15. Jahrgang | Nummer 24 | 26. November 2012

Antworten

Erwin Pelzig, Handgelenktaschen- und Hütchenträger – In der jüngsten Ausgabe von „Neues aus der Anstalt“ nannten Sie den Volkstrauertag „das Erntedankfest der Rüstungsindustrie“. Wir danken für diese überfällige Klarstellung.

Klaus Wowereit, Oberaufseher der Berliner Flughafen-Posse – Gerade sieht es so aus, als ob die nunmehr auf Oktober 2013 datierte Eröffnung des neuen Willy-Brandt-Airports ein viertes Mal kollabierte, da haben Sie festgestellt, wen auf keinen Fall eine Schuld an dem Debakel trifft, nämlich Sie selbst: „Ich sehe nicht, welchen konkreten Vorwurf man dem Aufsichtsrat machen könnte.“ Nur zur Erinnerung: Sie hatten den Flughafenausbau in Schönefeld vor Jahren durchgesetzt und sich an die Spitze des Aufsichtsrates gehievt. Dass Sie angesichts Ihrer sonstigen Verpflichtungen als Berlins Regierender – Kultursenator sind Sie ja praktisch auch noch – mit der zusätzlichen Aufsicht über ein höchst komplexes Großbauvorhaben überfordert sein könnten, kam ihnen nicht in den Sinn. Warum auch? Ein Berliner Kalauer fragt bekanntlich: Wie buchstabiert sich Selbstbewusstsein? Wowi … Wenn das dann allerdings nicht gepaart ist mit einem adäquaten Übermaß an Fertigkeiten und Fähigkeiten, dann explodieren die Projektkosten schon mal von 630 Millionen auf (bis jetzt) 1,2 Milliarden Euro. Als die Schieflage des Budgets 2009 nicht mehr zu übersehen war, drängte der Bund übrigens darauf, einen zusätzlichen Geschäftsführer für Finanzen in die Flughafengesellschaft zu berufen. Das lehnten Sie ab. Vielleicht buchstabieren sich ja Ignoranz und Fahrlässigkeit auch … Aber wie sagten Sie selbst so schön, als in der Flughafen-Story noch gute Nachrichten zu verkünden gab: „Nun soll man sich persönlich nicht überschätzen, aber ich sage einmal, auch mit Stolz: Ohne meine Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender wären wir nicht an dem Punkt, an den wir heute gekommen sind.“ Keine weiteren Fragen, Euer Ehren.

Madeleine Schickedanz, verarmte Ex-Milliardärin – Sie hatten schon als Kind kein Verhältnis zum Geld in dem Sinne, dass Preise Ihnen etwas gesagt hätten. Ihren Schulkameraden spendierten Sie beim Klassenausflug ins nahe Nürnberg die Zugfahrt. In Gestalt von Monatskarten, ohne dass Ihnen das auffiel. Ein Verhältnis zum Geld in jenem anderen Sinne, dass man davon nie genug haben kann, entwickelten Sie später aber doch und zockten munter erst mit Kaufhof-, dann mit Arcandor-Aktien. Dabei fielen Sie allerdings unter noch gierigere Räuber und verloren fast Ihr gesamtes Vermögen. Bis auf einen schmerzlichen Rest von geschätzten 400 Millionen. Um die müssen Sie jetzt bangen, denn als Spätfolge der Arcandor-Pleite stehen Ihnen unter Umständen kostspielige Schadenersatzprozesse ins Haus. Da wird ihr weiteres standesgemäßes Leben sehr davon abhängen, ob Ihnen gegebenenfalls ein ausreichendes „Schonvermögen“ zugebilligt wird. Was Sie in diesem Kontext so für notwendig halten, zeigt eine schon etwas ältere „Liquiditätsvorausschau“ Ihrer Vermögensverwaltung. Da wurden 400.000 Euro für „Hauspersonal“ veranschlagt und 900.000 für Ihre Villa in Fürth-Dambach. Gegen letztere war Ihre „Villa Greta“ in Spanien mit 500.000 – alles per anno natürlich – schon fast eine Petitesse. Der Bild am Sonntag hatten Sie ja bereits vor längerer Zeit gestanden: „Wir leben von 600 Euro im Monat.“ Da drücken wir Ihnen jetzt mal ganz fest die Daumen, dass Sie diese Erfahrung tatsächlich noch machen dürfen.

