Robert Kagan, prominenter neokonservativer US-Vordenker – In einem Namensbeitrag für das Magazin The Atlantic haben Sie kürzlich geschrieben: „Direkte Waffenlieferungen und Waffenverkäufe von Regierung zu Regierung stellten […] einen Verstoß gegen die Neutralität dar, was der dritten Nation das Recht gab, wenn sie es wollte, gegen die liefernde Nation in den Krieg zu ziehen oder die Lieferung mit Gewalt zu unterbinden. […] Hätte Putin zu irgendeinem Zeitpunkt beschlossen, die Versorgungslinien aus Polen, Rumänien oder der Slowakei in die Ukraine zu bombardieren, hätte er das Recht dazu gehabt. Warum hat er es also nicht getan?“ Und Ihre Antwort: „Putin hätte vor der Wahl gestanden, entweder einen totalen Krieg mit der NATO zu führen, den er unmöglich gewinnen konnte – einen Atomkrieg, der, was auch immer er bewirken würde, Russland zerstören würde – oder sich zu ergeben. Putin […] achtete […] äußerst sorgfältig darauf, nichts zu tun, was eine Reaktion der USA und der NATO hervorrufen könnte.“
Da sind wir ganz bei Ihnen.
Könnten Sie nicht gelegentlich auch den Kriegsherbeischwätzern auf unserer Seite klar machen, dass der Westen im Falle eines totalen Krieges mit Russland vor genau derselben Alternative stünde?!
Fabian Scheidler, Autor – Sie behaupten, „dass der Westen erheblich dazu beigetragen hat, die Feinde, die er heute bekämpft, selbst zu schaffen. Dass trifft für den Terrorismus ebenso zu wie für Russland, das nicht zu einem solchen Erzfeind hätte werden müssen, wenn der Westen nach dem Mauerfall Gorbatschows Vision einer gemeinsamen europäischen Friedensordnung ernstgenommen hätte, statt einseitig zu expandieren. Nach der russischen Invasion hat der Westen aktiv verhindert, dass es zum Frieden in der Ukraine kommt.“
Dergleichen Blasphemien firmierten in früheren Zeiten unter Ketzerei und endeten nicht selten auf dem Scheiterhaufen.
Da haben Sie wirklich mehr als Schwein: Solche wie Sie dürfen heute sogar noch Bücher* publizieren.
* – Gerade erschienen – Fabian Scheidler: „Friedenstüchtig. Wie wir aufhören können, unsere Feinde selbst zu schaffen“ [1], Promedia Verlag, Wien 2025, 224 Seiten, 20,00 Euro.
Carlo Masala [2] und Nathanael Liminski [3], der erstere Professor für Sicherheits- und Verteidigungspolitik an der Universität der Bundeswehr in München, der andere Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien des Landes Nordrhein-Westfalen und Chef der dortigen Staatskanzlei – Im Handelsblatt stießen Sie im Duett ins Horn: „Drohnen über deutschem Himmel, russische Kampfflugzeuge im estnischen Luftraum, brennende Fabriken und Einkaufszentren in mehreren NATO-Staaten – das ist seit mehr als zwei Jahren europäischer Alltag. Russland provoziert uns, testet uns, versucht, unsere Gesellschaften in Angst zu versetzen, um Politik handlungsunfähig zu machen und die Allianz zu spalten. Was zunächst sporadisch war, geschieht inzwischen fast täglich an mehreren Orten zugleich. Wir können quasi live mitverfolgen, wie das Moskauer Regime immer wagemutiger und waghalsiger wird, um die Spannungen zwischen der Nato und Russland anzuheizen.“
Belastbare Belege, dass all das der Russe war, respektive ist? Keine. Und genau das ist der Beweis. Denn was ist der Russe zu allererst? Richtig – perfide!
Nichtsdestotrotz, werte Herren, Ihre Aufzählung ist höchst unvollständig – siehe in dieser Ausgabe unter Bemerkungen [4] den Punkt „Schuldzuweisungen“.
