, hängt von der eigenen Theorie des internationalen Rechts ab. Das heißt natürlich nicht, dass alle diese Theorien gleichermaßen gültig sind. In der Rechtsphilosophie, wie in jedem Zweig der Philosophie, sind einige Theorien besser als andere – intellektuell besser und auch in anderer Hinsicht. Es geht hier nur darum, dass bei der Behandlung dieser Fragen das subjektive Element viel stärker ins Gewicht fällt, als viele Menschen denken.

Und das bedeutet, dass die vorherrschenden Ansichten unter Rechtswissenschaftlern nicht unkritisch akzeptiert werden können. Ich persönlich bin der Meinung, dass man Aussagen, die in Presseinterviews und an anderen Orten gemacht werden, nicht als rechtlich verbindlich ansehen sollte, sondern dass man einen viel strengeren Maßstab für die völkerrechtliche Verbindlichkeit anlegen muss. Franck schließt seinen Artikel mit dem Argument, dass die Erklärung der USA, sie würden auf eine neue nordvietnamesische Offensive, die gegen das Friedensabkommen von 1973 verstößt, „energisch reagieren“, eine „rechtlich verbindliche Zusage der Vereinigten Staaten“ war; aber haben die Vereinigten Staaten wirklich gegen das Gesetz verstoßen, indem sie solche Zusagen nicht eingehalten haben? Meines Erachtens wäre es sinnvoll, einen weniger strengen Maßstab anzulegen, wenn es um solche im Wesentlichen politischen Angelegenheiten geht – es wäre sinnvoll, nur die schwerwiegendsten Vereinbarungen, die von beiden Seiten eindeutig als verbindlich angesehen werden, als „völkerrechtlich verbindlich“ anzusehen. Dazu gehören unter anderem unterzeichnete Abkommen, insbesondere Verträge, die gemäß den internen politischen Verfahren eines Staates ratifiziert wurden.

Es geht nicht darum, dass geringere Zusicherungen kein politisches Gewicht haben sollten oder dass es den Staaten freistehen sollte, die auf diese Weise gegebenen Versprechen zu brechen. Es geht nur darum, dass der Begriff „rechtlich bindend“ nicht zu locker gehandhabt werden sollte, und dass dieser Begriff für das reserviert werden sollte, was zum jeweiligen Zeitpunkt als verbindliche Zusagen angesehen wurde – aber das ist im Wesentlichen eine persönliche Meinung.

 

Anhang III:

Das Problem der „doppelten Eindämmung“

Als der Kalte Krieg zu Ende ging, erklärte Präsident Bush bekanntermaßen, dass die Vereinigten Staaten „eine europäische Macht bleiben müssen und bleiben werden“[150]. Dies war in vielerlei Hinsicht eine merkwürdige Erklärung; schließlich liegt Amerika nicht in Europa, und frühere US-Präsidenten – insbesondere Eisenhower – waren der festen Überzeugung, dass die amerikanische Präsenz auf dem Kontinent nur vorübergehend sei und die Europäer ihre Probleme auf lange Sicht selbst lösen müssten. Während des Kalten Krieges ging man außerdem davon aus, dass Amerika nur deshalb in Europa war, weil der westliche Teil des Kontinents von der sowjetischen Militärmacht bedroht wurde. Nach dem Wegfall dieser Bedrohung war es für viele schwer zu verstehen, warum die Vereinigten Staaten dort noch eine gewisse militärische Präsenz aufrechterhalten mussten.

Dennoch spiegelte Bushs Erklärung eine Denkweise wider, die für die Gestaltung der US-Politik im Jahr 1990 und danach eine grundlegende Rolle spielte. Und um diese Denkweise zu verstehen, ist es sehr wichtig festzustellen –dieser Punkt wurde in neueren historischen Arbeiten hervorgehoben –, dass die Ideen, die Bushs Erklärung widerspiegelte, nicht plötzlich am Ende des Kalten Krieges 1989 oder 1990 aufgetaucht waren, sondern dass die Bush-Leute auf einer Reihe von Ideen aufbauten, die sich Jahre zuvor durchgesetzt hatten.[151]

Zum Teil beruhten diese Überlegungen auf dem einfachen Umstand, dass Amerika schon einmal versucht hatte, sich aus Europa zurückzuziehen – nach dem Ersten Weltkrieg – und dass diese grundsätzliche Entscheidung, so die feste Überzeugung von Leuten wie Bush, eine wesentliche Ursache für die großen Katastrophen der 1930er und 1940er Jahre war. Sie waren daher entschieden dafür, dass sich so etwas nicht wiederholen sollte.

Aber das erklärt nicht ganz, warum diese Ideen sich durchsetzten oder warum sie so stark vertreten wurden. Schließlich war den führenden Politikern der USA in der Zeit nach 1945 nicht klar, dass die Vereinigten Staaten für immer in Europa bleiben müssten. Vor allem Eisenhower war der Meinung, dass die Europäer stark genug seien, um sich selbst zu verteidigen, und hoffte, dass die Amerikaner sich irgendwann zurückziehen könnten. Erst 1961 wandte sich die amerikanische Führung endgültig von dieser Idee ab. Sie hatten diese Idee schon einmal aufgegeben, während der Truman-Regierung im Sommer 1951, um sie dann unter Eisenhower in noch stärkerer Form wieder aufleben zu lassen. Aber diesmal, 1961, wurde die Idee, dass sich Amerika irgendwann aus Europa zurückziehen könnte, mehr oder weniger endgültig aufgegeben.

Das Problem war, dass Westeuropa, um einer großen Atommacht wie der UdSSR die Stirn bieten zu können, natürlich selbst über eine große nukleare Kapazität verfügen müsste. Im Prinzip könnte ein wirklich föderales Europa für seine eigene Verteidigung sorgen, ohne dass Deutschland seine eigenen unabhängigen Atomstreitkräfte entwickeln müsste. Im Gegensatz zu Eisenhower war sich Kennedy jedoch darüber im Klaren, dass ein transnationaler Zusammenschluss [in Westeuropa – der Übersetzer] unter Aufgabe von Souveränität in absehbarer Zeit nicht zu erwarten war. Beide Kennedys waren darüber hinaus nicht gewillt – und auch hier unterschieden sie sich von Eisenhower –, die Bundesrepublik eine eigene nukleare Kapazität entwickeln zu lassen.

Und warum waren sie dagegen? Einfach gesagt: Sie vertrauten den Deutschen nicht so wie den Briten oder sogar den Franzosen. Das lag natürlich an den Erfahrungen, die sie mit Deutschland während der Hitlerzeit gemacht hatten, und bis zu einem gewissen Grad auch mit dessen Vorgängern. Dieses Element des Misstrauens verblasste zwar, verschwand aber nie ganz, obwohl das politische Verhalten Deutschlands jahrzehntelang tadellos war. Es gab immer eine Art Restverdacht, dass dies nur daran lag, dass Deutschland schwach war, und dass, wenn Deutschland seine Macht zurückgewinnen und wieder eine völlig unabhängige Großmacht werden würde, die Deutschen mit einer viel lauteren Stimme sprechen würden.

Diese Grundeinstellungen waren von entscheidender Bedeutung, wurden aber durch weitere Bedenken ergänzt. Zum einen lehnten alle anderen wichtigen NATO-Verbündeten Amerikas eine deutsche Atomstreitmacht ab, und zwar stärker als die US-Regierung; man befürchtete, dass eine deutsche Atomstreitmacht das Atlantische Bündnis zerstören könnte. Und dann war da noch der sowjetische Faktor. In Anbetracht ihrer Erfahrungen mit Deutschland waren die Sowjets natürlich strikt gegen die Idee einer deutschen Atomstreitmacht; diese zu verhindern, war ihr wichtigstes Sicherheitsanliegen in Europa. Das bedeutete, dass ein Amerika, das an einem stabilen Frieden in Europa interessiert war, die Sowjets nur durch die Zusicherung überzeugen konnte, dass Deutschland nicht nuklear bewaffnet werden würde und dass die deutsche Macht in einer von den Vereinigten Staaten dominierten Struktur gehalten werden würde.

Ich denke, dass Scowcroft dies zumindest teilweise im Sinn hatte, als er in dem mündlichen Interview, auf das ich im Text Bezug genommen habe, sagte, dass es „von entscheidender Bedeutung“ sei, „US-Truppen in Europa vor Ort zu halten, nicht nur wegen der Sowjetunion [Hervorhebung – M.T.][152]. Ich glaube auch, dass es der amerikanischen politischen Elite bei der NATO grundsätzlich nie nur um die sowjetische Bedrohung ging. Es ging wirklich um die Stabilität in Europa. 1961 war man zu dem Schluss gekommen, dass es keine rein europäische Lösung für das europäische Sicherheitsproblem gab – es konnte kein stabiles System geben, wenn sich die Vereinigten Staaten zurückzogen. Und die deutsche Frage war der Kern dieses Problems.

Bedeutete das, dass eine der Hauptfunktionen der NATO, wie oft gesagt wurde, darin bestand, „Deutschland niederzuhalten“? Wenn man von „doppelter Eindämmung“ spricht, hat man genau das im Sinn: dass eine der Hauptaufgaben der NATO darin bestand, nicht nur die UdSSR, sondern auch Deutschland einzudämmen. Und es steht außer Frage, dass dies ein wichtiges Element in den Überlegungen der Vereinigten Staaten zu diesem Thema war (ebenso wie in den Überlegungen anderer wichtiger NATO-Verbündeter wie Großbritannien und Frankreich). Dies wird deutlich, wenn man sich ansieht, was Baker den sowjetischen Führern am 9. Februar 1990 sagte (wie im Text berichtet). Und von Zeit zu Zeit trifft man auf sehr unverblümte Äußerungen dieser Ansicht. So erklärte der damalige Senator Joseph Biden bei den Anhörungen zur NATO-Erweiterung im Jahr 1997, was seiner Meinung nach der Zweck der NATO ist. „Es ging nicht nur darum, Russland einzudämmen“, sagte er. „Sie sollte Deutschland einbinden; sie sollte Stabilität in Europa bringen; und sie war nie, nie, nie nur dazu da, Russland einzudämmen.“[153] Im Januar 1995 argumentierte Charles Maynes, der Herausgeber von Foreign Policy, wie folgt: „Anstatt die NATO zu erweitern, sollte der Westen versuchen, ein kontinentales Sicherheitssystem zu schaffen, das sowohl Deutschland als auch Russland, die beiden einzigen Staaten, die den Kontinent wieder hegemonial herausfordern können, beruhigt und einschränkt. Das atlantische Bündnis wird nicht sterben, wenn die NATO nicht erweitert wird, weil alle Nachbarn Deutschlands den Fortbestand des Bündnisses wünschen. Es ist die entscheidende Garantie dafür, dass Deutschland nicht in Versuchung gerät, nuklear zu werden.“[154]

Und Matlock sagte 2016 zu einem Interviewer: „Wenn mich jemand im Sommer ’91 gefragt hätte: ‚Könnte die NATO nicht nach Osten expandieren?‘ Ich hätte gesagt: ‚Nein, dafür ich sehe keinen Grund. Wir müssen die NATO beibehalten, weil wir Deutschland unter Kontrolle halten müssen. Deutschland vereinigt sich – wollen Sie es von allem loslösen, oder wollen Sie es an ein Bündnis binden, damit es kein unabhängiges Militär hat? Was würde ein unabhängiges Deutschland, das sich Atomwaffen zulegt, in zwei Generationen für den Frieden in der Welt bedeuten?‘ Ich denke also, dass es wichtig war, die NATO zu erhalten.“[155]

Solche Ansichten waren keineswegs eigentümlich. Tatsächlich hätten Leute wie Biden sie nicht geäußert, wenn sie nicht innerhalb des außenpolitischen Establishments der USA weit verbreitet gewesen wären. Und auch in Europa wurden solche Ansichten ziemlich geteilt. Die beste Kurzanalyse zu diesem Thema, auf die ich je gestoßen bin, stammt aus einem Artikel des französischen Politikwissenschaftlers Pierre Hassner, und ich denke, Hassner hat die Nuancen genau richtig getroffen: „Die russische Macht auszubalancieren und einen westlichen Rahmen für Deutschlands Energien zu schaffen, Deutschland sowohl vor Russland als auch vor sich selbst zu schützen, beide daran zu hindern, entweder gemeinsam oder einzeln zu versuchen, die Hegemonie über den Kontinent zu erlangen – das ist das Wesen des Atlantischen Bündnisses. Deshalb ist die Präsenz amerikanischer Truppen in Deutschland in ihrer doppelten, in erster Linie schützenden, aber auch diskret kontrollierenden Funktion der einzige greifbare Ausdruck des Bündnisses, dessen Verschwinden die Struktur des Kontinents unmittelbar und grundlegend verändern würde.“[156]

Der Gedanke, dass Deutschland „kontrolliert“ werden müsse, spielte also in den Überlegungen der wichtigsten politischen Entscheidungsträger in den westlichen Ländern auch nach dem Ende des Kalten Krieges eine wichtige Rolle. Aber „Deutschland niederzuhalten“ (um aus der berühmten, Lord Ismay, dem ersten Generalsekretär der NATO, zugeschriebenen Bemerkung über die dreifache Funktion des Bündnisses zu zitieren)[157] war keineswegs das zentrale Ziel – was an sich schon weitgehend erklärt, warum die NATO in der Zeit nach dem Kalten Krieg intakt geblieben ist. Es gab ein grundlegenderes Ziel, das damit zu tun hatte, Deutschland als Teil des Westens zu erhalten – diese Nation erst zu einem Teil der westlichen Welt zu machen und dann zu halten, damit Deutschland ein im Wesentlichen westliches Land wird. Damit dies geschehen konnte, musste das westliche System in all seinen Dimensionen – wirtschaftlich, kulturell, politisch und militärisch – intakt bleiben, und der zentrale Pfeiler dieses Systems war die militärische Präsenz der USA in Europa im Allgemeinen und in Deutschland im Besonderen.

