17. Jahrgang | Nummer 13 | 23. Juni 2014

Bemerkungen

Walter Romberg †

Walter Romberg war Mathematiker, Christ und Friedensdenker. 1965 bis 1978 leitete er die Redaktion des Zentralblattes für Mathematik und danach, bis 1990, die Abteilung Wissenschaftliche Information, Edition und Bibliotheken des Instituts für Mathematik der Akademie der Wissenschaften der DDR. Das klingt nach nüchternster Sachlichkeit. Doch waren diese Tätigkeiten mit Nervenproben verbunden, die sich aus dem Spannungsfeld zwischen Ost und West ergaben. Unbeirrt insistierte Walter Romberg auf Kooperation über die trennende Linie hinweg. Seit 1976 leistete er wesentliche Arbeit im Referat Friedensfragen der Theologischen Studienabteilung beim Bund der Evangelischen Kirchen in der DDR. Mit den Schwerpunkten: Sicherheitspolitik und Abrüstung. Seine Initiativen waren nicht immer ganz im Sinne der eher vorsichtigen Kirchenoberen. 1989/1990 war er Mitglied der Grundsatzkommission der Sozialdemokraten in der DDR. 1990 wurde er zunächst Minister ohne Geschäftsbereich und dann Finanzminister der DDR, im Jahr darauf Mitglied des Europäischen Parlaments. Schließlich wurde er in den Seniorenrat der SPD aufgenommen. Als Finanzminister geriet Walter Romberg in die Kritik, weil er die „Kosten der Einheit“ deutlich höher, und damit viel realistischer, einschätzte, als es damals konservativer Schönwetterpolitik genehm war.
Als aktiver Christ und loyaler Bürger der Deutschen Demokratischen Republik hat Walter Romberg in der Dekade vor Ende des Ost-West-Konfliktes differenzierte Analysen dieser Konfrontation sowie wichtige Vorschläge zu ihrer Überwindung erarbeitet und in den politischen Prozess eingebracht. So etwa erkannte er früh, dass der damals ins Stocken geratene Prozess der Abrüstungsverhandlungen frischer Impulse bedurfte. In diesem Sinne plädierte er für einen an strikter Defensive orientierten Strukturwandel der Streitkräfte beider Seiten und selbständige Schritte der Abrüstung. Auch in seinen letzten Jahren engagierte sich Walter Romberg mit Konzepten und Appellen für den Frieden.
Walter Romberg starb am 23. Mai 2014 in Teltow/Brandenburg. Friedlich, im sechundachtzigsten Lebensjahr. Für unsere Freundschaft, die dreißig Jahre währte, bin ich ihm dankbar.

Lutz Unterseher

Kein Silberstreif. Nirgends

Unter der Überschrift „Unser Jahr mit Edward Snowden“ schrieb der Internetaktivist, Hacker und Technikpublizist Frank Rieger dieser Tage in der FAZ: Snowdon habe „die Tür zu den Katakomben unter den Fundamenten der westlichen Demokratien aufgestoßen. Seit Jahrzehnten unterminieren dort lichtscheue Geheimdienste im Namen unser aller Sicherheit die Grundlagen der Werte, die sie vorgeben zu verteidigen.“ Staatschefs und Minister seien dabei „so eng in das System einbezogen und eingewoben, dass politische Auswege aus dem Überwachungswahn immer unwahrscheinlicher scheinen, je mehr Details bekanntwerden.“
Bereits die bisher öffentlich gewordenen Sachverhalte führen zu dem Fazit: „Die Geheimdienste wollen alles mitlesen, alles abhören, alles auswerten und analysieren, was irgendwie kommuniziert oder von informationstechnischen Systemen verarbeitet oder gespeichert wird. Und sie sind nicht weit davon entfernt.“ Rieger Spricht von einer „Totalität dieses Ansatzes“.
Sein Blick in die nähere und wohl auch fernere Zukunft ist pessimistisch: „Die Kreativität und Ausdauer, mit der Regierungspolitiker und Behörden diesseits wie jenseits des Atlantiks die parlamentarische Aufklärung der Geheimdienstskandale […] verhindern, lässt wenig Raum für Optimismus. Duckmäuserisches Kuschen vor den Begehrlichkeiten der Geheimdienste, seien sie nun europäisch oder amerikanisch, maximales Ausreizen von Spielräumen – auf dieses Verhalten von EU-Kommission und europäischen Regierungen kann man sich bisher verlassen. […] Mit ihrem Agieren in der Überwachungsaffäre, ihrem […] geradezu anbiedernden Verständnis für Big-Data-Geschäftsmodelle hat die Politik das Vertrauen verspielt, ein kompetenter Regulierer für die digitalen Probleme unserer Zeit zu sein.“
Damit tut sich eine grundlegende gesellschaftliche Fragestellung auf, für die auch Rieger derzeit keine Antwort hat: „Wie es […] gelingen kann, die Demokratie an sich zu reparieren, steht in den Sternen. Statt mutiger Maßnahmen und weitsichtigen politischen Handelns gibt es derzeit beiderseits des Atlantiks eine hektische Suche nach Pseudolösungen, die oberflächlich gut klingen, aber den tatsächlichen Status quo der Überwachungssysteme nicht antasten.“

