22. Jahrgang | Nummer 7 | 1. April 2019

Antworten

Frank Steffel, tief Gekränkter – Natürlich haben Sie nie Wert darauf gelegt, mit dem Doktortitel angeredet zu werden. Im Februar 2019 entzogen Ihnen dennoch die zuständigen Gremien der Freien Universität Berlin den Titel wegen „zumindest bedingt vorsätzlicher Täuschung und Verletzung des Gebotes der wissenschaftlichen Redlichkeit“. Das ist gemein. Der Anlass ist auch ziemlich nichtig, denn „[…] die Bedeutung von Anführungszeichen wird heute teilweise anders bewertet“. Das äußerten Sie jetzt im Interview gegenüber der Berliner Morgenpost. „Für einige Anführungszeichen die Höchststrafe zu verhängen, das ist nicht verhältnismäßig“, schoben Sie zwei Fragen später noch nach.
Wir sind da voll und ganz auf Ihrer Seite und verlangen die Abschaffung der lästigen Anführungszeichen. Der Verleumdungs- und Prozesssumpf gehört trockengelegt!
Aber sicherheitshalber geben wir die Quelle an, aus der wir Ihre Äußerungen zitieren: https://www.morgenpost.de/berlin/article216679997/Frank-Steffel-spricht-ueber-verlorenen-Doktortitel.html; letzter Zugriff 18.03.2019, 12.33 Uhr.
Und Anführungszeichen haben wir besser auch gesetzt.

Richard Grenell, Trump-Klon im Botschafterrang – Der Binsenweisheit, dass der Elefant im Porzellanladen keinesfalls ein Synonym für Diplomat sein kann, haben Sie seit Ihrer Akkreditierung an der Spree gründlich den Garaus gemacht. Gerade erst haben Sie wieder eine Kohle nachgelegt, indem Sie gegen die deutschen Rüstungsausgaben polterten: „Dass die Bundesregierung es auch nur in Erwägung zieht, ihre ohnehin schon inakzeptablen Beiträge zur militärischen Einsatzbereitschaft (die Rede ist von schlappen 45 Milliarden Euro für 2020 – die Redaktion) auch noch zu reduzieren, ist ein beunruhigendes Signal Deutschlands an seine 28 Nato-Verbündeten.“
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, äußerte nach diesem erneuten Affront: „Herr Grenell ist ein diplomatischer Totalausfall […]. Das alles erinnert eher an das Gehabe eines Flegels.“ Noch schärferes Geschütz fuhr der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki auf: „Wer sich als US-Diplomat wie ein Hochkommissar einer Besatzungsmacht aufführt, der muss lernen, dass unsere Toleranz auch Grenzen kennt.“ Kubicki forderte Außenminister Maas (SPD), auf, „Richard Grenell unverzüglich zur Persona non grata zu erklären“ und Sie auszuweisen.
Dieser an sich völlig verständlichen Initiative muss hier jedoch energisch widersprochen werden. Auch ein nächster US-Botschafter würde schließlich wieder von Donald Trump ernannt werden, und seit den epochalen Untersuchungen des kanadischen Management-Soziologen Lawrence Peter (The Peter Principle) wissen wir nämlich nur zu gut: Schlimmer geht’s immer!

Peter Altmeier (CDU), der Comedian unter den Wirtschaftsministern – Mit der kabarettistischen Tretmine Hazel Brugger lieferten Sie sich für die Heute Show diesen Dialog:
Sie: Die Gleichberechtigung steht ja im Grundgesetz, sie ist nur nicht bis heute verwirklicht. Das ist sozusagen der Kampf, der seit vielen Jahren und Jahrzehnten ausgetragen wird. […] Und es nutzt ja überhaupt gar nix jetzt, sich gegenseitig Vorwürfe zu machen. Wir müssen schauen, wie wir es ändern können. Ich glaube, dass wir in dieser Diskussion uns derzeit noch befinden […].“
Brugger: Ja, super. Also wenn die Worte „alt“ und „Eier“ auch in meinem Namen vertreten wären, dann könnte auch ich so eine schwurbelige Antwort geben. Und damit zurück ins Studio.
Sie: Danke schön … „Alt“ und „Eier“ haben Sie gesagt?
Brugger: Alt-m-eier …
Sie: Ach so Altmeier, ja.“
Bei anderer Gelegenheit, aber zur gleichen Problematik gaben Sie – wortwörtlich – folgendes Statement ab: „Und deswegen sage ich aus vollem Herzen: Ich bin Feminist.“
Haben Sie eigentlich schon mal an einen satirischen Soloauftritt gedacht?
Vielleicht bei „Nuhr im Ersten“?

