18. Jahrgang | Nummer 26 | 21. Dezember 2015

Antworten

Sigmar Gabriel, vom Parteitag „abgekanzelter“ SPD-Chef – Dem Spiegel zufolge haben Sie dessen Autoren von der Bühne eines Forums in Dortmund zugerufen: „Sie sind keine Politiker! Sie sind nur Journalisten!“ Das erinnert unsereinen an den kürzlich verstorbenen ehemaligen SED-Politbürokraten Günter Schabowski. Der hielt, wie Ohrenzeugen seinerzeit berichteten, den Journalisten der DDR auf deren Kongress vor, sie seien „nicht die Besserwisser der Nation“. Die so Ermahnten hatten solches nie für sich in Anspruch genommen, wussten sie doch, dass nur Schabowski selbst ins Gremium der Besserwisser aufgestiegen war. Einem ähnlichen Klub, der Widerspruch nicht duldet, glauben Sie, Herr Gabriel, nun wohl ebenfalls anzugehören?

Truong Tan Sang, Staatspräsident Vietnams – Als erstes vietnamesisches Staatsoberhaupt besuchten Sie kürzlich die Bundesrepublik – 40 Jahre nach Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Staaten. Die Befürchtung, dass angesichts dieses Jubiläums diejenigen vergessen würden, die sich lange vorher schon Ihrem Land verbunden fühlten, zerstreuten Sie selbst eindrucksvoll: Zu Ihrem Programm gehörte ein Treffen mit deutschen Freunden – ehemaligen DDR-Spezialisten ebenso wie westdeutschen Vietnamkriegsgegnern. Und Sie erinnerten daran, dass der erste vietnamesische Präsident, Ho Chi Minh, schon 1957 die DDR besucht hatte. Den Gästen des Treffens tat das gewiss gut.

Peter Schlobinski, Vorsitzender der Gesellschaft für deutsche Sprache – Ihre Gesellschaft hat den Begriff „Flüchtlinge“ zum Wort des Jahres gekürt. Es habe das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben 2015 sprachlich besonders bestimmt. Das ist ohne Zweifel richtig. Sie selbst fanden das Wort auch sprachwissenschaftlich interessant. Das „ling“ habe neben einer passiven auch eine „leicht negative Komponente“ wie bei „Emporkömmling“. Kreise, die besonders auf politische Korrektheit achteten, bevorzugten deshalb den Begriff „Geflüchtete“, merkten Sie an. Sprechen besagte Kreise folglich von „Gesäugten“ statt von Säuglingen? Lehrlinge würden nach diesem Modell übrigens zu „Gelehrten“. Woraus wiederum zu schließen wäre, dass „besondere“ politische Korrektheit einen Umschlag ins Gegenteil bewirken kann.

Micheil Saakaschwili, ehemaliger Präsident Georgiens – Zwar wirft man Ihnen in Georgien unter anderem die Unterschlagung von fünf Millionen US-Dollar vor, doch für Ihre ukrainischen Gesinnungsgenossen war Ihre notorische Russophobie Qualifikation genug, Sie zum Gouverneur des Gebietes Odessa zu machen. Also tauschten Sie die georgische Staatsbürgerschaft gegen die ukrainische. Aber auch in Ihrer neuen Heimat scheint Ihnen wenig Glück beschieden zu sein: Ministerpräsident Arseni Jazenjuk nannte Sie einen Gastschauspieler, Innenminister Arsen Awakow konnte sich gerade noch zügeln: Statt Sie zu verprügeln, warf er nur mit einem Glas Wasser nach Ihnen und forderte: „Mach dich fort aus meinem Land!“ Wir wollen gar nicht darüber richten, ob Sie oder Ihre Kontrahenten korrupter sind. Doch fragen wir uns, welchem Land Sie demnächst Ihre Dienste antragen werden.

George Clooney, Digitalverweigerer – Mit 54 Jahren sind Sie längst in einem Alter, in dem für gesundheitsbewusste Männer der jährliche Vorsorgegang zum Urologen zum nicht unbedingt geliebten Pflichtprogramm zählt. Diese persönliche Erfahrung ist es, die Ihrem Statement gegen Facebook besondere Glaubwürdigkeit verleiht: Sie würden sich, so sagten Sie, lieber von kalten Händen live im Fernsehen eine Rektaluntersuchung verpassen lassen, als sich eine Facebook-Seite zuzulegen. Gehen wir recht in der Annahme, dass Sie aus vergleichbaren Gründen auch kein Video von der Untersuchung bei Youtube posten würden?