14. Jahrgang | Nummer 3 | 7. Februar 2011

Antworten

Oskar Negt, sozialphilosophischer Antworterübriger – „Der Fall der Mauer war ein unerhörter Freiheitsgewinn“, haben Sie  im Freitag angemerkt. „Und gleichzeitig begann damit der Abbau des Sozialstaates. Es begann eine neue Phase, in der der Mensch wirklich zum Anhängsel des Marktes wurde. Die Sowjetunion war nun wirklich nicht das sozialistische Land, das man sich nach den Regeln der Marx’schen Theorie wünschen würde. Aber es war eine Abgrenzungsrealität.“ Schön, dass Sie sich solche Meinungen leisten können.

Sarah Palin, politische Zeitbombe – dass Sie offenkundig über ein nur schlichtes Gemüt verfügen, weiß unsereins, seit Ihr Name Alaskas trauliche Abgeschiedenheit leider hat verlassen können. Ein Vorwurf ist das  aber keineswegs, da Vorhandensein oder Abwesenheit von Intelligenz denn doch weitgehend eine Laune der Natur ist, Sie also dafür nicht können. Und so ließe sich Ihrer neuen Profilierungsattacke, nämlich Ihren Namen als Handelsmarke schützen zu lassen, eigentlich wieder einmal nur viel Heiterkeit abgewinnen, wenn, ja wenn die Zahl jener US-Bürger nicht so bedenklich groß wäre, der jemandem wie Ihnen zu realer Macht zu verhelfen bereit ist.  Für jenen (auch männlichen) Teil der Menschheit, dessen letzte Hoffnungen für unseren Globus auf der Wiederkehr des Matriarchats beruhen, wären Sie der finale Hoffnungskiller.

Michael Mustermann, Unternehmensgründer – Finden sie nicht auch, dass sich in dem Gejammer über besetzte Häuser und den Umgang mit deren Besiedlern eine großartige Chance verbirgt: Statt die jungen Leute – zumal gewaltsam – aus solchen Objekten zu entfernen, braucht es doch nur jemanden, der ihnen solche hinstellt! Das ist doch ein Markt! Bei den Jeans ging´s doch auch. Als die klassischen Blaugewirke dem Nachwuchs schon deshalb spießig wurden, da alle Welt sie zu tragen begonnen hatte, reagierte die Jeansindustrie auf den Umsatzrückgang wie? Sie bot Hosen an, die schon beim Erwerb die Insignien des Langzeitgebrauchs in sich trugen, stonewashed mit Ausbleichungen und Abnutzungen ganz nach gusto. Und seit das nicht mehr genügte, kann man ladenneue Jeans auch gleich mit Löchern und Rissen kaufen. Wenn das keine übertragungsfähige Geschäftsidee für die Immobilienbranche ist …

Eberhard Fensch, Usedomer Leserbriefskribent – Mit Hinweis darauf, dass unser Verteidigungsfreiherr nach einer Forderung der Bild-„Zeitung“ den Gorch- Fock-Käptn abgelöst hat, geißeln Sie das im ND mit einer Schärfe, die nicht jedermanns Mutes Sache ist: „Nun wissen wir wenigstens, was sie meinen, wenn von ‚Mediendemokratie’ die Rede ist.“ Da es mittlerweile ja auch bereits DDR-Nachgeborene gibt, reichen wir gern die Information nach, dass Sie in der Hierarchie der realsozialistischen Medienpolitik sehr, sehr weit oben siedelten und schon deshalb ganz sicher wissen, wie echte Mediendemokratie aussieht.

Athena Hohenberg, hausfrauliche US-Klägerin – Von den Nährwertangaben der Schokocreme Nutella entsetzt, haben Sie Hersteller Ferrero im Namen gleich aller Kunden wegen Gesundheitsschädigung und irreführender Werbung auf eine Entschädigung verklagt. Nun wäre einer Klage gegen irreführende Werbung ja gern mal ein wirklich durchschlagender Erfolg zu wünschen, ob Ihr Problem beziehungsweise Schaden aber denn doch nicht woanders lokalisiert ist als in den Blutfetten, halten wir uncharmanterweise zumindest nicht für unmöglich.

Silvio Berlusconi, irdisches Phänomen – ein Faszinosum sind Sie schon, das müssen wir Ihnen auch dann lassen, wenn sich mit Ihrem Namen mit fast schon anerkennenswerter Konstanz und Ausschließlichkeit Finsternis verbindet. Wer aber wie Sie kriminelle Skandale produziert wie einschlägige Hochleistungsstanzen etwa Kronkorken und nicht mal von einem Volk zum Teufel gejagt wird, das es seit 1945 selten länger als jeweils ein Jahr mit derselben Regierung ausgehalten hat, der muss doch sehr viel mehr auf dem Kasten haben, als er den Eindruck macht. Wenigstens die bei alledem gern in Anspruch genommenen jungen Frauen werden schon wissen, wo Ihre Stärken liegen.