Marie-Agnes Strack-Zimmermann, voreilige „Verteidigungsexpertin“ – An jenem Tag, als Polens Regierung ankündigte, 28 MiG-29-Jets auf der US-amerikanischen Luftwaffenbasis Ramstein in Rheinland-Pfalz abstellen zu wollen, um sie hernach auf irgendeinem Weg der ukrainischen Armee übergeben zu lassen, waren Sie bei Markus Lanz zu Gast. Wortreich wussten Sie die Gründe solchen Vorgehens zu erklären, von dem Sie gerade erst erfahren hatten, und vermuteten, US-amerikanische Piloten würden die umlackierten Jagdflugzeuge an „die Grenze“ fliegen, wo sie von den Ukrainern übernommen werden könnten. An einer Stelle Ihres Auftritts entfiel Ihnen auch der Satz: „Bevor ich hier Quatsch rede, lass ich’s.“ Hätten sie sich nur daran gehalten! Auf die von Ihnen beschriebene Weise wären drei NATO-Staaten mehr oder weniger direkt in den russisch-ukrainischen Krieg gezogen worden – mit unabsehbaren Folgen. Anderntags lehnten die USA das Verfahren tatsächlich (vorerst?) ab, und auch der Bundeskanzler hielt die polnische für keine gute Idee. Doris Simon nannte sie im Deutschlandfunk sogar „unverschämt“.
Viktoria Kravtschenko, seit 20 Jahren in Deutschland lebende Autorin – Als Sie jüngst auf der Straße in Schwerin mit Ihrer Mutter wie üblich in einem Gemisch aus Russisch und Deutsch telefonierten, kam eine hasserfüllte Frau auf Sie zu, spuckte Ihnen ins Gesicht, trat Ihnen gegen’s Bein und schrie unter anderem: „Guck nicht so dumm. Wir wollen dich und deinesgleichen hier nicht haben.“ In der Schweriner Volkszeitung schilderten Sie die Szene und kommentierten: „Als Halbrussin und Halbukrainerin jagt die aktuelle Situation in der Ukraine mir eiskalte Schauer über den Rücken. Auf beiden Seiten durchleiden Menschen Ängste, die ich mir in Deutschland kaum auszumalen gedenke. […] In einem Meer aus schlechten Nachrichten, die überall in den Medien sind und vor denen ich mich kaum verstecken kann, folgt nun auch noch eine Welle des Hasses, von Menschen, die sich vorher kaum für die Lage in der Ukraine interessiert hatten.“ Immerhin konnten Sie sich selbst mit Worten wehren. Manchem Ihrer Leidensgefährten ist das nicht gegeben. Der Krieg verroht – wie zu bemerken ist – nicht nur Soldaten.
Eckhard Henscheid, böseste Lästerzunge der alten Bundesrepublik – Ihnen war intellektuell wenig gut genug und heilig schon überhaupt nichts. Doch auch mit technischen Modeerscheinungen haderten Sie heftig. In Ihren „Sudelblättern“ – wir kramen gerade in der Taschenbuchausgabe von 1991 – stießen wir auf folgenden Eintrag: „Hiermit vermute ich überaus, daß ich bis zum heutigen Tag (3.9.86) nicht weiß, was Hardware noch was Software ist – und ich vermute ferner, ich will es zu meinem Seelenheil auch nie nicht wissen noch begreifen; niemals; nein.“
Damals maßen Sie knapp 45 Jahre. Vor nicht allzu langer Zeit haben wir Ihnen zum 80. gratuliert (Blättchen 21/2021), und fragen uns nun: Sind Sie in den 32 Jahren dazwischen eigentlich standhaft geblieben? Dann wären Sie tatsächlich ein analoges Fossil und ein Fleisch gewordenes Exempel dafür, dass früher eben auch nicht alles schlechter war.
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