Johann Wadephul (CDU) ist in der jetzigen Koalition deutscher Außenminister. Das Auswärtige Amt hat nun angewiesen, dass das Konterfei des Herrn Ministers fortan auch in allen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland aufgehängt werden soll. Zur Begründung hieß es, dies würde den Zusammenhang und das gemeinsame Wirken zwischen Amt in Berlin und den Botschaften und anderen Vertretungen im Ausland bestärken. Außerdem würde Kriegsminister Pistorius ja auch in jeder Kaserne hängen.
Das ist für die deutsche Geschichte etwas ungewöhnlich. Früher hing in den Vertretungen ein Bild des Kaisers. Dann, nach der Revolution von 1918, der Reichspräsident, zunächst der Sozialdemokrat Friedrich Ebert, danach der kaiserliche Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg, dieser als „Ersatzkaiser“ mit der früheren Uniform und den entsprechenden Orden. Nach dessen Tod Hitler.
In der DDR hing in den Amtsstuben wie in den Auslandsvertretungen ein Bild des Präsidenten Wilhelm Pieck, später des Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht, dann Erich Honeckers. Während Ulbricht noch darauf bestehen ließ, dass sein Bild in jeder Kneipe hängt, hatte Honecker die Kneipenbilder abgeschafft, hing aber weiter in Amtsstuben und den Auslandsvertretungen. Der Bundespräsident ist an den Botschaftswänden der heutigen BRD ebenfalls präsent. Jedenfalls habe ich den auch schon dort gesehen.
Der Außenminister an der Wand ist etwas Neues. Niemand wäre in der DDR auf die Idee gekommen, Außenminister Oskar Fischer an die Botschafts-Wand zu hängen. Nun könnte man herrschaftshistorisch einwenden, der sei intern nicht so wichtig gewesen. In der offiziellen Hierarchie war er „nur“ Minister und Mitglied des SED-Zentralkomitees, während der ZK-Sekretär für Auswärtiges, Hermann Axen, Politbüro-Mitglied war. Fischer aber war seit den 1950er Jahren Mitstreiter und Vertrauter Honeckers seit gemeinsamen Zeiten in der Freien Deutschen Jugend (FDJ). Insofern war er immer ein zuverlässiger Garant dafür, dass Honeckers Kurs in der Außenpolitik durchgesetzt wurde. Aber ist Wadephul heute wichtiger? Außer dass er Friedrich Merz dient, wie einst Fischer Erich Honecker?
In der DDR hing in etlichen Regierungsstellen ein Bild von Ministerpräsident Willi Stoph, in Ferienheimen, die zum Gewerkschaftsbund FDGB gehörten, ein Bild des Gewerkschaftsvorsitzenden Harry Tisch. Der wirkte aber eher wie Reklame für einen Rostocker Kümmel-Likör, gewissermaßen als Anregung für die Urlauber. Ein Bild des Außenministers in den DDR-Botschaften und Generalkonsulaten gab es aber nicht.
Insofern ist Wadephuls Erlass jetzt in der deutschen Geschichte etwas völlig Neues. Ob die Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes im Ausland ab sofort mit größerem Eifer ihren Dienst tun, wenn sie morgens in der Eingangshalle das Bild ihres Dienstherrn sehen, bleibt dahingestellt. In gewissem Sinne kann das staunende Publikum schon froh sein, dass nicht schon Annalena Baerbock auf die Idee gekommen war, ihr frisch geföntes und mit üppigen Steuergeldern gestyltes Konterfei weltweit aufhängen zu lassen. Nun also der bieder wirkende, nach außen hin unambitioniert wirkende Norddeutsche Wadephul.
Aber vielleicht gehört das auch zur Linie der symbolischen Politik, die die jetzige Bundesregierung am liebsten betreibt. Wadephul hatte bereits im Oktober die Absicht bekundet, nach China zu reisen, die Reise dann abgesagt, angeblich weil er außer dem Außenminister keine hochrangigen Gesprächspartner in Peking zugesagt bekommen hatte. Offenbar hatte niemand in diesem Auswärtigen Amt soviel China-Kenntnis um zu wissen, dass das genau die Woche war, in der das Zentralkomitee der KP Chinas tagte. Die deutschen „Experten“ glauben offenbar nur ihre eigenen Legenden und Vorurteile. Danach ist China eine „Diktatur“, in der nur der Kaiser bestimmt. Es ging jetzt aber um die Entscheidungen, den nächsten Parteitag vorzubereiten und die nächste Fünfjahrplan-Periode. Da will niemand fehlen, der zu den Entscheidungsgremien gehört.
Wadephul war nun also im Dezember in China und hatte offenbar von dort aus angewiesen, künftig in jeder Botschaft seinen Nischel betrachten zu wollen. Vielleicht hatte er auch nur zu viele Bilder von Xi Jinping in Peking gesehen. Und dachte: da sehe ich doch lieber mich selber. Dazu muss er sich aber nicht in die Botschaften ins Ausland begeben. Das kann er jeden Morgen im Spiegel tun.
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