Wolfgang Schwarz

WeltTrends aktuell

Ein neues Paradigma deutscher Außenpolitik? Auf die Reden der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 gab es ein kontroverses Echo. Von den einen als wegweisend für Deutschlands zukünftige Rolle in der Welt gelobt, wurden sie von anderen als Plädoyer für militärisches Engagement gegeißelt. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln nähert sich WeltTrends der jüngsten Kontroverse um ein Mehr an deutscher Verantwortung. Weitere Themen im Heft: Elitenkampf in Thailand, Chinas Rolle in der Weltpolitik, iranische und pakistanische Interessen in Afghanistan sowie die Abrüstung syrischer Chemiewaffen.

am

WeltTrends. Zeitschrift für internationale Politik, Nr. 96 – Mai / Juni 2014 (Schwerpunktthema: Deutsche Außenpolitik kontrovers), Potsdam / Poznan, 9,50 Euro (für Bezieher des Newsletters: 6,- Euro) plus Porto. Weitere Informationen im Internet: www.welttrends.de.

Batman livehaftig

Viele Zuschauer haben den Abgang von Constanze Behrends, die so vielen Figuren ihren Stempel aufdrückte, von der Bühne des Berliner Prime Time Theaters bedauert (vgl. Blättchen Nr. 3/2014). Sie hat zwar weiterhin die parodistischen Stücke ihrer Theater-Sitcom „Gutes Wedding, schlechtes Wedding“ geschrieben und inszeniert, trat auch mal als TV-Moderatorin Claudia Kron in den Einspielern auf, aber sie fehlte. Jetzt hat sie versucht, die Lücke zu stopfen, indem sie ihre Figur der dicken Ulla zur Fernsehköchin machte. In „Fleisch TV“ hat sie einen witzigen Auftritt vor der Kamera – zu sehen in der neuesten Soap-Folge „Der Abschlussball“. Die Handlung weist wieder emotionale Höhen und Tiefen auf, und das Publikum geht begeistert mit, ruft „Schön!“, wenn sich zwei ehemals Liebende wiederfinden (und das kommt in dieser Folge nicht nur einmal vor). Constanze Behrends, die die Soap als Parodie aufs Fernsehprogramm begonnen hat, setzt nun auch auf Comic-Helden. Als Vorgeschmack auf künftige Folgen tritt jetzt Batman „livehaftig“ auf. Dieser Ausdruck allerdings fände bei dem konservativen fränkischen Direktor Bauernfänger von der High School Wedding (dem Leben gut abgelauscht von Oliver Tautorat) wenig Anklang. Er achtet auf die Reinheit der deutschen Sprache, nennt den (ebenfalls von Tautorat gespielten) Curly lieber Locki, engagiert Herbert Schneider alias DJ Bluelight (souverän schräg: Daniel Zimmermann) als Scheibenreiter (Discjockey), gibt sich modern und hat nichts gegen schmutziges Tanzen (Dirty Dancing). Doch diese Figur enttäuschte zugleich, weil die Autorin mit der Situation nicht viel anfing. Der berechtigte Kampf gegen Anglizismen, der schöne Blüten treiben kann und in Frankreich vehementer geführt wird als bei uns, wäre wert gewesen, ausgeweitet zu werden. Was sagt Bauernfänger dazu, dass er in einer „High School“ arbeitet, dass er gar in einer „Seife“ oder zumindest einer „Situationskomödie“ auftreten muss? Da ist Constanze Behrends ebensowenig eingefallen, wie zum Thema der Fußball-WM. Wie gern hätte man gerade in diesem Monat den Fußballer Beckenheim mit seinem Trainer Löwe wieder einmal auf der Bühne erlebt! Hat die Autorin eine Schreibblockade? Oder will sie ihre Sitcom von der zeitkritischen Parodie ins Heiter-Unverbindliche führen?
Neben den schon Genannten haben Cynthia Buchheim, Julia Franzke und Philipp Lang ihren zahlreichen Charakteren so viel Zucker gegeben, dass das Publikum vor Vergnügen tobte. Theaterchef Tautorat hat den Anspruch, hier intelligenter zu unterhalten als im althergebrachten Volkstheater. Da muss man aufpassen!