Dieses umfassendere Ziel war praktisch von Anfang an vorhanden, als die Westmächte 1946 die so genannte „Weststrategie“ für Deutschland verabschiedeten. Dies war die Idee, dass Westdeutschland unter der Ägide der drei Westmächte „organisiert“ und an die westliche Welt gebunden werden sollte, zunächst wirtschaftlich, dann politisch und schließlich militärisch – dass Westdeutschland in das westliche System eingebettet werden und wie ein Chamäleon die politische Färbung der westlichen Welt als Ganzes annehmen sollte. Deutschland würde schließlich als gleichberechtigter (oder in Wirklichkeit fast gleichberechtigter) Partner behandelt werden; das System würde letztlich nicht auf Zwang beruhen (worauf die Philosophie des „Niederhaltens Deutschlands“ hinausgelaufen wäre), sondern hätte eine viel breitere Basis. Napoleon sagte einmal, dass nichts Dauerhaftes allein auf Zwang beruhen könne; der Ansatz der Weststrategie würde Deutschland im Wesentlichen durch Zustimmung an den Westen binden, da die Aufnahme in denselben die Bundesrepublik nicht nur vor der sowjetischen Bedrohung schützte, sondern in hohem Maße eine Form der moralischen Rehabilitierung darstellte – etwas, das für die Deutschen angesichts all dessen, was während der Nazizeit geschehen war, von großem Wert war. Es war dieses umfassendere System, das Leute wie Bush unbedingt bewahren wollten. Und dieses System beruhte auf der amerikanischen Präsenz in Europa – Großbritannien und Frankreich waren allein, selbst zusammen, einfach nicht stark genug, um die Grundlage für ein solches System zu bilden.

Daher ist es meiner Meinung nach ein Fehler, die Bush-Politik im Sinne des Wunsches der US-Regierung zu interpretieren, so viel Macht wie möglich zu erlangen. Die amerikanische Hegemonie in Europa war kein Ziel an sich. Sie war Nebenprodukt einer Politik, die aus einem ganz anderen Grund verfolgt wurde – einer Politik, die vor allem darauf abzielte, ein stabiles politisches System in Europa zu schaffen.

Wenn man sich mit der Kennedy-Zeit beschäftigt, hat man den Eindruck, dass die Amerikaner die imperiale Last nur widerwillig auf sich genommen haben. Sie waren zu dem Schluss gekommen, dass die Europäer die Aufgabe nicht selbst bewältigen konnten – dass die einzige Möglichkeit, ein wirksames Gegengewicht zur Sowjetmacht in Europa zu schaffen, ohne gleichzeitig den Deutschen die Möglichkeit zu geben, sich nuklear zu bewaffnen, darin bestand, ein System aufrechtzuerhalten, das auf einer starken amerikanischen Militärpräsenz auf dem Kontinent beruhte. Aber wenn die USA dort gewissermaßen gefangen waren, fühlten sie sich berechtigt, bestimmte Gegenleistungen zu verlangen. Die Probleme mit den Sowjets konnten, wie die Berlin-Krise zeigte, zu einem Krieg führen, und wenn die Amerikaner ihren Hals schon auf den Richtblock legten, wollten sie auch das Sagen darüber haben, wie die Ost-West-Beziehung vom Westen gehandhabt wurde. Kennedys nationaler Sicherheitsberater McGeorge Bundy drückte es 1962 so aus: „Wir sind gezwungen, den Preis der Führung zu zahlen. Da können wir genauso gut einige Vorteile davon haben.“[158]

Jedenfalls liefert die Vorstellung, dass es wichtig war, „Deutschland niederzuhalten“, meiner Meinung nach nicht den Schlüssel zum Verständnis, warum die Bush-Regierung die Politik verfolgte, die sie am Ende des Kalten Krieges betrieb. Zumindest meiner Meinung nach ist es klar, dass diese Politik eine viel breitere Basis hatte.

 

Anhang IV:

Das Vorvertragsabkommen vom November 1918 und sein Schicksal

Die Deutschen legten 1918 die Waffen nieder, nachdem ihnen der amerikanische Präsident Woodrow Wilson im Namen aller alliierten Regierungen zugesichert hatte, dass der Frieden auf der Grundlage seiner Rede über die Vierzehn Punkte und der darauf folgenden Kriegsansprachen geschlossen werden würde, allerdings mit zwei Einschränkungen. Diese Zusicherung wurde den Deutschen in einer Note vom 5. November 1918 gegeben.[159]

Eine der in dieser Note genannten Einschränkungen bezog sich auf die Bestimmung in der Vierzehn-Punkte-Rede, wonach die eroberten Gebiete „sowohl wiederhergestellt als auch evakuiert und befreit“ werden sollten. „Die alliierten Regierungen“, so wurde den Deutschen mitgeteilt, „sind der Meinung, dass kein Zweifel darüber bestehen darf, was diese Bestimmung bedeutet. Sie verstehen darunter, dass Deutschland für alle Schäden, die der Zivilbevölkerung der Alliierten und ihrem Eigentum durch die Aggression Deutschlands zu Lande, zu Wasser und aus der Luft zugefügt werden, Entschädigung leisten wird.“

Dabei handelte es sich technisch gesehen um eine einseitige Zusicherung, das heißt um ein förmliches Angebot, auf dieser Grundlage einen Waffenstillstand zu schließen. Es gab kein unterzeichnetes Abkommen, das die formelle Annahme dieser Bedingungen durch Deutschland widerspiegelte, und die Deutschen antworteten auch nicht mit einer eigenen Note, in der sie die Bedingungen der Alliierten formell akzeptierten. Aber der deutsche Akt der „Entsendung von Vertretern durch militärische Kanäle zu einem Treffen“ mit dem Oberbefehlshaber der Alliierten „zum Zwecke der Vereinbarung eines Waffenstillstands“ wurde als Annahme des alliierten Angebots gewertet, und Wilsons Zusicherung wurde in der Folge von beiden Seiten als verbindliches Versprechen betrachtet.[160]

Haben die Alliierten dieses Versprechen gebrochen? Auf der Pariser Friedenskonferenz 1919 versuchten vor allem die Briten zunächst, von den Deutschen die Erstattung der Kriegskosten an die Alliierten zu fordern. Ihr Argument lautete, dass die Steuerzahler für den Krieg aufkommen müssten und die Steuerzahler Zivilisten seien, weshalb die Kriegskosten einen „zivilen“ Schaden darstellten. Die Amerikaner wehrten sich jedoch erfolgreich gegen diesen Vorschlag – mit dem Argument, dass sich der Passus über zivile Schäden im Abkommen vor dem Waffenstillstand eindeutig auf etwas viel Engeres bezog. Als die Briten dann aber darauf bestanden, dass die Renten [für sämtliche Invaliden und Kriegshinterbliebenen – der Übersetzer] in das Gesetz aufgenommen werden sollten, stimmte Wilson dem zu, obwohl seine eigenen Berater darauf hinwiesen, dass die gleiche Logik, die die Kriegskosten ausgeschlossen hatte, auch die Renten ausschließen sollte. „Logik! Die Logik! Ich pfeife auf die Logik“, rief er aus. „Ich werde die Renten einbeziehen!“[161] Auch der britische Premierminister David Lloyd George war der Meinung, dass das Abkommen vor dem Waffenstillstand keine Renten vorsah, drängte aber dennoch auf deren Einbeziehung.[162]

All dies hatte, wie viele Wissenschaftler festgestellt haben, in der Zwischenkriegszeit katastrophale Folgen. Die Deutschen nahmen es den Alliierten zutiefst übel, dass sie sich nicht an die Vereinbarung vor dem Waffenstillstand gehalten hatten. Dies bedeutete unter anderem, dass der Versailler Vertrag in ihren Augen keine moralische Gültigkeit besaß und dass sie berechtigt waren, ihn zu Fall zu bringen.

 

* – Erstveröffentlicht in den USA am 25. November 2020. Der Autor arbeitet im Fachbereich Politikwissenschaft der UCLA (University of California Los Angeles).

Übersetzung – Ekkehard Sieker.
Redaktion – Wolfgang Schwarz.

 

Übernahme mit freundlicher Genehmigung des Autors und von MIT Press.
Eine gekürzte Version der englischen Originalfassung wurde im Januar 2021 publiziert in
International Security, Volume 45, No. 3.

 

[1] – Siehe Gorbatschow-Baker-Treffen, 9. Februar 1990, US-Akte, Dok. 5, S. 6; und Gorbatschow-Baker-Treffen, sowjetisches Protokoll. (Auszüge), 9. Februar 1990, Dok. 6, S. 5; beide in Svetlana Savranskaya und Tom Blanton, Hrsg., „NATO Expansion: What Gorbachev Heard“, National Security Archive Electronic Briefing Book Nr. 613 [im Folgenden als NSAEBB613 zitiert], 12. Dezember 2017 (https://nsarchive.gwu.edu/briefing-book/russia-programs/2017-12-12/nato-expansion-what-gorbachev-heard-western-leaders-early).

[2] – Für Beispiele siehe Mark Kramer, „The Myth of a No-NATO-Enlargement Pledge to Russia“, Washington Quarterly 32, Nr. 2 (April 2009) (https://ciaotest.cc.columbia.edu/journals/twq/v32i2/f_0016179_13953.pdf), S. 39; Kristina Spohr, „Precluded or Precedent-Setting? The ‚NATO Enlargement Question‘ in the Triangular Bonn-Washington-Moscow Diplomacy of 1990-1991“, Journal of Cold War Studies 14, no. 4 (Fall 2012) (https://muse.jhu.edu/article/500328), S. 4-5; Joshua R. Itzkowitz Shifrinson, „Deal or No Deal?: The End of the Cold War and the U.S. Offer to Limit NATO Expansion“, International Security 40, no. 4 (Spring 2016), S. 7, 12-13 (https://muse.jhu.edu/article/617460); und Hannes Adomeit, „Imperial Overstretch: Germany in Soviet Policy from Stalin to Gorbachev: An Analysis Based on New Archival Evidence, Memoirs, and Interviews“ (Baden-Baden: Nomos, 2016) S. 655 (https://www.jstor.org/stable/j.ctv941vkp.11#metadata_info_tab_contents). Man beachte auch Uwe Klussmann, Matthias Schepp und Klaus Wiegrefe, „Absurde Vorstellung“, Der Spiegel, 23. November 2009 (https://www.spiegel.de/politik/absurde-vorstellung-a-a18a7cab-0002-0001-0000-000067871653?context=issue); eine englische Übersetzung „NATO’s Eastward Expansion – Did the West Break Its Promise to Moscow?“ wurde ein paar Tage später auf der Spiegel-Website veröffentlicht (https://www.spiegel.de/international/world/nato-s-eastward-expansion-did-the-west-break-its-promise-to-moscow-a-663315.html). Für einige häufig zitierte Äußerungen wichtiger russischer Beamter siehe Wladimir Putins Bemerkungen auf der Münchner Konferenz zur Sicherheitspolitik am 12. Februar 2007 (englisch: https://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2007/02/12/AR2007021200555.html; deutsch: http://www.ag-friedensforschung.de/themen/Sicherheitskonferenz/2007-putin-dt.html); Putins Rede vor der Duma am 18. März 2014 (http://eng.kremlin.ru/news/6889); und „A Conversation with Sergei Lavrov, Russian Foreign Minister“, at the Council on Foreign Relations in New York, 24. September 2008 (https://www.cfr.org/event/conversation-sergey-lavrov). Für eine aktuelle russische Perspektive siehe Anatoly Adamishin, „The End of the Cold War: Thirty Years On“, in Daniel S. Hamilton und Kristina Spohr, Hrsg., Exiting the Cold War, Entering a New World (Washington: Brookings Institution Press, 2019) (https://transatlanticrelations.org/wp-content/uploads/2019/10/18-Adamishin.pdf zum Artikel; https://transatlanticrelations.org/publications/exiting-the-cold-war-entering-a-new-world/ zum vollständigen Band).

[3] – Zitiert in Adrian Blomfield und Mike Smith, „Gorbachev: US Could Start New Cold War“, The Telegraph, 6. Mai 2008 (https://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/europe/russia/1933223/Gorbachev-US-could-start-new-Cold-War.html). Zu einer ähnlichen Ansicht siehe Michail Gorbatschow, „The Expansion of NATO in the Context of Global Politics“, in Anton Bebler, Hrsg. The Challenge of NATO Enlargement (Westport: Praeger, 1999), insbesondere S. 61-62. Im Jahr 2009 vertrat er einen ähnlichen Standpunkt. Der deutsche Bundeskanzler „Kohl, US-Außenminister James Baker und andere sicherten mir zu, dass die Nato sich keinen Zentimeter nach Osten bewegen würde. Daran haben sich die Amerikaner nicht gehalten, und den Deutschen war es gleichgültig. Vielleicht haben sie sich sogar die Hände gerieben, wie toll man die Russen über den Tisch gezogen hat. Was hat es gebracht? Nur, dass die Russen westlichen Versprechungen nun nicht mehr trauen.“ Zitat aus: „Die Deutschen waren nicht aufzuhalten“, Bild, 2. April 2009, zitiert in Adomeit, Imperial Overstretch (https://www.jstor.org/stable/j.ctv941vkp.11#metadata_info_tab_contents), S. 655. Wie später gezeigt wird, vertrat Gorbatschow zeitweise genau die gegenteilige Linie und bestritt, dass die Zusagen etwas mit Osteuropa zu tun hätten.

