Des Blättchens 10. Jahrgang (X), Berlin, 12. November 2007, Heft 23

Sinnhaftigkeit

O-Ton

Die »Süddeutsche Zeitung«, fraglos das, was man eine Qualitätszeitung nennt, hat dieser Tage in ihrer online-Ausgabe ein langes Interview mit dem Präsidenten des »ifo Institut für Wirtschaftsforschung«, Hans-Werner Sinn, veröffentlicht, der als einer der einflußreichsten und international anerkanntesten Wirtschaftswissenschaftler Deutschlands gilt. Angesprochen auf die ehrenrührigen Einkommen von Managern, erklärt Hans-Werner Sinn uns die Welt unter anderem folgendermaßen:

»Man kann die Lohnspreizung der Märkte durch eine progressive Einkommensteuer ein wenig verändern, aber wenn man zuviel eingreift, funktioniert das System nicht mehr. Was nützt es, wenn ich mich darüber ärgere, wenn es anders nicht geht? Wenn ich versuchen würde, die Gehälter der Manager auf ein gerechtes Maß zu stauchen, dann gehen sie halt woanders hin. Manager sind flexibel. Dann ziehen sie nach London, dort müssen sie nicht einmal Steuern zahlen. Und die Arbeitsplätze für die Arbeiter gehen dann auch verloren.«

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»Transparenz bei den Managergehältern leistet nur dem Neidkomplex der Deutschen Vorschub. Das wiederum führt zu politischen Aktionen, und das hat negative ökonomische Konsequenzen, indem Firmenzentralen verlagert werden. Diese Neid-Diskussion ist keine gesunde Entwicklung.«

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»Mit etwas mehr Ungerechtigkeit lebt es sich besser. Etwas mehr Ungleichheit in der Einkommensverteilung bewirkt auch für die weniger gut dabei Wegkommenden letztlich einen höheren Lebensstandard, als wenn man ein egalitäres System schafft, wo alle das gleiche kriegen und alle gleichermaßen arm sind. Das haben wir doch im Sozialismus Ostdeutschlands probiert. Die Leute haben sich darüber aufgeregt, daß Erich Honecker einen Kühlschrank hatte – die ausgelebte Neidpräferenz ging so weit, daß eben keiner einen Kühlschrank hatte.«

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»Jeder Mensch in der Marktwirtschaft denkt doch zunächst einmal an sein eigenes Wohlergehen, trotzdem funktioniert die Marktwirtschaft. Sie braucht nicht den guten Menschen, sondern funktioniert mit Menschen, die ihren eigenen Vorteil maximieren wollen.«

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»Manager dürfen nicht machen, was sie wollen, sie haben ja die Aktionäre. Die sind bereit, tolle Vorstände hoch zu bezahlen. Wenn ein richtiger Manager kommt, der das Geschäft versteht, kann er für ein Dax-Unternehmen ein paar hundert Millionen mehr in die Kasse spülen. Im Wettbewerb der Firmen um gute Manager ergeben sich halt extrem hohe Einkommen. Auch wenn das mit Gerechtigkeit gar nichts zu tun hat.«

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Nach dieser Antwort bedankte sich die Süddeutsche Zeitung für das Gespräch. Und wir bedanken uns auch – für die Klarheit.