Frank Burkhard

Der Abschlussball, Prime Time Theater Berlin-Wedding, bis 11.7. donnerstags bis montags 20.15 Uhr.

Der Mensch: Leinwand und Marke

Wem der Herr nicht genug Geist zwischen die Schläfenlappen gepackt hat (und das dürften, vorsichtig gesagt, nicht ganz wenige sein), dem bleibt nichts anderes übrig, als mit Äußerlichkeiten auf sich aufmerksam zu machen. Und so lassen sich 16- bis 40jährige (der Entwicklungs- und Reifeabstand zwischen diesen Altersjahren war vor vielen Jahren sehr viel größer als heute) immer größere Körperflächen mit Tattoos vollmalen, auch wenn das schmerzt, und viel Geld kostet; gegebenenfalls gleich zweimal, wenn man nach späterer Einsicht diese unvergänglichen Schönheiten wieder entfernen lässt. Und wo Tattoos nicht funktionieren, steht allweil das Piercing zur Verfügung, der Metallanteil am Menschen ist rapide im Kommen, was früher bestenfalls in Gestalt implantierter Herzschrittmacher daherkam, hängt heute an Ohren und Lippen, die südlichen der Damenwelt inklusive. Schrottsammlern eröffnet das freilich ganz neue und gute Perspektiven, nur die postmortalen Verwertungsregularien gehören rechtlich noch geklärt. Erich Kästner hat in seinem legendären Gedicht „Sogenannte Klassefrauen“ einst deren Hang zur Aufmerksamkeitserheischung belustigt und belustigend karikiert. Was der heutige Markt außer blaugehauenen Fingern alles zu bieten hat, davon hatte der Gute 1930 keine Ahnung. Und dass sein Gedicht sich heute nicht nur auf Gender-Verlangen mit beiden Geschlechtern nahezu gleichermaßen befassen müsste, wohl auch nicht. „ …Wenn es Mode wird, sich schwarzzuschmieren / . . . Wenn verrückte Gänse in Paris / sich die Haut wie Chinakrepp plissieren . . . / Wenn es Mode wird, auf allen Vieren / durch die Stadt zu kriechen, machen sie’s…“ Das alles und noch viel mehr ist Mode, lieber Kästner, und die Hoffnung in der letzten Zeile Ihres Gedichtes, „Wenn´s doch Mode wäre zu verblöden …“, erfüllt sich heutzutage mal um mal. Mit mitleidlosen Grüßen an (zum Beispiel) all die bemalten und metallisierten Teilnehmer (Altersklasse: siehe oben) etwa an Konfettischlachten, Blutschlammrobben, Farbbeutelbewurf , Komasaufen und jedweder Fanhysterie. Mit ihren Körpern machen Sie unsere schöne neue Welt als Leinwand und Marke so herrlich bunt und unverstellt.

Petra Bohlig

Wofür sterben?

Was im Irak geschieht, kann einem auch dann Angst und Bange machen, wenn man eine verbindliche Ursachenerklärung flink zur Hand hat. Dass sich wohl niemand außer ihren Brüdern im Geiste einen Sieg von ISIS und Co. wünschen sollte, scheint ebenso offenkundig wie die Bagdader Regierung integrationsunfähig war und ist und also ebenso wenig Sympathie verdient. Obgleich durch die USA hochgerüstet, haben nun sehr viele irakische Soldaten Fahnenflucht begangen; ab sie dabei übergelaufen sind oder „nur“ nach Hause gegangen sind, ist an dieser Stelle zweitrangig. Aufmerksamkeit verdient dabei eine offenbar vielstimmig abgegebene Erklärung für diesen Schritt: sich nämlich für die korrupten und machtgeilen Regenten nicht töten lassen zu wollen. Gewiss gibt es kriegerische Umstände auf dieser Welt, wo ein solcher Schritt  moralisch verwerflich ist – als ein Nein zum Morden für die Interessen irgendwelcher Mächte oder Religionen, dürfte es allerdings ruhig Schule machen. Sollen doch diejenigen, die an die Macht gelangen oder sie nicht verlieren wollen (beides selbstverständlich immer im selbstlosen Interesse des Volkes), selbst aufeinander losgehen. Als der amerikanische Dok-Filmer Michael Moore („Bowling for Columbine“ und „Fahrenheit 9/11“) vor dem US-Parlament Abgeordnete mit Mikro und Kamera danach befragte, welches ihrer Kinder oder Enkel im Nahostkrieg für freedom and democracy kämpfe, erhielt er außer wütenden Blicken keine Antwort… „Sometime they’ll give a war and nobody will come“ heißt es in einem Gedicht des US-Dichters Carl August Sandburg, in deutscher Übersetzung: „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin“. Gewiss, eine reale Aussicht, diesen Zustand zu erleben, ist weit und breit noch nicht und nirgendwo vorhanden. Aber als Hoffnung bleibt solcherart massenhafte Vernunft allemal erstrebenswert.