[4] – Zitiert in Philip Zelikow, „NATO Expansion Wasn’t Ruled Out“, International Herald Tribune, 10. August 1995 (https://www.nytimes.com/1995/08/10/opinion/IHT-nato-expansion-wasnt-ruled-out.html). Zelikow gibt die Quelle nicht an, aber Matlock hat 1996 vor dem Kongress und 2014 in einem Gespräch mit dem ehemaligen CIA-Analysten Ray McGovern in etwa das gleiche Argument vorgebracht. U.S. Congress, House Committee on International Relations, U.S. Policy toward NATO Enlargement, 20. Juni 1996 (https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=uc1.31210014965345&view=1up&seq=1), S. 31; und Ray McGovern, „When the U.S. Welched on Shevardnadze“, Baltimore Sun, 15. Juli 2014 (https://das-blaettchen.de/wordpress/wp-content/uploads/2023/02/Baltimore-Sun.pdf). Im selben Jahr 2014 schien Matlock jedoch in die entgegengesetzte Richtung zu tendieren. Siehe Jack Matlock, „NATO Expansion: Was There a Promise?“ 3. April 2014 (veröffentlicht auf Matlocks persönlicher Website) (https://jackmatlock.com/2014/04/). Matlock legte seine Ansichten 2011 auch in einem Briefwechsel mit Rodric Braithwaite, dem britischen Botschafter in Moskau während des fraglichen Zeitraums, dar. Ausführliche Auszüge sind zitiert in Pavel Palazhchenko, „Mikhail Gorbachev and the NATO Enlargement Debate: Then and Now“ (https://transatlanticrelations.org/wp-content/uploads/2019/10/19-Palazhchenko.pdf), in Hamilton und Spohr, Exiting the Cold War (https://transatlanticrelations.org/publications/exiting-the-cold-war-entering-a-new-world/), S. 445-50.

[5] – Robert M. Gates oral history, Miller Center George H.W. Bush Oral History Project, 23. und 24. Juli 2000 (https://millercenter.org/the-presidency/presidential-oral-histories/robert-m-gates-deputy-director-central#download-popup), S. 101.

[6] – Shifrinson, „Deal or No Deal?“ (https://muse.jhu.edu/article/617460), S. 40-41.

[7] – Savranskaya und Blanton, „NATO Expansion: What Gorbachev Heard“, NSAEBB613 (12. Dezember 2017) (https://nsarchive.gwu.edu/briefing-book/).

[8] – Mary Sarotte, Brief an den Herausgeber (Austausch mit Mark Kramer), Foreign Affairs 93, Nr. 6 (November-Dezember 2014) (https://www.jstor.org/stable/24483985), S. 209.

[9] – Mary Elise Sarotte, „A Broken Promise? What the West Really Told Moscow About NATO Expansion“, Foreign Affairs 93, no. 5 (September-Oktober 2014) (https://www.jstor.org/stable/24483307), S. 96.

[10] – Siehe Mary Sarotte, „Not One Inch Eastward? Bush, Baker, Kohl, Genscher, Gorbachev, and the Origin of Russian Resentment toward NATO Enlargement in February 1990“, Diplomatic History 34, Nr. 1 (January 2010) (https://academic.oup.com/dh/article-abstract/34/1/119/379802?redirectedFrom=fulltext) S. 137-39.

[11] – Dies war Michael Gordons Umschreibung von Bakers Ansichten in seinem Artikel „The Anatomy of a Misunderstanding“, New York Times, 25. Mai 1997, S. 3 (https://www.nytimes.com/1997/05/25/weekinreview/the-anatomy-of-a-misunderstanding.html).

[12] – Baker-Interview mit Christiane Amanpour, 9. November 2009 (https://transcripts.cnn.com/show/ampr/date/2009-11-09/segment/01).

[13] – Siehe Zelikow, „NATO Expansion Wasn’t Ruled Out“ (https://www.nytimes.com/1995/08/10/opinion/IHT-nato-expansion-wasnt-ruled-out.html). Braithwaite behauptete 2015, dass „keine schriftlichen oder mündlichen Zusicherungen über die Nato-Erweiterung während der Verhandlungen über die deutsche Wiedervereinigung im Jahr 1990 gegeben wurden“. Rodric Braithwaite, „The West’s Assurances to Soviet Ministers on Eastward Expansion of Nato“ (Die Zusicherungen des Westens an die sowjetischen Minister zur Osterweiterung der Nato), Brief im Guardian, 26. Mai 2015 (https://www.theguardian.com/world/2015/may/26/the-west-assurances-to-soviet-ministers-on-eastward-expansion-of-nato). Für die Ansichten wichtiger deutscher Beamter siehe sowohl Genschers Bemerkungen als auch die Kommentare von Dieter Kastrup (Politischer Direktor im Auswärtigen Amt zu dieser Zeit) in „Witness Seminar: Berlin in the Cold War, 1948-1990, German Unification, 1989-1990“, abgehalten im Lancaster House am 16. Oktober 2009, S. 116-18 (https://issuu.com/fcohistorians/docs/full_transcript_germany). Man beachte auch die Äußerungen von Kohls engem Berater Horst Teltschik, zitiert in Anmerkung 20.

[14] – Matlocks Rezension von Sarottes 1989, Cold War History 10, Nr. 4 (2010), S. 576 (www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/14682745.2010.513512).

[15] – Kramer, „Myth of a No-NATO-Enlargement Pledge“ (https://ciaotest.cc.columbia.edu/journals/twq/v32i2/f_0016179_13953.pdf), S. 40-41. Diese Schlussfolgerungen sind weithin akzeptiert worden. Zbigniew Brzezinski beispielsweise schrieb in einem Artikel, den er später im selben Jahr veröffentlichte, dass „kürzlich freigegebenes Material das oft vorgebrachte Argument, Russland sei versprochen worden, die NATO werde nicht erweitert, eindeutig widerlegt“. Zbigniew Brzezinski, „An Agenda for NATO: Toward a Global Security Web“, Foreign Affairs 88, no. 5 (September/Oktober 2009) (https://www.jstor.org/stable/20699640), S. 8.

[16] – Hannes Adomeit, Imperial Overstretch (https://www.jstor.org/stable/j.ctv941vkp.11?seq=15#metadata_info_tab_contents), S. 608 (Nr. 1531); Hervorhebung im Originaltext; siehe auch ebd., S. 655-59. „GDR“ stand für „German Democratic Republic“, die offizielle englische Bezeichnung für das kommunistische Ostdeutschland.

[17] – Kristina Spohr und Christopher Clark, „Moscow’s Account of NATO Expansion is a Case of False Memory Syndrome“, The Guardian, 24. Mai 2015 (https://www.theguardian.com/commentisfree/2015/may/24/russia-nato-expansion-memory-grievances).

[18] – Spohr, „Precluded or Precedent-Setting?“ (https://muse.jhu.edu/article/500328), S. 51; siehe auch S. 48.

[19] – Die Methode wird ausführlich erläutert in Marc Trachtenberg, The Craft of International History: A Guide to Method (Princeton: Princeton University Press, 2006) (www.sscnet.ucla.edu/polisci/faculty/trachtenberg/cv/craft.pdf), Kapitel 3 und 4.

[20] – Für ehemalige Beamte siehe zum Beispiel die Referenzen, die Kramer in „The Myth of a No-NATO-Enlargement Pledge“, S. 56, Anm. 6 und 7, anführt. Viele andere Fälle könnten angeführt werden, z. B. Horst Teltschik, „Some Aspects About ‚Sealing the Deal‘ on Unification of Germany“, Hauptvortrag auf einer Konferenz anlässlich der Veröffentlichung von Exiting the Cold War, 22. Oktober 2019 (https://transatlanticrelations.org/wp-content/uploads/2019/10/CW-Book-Teltschik-presentation.pdf). Für Wissenschaftler, die diese Ansicht vertreten haben, siehe insbesondere Kramer, „Myth of a No-NATO-Enlargement Pledge“ (https://ciaotest.cc.columbia.edu/journals/twq/v32i2/f_0016179_13953.pdf), insb. S. 48-49; Hannes Adomeit, „East Germany: NATO’s First Eastward Enlargement“, in Anton Bebler, NATO at 60: The Post-Cold War Enlargement and the Alliance’s Future (Amsterdam: IOS Press, 2010) (https://books.google.de/books?id=rW-vBCjIHWUC&pg=PA20&lpg=PA20&dq), S. 21; und Adomeit, Imperial Overstretch (https://www.jstor.org/stable/j.ctv941vkp.11), S. 657 (Adomeit zitiert übrigens Matlock selbst, der in diese Richtung argumentiert).

[21] – Zelikow, „NATO Expansion Wasn’t Ruled Out“ (https://www.nytimes.com/1995/08/10/opinion/IHT-nato-expansion-wasnt-ruled-out.html).

[22] – Ronald Asmus, Opening NATO’s Door: How the Alliance Remade Itself for a New Era (New York: Columbia University Press, 2002) (https://books.google.de/books?id=7XywyT8-nbgC), S. 6.

[23] – Adomeit, „East Germany: NATO’s First Eastward Enlargement“ (https://books.google.de/books?id=rW-vBCjIHWUC), S. 20. Und: www.baks.bund.de/sites/baks010/files/working_paper_2018_03.pdf.

[24] – Kramer, Kommentar zum Artikel von Shifrinson, International Security 42, Nr. 1 (Sommer 2017) (https://muse.jhu.edu/article/667395/pdf), S. 188, und Kramer, „Myth of a No-NATO-Enlargement Pledge“ (https://ciaotest.cc.columbia.edu/journals/twq/v32i2/f_0016179_13953.pdf), S. 45-46. Das Schewardnadse-Interview „We Couldn’t Believe that the Warsaw Pact Could Be Dissolved“ ist online verfügbar (https://www.spiegel.de/international/europe/interview-with-eduard-shevardnadze-we-couldn-t-believe-that-the-warsaw-pact-could-be-dissolved-a-663595.html).

[25] – Asmus, Opening NATO’s Door, S. 6. vgl. Anmerkung 22.

[26] – Siehe z.B. Kramer, „Myth of a No-NATO-Enlargement Pledge“ (https://ciaotest.cc.columbia.edu/journals/twq/v32i2/f_0016179_13953.pdf), insb. S. 41, 45.

[27] – Spohr, „Precluded or Precedent-Setting?“ (https://muse.jhu.edu/article/500328), S. 24.

[28] – Zitiert in Sarotte, „Not One Inch Eastward?“ (https://academic.oup.com/dh/article-abstract/34/1/119/379802?redirectedFrom=fulltext), S. 122. [Anmerkung des Übersetzers: Genschers Tutzinger Rede vom 31.01.1990 ist komplett dokumentiert in Tutzinger Blätter 2/1990, S. 3 ff. (https://das-blaettchen.de/wordpress/wp-content/uploads/2023/02/Tutzinger-Blaetter-2_1990.pdf).

[29] – Für eine Zusammenfassung von Genschers Ansichten siehe „Genscher bei Baker in Washington“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3. Februar 1990, S. 2. „Es handele sich mithin“, so der Autor, „um die Bildung kooperativer Formen gemeinsamer Sicherheit, aber nicht um die Ausdehnung eines Bündnissystems zu Lasten eines anderen“. Es sei darauf hingewiesen, dass sich der Hinweis auf die umfassendere Frage der europäischen Sicherheit bezog und nicht auf die enge Frage des künftigen militärischen Status Ostdeutschlands. Für eine ähnliche Analyse siehe „Genscher erläutert in Washington Vorteile des KSZE-Prozesses für die deutsche Einigung“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. Februar 1990, S. 4. Die Behandlung der deutschen Frage im breiteren KSZE-Rahmen würde (wie der Autor Genschers Ansicht paraphrasierte) den Sowjets die Gewissheit geben, „dass der Westen die Instabilität in Osteuropa nicht zum eigenen Vorteil ausnutze“. Unter vier Augen war Genscher sogar noch deutlicher, was den Umfang der Nichtausweitungszusicherung anging. Siehe die Nachweise in Mary Sarotte, „‚His East European Allies Say They Want to Be in NATO‘: U.S. Foreign Policy, German Unification, and NATO’s Role in European Security, 1989-90“, in Frédéric Bozo, Andreas Rödder und Mary Elise Sarotte, German Reunification: A Multinational History (New York: Routledge, 2017), S. 77-78.

[30] – Gorbatschow Treffen mit wichtigen Beratern, 26. Januar 1990, in Anatoli Tschernjajew und Alexander Galkin, Michail Gorbatschow und die deutsche Frage: Sowjetische Dokumente 1986-1991 (München: Oldenbourg, 2011) (file:///C:/Users/PC/Downloads/10.1524_9783486713930-1.pdf), Dok. 66, insbesondere S. 289-90, diskutiert in Kramer, „Myth of a No-NATO-Enlargement Pledge“ (https://ciaotest.cc.columbia.edu/journals/twq/v32i2/f_0016179_13953.pdf), S. 44-45, und auch in Kramers Kommentar zum Shifrinson-Artikel (https://muse.jhu.edu/article/667396/), S. 188, erwähnt.

[31] – Teimuraz Stepanov-Mamaladze Tagebucheintrag, 12. Februar 1990, in Stefan Karner, Mark Kramer, Peter Ruggenthaler und Manfred Wilke (und andere), Hrsg., Der Kreml und die deutsche Widervereinigung 1990: Interne sowjetische Analysen (Berlin: Metropol, 2015), S. 166. Für das britische Protokoll: Hurd an Premierministerin Thatcher, 13. Februar 1990, in Documents on British Policy Overseas, Series 3, Vol. 7, German Unification, 1989-1990 (London: Routledge, 2010), Dok.-Nr. 143 (http://www.sscnet.ucla.edu/polisci/faculty/trachtenberg/cv/19900213.pdf). Zu Schewardnadses pessimistischen Ansichten zu diesem Thema siehe auch die Äußerungen von Schewardnadses Assistenten Sergej Tarasenko in William Wohlforth, Hrsg., Witnesses to the End of the Cold War (Baltimore: Johns Hopkins University Press, 1996) (https://archive.org/details/witnessestoendof00prof), S. 112-13, und Anatoli Dobrynin, In Confidence: Moscow’s Ambassador to America’s Six Cold War Presidents (1962-1986) (New York: Random House, 1995), S. 632.

[32] – Vladislav Zubok, „Gorbachev, German Reunification and Soviet Demise“, in Bozo et al. German Reunification, S. 92.

[33] – Anatoli Tschernjajew-Tagebuch, Eintrag für den 21. Januar 1990, in: Chernyaev Diary for 1990 National Security Archive Electronic Briefing Book Nr. 317, veröffentlicht im Mai 2010, S. 7 (https://nsarchive2.gwu.edu/NSAEBB/NSAEBB317/chernyaev_1990.pdf).