Andreas Scheuer (CSU), Bundesverkehrsminister – Bisweilen provozieren Sie die Gewissheit, dass Ihr Nachname einen Teil des Problems andeutet. Dieses Entrée liegt jetzt zwar auf dem Niveau billigster Kalauer, aber damit haargenau auf der Wellenlänge Ihrer jüngsten Großtat: Seit letzter Woche zieren Plakate Ihres Hauses den öffentlichen Raum der Republik, die junge Menschen für das Tragen von Fahrradhelmen sensibilisieren sollen. Die Aktion kostet 400.000 Euro, was der Thematik an sich durchaus angemessen wäre. Doch was ist zu sehen? Unter anderem Alicija aus „Germany‘s Next Topmodel“: Fahrradbehelmt. In Lingerie. Dazu – über Geschmack kann man bekanntlich nicht streiten – der Spruch: „Looks like shit. But saves my life.“
Werter Andreas, das ist Herrenwitz. Unterste Schublade.
Einfach bescheuert.

Donald Trump, begnadeter Problemlöser – In Ihrer Königsdisziplin – Weltpolitik via Twitter – kann Ihnen ja nun wirklich niemand das Wasser reichen. Jüngst haben Sie Ihre Fan-Gemeinde wieder einmal überrascht und beglückt: „Nach 52 Jahren ist es für die USA an der Zeit, Israels Souveränität über die (völkerrechtswidrig annektierten – die Redaktion) Golan-Höhen voll anzuerkennen, die von kritischer strategischer und sicherheitspolitischer Bedeutung für den Staat Israel und die regionale Stabilität sind.“ Sollten sich Ihre Logik und Ihr Zeitmaß durchsetzen, dann können die im Kreml jetzt ja schon mal den Schampus kalt stellen, denn im Jahre 2066 wird Ihr dann im Weißen Haus amtierender Nachfolger sicher erklären: „Nach 52 Jahren ist es für die USA an der Zeit, Russlands Souveränität über die Krim …“

Harald Jähner, Ex-Feuilletonchef der Berliner Zeitung – Gerade sind Sie mit dem Sachbuchpreis der Leipziger Buchmesse geehrt worden. Wir gratulieren!
Ihr Buch trägt den Titel „Wolfszeit. Deutschland und die Deutschen 1945–1955“. Da Sie, Jahrgang 1953, in der alten Bundesrepublik sozialisiert wurden, ist es natürlich ganz selbstverständlich, dass, wie es in der Berliner Zeitung hieß, „Ostdeutschland und die DDR […] bei Ihnen nur am Rande vor[kommen]“ und es trotzdem nicht „Westdeutschland und Westdeutschen …“ heißt. Mit dieser offenbar genetisch eingestanzten Ignoranz, die in ihren praktischen Auswirkungen apartheidähnliche Züge trägt (keine Ostdeutschen in Führungspositionen, unterschiedliches Lohn- und Rentenniveau et cetera), sind wir in Neufünfland ja seit nunmehr 30 Jahren bestens vertraut. Vielen Dank aber immerhin für die Bestätigung unserer eh schon, wie man bei Ihnen sagen würde, evidenzbasierten Erwartung, dass sich daran auch künftig nichts Grundsätzliches ändern wird.