von Thomas Heyn
Wer kennt ihn nicht, Manfred Schmitz, den erfindungsreichen Komponisten, den einfühlsamen Begleiter von Gisela May, den Begründer des damals legendären Weimarer Jazz-Trios, den melodienreichen „Mann am Klavier“, der Generationen guter Pianisten ausgebildet hat und jahrzehntelang die Weimarer Ferienkurse mitprägte. Der Komponist Schmitz ist verewigt auf Schallplatten, CDs und unzähligen Notenausgaben. Manfred Schmitz ist am 7. Juli nach kurzer, schwerer Krankheit an Krebs gestorben.
Manfred Schmitz wurde 1939 geboren. Nach einem Klavier-Studium an der Franz-Liszt-Akademie in Weimar war Schmitz Klavierlehrer an verschiedenen Musikschulen; 1968-1984 lehrte er an der Franz-Liszt-Akademie in Weimar; seit 1984 ist er freischaffender Komponist, Pianist, Arrangeur, Autor und Lehrer.
Lehrwerke für jede Altersstufe stammen aus seiner Feder, vom legendären „Jazz Parnass“ aus DDR-Zeiten, über die hübschen „Ständchen für sechs Händchen“, dem „Trompetenstadl“, bis hin zu den „Klarinetten im Duett“ und „Flöten im Duett“, Chanson- und Liedsammlungen sowie Spielmusik für Streicher und Klavier ergänzen die reichhaltige Palette. Schmitz schrieb aber auch romantische, kammermusikalische Stücke für Cello und Klavier und mehr oder weniger leicht „Angejazztes“ für Saxophon und Klavier. Die größte Verbreitung fand sein „Jugendalbum“ für Klavier, das seitdem regelmäßig in neuen Auflagen erscheint.
Schmitz pflegte auch größere Formen, so existieren zwei Klavierkonzerte, darüber hinaus zirka ein Dutzend Bearbeitungen für Klavier und Orchester und die abendfüllende Orchesterversion des Zyklus „Der 13. Monat“ nach Texten von Erich Kästner. Sein Kindermusical „Max und Moritz“ ist drauf und dran, ein Bestseller an den Musikschulen zu werden.
Das Leben von Manfred Schmitz bekam zur Wende eine Wendung hin zum Unerwarteten. Kurz zuvor war er nach Berlin gezogen, und unterrichtete seitdem an der Musikschule Köpenick. Doch aktiv und voller Pläne bestürmte er „seinen“ Verlag, den AMA-Verlag, immer wieder mit originellen Plänen und Vorhaben. Die kleine Trauerfeier in Berlin-Rahnsdof wurde von Angelika Neutschel eingeleitet mit einem tief vergrübelten Text über den Wert von Literatur und Musik; Gisela Steineckert sprach und dann wurden Lieder von Hans Radloff, Kurt Nolze, Ute Freudenberg und anderen eingespielt. Da war sie noch einmal zu sehen und zu hören, die untergegangene und fast vergessene Welt der DDR-Kleinkunst, die doch für viele zu so großem Erleben geführt hat und die inhaltlich meistens sehr viel weiter ging als die „große“ Kunst, die verwaltete und oftmals gleichgeschaltete Hochkultur.
Und wenn auch mit diesem Staat dann gar kein Staat mehr zu machen sein wird, also bald, dann wird immer eine Sängerin da sein und ein Pianist, und sie werden die Kästnerschen „13 Monate“ mit der Musik von Manfred Schmitz singen und spielen und sie werden vielleicht an ihn denken in der letzten düsteren Novemberstrophe: „Bald trifft das Jahr der letzte Schlag / Dann dröhnt das Erz und spricht: / Das Jahr kennt seinen letzten Tag / doch Du kennst Deinen nicht.“
Schmitz verfügte über die seltene Fähigkeit für Kinder und Jugendliche zu schreiben, die nahezu nichts können, aber gerne etwas poppiges spielen wollen. In den von ihm kreierten Materialien, voll mit schier unerschöpflichen Variationen kleiner und kleinster Melodien, im geschickten Umgang mit modernen Rhythmen und jazzigen Harmonien findet sich wenig Vergleichbares in der modernen Unterrichtsliteratur, also Stücke, die mit wenigen Tönen auskommen und trotzdem eine Welt, nämlich die des Klaviers aufklingen lassen. Aber noch zu wenige Schüler und Lehrer kennen diese Musik. Schmitz, ein uneitler Pragmatiker sollte weiterleben, indem seine Musik mehr in den Unterricht einfließt, seine Chansons gesungen, seine Klavierkonzerte gespielt werden. Nur um „Max und Moritz“ muss man sich wohl keine Sorgen machen. Diese frechen Bengels werden immer wieder auf der Bühne stehen, solange es Musikschulen gibt.
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