[34] – CIA Directorate of Intelligence, „What’s Ahead in Hungary?“, 22. September 1989 (www.cia.gov/readingroom/); und „Hungary: Reorienting Security Policy“, National Intelligence Daily, 2. November 1989 (www.cia.gov/readingroom/). Beide Dokumente wurden kürzlich als Teil der CIA-Sondersammlung „The Collapse of Communism in Eastern Europe: A Thirty Year Legacy“ veröffentlicht. (www.cia.gov/readingroom/).

[35] – Enrico Jacchia, „Soviet Military Tests Brand New Positions“, Los Angeles Times, 3. Dezember 1989 (https://www.latimes.com/archives/la-xpm-1989-12-03-op-184-story.html).

[36] – Michael Gordon, „U.S. Says the Kremlin Seeks Deeper Cuts in European Forces“, New York Times, 6. Januar 1990, S. 7 (https://www.nytimes.com/1990/01/06/world/upheaval-east-troops-us-says-kremlin-seeks-deeper-cuts-european-forces.html); und Glenn Frankel, „East Europeans Seek Full Pullout of Soviet Troops“, Washington Post, 19. Januar 1990, S. A14 (https://www.washingtonpost.com/archive/politics/1990/01/19/east-europeans-seek-full-pullout-of-soviet-troops/b6d8f442-3372-488c-88b2-4bff9c232305/).

[37] – Siehe „Moscow Agrees to Pull Out Troops, Czechoslovaks Say“, Los Angeles Times, 18. Januar 1990, S. A12 (https://www.proquest.com/news/docview/1460790532/A619CA3C770E4D77PQ); Celestine Bohlen, „Hungarian Prime Minister Reports That Moscow Has Agreed to Withdraw Its Troops“, New York Times, 24. Januar 1990, S. A12 (https://www.nytimes.com/1990/01/24/world/upheaval-east-hungary-hungarian-prime-minister-reports-that-moscow-has-agreed.html); „Budapest and Moscow Discussing Troop Pullout“, New York Times, 2. Februar 1990, S. A10 (https://www.nytimes.com/1990/02/02/world/upheaval-in-the-east-hungary-budapest-and-moscow-discussing-troop-pullout.html); Jonathan Randal, „Soviet Union Informs Czechoslovakia of Start of Partial Troop Withdrawal“, Washington Post, 10. Februar 1990, S. A20 (https://www.washingtonpost.com/archive/politics/1990/02/10/soviet-union-informs-czechoslovakia-of-start-of-partial-troop-withdrawal/02db114c-c15c-4bd1-bde6-a9ac9545a7bd/); „Soviet Union Agrees to Withdraw Troops From Hungary by Mid-’91“, Los Angeles Times, March 10, 1990, S. 12 (www.latimes.com/archives/la-xpm-1990-03-10-mn-1777-story.html).

[38] – R. Jeffrey Smith, „Warsaw Pact-Endgame: In Eastern Europe, the Military Alliance is Dead“, Washington Post, 4. Februar 1990, S. C1 (https://das-blaettchen.de/wordpress/wp-content/uploads/2023/02/Warsaw-Pact_Endgame-1.pdf).

[39] – Mark Kramer, „The Collapse of East European Communism and the Repercussions within the Soviet Union“ (Teil 3), Journal of Cold War Studies 7, no. 1 (Winter 2005), S. 11-12 (https://muse.jhu.edu/article/179566). In einem anderen Artikel, der im selben Jahr veröffentlicht wurde, zitiert Kramer aus dem Protokoll einer Politbürositzung vom 28. September 1989 und stellt fest, dass „Gorbatschow und seine Kollegen sich sehr wohl bewusst waren, dass Polen ‚möglicherweise den Warschauer Pakt verlassen würde‘.“ Mark Kramer, „Gorbachev and the Demise of East European Communism“ (Gorbatschow und der Untergang des osteuropäischen Kommunismus), in Silvio Pons und Federico Romero, Hrsg., Reinterpreting the End of the Cold War: Issues, Interpretations, Periodizations (London: Frank Cass, 2005), S. 191. Es ist schwer vorstellbar, dass die sowjetische Führung der Meinung war, dass der Pakt nach dem Wegfall Polens in jedem Fall von großem Wert sein würde. Schließlich sollte man beachten, dass Kramer in einem sechs Jahre später veröffentlichten Artikel schrieb, dass es Ende November 1989 „keinen Zweifel mehr daran gab, dass der Sowjetblock unwiderruflich in Trümmern lag.“ Mark Kramer, „The Demise of the Soviet Bloc“, Europe-Asia Studies 63, Nr. 9 (2011) (https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/09668136.2011.611645), S. 1581.

[40] – Siehe „Mikhail Gorbachev: I Am against All Walls“, Interview mit Maxim Korschunow, Russia Beyond website, 16. Oktober 2014 (https://www.rbth.com/international/2014/10/16/mikhail_gorbachev_i_am_against_all_walls_40673.html).

[41] – Nach Eagleburgers Darstellung sagte Horn ihm, „dass eine neue NATO ein politisches Dach für Mitteleuropa bieten könnte“. Siehe Shifrinson, „Deal or No Deal?“ (https://muse.jhu.edu/article/617460), S. 37. Siehe auch Mary Sarotte, 1989: The Struggle to Create Post-Cold War Europe (Princeton: Princeton University Press, 2009), S. 140.

[42] – Sarotte, „‚His East European Allies Say They Want to Be in NATO‘“, S. 82, unter Berufung auf das Treffen zwischen Kohl und Bush am 17. Mai 1990, S. 4. Das vollständige Dokument, das als Reaktion auf Sarottes Antrag auf Freigabe zur Überprüfung der Geheimhaltung freigegeben wurde, ist auf der Website der George H.W. Bush Presidential Library (https://bush41library.tamu.edu/files/memcons-telcons/1990-05-17–Kohl%20%5b1%5d.pdf) verfügbar.

[43] – Gorbatschow-Mitterrand-Treffen, 25. Mai 1990 (Auszüge), NSAEBB613, Dok. 19 (https://nsarchive.gwu.edu/document/16133-document-19-record-conversation-between).

[44] – Zitiert in Sarotte, „‚His East European Allies Say They Want to Be in NATO‘„, S. 78.

[45] – Dies war zu jener Zeit hinreichend klar. Siehe z.B. einen Bericht über die damaligen Überlegungen der „militärischen Führer des Ostblocks, von denen viele in den letzten zwei Monaten an die Macht gekommen sind“, den der Korrespondent der Washington Post für nationale Sicherheit, Jeffrey Smith, nur wenige Tage vor der Ankunft Bakers in Moskau veröffentlichte. „In ihren Kreisen“, so Smith, „ist die Aussicht auf ein militärisch neutrales Osteuropa oder sogar eines mit einem Netz wirtschaftlicher und militärischer Verbindungen zum Westen [Hervorhebung – M.T.] plötzlich ein heißes Diskussionsthema.“ Jeffrey Smith, „Warsaw Pact-Endgame“, Washington Post, 4. Februar 1990 (https://das-blaettchen.de/wordpress/wp-content/uploads/2023/02/Warsaw-Pact_Endgame-1.pdf).

[46] – Mary Sarotte, „Perpetuating U.S. Preeminence: The 1990 Deals to ‚Bribe the Soviets Out‘ and Move NATO In“, International Security 35, no. 1 (Summer 2010) (https://muse.jhu.edu/article/385347/), S. 135.

[47] – Mary Sarotte, 1989: The Struggle to Create Post-Cold War Europe, überarbeitete Ausgabe (Princeton: Princeton University Press, 2014), S. 219, 226; und Sarotte, „Perpetuating U.S. Preeminence“, S. 116-19.

[48] – Shifrinson, „Deal or No Deal?“ (https://muse.jhu.edu/article/617460), S. 36-37.

[49] – Robert Zoellick, „Two Plus Four: The Lessons of German Unification“, The National Interest (Herbst 2000) (https://www.jstor.org/stable/42897239), S. 22. Siehe auch Robert Zoellick, „An Architecture of U.S. Strategy after the Cold War“, in Melvyn Leffler und Jeffrey Legro, Hrsg., In Uncertain Times: American Foreign Policy after the Berlin War and 9/11 (Ithaca: Cornell University Press, 2011), S. 26, 28, 32. Bei der Beschreibung der Strategie, die am Ende des Kalten Krieges im Jahr 1989 ausgearbeitet wurde, verweist Zoellick auf die Rolle, die eine „erweiterte NATO“ in dem entstehenden strategischen Konzept der USA spielte: „Wir lehnten definitiv die Vorstellung ab, dass Mittel- und Osteuropa als Pufferzone zwischen dem Westen und dem Osten belassen werden sollte.“ Auch hier scheint Zoellick die Zeit zwischen Ende 1989 und Anfang 1990 im Sinn gehabt zu haben.

[50] – Kramer, „Myth of a No-NATO-Enlargement Pledge“ (https://ciaotest.cc.columbia.edu/journals/twq/v32i2/f_0016179_13953.pdf), S. 41.

[51] – Teltschiks persönliche Mitteilung an Adomeit, 8. Januar 2018, zitiert in Hannes Adomeit, „NATO’s Eastward Enlargement: What Western Leaders Said“, Bundesakademie für Sicherheitspolitik, Security Policy Working Paper Nr. 3 (2018) (https://www.baks.bund.de/sites/baks010/files/working_paper_2018_03.pdf), S. 3.

[52] – Siehe „Mikhail Gorbachev: I Am against All Walls“, Interview mit Maxim Korschunow, 16. Oktober 2014 (https://www.rbth.com/international/2014/10/16/mikhail_gorbachev_i_am_against_all_walls_40673.html).

[53] – Siehe insbesondere Adomeit, „NATO’s Eastward Enlargement“ (https://www.baks.bund.de/sites/baks010/files/working_paper_2018_03.pdf), S. 1. Siehe auch Steven Pifer, „Did NATO Promise Not to Enlarge? Gorbachev Says ‚NoV“, Brookings Institution blog, 6. November 2014 (https://www.brookings.edu/blog/up-front/2014/11/06/did-nato-promise-not-to-enlarge-gorbachev-says-no/), und Kirk Bennett, „What Gorbachev Did Not Hear“, The American Interest (12. März 2018) (https://www.the-american-interest.com/2018/03/12/gorbachev-not-hear/). Pifer ist Fellow sowohl an der Brookings Institution als auch am Center for International Security and Cooperation in Stanford. Bennett wird am Ende seines Artikels als „pensionierter Beamter des Auswärtigen Dienstes der USA, der sich hauptsächlich mit Fragen des postsowjetischen Raums befasst hat“ bezeichnet.

[54] – Siehe Sarotte, „Not One Inch Eastward?“ (https://academic.oup.com/dh/article-abstract/34/1/119/379802?redirectedFrom=fulltext), S. 122, und Frank Elbe und Richard Kiessler, Ein runder Tisch – mit scharfen Ecken. Der diplomatische Weg zur deutschen Einheit (Baden-Baden: Nomos, 1996), S. 79.

[55] – Sarotte, „Perpetuating U.S. Preeminence“ (https://muse.jhu.edu/article/385347/), S. 116-17, und Sarotte, „‚His East European Allies Say They Want to Be in NATO‘„, S. 77-78. Das britische Protokoll des Treffens von Außenminister Hurd mit Genscher vom 6. Februar 1990 ist online verfügbar, in NSAEBB613, Dok. 2 (nsarchive.gwu.edu/document/16113-document-02-mr-hurd-sir-c-mallaby-bonn). Für das deutsche Protokoll siehe Horst Möller, Ilse Dorothee Pautsch, Gregor Schöllgen, Hermann Wentker und Andrea Wirsching, Hrsg., Die Einheit: Das Auswärtige Amt, das DDR-Außenministerium und der Zwei-Plus-Vier-Prozess (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2015), Dok. 45, insb. S. 232: „Wichtig sei insbesondere die Erklärung, dass die NATO nicht beabsichtige, ihr Territorium nach Osten auszudehnen. Eine solche Erklärung dürfe sich nicht nur auf die DDR beziehen, sondern müsse allgemeiner Art sein.“ Genau dasselbe (dass sich die Zusicherungen nicht nur auf ostdeutsches Gebiet beziehen sollen) hat er bei einem Treffen mit dem italienischen Ministerpräsidenten und Außenminister am 21. Februar 1990 in Rom gesagt. Das Protokoll dieses Treffens ist in Dok. 56 in diesem Band; die fragliche Passage findet sich dort auf S. 289. Die Einheit: Das Auswärtige Amt, das DDR-Außenministerium und der Zwei-Plus-Vier-Prozess als Dokument vollständig hier: (https://archiv.diplo.de/arc-de/gut-zu-wissen/akteneditionen/die-einheit-das-auswaertige-amt-das-ddr-aussenministerium-und-der-zwei-plus-vier-prozess/1496730)

[56] – Seitz an Walters, 3. Februar 1990 (verfasst von Dobbins), NSC Collection, Kanter Files, Subject File, George H.W. Bush Library, College Park, Texas (http://www.sscnet.ucla.edu/polisci/faculty/trachtenberg/cv/19900203seitz.pdf). Laut Zelikow und Rice handelte es sich dabei um einen „Read-Out“, den Zoellick, der an dem Treffen teilgenommen hatte, an Dobbins zur Weiterleitung an Deutschland weitergab. Philip Zelikow und Condoleezza Rice, To Build a Better World: Choices to End the Cold War and Create a Global Commonwealth (New York: Twelve, 2019), S. 467 Anm. 124. Baker ließ diesen Bericht an Botschafter Walters übermitteln, weil er sich vergewissern wollte, dass Kohl keine Einwände gegen den Kurs hatte, auf den er und Genscher sich geeinigt hatten; Walters wurde angewiesen, sich bei Kohls Berater Teltschik zu vergewissern, dass dies der Fall war, und Baker unverzüglich Bericht zu erstatten. Teltschiks Bericht über das Treffen mit Walters wurde veröffentlicht in Hanns Jürgen Küsters und Daniel Hofmann, Hrsg., Dokumente zur Deutschlandpolitik: Deutsche Einheit, Sonderedition aus den Akten des Bundeskanzleramtes 1989/90 (München: Oldenbourg, 1998), S. 756-57. Teltschiks Darstellung erweckt den Anschein, dass sich die Nichtverlängerungsklausel nur auf Ostdeutschland bezog; die Formulierung „noch irgendwo sonst in Osteuropa“ wurde nicht erwähnt.