David Petraeus, seitengesprungener Ex-CIA-Chef – Sie stiegen in nur sieben Jahren vom Ein- zum Vier-Sterne-General auf, führten das U. S. Central Command, waren oberster Soldat in Afghanistan und reüssierten schließlich als CIA-Chef. Ihr Präsident nannte Sie gar „einen der herausragendsten Generäle seiner Generation“. Und Sie sind 36 Jahre mit Ihrer Frau Holly verheiratet. Jetzt sind Sie zurückgetreten, weil Ihr Seitensprung mit einer Jüngeren ruchbar wurde. Der Duktus des offenen Briefes, den Sie deswegen an Ihr CIA-Personal richteten, lässt zumindest keinen Zweifel daran, dass Sie ein ausgezeichneter Bürokrat und Apparatschik waren, denn darin heißt es, im Zuge einer „krassen Fehleinschätzung habe ich mich in einer außerehelichen Beziehung engagiert“. Als positiver Held dauerhaft in die Geschichtsbücher eingehen werden Sie mit diesem Abgang natürlich nicht. Eine Chance sehen wir allerdings noch: Unterbreiten Sie Ihrem Präsidenten und der amerikanischen Öffentlichkeit doch unter Hinweis auf das eigene schlechte Beispiel den Vorschlag, es künftig so zu halten wie die alten Osmanen – bei denen kamen auf bestimmte sensible Vertrauensposten nur Eunuchen. Sollte Ihr Vorschlag Gehör finden, dann könnte die Sache mit den Geschichtsbüchern vielleicht doch noch klappen.

AC Distribution & Marketing GmbH – Mit Ihren annoncierten „Buchempfehlungen“ in ostdeutschen Zeitschriften leben Sie von DDR-Nostalgie, sei’s drum. Zu den aktuellen Offerten gehört auch  die CD „Rote Lieder“, die nun wiederum mit einem Text beworben wird, der – weil allerliebst – denn doch zitiert gehört: „Sänger und Interpreten aus den guten alten Tagen entführen Sie zurück in eine Zeit, in der Liedgut und Gesang noch für Zusammenhalt und Heimatgefühl standen“. Dass es sich nicht um die gute alte Zeit von Kaiser Wilhelm oder der Volksgenossenschaft zwischen 1933 bis 1945 handelt, darf man sicher sein, heißt es doch: „alle Buchempfehlungen (dito freilich die für CD und DVD, d. Red.) wurden von hochqualifizierten Redakteuren und Literatur-Experten zusammengetragen.“ Sicher solche aus den „guten alten Tagen“.

Dirk Jens Nonnenmacher, Optimalversorgter – Sie waren bis ins Vorjahr hinein Chef der mittlerweile eher berüchtigten HSH Nordbank, zu deren Rettung bereits einige Milliarden Steuergelder verbrannt worden sind. Nun sind Sie zwar erst im Zuge der „Sanierungsmaßnahmen“ von HSH an dessen Spitze getreten, stehen derweil aber wegen des Verdachts auf Veruntreuung und Bilanzfälschung vor Gericht. Selbst für den Fall, dass Sie dort verurteilt werden sollten, garantiert Ihnen Ihre seinerzeitige Vertragsklausel indes, dass Sie Ihre millionenschwere umfassende „Abfindung“ behalten dürfen. Der Aufsichtsrat unter Hilmar Kopper hatte das Verlangen der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein, denen HSH zu fast 85 Prozent gehört, dies per Klausel auszuschließen, einfach ignoriert. Einmal mehr ist man an Joseph Heller erinnert, in dessen Roman „Endzeit“ ein Jurastudent erklärt: „Je mehr ich vom Recht kennenlerne, desto mehr erstaunt es mich, daß es nicht verboten ist.“

Jürgen Trittin, Alleinvertreter – „Wir regieren mittlerweile – mit Niedersachsen – 50 Millionen Deutsche. Die restlichen 30 werden sich auch noch überzeugen lassen“, haben Sie mit dem gewohnten Selbstbewusstsein verlautbart. Leider haben Sie nicht hinzugefügt, wovon.

Helmut Digel, Sportsoziologe  – „Jeder Insider weiß, dass auch in der BRD in einigen Sportarten nahezu flächendeckend gedopt wurde“, charakterisieren Sie – selbst Insider – in einem Interview der FAZ die massiven Verstrickung westdeutscher Sportfunktionäre und Mediziner in das Manipulationssystem, die den Sportler regelrecht in eine Dopingfalle locken: „Alle sind an der Konstruktion dieser Falle beteiligt: Verbände, Politik, Wirtschaft und Medien. Aber der Athlet steht allein mit seinem Dilemma: Wenn er sauber bleibt, hat er keine Chance. Er muss also mitmachen oder mit dem Spitzensport aufhören.“ Oder aber, wie es ein Kabarettist einst vorschlug: Jeder Athlet trägt transparenterweise das Logo jenes Pharmakonzerns auf dem Rücken, das ihm zu seinen Leistungen verhilft. Handelt es sich bei letzteren um einen Olympiasieg, müsste er sich das Bundesverdienstkreuz dann allerdings mit dem Unternehmen teilen.