von Günter Krone
Der Fall ist diplomatisch äußerst delikat« schreibt ein Magazin, der Fall nämlich, daß die amerikanische Menschenrechtsorganisation CCR in Deutschland Strafanzeige gegen US-Verteidigungsminister Rumsfeld wegen »Kriegsverbrechen, Verstößen gegen das Völkerrecht und die UNO-Folterkonvention« gestellt hat. Zugrunde liegen die Mißhandlungen von Irakern durch amerikanische Soldaten in Abu Ghureib und »glaubhafte Berichte«, daß die Folterungen »direkt oder indirekt von höchsten Funktionären der US-Regierung abgesegnet wurden«. Die diplomatische Delikatesse enthält folgende Zutaten:
Erstens: einen präventiven Angriffskrieg (weil vom Sicherheitsrat nicht abgesegnet, vom Generalsekretär der UN als illegal eingestuft), einen Minister (der den Krieg mitzuverantworten hat), Soldaten des Ministers, die gefangene Gegner gefoltert und getötet haben.
Zweitens: einen Angezeigten, vor dem der Anzeigebearbeiter (diplomatische) Hemmungen hat und der auch bei Kriegsniederlage immer noch zu mächtig wäre, um als gewöhnlicher Verlierer verfolgt werden zu können.
Drittens: eine Strafanzeige, die keiner strafrechtlich betrachten möchte, sondern nur diplomatisch, politisch oder sonstwie artfremd.
Wer nun trotzdem mit der Anzeige strafrechtlich umgehen muß, wird als erstes die Zuständigkeit bezweifeln. Falls das nicht weiterhilft, wird er sich an der Behauptung »glaubhafte Berichte« festhalten. Er braucht sie nur nicht zu glauben, schon ist er raus. Es sei denn, er wirft mal einen Blick auf das Statut für den Internationalen Militärgerichtshof, das die Regierungen der USA, des Vereinigten Königreiches von Großbritannien, der Französischen Republik und der UdSSR auf der Grundlage eines Abkommens vom 8. August 1945 geschaffen haben. In dessen Artikel 6 wird gesagt:
»Die folgenden Handlungen, oder jede einzelne von ihnen, stellen Verbrechen dar … Der Täter solcher Verbrechen ist persönlich verantwortlich:
(a) Verbrechen gegen den Frieden: Nämlich: Planen, Vorbereitung, Einleitung oder Durchführung eines Angriffskrieges oder eines Krieges unter Verletzung internationaler Verträge …
(b) Kriegsverbrechen: Nämlich: Verletzungen der Kriegsgesetze oder -gebräuche. Solche Verletzungen umfassen, ohne jedoch darauf beschränkt zu sein, Mord, Mißhandlungen … von Angehörigen der Zivilbevölkerung von oder in besetzten Gebieten, Mord oder Mißhandlungen von Kriegsgefangenen …
(c) Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Nämlich: Mord … oder andere unmenschliche Handlungen, begangen an irgendeiner Zivilbevölkerung …
Anführer, Organisatoren, Anstifter und Teilnehmer, die am Entwurf oder der Ausführung eines gemeinsamen Planes oder einer Verschwörung zur Begehung eines der vorgenannten Verbrechen teilgenommen haben, sind für alle Handlungen verantwortlich, die von irgendeiner Person in Ausführung eines solchen Planes begangen worden sind.«
»Verantwortlich«, das ist hier strafrechtlich gemeint. Natürlich führen diese Paragraphen nicht dazu, daß die Strafanzeige als begründet behandelt werden wird; aber sie verfeinern die Delikatesse.
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