[57] – Mitschrift der Genscher-Baker-Pressekonferenz vom 3. Februar 1990 (https://archive.ph/20160808110638/http:/www.2plus4.de/USA/chronik.php3?date_value=25.02.90&sort=001-000) (Link); (www.sscnet.ucla.edu/polisci/faculty/trachtenberg/cv/19900205.pdf) (Alternat. Link); (https://archive.ph/bTrzj) (Zweiter alternat. Link). Das Transkript ist auch über LexisNexis verfügbar. Die erste Version des Transkripts wird von zwei russischen Wikipedia-Einträgen verlinkt (https://archive.ph/20160808110638/http:/www.2plus4.de/USA/chronik.php3?date_value=25.02.90&sort=001-000#selection-61.0-61.1048) – die dort angegebenen Zitate stammen aus dem englischen Original – was darauf hindeutet, dass zumindest einige Russen, die sich für diese Themen interessieren, sehr wohl wissen, was gesagt wurde: „Вопрос о существовании договорённости о нерасширении НАТО на восток“ (https://ru.wikipedia.org/w/index.php?title=Вопрос_о_существовании_договорённости_о_нерасширении_НАТО_на_восток), Anm. 18; und „Обсуждение:Расширение НАТО“ (https://ru.wikipedia.org/w/index.php?title=Обсуждение:Расширение_НАТО), Anm. 18.

[58] – Ein Clip mit englischen Untertiteln ist auf YouTube verfügbar (www.youtube.com/watch?v=4sKI3XvvCUU) (Link); (www.sscnet.ucla.edu/polisci/faculty/trachtenberg/cv/1990video(short).mp4) (alternat. Link). Dieser stammt aus der Fernsehsendung Weltspiegel, die am 9. März 2014 in der ARD ausgestrahlt wurde. Link zur vollständigen Sendung, auf Deutsch ohne englische Untertitel; die fragliche Passage beginnt bei 2 Minuten und 30 Sekunden im Video; alternat. Link. „Wir waren uns einig“, sagte Genscher, „dass nicht die Absicht besteht, das NATO-Verteidigungsgebiet auszudehnen nach Osten. Das gilt übrigens nicht nur in Bezug auf die DDR, die wir da nicht einverleiben wollen, sondern das gilt ganz generell. [Hervorhebung – M.T.]“.

[59] – Rodric Braithwaite, „The Soviet Collapse and the Charm of Hindsight“, in Hamilton und Spohr, Exiting the Cold War (https://transatlanticrelations.org/publications/exiting-the-cold-war-entering-a-new-world/), S. 90-91.

[60] – Der grundlegende Punkt, dass Genscher in der Pressekonferenz sowohl für sich selbst als auch für Baker ausdrücklich feststellte, dass die Zusicherung der Nichterweiterung nicht nur für ostdeutsches Gebiet galt, sondern ganz allgemein, wird in vielen wissenschaftlichen Arbeiten zu diesem Thema erstaunlicherweise übersehen. Zelikow und Rice zitierten Genschers Bemerkung, er und Baker seien sich „völlig einig, dass es keine Absicht gibt, den Verteidigungs- und Sicherheitsbereich der NATO nach Osten auszudehnen“. Aber der nächste Satz in der Niederschrift – „Das gilt übrigens nicht nur in Bezug auf die DDR, die wir da nicht einverleiben wollen, sondern das gilt ganz generell.“ – wurde an dieser Stelle nicht zitiert. Philip Zelikow und Condoleezza Rice, Germany Unified and Europe Transformed: A Study in Statecraft (Cambridge, MA: Harvard University Press, 1995) (https://archive.org/details/germanyunifiedeu00zeli), S. 176. Indem er sich auf diese Passage berief, schien Spohr beispielsweise nicht zu wissen, dass Genscher in dieser Erklärung sehr deutlich gemacht hatte, dass die Zusicherung für ganz Osteuropa galt. Siehe Spohr, „Precluded or Precedent-Setting?“ (https://muse.jhu.edu/article/500328), S. 18; und Kristina Spohr, Post Wall Post Square: Rebuilding the World after 1989 (London: Collins, 2019), S. 218. Kramer ging noch ein wenig weiter. Genscher, so schrieb er, „sagte, dass er und Baker [auf der Pressekonferenz] ‚in voller Übereinstimmung darüber sind, dass es keine Absicht gibt, den NATO-Verteidigungs- und Sicherheitsraum nach Osten auszudehnen‘, womit er Ostdeutschland meinte. [Hervorhebung – M.T.]“ Kramer, „Myth of a No-NATO-Enlargement Pledge“ (https://ciaotest.cc.columbia.edu/journals/twq/v32i2/f_0016179_13953.pdf), S. 47. Die Niederschrift und das Telegramm an Walters zeigen jedoch eindeutig, dass Genscher nicht nur Ostdeutschland meinte, sondern das gesamte Gebiet des Warschauer Paktes im Sinn hatte.

[61] – Zelikow und Rice weisen darauf hin, dass Baker „einen Tausch von sowjetischer Toleranz in Osteuropa gegen die Bereitschaft der USA, ein solches neues Umfeld nicht zur Bedrohung Moskaus auszunutzen“ bevorzugte. Zelikow und Rice, Germany Unified, S. 27.

[62] – Treffen zwischen Baker und Schewardnadse, 9. Februar 1990, NSAEBB613 (https://nsarchive.gwu.edu/briefing-book/russia-programs/2017-12-12/nato-expansion-what-gorbachev-heard-western-leaders-early), Dokument 4.

[63] – Treffen Gorbatschow-Baker, 9. Februar 1990 (US-Notizen), NSAEBB613 (https://nsarchive.gwu.edu/briefing-book/russia-programs/2017-12-12/nato-expansion-what-gorbachev-heard-western-leaders-early), Dokument 5, S. 6.

[64] – Gorbatschow-Baker-Treffen, 9. Februar 1990 (sowjetische Notizen), NSAEBB613 (https://nsarchive.gwu.edu/briefing-book/russia-programs/2017-12-12/nato-expansion-what-gorbachev-heard-western-leaders-early), Dok. 6, S. 8-9.

[65] – Baker-Pressekonferenz, 9. Februar 1990 (https://archive.ph/bTrzj).

[66] – Seitz an Walters, 3. Februar 1990 (www.sscnet.ucla.edu/polisci/faculty/trachtenberg/cv/19900203seitz.pdf).

[67] – „Für uns“, sagte Genscher, „stehe aber fest: Die NATO werde sich nicht nach Osten ausdehnen. Was im übrigen die Nichtausdehnung der NATO anbetreffe, so gelte dies ganz generell.“ Genscher-Schewardnadse Treffen, 10. Februar 1990, in Andreas Hilger, Hrsg., Diplomatie für die deutsche Einheit: Dokumente des Auswärtigen Amts zu den deutsch-sowjetischen Beziehungen 1989/90 (München, Oldenbourg, 2011), S. 102.

[68] – Klussman et al., „‚Absurde Vorstellung‘“ (https://www.spiegel.de/politik/absurde-vorstellung-a-a18a7cab-0002-0001-0000-000067871653?context=issue), S. 47; Spohr, „Precluded or Precedent-Setting?“ (https://muse.jhu.edu/article/500328), S. 30.

[69] – Spohr, „Precluded or Precedent-Setting?“, S. 30-31. Genschers Potsdamer Rede vom 9. 2. 1990 in Hans Dietrich Genscher, Unterwegs zur Einheit. Reden und Dokumente aus bewegter Zeit, (Berlin 1991) S. 242–256. Eine englische Übersetzung dieser Potsdamer Rede, „German Responsibility for a Peaceful Order in Europe“, wurde in Adam Rotfeld und Walther Stützle (Hrsg.), Germany and Europe in Transition (Oxford: Oxford University Press, 1991) veröffentlicht; die Schlüsselstelle findet sich auf S. 23.

[70] – „Zwei plus vier“ bezog sich auf die beiden deutschen Staaten plus die vier Mächte, die ihre Rechte aus der Niederlage Deutschlands 1945 behalten hatten: die Vereinigten Staaten, die UdSSR, Großbritannien und Frankreich.

[71] – Siehe Sarotte, „Perpetuating U.S. Preeminence“ (https://muse.jhu.edu/article/385347/), S. 126, und auch Mary Sarotte, „The Convincing Call from Central Europe: Let Us Into NATO: NATO Enlargement Turns 20“, Foreign Affairs blog, 12. März 2019 (https://www.foreignaffairs.com/united-states/convincing-call-central-europe-let-us-nato). Für eine weitere Diskussion siehe Anhang I.

[72] – Foreign and Commonwealth Office an die britische Botschaft in Washington, 7. März 1991, zum Vierertreffen der Politischen Direktoren, Bonn, 6. März, zur Sicherheit in Mittel- und Osteuropa (http://www.sscnet.ucla.edu/polisci/faculty/trachtenberg/cv/19910307.pdf), Prem 19/3326, British National Archives, Kew [Dokument zur Verfügung gestellt von Joshua Shifrinson].

[73] – Spohr, „Precluded or Precedent-Setting?“ (https://muse.jhu.edu/article/500328), S. 48, 51.

[74] – Sarotte, „Not One Inch Eastward? „ (https://academic.oup.com/dh/article-abstract/34/1/119/379802?redirectedFrom=fulltext), S. 140.

[75] – Die Frage, ob mündliche Zusagen völkerrechtlich verbindlich sein können, wird in Anhang II erörtert.

[76] – Shifrinson, „Deal or No Deal?“ (https://muse.jhu.edu/article/617460), S. 18.

[77] – Siehe David Newsom, The Soviet Brigade in Cuba: A Study in Political Diplomacy (Bloomington: Indiana University Press, 1987), S. 25-26. Newsom war zum Zeitpunkt der Affäre um die sowjetische „Kampfbrigade“ in Kuba 1979 Unterstaatssekretär für politische Angelegenheiten.

[78] – Zu Roosevelt und Berlin siehe Robert Murphy, Diplomat Among Warriors (Garden City, NY: Doubleday, 1964), S. 261-63.

[79] – Für diese ganze erstaunliche Geschichte siehe William Franklin, „Zonal Boundaries and Access to Berlin“, World Politics 16, Nr. 1 (Oktober 1963) (https://www.jstor.org/stable/2009249), insb. S. 30-31. Franklin war zu der Zeit, als dieser Artikel veröffentlicht wurde, Historiker im Außenministerium. Das Dokument über die Vereinbarung, ‚Murphy to Secretary of State ad interim, 30. Juni 1945‘, wurde veröffentlicht in U.S. Department of State, Foreign Relations of the United States: The Conference of Berlin (The Potsdam Conference), part 1 (Washington: GPO, 1960) (https://search.library.wisc.edu/digital/AFRUS), S. 135-37.

[80] – Genscher-Schewardnadse Treffen, 10. Februar 1990, in Hilger, Hrsg., Diplomatie für die deutsche Einheit, S. 102, siehe auch Anmerkung 67.

[81] – Laut dem ehemaligen Verteidigungsminister Robert McNamara beispielsweise „versprachen die Vereinigten Staaten, die NATO niemals nach Osten zu erweitern, wenn Moskau der Wiedervereinigung Deutschlands zustimmen würde“. Zitiert in Kramer, „Myth of a No-NATO-Enlargement Pledge“, S. 39.

[82] – Vgl. z.B. Memo von Norbert für Genscher, 31. Januar 1990, in Möller et al, Die Einheit, Dok. 44 (und insb. Anm. 1 auf S. 225), und auch Adomeit, Imperial Overstretch (https://www.jstor.org/stable/j.ctv941vkp.11#metadata_info_tab_contents), S. 583-86. Bush selbst verstand Ende Januar, dass „die sowjetischen Erklärungen [nun] anerkennen, dass die Vereinigung stattfinden wird, aber deutlich machen, dass die Bedingungen die Kernfrage sein werden“. Zitiert in Zelikow und Rice, Germany Unified, S. 172; Hervorhebung im Originaltext. Siehe auch ebd., S. 181, 189.

[83] – Baker-Pressekonferenz, 9. Februar 1990 (https://archive.ph/bTrzj), auszugsweise zitiert in Shifrinson, „Deal or No Deal?“ (https://muse.jhu.edu/article/617460), S. 23-24.

[84] – Die Passage wurde zitiert in Spohr, „Precluded or Precedent-Setting?“, S. 30-31, vgl. Anmerkung 2. Eine englische Übersetzung der gesamten Rede wurde in Adam Rotfeld und Walther Stützle, Hrsg., Germany and Europe in Transition (Oxford: Oxford University Press, 1991) veröffentlicht; die Schlüsselstelle befindet sich auf S. 23.

[85] – Kramer, „Collapse of East European Communism“, Teil 3 (https://muse.jhu.edu/article/179566), S. 11.

[86] – Gorbatschow-Interview mit der deutschen Boulevardzeitung Bild im April 2009, zitiert in Adomeit, „NATO’s Eastward Enlargement“ (https://www.baks.bund.de/sites/baks010/files/working_paper_2018_03.pdf), S. 1. Siehe auch „Gorbatschow: U.S. wants new cold war“, rt.com, 7. Mai 2008 (https://web.archive.org/web/20220303145144/https://www.rt.com/news/us-wants-new-cold-war-gorbachev/); und „Droht uns ein neuer kalter Krieg, Herr Gorbatschow?“ Gorbatschow-Interview mit Bild, 14. April 2017 (https://www.bild.de/politik/ausland/michail-gorbatschow/droht-uns-ein-neuer-kalter-krieg-51295780.bild.html) Einige Gorbatschow-Kommentare in diesem Sinne sind auch in Anmerkung 3 zitiert.