Veronika Melkozerova, freie Journalistin mit Sitz in Kiew – Ihr Beitrag in der Welt vom 16. Oktober 2025 war betitelt mit: „‚Geringe Überlebensrate‘ – Was die russischen Verluste über Moskaus Kriegstaktik verraten“. Darin teilten Sie mit: „Der Abnutzungskrieg, den Moskau in der Ukraine führt, hat erstaunlich hohe Verluste zur Folge – bei gleichzeitig minimalen Fortschritten auf dem Schlachtfeld. In den ersten acht Monaten dieses Jahres sollen 281.550 russische Soldaten getötet oder verwundet worden sein. Das geht aus einem Dokument hervor, das laut ukrainischem Geheimdienst durchgesickerte russische Daten enthält. Laut der Liste, die Anfang Oktober veröffentlicht wurde, wurden 86.744 Russen getötet, 33.966 werden vermisst, 158.529 wurden verwundet und 2311 gefangen genommen.“
Das amerikanische Institute for the Study of War (ISW), das Sie zitieren, schätzt ein: „Die russischen Streitkräfte scheinen in der Lage und willens zu sein, diese Verluste trotz begrenzter taktischer Fortschritte in Kauf zu nehmen.“
Wo als Quellenangabe Geheimdienst draufsteht, da muss natürlich jeder selbst entscheiden, inwieweit er den betreffenden Angaben traut.
Fakt ist allerdings, dass, was das ISW erkannt zu haben meint, eine historische Entsprechung hätte. Im Großen Vaterländischen Krieg überstiegen die sowjetischen Gefallenenzahlen auf den Schlachtfeldern die deutschen in der Größenordnung von etwa drei zu eins. Die ebenso einfache wie barbarische Antwort darauf, warum das so war, findet sich im letzten, 2011 erschienenen Buch Daniil Granins, in dem er über seine vierjährigen Fronterlebnisse im Zweiten Weltkrieg berichtete: „Warum sind sie mit uns so umgegangen, und warum tun sie es bis heute? Weil es von uns immer genug gegeben hat. Morgen schicken sie Sibirier, dann Uraler, dann Kasachen. Nicht mit Menschen muss man sparsam umgehen, sondern mit Munition.“
Hans-Werner Sinn, Ex-Präsident der Ifo-Institutes – Auf die Vorhaltung des Magazins Focus, der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zeige, dass die Doktrin des Wandels durch Handel für autokratische Regime in Moskau oder China nicht gelte, entgegneten Sie dieser Tage: „Das Gegenteil ist der Fall. Der Westen hätte die ausgestreckte Hand des jungen Putins im Jahr 2001 ergreifen müssen, als er eine Freihandelszone von Wladiwostok bis Lissabon angeboten hatte. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion lag Russland am Boden. Im Jahr 1998 war Russland pleite. Damals hätte der Westen eine marktwirtschaftliche Kooperation mit Russland erreichen können, um das Land allmählich stärker an den Westen zu binden. Stattdessen zelebrierte man den Sieg im Kalten Krieg und wollte die Gelegenheit nutzen, die amerikanischen Raketen näher an die russische Grenze heranzubringen. Als dann auch noch die Ukraine in die NATO kommen sollte, lief das Fass über. Der russische Angriffskrieg ist zwar völkerrechtswidrig, aber er wurde durch die USA provoziert, die den Hals nicht vollkriegen konnten. Das war eine falsche […] und letztlich für Europa gefährliche Politik.“
Na dann – herzliches Willkommen im Club der Putin-Versteher und Kreml-Knechte!
Ralf Hermes, hauptamtlicher Alleinvorstand der IK Innovationskasse – Für das deutsche Gesundheitswesen wird für 2026 – diese und alle nachfolgenden Angaben laut Google-KI – ein Defizit von bis zu vier Milliarden Euro prognostiziert. Um die Probleme zu entschärfen, haben Sie jetzt gefordert, Ausgaben zu senken: „Die zahnärztliche Versorgung sollte keine Kassenleistung mehr sein.“ In Dänemark, den Niederlanden und Spanien sei das längst kein Tabu mehr.
Bevor allerdings den Millionen Versicherten neben steigenden Kassenbeiträgen noch weitere Gesundheitskosten übergeholfen werden, hätten wir erst noch einen anderen Vorschlag: Bei den 94 Einzelkassen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)in Deutschland (Stand 01.01.2025) fallen jährlich Verwaltungskosten in Höhe von 13 Milliarden Euro an. Nicht zuletzt wegen der Höhe der Gehälter von Funktionsträgern wie Ihnen: durchschnittlich 300.000 bis 390.000 Euro pro Jahr. Dabei meinen nicht nur Experten, vier Krankenkassen – je eine für Nord, Süd, Ost und West – wären völlig ausreichend … (In der DDR gab es nur eine einzige.)
Nun würden wir zwar schon gern wissen, was Sie von diesem Vorschlag halten, doch ist uns völlig klar: Will man den Sumpf trockenlegen, darf man nicht die Frösche fragen.