Der hallesche Hasenverlag bringt seit 2005 die Reihe „Mitteldeutsche kulturhistorische Hefte“ heraus, in der historische Themen und Persönlichkeiten der Region näher beleuchtet werden. So erkundeten die einzelnen Hefte zum Beispiel alte Industriebrachen, die ehemaligen Lichtspielhäuser, die letzten Bootshäuser an der Saale oder den Dichtergarten Giebichenstein. Mit Heft 43 macht die Reihe nun einen Sprung in die Südsee und zwar mit dem Naturforscher und Weltreisenden Johann Reinhold Forster.
Forster wurde am 22. Oktober 1729 in Dirschau geboren. Im Windschatten von Danzig gehörte das kleine Städtchen damals zu Polnisch-Litauen. Preußisch wurde es erst im Zuge der 1. Polnischen Teilung 1772. Durch die schwere Erkrankung seines Vaters wurde Johann Reinhold von einem Onkel großgezogen. In Marienwerder besuchte er die Schule und später das Königliche Joachimsthalsche Gymnasium in Berlin, wo neben dem an Naturwissenschaften vor allem sein Interesse an Sprachen geweckt wurde.
Eigentlich wollte der junge Forster Medizin studieren, doch auf Bitten des sterbenden Vaters entschied er sich für Theologie. Er wurde Student an der Alma mater halensis, die im 18. Jahrhundert eine der bedeutendsten Universitäten in Deutschland war. Nach dem Studium bekleidete er eine kleine Patronatspfarrstelle in Nassenhuben an der Mottlau nahe Danzig. 1754 heiratete er seine Cousine und gründete eine Familie mit sieben Kindern.
Eigentlich könnte hier die Biografie fast zu Ende sein. Der „kleine Pfarrer aus Nassenhuben“ machte jedoch auf sich aufmerksam, und so wurde er mit einer Untersuchung der Wolgaregion beauftragt, in die zahlreiche deutsche Siedler gezogen waren. Doch der eigenwillige Forster verdarb es sich mit den russischen Behörden und zog 1766 mit seinem Sohn Georg davon, per Schiff nach England. Die Familie kam erst ein Jahr später nach. Forster unterrichtete zunächst an der renommierten Dissenter’s Academy in Warington. 1672 bekam er das Angebot, an der zweiten Weltreise von James Cook teilzunehmen. Im Auftrag der britischen Krone sollte das sagenhafte Südland gefunden werden.
Ohne es vorauszusehen, wurde daraus eine Weltumrundung in 1111 Tagen, auf der gleich zweimal der südliche Polarkreis überquert wurde. Begleitet von seinem Sohn konnte Forster hier seine natur- und völkerkundlichen Interessen, seinen Forscherdrang und seine außerordentliche Sprachbegabung entfalten. Auf der Reise hatte er Maßgebliches für die Botanik, die Zoologie, die Mineralogie sowie die Ethnografie geleistet. Nach der Rückkehr entstand ein Streit um die Publikationsrechte. Cook untersagte Forster sen. jegliche Veröffentlichungen über die Expedition. Der Junior – gerade einmal 17 Jahre alt – war jedoch nicht an die Vereinbarung gebunden und veröffentlichte die auf den Skizzen des Vaters und eigenen Beobachtungen beruhende Reisebeschreibung „A Voyage round the World“ im März 1777 und damit sechs Wochen vor dem offiziellen Bericht von James Cook. Daraufhin – und auch wegen einiger gesellschaftskritischer Passagen – kam es zum Zerwürfnis mit der britischen Admiralität.
So traf Forster mit seiner Frau und drei Kindern im Juli 1780 in Halle ein. Sein wissenschaftlicher Ruhm war ihm vorausgeeilt und er wurde zum Professor der Naturkunde und Mineralienforschung an der Universität ernannt. Da Forster nie mit seiner Meinung hinter dem Berg hielt, hatte der „Weltumsegler“ auch in Halle bald Schwierigkeiten. Im preußischen Staatsarchiv finden sich zahlreiche Spitzelberichte, in denen er als Unruhestifter bezeichnet wird. Außerdem kam es zum Zerwürfnis zwischen Vater und Sohn, als Georg sich auf die Seite der Mainzer Republik schlug. Forster starb am 9. Dezember 1798 in Halle. Sein Grab befindet sich auf dem Stadtgottesacker.
Der Historiker Michael Pantenius, der bereits einige Publikationen zur Regionalgeschichte veröffentlicht hat, verbindet die Biografie Forsters eindrucksvoll mit der Entwicklung der Naturwissenschaften im 18. Jahrhundert. Neben der Weltumseglung steht natürlich sein Wirken in Halle im Mittelpunkt; das sollte jedoch neugierige Blättchen-Leser nicht von der Lektüre abschrecken, denn die mit zahlreichen historischen Abbildungen ausgestattete Neuerscheinung dokumentiert auch ein Stück europäische Aufklärung. Wer es allerdings etwas poetischer mag, dem sei der historische Roman „Die Umsegelung der Welt“ von Michael Pantenius (Morio Verlag 2020) empfohlen.
Michael Pantenius: Johann Reinhold Forster – Von Tahiti an die Saale, Mitteldeutsche kulturhistorische Hefte 43, Hasenverlag, Halle/Saale 2019, 88 Seiten, 14,00 Euro.
Schlagwörter: James Cook, Johann Reinhold Forster, Manfred Orlick, Michael Pantenius, Naturkunde, Tahiti