[87] – Siehe „Mikhail Gorbachev: I am against all walls“, Interview mit Maxim Korschunow, 16. Oktober 2014 (https://www.rbth.com/international/2014/10/16/mikhail_gorbachev_i_am_against_all_walls_40673.html). Man beachte auch den Auszug aus einem Ende 2018 (auf Russisch) veröffentlichten Buch Gorbatschows, zitiert in Palazhchenko, „Gorbachev and the NATO Enlargement Debate“, in Hamilton and Spohr, Exiting the Cold War, Entering a New World (https://transatlanticrelations.org/publications/exiting-the-cold-war-entering-a-new-world/), S. 455-57, vgl. Anmerkung 2.

[88] – Palazhchenko, „Mikhail Gorbachev and the NATO Enlargement Debate“ (transatlanticrelations.org/wp-content/uploads/2019/10/19-Palazhchenko.pdf), S. 443; siehe auch S. 452-58, vgl. Anmerkung 4.

[89] – Spohr, „Precluded or Precedent-Setting? (https://muse.jhu.edu/article/500328), S. 29, 48-49.

[90] – Joshua Shifrinson, „The Malta Summit and US-Soviet Relations: Testing the Waters Amidst Stormy Seas“, Cold War International History Project e-Dossier Nr. 40 (Juli 2013) (https://www.wilsoncenter.org/publication/the-malta-summit-and-us-soviet-relations-testing-the-waters-amidst-stormy-seas), Anm. 44 und 63; Gorbatschow-Bush-Treffen auf Malta, 2. und 3. Dezember 1989, in Svetlana Savranskaya and Thomas Blanton, Hrsg., „Bush and Gorbachev at Malta: Previously Secret Documents from Soviet and U.S. Files on the 1989 Meeting, 20 Years Later“, National Security Archive Electronic Briefing Book No. 298 (veröffentlicht am 3. Dezember 2009) (nsarchive2.gwu.edu/NSAEBB/NSAEBB298/index.htm), Dokument 10, S. 10. Zum Gipfeltreffen in Malta siehe auch Svetlana Savranskaya und Thomas Blanton, The Last Superpower Summits: Reagan, Gorbachev and Bush. Conversations that Ended the Cold War (Budapest: Central European University Press, 2016), Kapitel 6 (https://www.jstor.org/stable/10.7829/j.ctt1kk65kn?turn_away=true&refreqid=excelsior%3A5759dab19a958be89f4ebaa5cf6ca910).

[91] – Treffen zwischen Baker und Gorbatschow (US-Aufzeichnung), 9. Februar 1990, in NSAEBB613 (https://nsarchive.gwu.edu/briefing-book/russia-programs/2017-12-12/nato-expansion-what-gorbachev-heard-western-leaders-early), Dokument 4, S. 2-3.

[92] – Telefongespräch zwischen Bush und Gorbatschow, 28. Februar 1990, Website der Bush Library (bush41library.tamu.edu/files/memcons-telcons/1990-02-28–Gorbachev.pdf); und Shifrinson, „Deal or No Deal?“ (https://muse.jhu.edu/article/617460), S. 30.

[93] – Siehe NSAEBB613 (https://nsarchive.gwu.edu/briefing-book/russia-programs/2017-12-12/nato-expansion-what-gorbachev-heard-western-leaders-early), Dokumente 15, 19, und 22. Zusätzlich zu den allgemeinen Zusicherungen, wie die sowjetischen Interessen respektiert werden würden, sollte man auch beachten, dass die britischen, französischen und NATO-Behörden den Sowjets in der spezifischeren Frage der NATO-Erweiterung den klaren Eindruck vermittelten, dass die NATO nicht nach Osten expandieren würde – jedenfalls nicht ohne ihre Zustimmung. Siehe z.B. die Bemerkung des französischen Präsidenten François Mitterrand in einem Interview mit der regionalen Presse am 14. Februar 1990: „De toute façon, il serait sage du côté atlantique de marquer, dès maintenant, l’intention de ne pas avancer les défenses de l’OTAN au-delà des limites actuelles, en attendant l’accord général qui intégrera dans l’équilibre des forces les nouvelles données venues de l’ Europe de l’Est“ [„Auf jeden Fall, wäre es sinnvoll, wenn die atlantischen Mächte bereits jetzt ihre Absicht bekräftigen würden, den NATO-Verteidigungsraum nicht über seine derzeitigen Grenzen hinaus auszudehnen, solange es keine allgemeine Vereinbarung gibt, die die Auswirkungen der neuen Situation in Osteuropa auf das Kräftegleichgewicht berücksichtigt. „] (www.elysee.fr/front/pdf/elysee-module-7348-fr.pdf). 1991 wurden weitere Zusicherungen gegeben, dass die Erweiterung nicht stattfinden wird. Für einige Beispiele siehe Rodric Braithwaite, „NATO Enlargement: Assurances and Misunderstandings“ (Zusicherungen und Missverständnisse), European Council on Foreign Relations, Commentary, Juli 2016 (https://ecfr.eu/article/commentary_nato_enlargement_assurances_and_misunderstandings/). Zu einem dieser Beispiele siehe den Eintrag in Braithwaites Tagebuch vom 5. März 1991 „Ambassador Rodric Braithwaite diary, 05 March 1991“ in NSAEBB613, Dokument 28 (https://nsarchive.gwu.edu/document/16142-document-28-ambassador-rodric-braithwaite-diary): als der sowjetische Verteidigungsminister Jasow (Yazov) erklärte, „besorgt zu sein, dass die Tschechen, Polen und Ungarn der NATO beitreten werden“, versicherte der britische Premierminister Major „ihm, dass nichts dergleichen passieren wird.“ Dies ist mit einer Bemerkung zu vergleichen, die Douglas Hurd, der damalige Außenminister, später in einem mündlichen Interview abgab. Er erinnerte sich daran, dass seinem russischen Amtskollegen „von uns und vielleicht auch von Jim Baker gesagt worden war, dass wir keine Pläne zur Erweiterung der NATO hätten.“ Und das stimmte, sagte er, weil es damals wirklich keine Pläne für eine NATO-Erweiterung gegeben hatte – und das bedeutete, dass kein Versprechen gebrochen worden war. Lord Douglas Hurd Interview von Mary Sarotte, 17. März 2009 (https://findingaids.princeton.edu/catalog/MC212_c0061), S. 7, in James A. Baker III Oral History Collection, Seeley Mudd Library, Princeton University, Princeton NJ (https://findingaids.princeton.edu/catalog/MC212_c0001).

[94] – NATO-Generalsekretär Manfred Wörner, „A Common Europe – Partners in Stability“, Rede vor Mitgliedern des Obersten Sowjets der UdSSR, Moskau, 16. Juli 1990, (www.nato.int/docu/speech/1990/s900716a_e.htm).

[95] – Nordatlantikrat, Schlusskommuniqué, Turnberry, 7. und 8. Juni 1990 (www.nato.int/docu/comm/49-95/c900608a.htm).

[96] – Matlocks Rezension von Sarottes 1989, Cold War History 10, no. 4 (2010) (https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/14682745.2010.513512), S. 577.

[97] – Zitiert in Ray McGovern, „When the U.S. welched on Shevardnadze“, Baltimore Sun, 15. Juli 2014 (https://das-blaettchen.de/wordpress/wp-content/uploads/2023/02/Baltimore-Sun.pdf).

[98] – Maxim Korschunow-Interview mit Gorbatschow „Mikhail Gorbachev: I am against all walls“, 16. Oktober 2014 (https://www.rbth.com/international/2014/10/16/mikhail_gorbachev_i_am_against_all_walls_40673.html).

[99] – Rede von Wladimir Putin, Präsident der Russischen Föderation, vor der Duma am 18. März 2014 (http://en.kremlin.ru/events/president/news/20603).

[100] – Shifrinson, „Deal or No Deal?“ (https://muse.jhu.edu/article/617460), S. 11 (drittes Zitat), S. 12, 19 (erstes und zweites Zitat), S. 34 (sechstes Zitat), S. 35 (viertes und fünftes Zitat), S: 39, 43 (siebtes Zitat).

[101] – Siehe Shifrinson, „Deal or No Deal?“ (https://muse.jhu.edu/article/617460), S. 30, und Dokument 17 James A. Baker III, Memorandum for the President, „My meeting with Shevardnadze.“

May 4, 1990, NSAEBB613 (https://nsarchive.gwu.edu/briefing-book/russia-programs/2017-12-12/nato-expansion-what-gorbachev-heard-western-leaders-early), Dokument 17 (https://nsarchive.gwu.edu/document/16131-document-17-james-baker-iii-memorandum).

[102] – Diese Bemerkung wird in den meisten Büchern und Artikeln, die sich mit dieser Frage befassen, zitiert. Die Originalquelle, das erste Treffen zwischen Bush und Kohl am 24. Februar 1990, ist online auf der Website der Bush-Bibliothek verfügbar (https://bush41library.tamu.edu/files/memcons-telcons/1990-02-24–Kohl.pdf); das Zitat befindet sich auf S. 9.

[103] – Siehe Sarotte, „Perpetuating U.S. Preeminence“ (https://muse.jhu.edu/article/385347/), S. 135-36, vgl. auch  Anmerkung 46. Dieser Punkt ist wichtig, weil er, wie Sarotte hervorhebt, im Widerspruch zu dem steht, was man als offizielle Sichtweise bezeichnen könnte – oder zumindest zu der Sichtweise, die von den meisten ehemaligen Beamten sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Deutschland immer noch vertreten wird. Siehe Sarotte, „‚His East European Allies Say They Want to Be in NATO‘“, S. 69-71; siehe auch die Einleitung der Herausgeber zu Bozo et al., German Reunification: A Multinational History, S. 7 (Sarotte war einer der Herausgeber). Die offizielle Sichtweise wird vielleicht am besten durch die verschiedenen Schriften von Zelikow und Rice dargestellt, die sich mit dieser Frage befassen. „Bush, Baker, Kohl und Genscher“, schrieben sie zum Beispiel vor einiger Zeit, „arbeiteten tatsächlich gewissenhaft und in gutem Glauben, um den sowjetischen und russischen Sicherheitsbedenken entgegenzukommen.“ Philip Zelikow und Condoleezza Rice, „Superpowers Walking a Tightrope: The Choices of April and May 1990“, in Hamilton und Spohr, Exiting the Cold War, Entering a New World (transatlanticrelations.org/publications/exiting-the-cold-war-entering-a-new-world/), S. 72. Oder wie sie es in ihrem neueren Buch „To Build a Better World“ (S. 178) ausdrücken: Das Ziel war es, eine „andere Art von globalem System“ („different kind of global system“) zu schaffen, „eines, in dem die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion eine grundlegend kooperativere Beziehung haben würden“ („one in which the United States and the Soviet Union would have a fundamentally more cooperative relationship“). An beiden Stellen äußern sie sich sehr kritisch zu Shifrinsons Argumentation. Aber sie selbst hatten in einer Passage des Buches, die der eben zitierten unmittelbar vorausging, gezeigt, wie Scowcroft zu Bush sagte, dies sei „eine seltene Periode, in der wir versuchen können, eine grundlegende Verschiebung des strategischen Gleichgewichts zu erreichen, insbesondere in Europa“ („a rare period in which we can seek to achieve a fundamental shift in the strategic balance, especially in Europe“) (S. 177) – ein Beweisstück, das sehr mit der Ansicht Shifrinsons übereinstimmt. Und die „offizielle Sicht“ in Deutschland ist sehr ähnlich. Horst Teltschik z.B. vertritt immer noch die gleiche Linie. Bush, schreibt er, habe Kohl bei der Wiedervereinigung voll unterstützt. „Gleichzeitig“, so Teltschik, „gab er der sowjetischen Führung das Versprechen: ‚Lassen Sie die Sowjets wissen, dass es nicht unser Ziel ist, ihre legitimen Sicherheitsinteressen zu untergraben.‘ Präsident Bush verstand, dass Sicherheit ein zentrales russisches Interesse war und reagierte entsprechend. Er behandelte Gorbatschow als Partner und Gleichberechtigten und brüstete sich nie mit dem Sieg im Kalten Krieg.“ Horst Teltschik, „The International Community’s Role in the Process of German Unification“, in Hamilton und Spohr, Exiting the Cold War (transatlanticrelations.org/publications/exiting-the-cold-war-entering-a-new-world/), S. 275. „Niemals schadenfroh“? In seinem Artikel im selben Band zitiert Adamishin Bush, der im Januar 1992 vor dem Kongress sagte, dass „Amerika durch die Gnade Gottes den Kalten Krieg gewonnen hat“ – dass „der Kalte Krieg nicht ‚endete‘ – er wurde gewonnen.“ („It was not until January 1992 that George Bush, in what can be viewed as a summary of his achievements, solemnly told both houses of the U.S. Congress that ‚By the grace of God, America won the Cold War.‘ He reiterated that ‚the Cold War didn’t ‚end, it was won‘.“) All dies hatte, wie er betont, erhebliche Auswirkungen auf die amerikanisch-russischen Beziehungen in den folgenden Jahren. Siehe Adamishin, „The End of the Cold War: 30 Years On“ (transatlanticrelations.org/wp-content/uploads/2019/10/18-Adamishin.pdf) S. 434.

[104] – Bemerkung Genschers in einem Interview mit dem Spiegel 2009, zitiert in Marie Katharina Wagner, „Das große Rätsel um Genschers angebliches Versprechen“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. April 2014 (https://www.faz.net/aktuell/politik/ost-erweiterung-der-nato-was-versprach-genscher-12902411.html?service=printPreview).

