27. Jahrgang | Nummer 4 | 12. Februar 2024

Bobsport und fehlendes Geld

von Thomas Behlert

Es gibt Sportarten, bei denen scheinbar immer dieselben Akteure gewinnen. Im deutschen Fußball ist es Bayern München, im Skispringen der Österreicher Stefan Kraft und im Bobsport war es lange das Team Francesco Friedrich. Letzterer gewann „gefühlt“ alle Weltmeisterschaften der letzten Jahre, holte sich bei Olympia in Peking Gold im Zweier- und im Viererbob und wollte die nächsten Jahre im Schoß des Bob- und Schlittenverbandes Deutschlands (BSD) weiter siegen.

Nun rumort es im Bobsport, besonders als bekannt wurde, dass die Organisatoren der Winterolympiade 2026 in Milano-Cortina ihre alte Bobbahn abgerissen hatten, nachdem ihnen die Spiele zugesprochen worden waren, und zunächst keine neue Bahn bauen wollten, da sich das schlecht mit dem Wunsch des IOC nach Nachhaltigkeit vereinbarte. Die Italiener würden nun  gerne eine neue Bahn in die Natur fräsen, doch das Olympische Komitee drängt darauf, dass die Bob- und Schlittenwettbewerbe ins Ausland verlegt werden – auf eine Bahn, die bereits existiert und in Betrieb ist. Würden die Italiener trotzdem ihr Kurvengebilde bauen, hätten sie nach den Spielen eine weitere Bauruine, denn in Turin verfällt bereits der Cesana Pariol. Das 1435 Meter lange Betonmonster wurde 2006 erst wenige Wochen vor Beginn der Olympischen Spiele fertig gestellt. Seit 2011 ist es stillgelegt. Auch in Sotschi (2014) und Pyeongchang (2018) stehen teure Eisrinnen, die in keiner Wettkampfliste mehr auftauchen und wohl von der Natur zurückerobert werden.

Fragt man ehemalige Bobsportler wie den Thüringer Peter Bock, der lange Zeit nach seiner aktiven Laufbahn als Techniker und Trainer fungierte und unter anderem die australische Frauenmannschaft während der Olympischen Spiele in Turin betreute, nach der Zukunft seines Sports, kommt Skepsis auf. Nach Bocks Aussage war Deutschland im Bobsport schon immer führend. Enthusiasten errichteten erste Bahnen (1901 in Friedrichroda) und veranstalteten Rennen. Bis heute kommen aus der BRD (früher vor allem aus der DDR) hervorragende Trainer, Sportwissenschaftler und Betreuer. DDR-Bobs wurden im gleichen Werk wie die legendären Multicar im thüringischen Waltershausen konstruiert und gebaut, später in der Flugzeugwerft in Dresden.

Deutsche Bobs entstehen nun für Sportler mit Geld im Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) in Berlin. Hier wird es allerdings auch finanzielle Kürzungen von staatlicher Seite geben. Wer professionell Bob fahren will, muss im Jahr für sein Gefährt mindestens 121.000 Euro ausgeben. Übliche Preise sind: Ein Satz Kufen 15.000 Euro, Bob 100.000 Euro, Startschuhe 1.120 Euro, Handschuhe 160 Euro, Helm 2.400 Euro). In Westdeutschland entwickelte Opel Anfang der 1980er Jahre ein schnelles Gefährt, das allerdings selten im Ziel ankam, so dass sich schließlich keine Besatzung für einen heißen Ritt fand. Später fuhren die Russen mit einem Bob, der einer hochbeinigen Zigarre ähnelte und kaum zu steuern war. Nachdem es zu schweren Stürzen gekommen war, wurde die Konstruktion der Schlitten reglementiert.

Obwohl in der diesjährigen Saison die bekannten Teams um Francesco Friedrich und Johannes Lochner in den zweier und vierer Bob-Wettkämpfen um die ersten Plätze streiten und bei den Frauen Laura Nolte und Kim Kalicki ganz vorn liegen, muss man sich über neue Sponsoren Gedanken machen. Der bisherige Hauptsponsor DHL, das immer mal wieder von seinen Kunden verflucht werdende Logistikunternehmen, scheidet nämlich als Hauptsponsor zur Saison 2024/25 aus, wie das Vorstandsmitglied Alexander Resch auf einer Pressekonferenz im November 2023 bekannt gab. Die oberste BSD-Riege soll zwar mit neuen Partnern in Verhandlungen stehen, aber ein sechs- bis siebenstelliger Betrag muss erst einmal kompensiert werden. Kommende Sparmaßnahmen sind zu erkennen: Der erste Weltcup der neuen Saison sollte in China stattfinden, da der Internationale Bob- und Skeletonverband (IBSF) versprochen hatte, dass nach Olympia fünf Jahre in Folge auf der teuren Bahn in Peking-Yanqing (Baukosten 500 Millionen Euro) internationale Rennen stattfinden sollen. Bei den Frauen gab es nur sieben Anmeldungen und der Weltcup fiel ins Wasser. Allein der Flug nach Peking hätte dem Nolte-Team zum Beispiel 10.000 Euro gekostet, wobei Unterkunft und Verpflegung noch nicht mit eingerechnet waren.

Nun hoffen und bangen Bobsportler und Funktionäre, die ihre ganze Leidenschaft, Liebe und jede Menge Lebenszeit in diesen Sport investieren, dass der Bobsport noch lange ausgeübt werden kann.

Termine in der BRD: 12.2.-18.2.2024 Weltcup in Altenberg, 19.2.24 – 23.2.2024 Weltmeisterschaft in Winterberg.