23. Jahrgang | Nummer 11 | 25. Mai 2020

Neues für die Augen und die Ohren

von Manfred Orlick

Das Mansfelder Land zwischen Süßem See und Sangerhausen ist eine geschichtsträchtige Region, die neben der Landwirtschaft jahrhundertelang vom Bergbau geprägt wurde. Bereits um 1200 wurden hier die ersten Schächte zur Gewinnung von Erz geteuft. Mit der Stilllegung nach der Wende konnte man auf eine 800-jährige Geschichte des Kupferschieferbergbaus zurückblicken.

Der in Hettstedt gebürtige Fotograf Eberhard Klöppel, Jahrgang 1940, der im Mansfelder Land aufgewachsen ist, hat in den 1970er und 1980er Jahren seine ehemalige Heimat in zahlreichen Fotos festgehalten, obwohl er da schon als Fotoreporter für die NBI in Berlin tätig war. Seine Fotorecherchen führten ihn aber immer wieder in die Ortschaften am südlichen Harzrand. Mit seinen Mansfeld-Fotos, von denen jetzt eine Auswahl in einem mdv-Bildband erschienen ist, dokumentierte er gleichfalls damalige DDR-Realität.

Zahlreiche Fotos zeigen die Hinterlassenschaften des Bergbaus, vor allem die heute noch sichtbaren Abraumhalden, an denen sich unterhalb sogar Kleingärten, Wohnhäuser oder Spielplätze befanden. Im Sangerhäuser Thomas-Müntzer-Schacht besuchte Klöppel die Kumpel unter Tage bei ihrer schweren Arbeit. Auf seinen Fotos dominiert aber nicht die vermeintliche Tristesse, vielmehr vermitteln sie Leben im DDR-Alltag. So fanden neben der Arbeitswelt die traditionellen Feste im Mansfelder Land – wie das Pfingstfest oder das „Dreckschweinfest“ – sein fotografisches Interesse. Natürlich war er mit seiner Kamera auch auf der „Eisleber Wiese“, dem größten Volksfest Mitteldeutschlands. Ebenso hat er den Besuch von Kosmonaut Siegmund Jähn im Jahre 1984 oder den 1. Mai-Umzug der Ausgezeichneten festgehalten. Fotos von der Arbeit auf den Feldern sind dagegen etwas rar – abgesehen von einigen Aufnahmen während der Kartoffel- und der Hopfenernte.

Klöppel ist niemals Regisseur, sondern immer aufmerksamer Beobachter, der mit seinen Schwarz-Weiß-Fotos viel über die Menschen im Mansfelder Land erzählt. Viele der abgebildeten Fotos waren während der DDR nicht in Ausstellungen oder Bildbänden vertreten. Der Journalist Michael Birkner schildert in seiner Einleitung neben einem kurzen historischen Abriss der letzten Jahrzehnte des Mansfelder Landes auch den beruflichen Werdegang des Fotografen.

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Die 1950 im damaligen Karl-Marx-Stadt geborene Angela Krauß studierte Werbeökonomie und arbeitete zunächst als Redakteurin für Werbung und Öffentlichkeitsarbeit. Von 1976 bis 1979 studierte sie am Literaturinstitut Johannes R. Becher in Leipzig und lebt dort seit 1981 als freie Schriftstellerin. Ihr literarisches Debüt, der Roman „Das Vergnügen“ (1984), dessen Handlung in einer veralteten Brikettfabrik im südlichen Leipziger Braunkohlerevier spielt, wurde von Kritik und Lesern positiv aufgenommen. 1988 folgte der Erzählband „Glashaus“ mit kurzen Porträtskizzen und Momentaufnahmen. Im selben Jahr erhielt Krauß für ihre Erzählung „Der Dienst“ den Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Preis. Mit der Geschichte, in der eine Tochter der Biografie ihres Vaters nachspürt, der als hochgestellter Funktionär Suizid begangen hatte, gelang ihr der künstlerische Durchbruch.

Nach der Wende folgten weitere Erzählungen, unter anderem „Die Überfliegerin“ (1995), „Sommer auf dem Eis“ (1998) und „Milliarden neuer Sterne“ (1999). Für ihre Prosaarbeiten erhielt Angela Krauß zahlreiche Auszeichnungen, zuletzt den mit 15.000 Euro dotierten Christine Lavant Preis 2019. In ihren Frankfurter Poetik-Vorlesungen „Die Gesamtliebe und die Einzelliebe“ im Frühjahr 2004 zeichnete die Autorin die Spuren ihres Werkes nach und gab Einblicke in ihre poetische Praxis. Im Sommersemester 2017 hielt sie ebenfalls drei Vorlesungen an der Theologischen Fakultät der Berliner Humboldt-Universität, in denen sie auch Auskunft gab, welche Rolle religiöse Phänomene für ihr eigenes Werk spielen.

Zum 70. Geburtstag von Angela Krauß ist unter dem Titel „Pythagoräischer Zauber“ im Leipziger Hörbuchverlag Buchfunk eine umfangreiche Lesung (Spieldauer fast 24 Stunden) erschienen. Das Besondere: Die Autorin liest ihre Werke selbst und das mit „Anmut und mystischer Balance“, wie der Publizist Sebastian Kleinschmidt im beiliegenden Booklet betont. Das Konvolut auf vier mp3-CDs umfasst neben „Das Vergnügen“ und den Frankfurter Poetikvorlesungen sieben Prosawerke aus 30 Jahren, darunter auch ihre jüngste Erzählung „Der Strom“ (2019), in der Angela Krauß ihr Innenleben, vermischt mit Erinnerungen, Zukunftsvisionen und Traumerscheinungen, offenlegt.

Eberhard Klöppel: „Das Mansfelder Land 1974-1989“, Mitteldeutscher Verlag, Halle 2020, 144 Seiten, 25,00 Euro.

„Pythagoräischer Zauber. Angela Krauß liest“, Buchfunk, Leipzig 2020, 4 mp3-CDs mit Booklet, 30,00 Euro.