[105] – Siehe z.B. Seitz an Walters, 3. Februar 1990 (http://www.sscnet.ucla.edu/polisci/faculty/trachtenberg/cv/19900203seitz.pdf), und Hurd-Genscher-Treffen, 6. Februar 1990, in Möller u.a., Die Einheit, Dok. 45, S. 232 (vergl. Anmerkung 55 und siehe auch hier im Dokument 45 auf S. 3 unter Punkt 5: https://www.ifz-muenchen.de/fileadmin/user_upload/Forschung/AA/AA_Dokumente/045-ZD%20A_1990-02-06_Gespr%C3%A4ch%20BM-AM%20Hurd.pdf). Eine Kopie des britischen Originalprotokolls des Hurd-Genscher-Treffens in PREM19/2998 in den British National Archives in Kew ist auf der Website der Margaret Thatcher Foundation verfügbar (www.margaretthatcher.org/source/prem19/prem19-2998). Um das fragliche Dokument, das aus dieser Datei extrahiert wurde, zu sehen, können Sie auch folgenden Link aufrufen: (http://www.sscnet.ucla.edu/polisci/faculty/trachtenberg/cv/19900206.pdf). Eine Kopie der Version dieses Dokuments, die in dem Band Documents on British Policy Overseas zu diesem Thema veröffentlicht wurde, wurde vom National Security Archive in NSAEBB613, Dok. 2 (https://nsarchive.gwu.edu/document/16113-document-02-mr-hurd-sir-c-mallaby-bonn) veröffentlicht. Unter Punkt 4 findet man das Zitat zur Rolle der KSZE und „to help save the face of the Soviet Union“.

[106] – Shifrinson, „Deal or No Deal?“ (https://muse.jhu.edu/article/617460), S. 40. Die Aufzeichnung des Treffens, bei dem diese Bemerkung gemacht wurde, das zweite Bush-Kohl-Treffen vom 25. Februar 1990, ist auf der Website der Bush Library (https://bush41library.tamu.edu/files/memcons-telcons/1990-02-25–Kohl.pdf) verfügbar. (Originalzitat: „We are going to win the game, but we must be clever while we are doing it.“) Das Zitat ist auf S. 5 des Dokuments zu finden.

[107] – Robert M. Gates, From the Shadows: The Ultimate Insider’s Story of Five Presidents and How They Won the Cold War (New York: Simon & Schuster, 1996) (archive.org/details/fromshadows00robe_0/page/n1/mode/2up), S. 484, 506-507.

[108] – Braithwaite, „The Soviet Collapse and the Charm of Hindsight“, in Hamilton und Spohr, Exiting the Cold War (transatlanticrelations.org/publications/exiting-the-cold-war-entering-a-new-world/), S. 91.

[109] – Michail Gorbatschow, „Russia Never Wanted a War“, New York Times, 20. August 2008, S. A23 (https://www.nytimes.com/2008/08/20/opinion/20gorbachev.html), und auszugs-weise zitiert in Sarotte, „Not One Inch Eastward?“ (https://academic.oup.com/dh/article-abstract/34/1/119/379802?redirectedFrom=fulltext) S. 140.

[110] – Shifrinson, „Deal or No Deal?“ (https://muse.jhu.edu/article/617460), S. 36-37. Siehe auch Sarotte, „Perpetuating U.S. Preeminence“ (https://muse.jhu.edu/article/385347/), S. 118.

[111] – Shifrinson, „Deal or No Deal?“ (https://muse.jhu.edu/article/617460), S. 37. „EG“ bezog sich auf die Europäische Gemeinschaft, die Vorgängerin der heutigen Europäischen Union.

[112] – Zelikow und Rice, Germany Unified, S. 307, 460 Anm. 36 und 466 Anm. 78, und Zoellick, „Two Plus Four: The Lessons of German Unification“ (https://www.jstor.org/stable/42897239), S. 22. Jahre später machten Zelikow und Rice bei dem Versuch, Shifrinsons Argument zu widerlegen, einen kleinen Rückzieher und spielten die Bedeutung dieses Schrittes herunter. Sie interpretierten den Vorschlag für die Verbindungsmission nun als Ausdruck einer „reservierten Haltung“. Man wolle „undurchschaubar“ wirken und die Frage der NATO-Erweiterung „als verfrüht und nicht auf dem Tisch liegend behandeln, während wir uns natürlich unsere Optionen vorbehalten, wenn sich die politische Lage in Europa weiterentwickelt.“ Zelikow und Rice, „Superpowers Walking a Tightrope“ (transatlanticrelations.org/publications/exiting-the-cold-war-entering-a-new-world/), S. 71-72.

[113] – Shifrinson, „Deal or No Deal?“ (https://muse.jhu.edu/article/617460), S. 38-39.

[114] – Baker-Genscher-Treffen, 21. März 1990, in Hilger, Diplomatie für die deutsche Einheit, S. 113.

[115] – All dies ist auch deshalb wichtig, weil viele Menschen immer noch der Meinung sind, dass die NATO-Erweiterung erst in der Clinton-Ära zu einem Thema wurde. Es ist jedoch seit Jahren klar, dass dies nicht der Fall war. Siehe z.B. den in Anmerkung 49 zitierten Zoellick-Artikel und die Passagen über die „Verbindungsmissionen“ in dem in Anmerkung 112 erwähnten Buch von Zelikow und Rice; für einige Informationen darüber, wie diese Frage 1991 behandelt wurde, siehe Robert L. Hutchings, American Diplomacy and the End of the Cold War: An Insider’s Account of U.S. Policy in Europe, 1989-1992 (Washington: Wilson Center Press, 1997) (https://books.google.de/books?id=Fag-3XJEv-cC&printsec=frontcover&dq=intitle:american+intitle:diplomacy+intitle:and+intitle:the+intitle:end+intitle:of+intitle:the+intitle:cold+intitle:war&hl=en&newbks=1&newbks_redir=0&sa=X&redir_esc=y#v=onepage&q&f=false), S. 279, 290. Zur Frage der NATO-Erweiterung in der späten Bush-Periode siehe Liviu Horovitz, „The George H.W. Bush Administration’s Policies vis-à-vis Central Europe: From Cautious Encouragement to Cracking Open NATO’s Door“. Zu finden in: Daniel Hamilton und Kristina Spohr, Hrsg., Open Door: NATO and Euro-Atlantic Security after the Cold War (Washington: Brookings Institution Press, 2019) (Link zum Buch: transatlanticrelations.org/wp-content/uploads/2019/04/Open-Door_full.pdf) (Link zum Kapitel Horovitz: http://transatlanticrelations.org/wp-content/uploads/2019/04/03-Horovitz.pdf), S. 81-82.

[116] – Shifrinson, „Deal or No Deal?“ (https://muse.jhu.edu/article/617460), S. 36. Interessantes neues Material zu diesem Thema findet sich auch in Liviu Horovitz, „The George H.W. Bush Administration’s Policies vis-à-vis Central Europe“ (transatlanticrelations.org/wp-content/uploads/2019/04/03-Horovitz.pdf), S. 75-76.

[117] – Zitiert in Sarotte, „Not One Inch Eastward?“ (https://academic.oup.com/dh/article-abstract/34/1/119/379802?redirectedFrom=fulltext) S. 137.

[118] – Es ist wichtig zu verstehen, dass die Grundphilosophie, die der Bush-Politik zugrunde lag, in den politischen Kreisen der USA schon viel früher Fuß gefasst hatte – dass diese Ideen nicht plötzlich 1989 oder 1990 aufgetaucht waren, sondern während der langen Zeit des Kalten Krieges im amerikanischen Denken verwurzelt worden waren. Diese Tatsache erklärt nicht nur, warum die Bush-Regierung die von ihr verfolgte Politik verfolgte, sondern auch, warum diese Politik auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt weitgehend intakt blieb. Für weitere Informationen hierzu siehe Anhang III.

[119] – Baker-Treffen mit Schewardnadse und Gorbatschow, 9. Februar 1990, NSAEBB613 „NATO Expansion: What Gorbachev Heard“ (https://nsarchive.gwu.edu/briefing-book/russia-programs/2017-12-12/nato-expansion-what-gorbachev-heard-western-leaders-early), Dokumente 4, 5 und 6.

[120] – Scowcroft-Interview von Philip Zelikow und anderen, 12./13. November 1999, George H.W. Bush Oral History Project, Miller Center, University of Virginia (millercenter.org/the-presidency/presidential-oral-histories/brent-scowcroft-oral-history-part-i), S. 76.

[121] – James Forrestal diary (Tagebuch), Eintrag für den 28. Juli 1945, James V. Forrestal Papers (Unterlagen), zu finden in: Subseries 5A: Diaries, Vol. 2, Public Policy Papers, Department of Special Collections, Princeton University Library, Princeton, N.J. (findingaids.princeton.edu/catalog/MC051_c05439), frame 83; (Link zum Eintrag für dieses Datum: www.sscnet.ucla.edu/polisci/faculty/trachtenberg/documents/forrestal.html).

[122] – Siehe Marc Trachtenberg, A Constructed Peace: The Making of the European Settlement, 1945-1963 (Princeton: Princeton University Press, 1999), Kapitel 1, und Marc Trachtenberg, „The United States and Eastern Europe in 1945: A Reassessment“, Journal of Cold War Studies, 10:4 (Herbst 2008) (www.sscnet.ucla.edu/polisci/faculty/trachtenberg/usee/usee%28final%29.pdf). Beachten Sie auch den sogenannten H-Diplo-Rundtisch zu diesem Artikel (https://lists.h-net.org/cgi-bin/logbrowse.pl?trx=vx&list=h-diplo&month=0905&week=a&msg=WNuszcNDV5zOlZJs/af9RA; Link zur PDF-Version: https://www.sscnet.ucla.edu/polisci/faculty/trachtenberg/cv/USEERT.pdf).
Anmerkung des Übersetzers: In den USA sind H-Diplo-Rundtischgespräche wissenschaftliche Besprechungen neuer und bemerkenswerter Werke auf dem Gebiet der Außenbeziehungen und der internationalen Geschichte im weiteren Sinne.

[123] – Treffen Kennedy-Chruschtschow, 4. Juni 1961, U.S. Department of State, Foreign Relations of the United States, 1961-63, Bd. 14, S. 95 (history.state.gov/historicaldocuments/frus1961-63v14/d32). Das Originalzitat lautet: „We do not wish to act in a way that would deprive the Soviet Union of its ties in Eastern Europe.“ Dass diese Aussage im Sinne Kennedys war, wird durch die Tatsache unterstrichen, dass diese Bemerkung aus der 1990 freigegebenen Fassung des Dokuments gestrichen wurde; siehe: www.sscnet.ucla.edu/polisci/faculty/trachtenberg/documents/vienna.html.

[124] – Eduard Mark, „American Policy Toward Eastern Europe and the Origins of the Cold War, 1941-1946: An Alternative Interpretation“, Journal of American History 68, Nr. 2 (September 1981) (https://www.jstor.org/stable/1889975); das Zitat befindet sich auf S. 320.

[125] – Zitiert in Trachtenberg, Constructed Peace, S. 10 Anm. 13 (https://books.google.de/books?id=2pEQpx8CB7oC&printsec=frontcover&dq=intitle:constructed+intitle:peace&hl=en&newbks=1&newbks_redir=0&sa=X&redir_esc=y#v=onepage&q&f=false). Weitere Belege zu diesem Thema sind in dieser Anmerkung 13 aufgeführt.

[126] – Leo Ribuffo, „Is Poland a Soviet Satellite? Gerald Ford, the Sonnenfeldt Doctrine, and the Election of 1976“, Diplomatic History 14, Nr. 3 (1990) (https://www.jstor.org/stable/24911850). Das Zitat befindet sich auf S. 392. Ribuffo umschrieb (paraphrasierte) dort eine Bemerkung, die Sonnenfeldt 1988 in einem Interview machte.

[127] – Siehe Douglas Selvage, „Transforming the Soviet Sphere of Influence? U.S.-Soviet Détente and Eastern Europe, 1969-1976“, Diplomatic History 33, Nr. 4 (September 2009) (https://www.jstor.org/stable/44214075). Zu Amerikas Akzeptanz der „besonderen Interessen der UdSSR in Osteuropa“ während dieser Zeit siehe auch Dobrynin, In Confidence, S. 228, 243. vgl. Anmerkung 31. Die Linie, die Kissinger während seines Besuchs in Moskau im Januar 1989 vertrat, war aus demselben Holz geschnitzt. Für einen frühen Bericht siehe Michael Beschloss und Strobe Talbott, At the Highest Levels: The Inside Story of the End of the Cold War (Boston: Little, Brown, 1993) (archive.org/details/athighestlevelsi00besc), S. 13-17. Für zwei neuere Berichte siehe Thomas Blanton, „U.S. Policy and the Revolutions of 1989“, in Svetlana Savranskaya, Thomas Blanton und Vladislav Zubok, Hrsg., Masterpieces of History: The Peaceful End of the Cold War in Europe, 1989 (Budapest: Central University Press, 2010), Absätze 30-33 (https://books.openedition.org/ceup/2760#tocto1n4), und Jeffrey Engel, When the World Seemed New: George H. W. Bush and the End of the Cold War (New York: Houghton Mifflin Harcourt, 2018), S. 69-70. Die Aufzeichnungen von Kissingers Treffen mit Jakowlew am 16. Januar (https://books.openedition.org/ceup/2805) und mit Gorbatschow am 17. Januar (https://books.openedition.org/ceup/2807) sind ebenfalls online verfügbar.

[128] – Adamishin, „The End of the Cold War: Thirty Years On“ (transatlanticrelations.org/wp-content/uploads/2019/10/18-Adamishin.pdf), S. 435, vgl. auch Anmerkung 2.

[129] – Siehe zum Beispiel das Nachwort zur überarbeiteten Ausgabe von Sarottes 1989: The Struggle to Create Post-Cold War Europe – New and Revised Edition, S. 229; William Taubman, Gorbachev: His Life and Times (New York: Norton, 2017), S. 691-92; und Jack F. Matlock, Autopsy on an Empire: The American Ambassador’s Account of the Collapse of the Soviet Union (New York: Random House, 1995), S. 551, 558-59, 658. Diese Ansicht ist durchaus verbreitet. Brian Till, der Autor eines Buches mit Interviews mit ehemaligen Staats- und Regierungschefs aus aller Welt, drückte es in einem Gespräch mit Gorbatschow so aus: „Fast alle, die ich interviewt habe, stimmen darin überein, dass die ersten Staats- und Regierungschefs nach dem Ende des Kalten Krieges in der langen Linse der Geschichte hart dafür verurteilt werden, dass sie den Moment von 1989 bis 1991 nicht genutzt haben, um die Welt neu zu gestalten, dass sie den Untergang der UdSSR nicht besser bewältigt haben.“ Brian Till, „Michail Gorbatschow: The West Could Have Saved the Russian Economy“ (https://www.theatlantic.com/international/archive/2011/06/mikhail-gorbachev-the-west-could-have-saved-the-russian-economy/240466/), Atlantic, 16. Juni 2011. Das betreffende Buch war Brian Till, Conversations with Power (New York: St. Martin’s, 2011).

[130] – Siehe E.H. Carr, The Twenty Years’ Crisis, 1919-1939: An Introduction to the Study of International Relations (New York: Harper & Row, 1964; ursprünglich veröffentlicht 1939), insbesondere S. 105-106.

[131] – Siehe Anhang IV für eine Erörterung des Abkommens vor dem Waffenstillstand und damit zusammenhängender Fragen.

[132] – Mary E. Sarotte, „Perpetuating U.S. Preeminence: The 1990 Deals to ‚Bribe the Soviets Out‘ and Move NATO In“ (https://muse.jhu.edu/article/385347/), S. 126, und auch Mary E. Sarotte, „The Convincing Call from Central Europe: Let Us Into NATO: NATO Enlargement Turns 20“, Foreign Affairs blog, 12. März 2019 (https://www.foreignaffairs.com/united-states/convincing-call-central-europe-let-us-nato).

[133] – Baker-Notizen zu Gipfeltreffen (handschriftlich), 31. Mai 1990, James A. Baker Papers, Serie 8, Box 109, Ordner 1 (file:///C:/Users/52wwaschw19/Downloads/Mudd_Manuscript_Library__Baker_papers__Box_109__folder_1.pdf), zitiert in Sarotte, „Perpetuating U.S. Preeminence“ (https://muse.jhu.edu/article/385347/), S. 126.

[134] – Für die frühen Berichte siehe insbesondere Beschloss und Talbott, At the Highest Levels (archive.org/details/athighestlevelsi00besc), S. 219-20, 227; Zelikow und Rice, Germany Unified (archive.org/details/germanyunifiedeu00zeli), S. 277-78, 281-83; James A. Baker, III, mit Thomas M. DeFrank, The Politics of Diplomacy: Revolution, War, and Peace, 1989-1992 (New York: Putnam’s, 1995) (archive.org/details/politicsofdiplom00bake), S. 248-49, 253-54; und George Bush und Brent Scowcroft, A World Transformed (New York: Knopf, 1998) (en.wikipedia.org/wiki/A_World_Transformed), S. 282-83, 288-89. Siehe auch Don Oberdorfers Interview mit Bob Zoellick, 4. Dezember 1990, S. 5-7, Don Oberdorfer Papers, Box 3, Ordner 10, Mudd Library, Princeton (findingaids.princeton.edu/catalog/MC162_c0070) und Scowcrofts spätere Schilderung in einem mündlichen Interview des Miller Centers, 12./13. November 1999, S. 82-82 (s3.amazonaws.com/web.poh.transcripts/ohp_1999_1112_scowcroft.pdf).

[135] – Siehe den Auszug aus dem sowjetischen Protokoll des Treffens zwischen Bush und Gorbatschow am 31. Mai 1990, in Svetlana Savranskaya und Thomas Blanton, Hrsg., „The Washington/Camp David Summit 1990: From the Secret Soviet, American and German Files“ (aus den geheimen sowjetischen, amerikanischen und deutschen Akten), National Security Archive Electronic Briefing Book Nr. 320 [im Folgenden als NSAEBB320 zitiert] (veröffentlicht am 13. Juni 2010) (nsarchive2.gwu.edu/NSAEBB/NSAEBB320/index.htm), Dok. 11 (nsarchive2.gwu.edu/NSAEBB/NSAEBB320/11.pdf); siehe vor allem S. 9. Es wurde auch in eine neuere Sammlung des National Security Archive zu diesem Thema aufgenommen: Thomas Blanton und Svetlana Savranskaya, Hrsg., „The Washington/Camp David Summit 30 Years Ago“, National Security Archive Electronic Briefing Book Nr. 707 [im Folgenden als NSAEBB707 zitiert] (veröffentlicht am 2. Juni 2020) (nsarchive.gwu.edu/briefing-book/russia-programs/2020-06-02/washington-camp-david-summit-30-years-ago).

[136] – Telefongespräch Bush-Kohl, 1. Juni 1990, NSAEBB707, Dok. 18 (nsarchive.gwu.edu/sites/default/files/documents/6935350/National-Security-Archive-Doc-18-Memorandum-of.pdf).

[137] – Außenministerium an US-Botschaften in verbündeten Ländern, „Briefing Allies on Washington Summit“, 15. Juni 1990, in NSAEBB320, Dok. 16 (nsarchive2.gwu.edu/NSAEBB/NSAEBB320/16.pdf).

[138] – Fred McClure an Brent Scowcroft, „The President’s Meeting with Congressional Leaders on June 5, at 9:00 a.m.“, June 5, 1990, Scowcroft Files, box 91118, Bush Presidential Library. Talking points for the President’s Meeting with Congressional Leaders, June 5, 1990, CF 91118, USSR Collapse Files, US-Soviet Relations Chronological File, Brent Scowcroft Collection, GHWB Presidential Record (Ich bin einem der Rezensenten einer früheren Version dieses Artikels dankbar, dass er mich auf dieses Dokument aufmerksam gemacht hat). Siehe auch Brent Scowcroft Oral History Part I und II. Beide sind unter folgendem Link zu finden: (millercenter.org/the-presidency/presidential-oral-histories/brent-scowcroft-oral-history-part-i) Dort findet sich das Zitat von Scowcroft zum Ende des Kalten Kriegs: „[…} nothing could be more symbolic of the end of that period of history than the unification of Germany inside NATO [Hervorhebung – M.T.].“ („[…] nichts könnte symbolischer für das Ende dieses Zeitabschnitts der Geschichte sein als die Vereinigung Deutschlands innerhalb der NATO.“)

[139] – Don Oberdorfer, The Turn: From the Cold War to a New Era: The United States and the Soviet Union, 1983-1990 (New York: Poseidon Press, c1991) (archive.org/details/turnfromcoldwart00ober), S. 429.

[140] – Siehe Baker an Bush, 18. und 19. Mai 1990, NSAEBB707 (nsarchive.gwu.edu/briefing-book/russia-programs/2020-06-02/washington-camp-david-summit-30-years-ago), Dok. 7 (S. 2, mit Bush-Markierungen) (Link zum Dokument: nsarchive.gwu.edu/sites/default/files/documents/6935339/National-Security-Archive-Doc-07-U-S-Department.pdf) und Dok. 8 (Link zum Dokument: nsarchive.gwu.edu/sites/default/files/documents/6935340/National-Security-Archive-Doc-08-Secretary-of.pdf).

[141] – Andrei Grachev, Gorbachev’s Gamble: Soviet Foreign Policy and the End of the Cold War (Medford MA: Polity, 2008), S. 158-59; Frédéric Bozo „‚I Feel More Comfortable with You‘: France, the Soviet Union, and German Reunification“, Journal of Cold War Studies 17, Nr. 3 (Sommer 2015) (https://muse.jhu.edu/article/595073), S. 149-50; und Mitterrand-Gorbatschow-Treffen, 25. Mai 1990, in Chernyaev und Galkin, Michail Gorbatschow und die deutsche Frage (Link zum Download: https://www.degruyter.com/document/doi/10.1524/9783486713930/html?lang=de), S. 421.

[142] – Charles Lipson, „Why are Some International Agreements Informal?“ International Organization 45, Nr. 4 (Herbst, 1991) (https://www.jstor.org/stable/2706946), Anm. 7; siehe auch S. 502, 533-34.

[143] – James W. Garner, „The International Binding Force of Unilateral Oral Declarations“, American Journal of International Law 27, Nr. 3 (Juli 1933) (https://www.jstor.org/stable/2189977).

[144] – Thomas M. Franck, „Word Made Law: The Decision of the ICJ in the Nuclear Test Cases“, American Journal of International Law 69, Nr. 3 (Juli 1975) (https://www.jstor.org/stable/2199901).

[145] – „Legal Effects of Unilateral Declarations“ (iilj.org/wp-content/uploads/2016/08/Excerpts-from-Eastern-Greenland-Case-PCIJ-1933.pdf).

[146] – „International Law Course“ (https://www.iilj.org/courses/international-law-course/).

[147] – „Guiding Principles applicable to unilateral declarations of States capable of creating legal obligations“ (iilj.org/wp-content/uploads/2016/08/Guiding-Principles-Applicable-to-Unilateral-Declarations-of-States-Capable-of-Creating-Legal-Obligations-2006.pdf).

[148] – William T. Worster, „Between a Treaty and Not: A Case Study of the Legal Value of Diplomatic Assurances in Expulsion Cases“, Minnesota Journal of International Law (2012) (scholarship.law.umn.edu/mjil/308/), S. 339-44.

[149] – Franck, „Word Made Law“, S. 614, vgl. Anmerkung 3.

[150] – Bushs Bemerkungen bei der Begrüßungszeremonie für den italienischen Premierminister Giulio Andreotti am 6. März 1990 (bush41library.tamu.edu/archives/public-papers/1619).

[151] – Für eine Analyse der Art und Weise, wie diese Fragen in der Zeit des Kalten Krieges behandelt wurden, siehe Marc Trachtenberg, A Constructed Peace: The Making of the European Settlement, 1945-1963 (Princeton: Princeton University Press, 1999). Für neuere Arbeiten, die zeigen, wie die Bush-Politik in der Art von Denken verwurzelt war, das Jahre zuvor Gestalt angenommen hatte, siehe Jeffrey Engel, „Bush, Germany, and the Power of Time: How History Makes History“, Diplomatic History 37, Nr. 4 (September 2013) (https://www.jstor.org/stable/26376484), insb. S. 652-63; Hal Brands, „Choosing Primacy: U.S. Strategy and Global Order at the Dawn of the Post-Cold War Era“, Texas National Security Review 1, Nr. 2 (März 2018) (tnsr.org/2018/02/choosing-primacy-u-s-strategy-global-order-dawn-post-cold-war-era-2/); und Timothy Sayle, Enduring Alliance: A History of NATO and the Postwar Global Order (Ithaca NY: Cornell University Press, 2019), S. 223-24. Ein Beleg dafür, dass diese Art des Denkens Ende 1989 noch sehr lebendig war, ist das in Philip Zelikow and Condoleezza Rice, To Build a Better World: Choices to End the Cold War and Create a Global Commonwealth (New York: Twelve, 2019) auf S. 209-210 zitierte Dokument.

[152] – Scowcroft-Interview mit Philip Zelikow und anderen, 12./13. November 1999, George H.W. Bush Oral History Project, Miller Center, University of Virginia (millercenter.org/the-presidency/presidential-oral-histories/brent-scowcroft-oral-history-part-i), S. 76.

[153] – Senatsausschuss für auswärtige Beziehungen – Senate Committee on Foreign Relations, „The Debate on NATO Enlargement“, Oktober-November 1997 (www.govinfo.gov/content/pkg/CHRG-105shrg46832/html/CHRG-105shrg46832.htm).

[154] – Charles Maynes, „For NATO, Expansion Could Prove Fatal“, New York Times, 2. Januar 1995 (https://www.nytimes.com/1995/01/02/opinion/l-for-nato-expansion-could-prove-fatal-830095.html?searchResultPosition=1).

[155] – Jack Matlock: The US is not the Victor of the Cold War, 19. Januar 2017 (web.archive.org/web/20220312132923/https://www.youtube.com/watch?v=5Z404fE8slY), ab Minute 20:40.

[156] – Pierre Hassner, „The American World Power and the Western European Powers“ in Karl Kaiser und Hans-Peter Schwarz, Hrsg., America and Western Europe. Problems and prospects. (Lexington, Massachusetts 1977), S. 335-36.

[157] – Ismay soll gesagt haben, der Zweck der NATO sei es, „die Sowjets draußen, die Amerikaner drinnen und die Deutschen nieder zu halten“ (www.nato.int/cps/en/natohq/declassified_137930.htm).

[158] – Bundy-Entwurf für Kennedys Rede vor dem NSC, 17. Januar 1962, Declassified Documents Reference System, Sammlung 1991, Dok. 3578. Christian Nünlist, Kennedys rechte Hand – McGeorge Bundys Einfluss als Nationaler Sicherheitsberater auf die amerikanische Aussenpolitik 1961-63, Zürich 1999, S. 112 (www.research-collection.ethz.ch/bitstream/handle/20.500.11850/144123/eth-22987-01.pdf?sequence=1) und (history.state.gov/historicaldocuments/frus1961-63v14/d271). Für eine weitere Diskussion siehe Trachtenberg, Constructed Peace, S. 303; vgl. Anmerkung 2.

[159] – Lansing an den Schweizer Minister Sulzer, 5. November 1918, U.S. Department of State, Foreign Relations of the United States 1918, Supplement I, Bd. 1 (history.state.gov/historicaldocuments/frus1918Supp01v01/d385), S. 468-469.

[160] – Siehe Harry Rudin, Armistice 1918 (New Haven CT: Yale University Press, 1944) S. 318-19, 396 (archive.org/details/armistice19180000rudi/page/396/mode/2up?q=pre-armistice+agreement); und (für das Zitat) H.W.V. Temperley, Hrsg., A History of the Peace Conference of Paris, Vol. 1 (London: Oxford University Press, 1920), S. 382 (archive.org/details/in.ernet.dli.2015.173105/page/n413/mode/2up).

[161] – Zitiert in Thomas Lamont, „Reparations“, in Edward House und Charles Seymour, Hrsg., What Really Happened at Paris (New York: Scribner, 1921), S. 272.

[162] – Siehe Antony Lentin, Lloyd George, Woodrow Wilson and the Guilt of Germany: An Essay in the Pre-History of Appeasement (Baton Rouge: Louisiana State University Press, 1985), S. 12, 14, 28.