Helge Jürgs

MSVO

Gesetze sind eine feine Sache, keine Frage. Dass sie bedenkenlos ignoriert werden, wo immer das zum eigenen Nutzen und Frommen ist, dürfte ebenfalls eine verbreitete Erfahrung sein. Und dies nicht nur dank es rücksichtsarmen beziehungsweise -losen Verhaltens Einzelner, auch Körperschaften aller Art interessieren die Folgen etwa beim Einsatz moderner und effektiver Technik für die Allgemeinheit nicht wirklich. Wenn zum Beispiel Paragraf 30 der Straßenverkehrsordnung (ich weiß, schon bei diesem Begriff löst eine Menge Zeitgenossen homerisches Gelächter aus) zum Beispiel festlegt, dass bei der Benutzung von Fahrzeugen unnötiger Lärm und vermeidbare Abgasbelästigungen verboten sind, und es insbesondere verboten ist, Fahrzeugmotoren unnötig laufen zu lassen und Fahrzeugtüren übermäßig laut zu schließen, so folgert ein zumindest unüberhörbarer Teil von Fahrzeughaltern daraus, was andere Kinder auch gern tun, wenn ihnen etwas untersagt wird: Nu grade! Aber ach, eine solche Klage geht ins Leere, und es ist eigentlich Platzverschwendung, sich darüber die Haare zu raufen. Zumal ein im Leerlauf tuckernder PKW-Motor vor einem Gebäude beim heutigen Stand der Technik ja nicht einmal furchtbar laut ist. Anders, ganz anders, als bei all jenen Rasen- und Grasbearbeitungmaschinen in privater wie öffentlicher Hand, mit denen das – in diesem Jahr besonders üppig wuchernde – Stadtgrün kurz gehalten wird. Allein Motorsensen mit Benzinmotoren emittieren einen Lärm, den sonst bestenfalls ein voll aufgerissenes Motorrad im Stand hervorbringt. Letzteres kann man ja auch gelegentlich erleben, nur in der Regel nicht etwa so stundenlang wie die sorgsame Bearbeitung einer mit Grün versehenen Straße benötigt. Aber ach, eine Motorsense ist schließlich kein Fahrzeug, und eine Motorsensenverkehrsordnung (MSVO) hat bisher nicht einmal deutsche Bürokratengründlichkeit hervorgebracht. Es bleibt auf dieser Welt doch noch gar zu viel zu tun.

Herfried Wolke

Medien-Mosaik

Der 130. Geburtstag des einst als „ungekrönter König der Berliner Operette“ titulierten Hugo Hirsch im März ist ein guter Anlass, zu der „Jüdischen Miniatur“ zu greifen, die Hartmut Bartmuss unter dem Titel „Wer wird denn weinen …“ verfasst hat. Anders als die anderen, nichtjüdischen Berliner „Operettenkönige“ Lincke, Kollo und Künneke ist Hirsch heute weitgehend vergessen. Von den Nazis vertrieben und verfolgt, musste er nach dem Krieg in Westberlin bitter um seine Anerkennung kämpfen, wie Bartmuss akribisch darlegt.
Hugo Hirsch (1884-1961), der aus der Provinz Posen stammte, wurde schon vor dem Ersten Weltkrieg, den er von Beginn an als Soldat durchzustehen hatte, ein erfolgreicher Komponist der heiteren Muse, dessen Melodien von Stars wie Otto Reutter und Claire Waldoff interpretiert wurden. „Wer wird denn weinen, wenn man auseinandergeht“ wurde in der Nachkriegszeit ein Gassenhauer, den später etwa Marlene Dietrich und Brigitte Mira sangen. Die meisten seiner musikalischen Lustspiele und Operetten wurden im Ausland Erfolge, beispielsweise lief „Der Fürst von Pappenheim“ unter dem Titel „Toni“ mehr als ein Jahr im Londoner Westend. Verfilmt wurde die Operette zweimal – schon 1927 mit Curt Bois und nach Hirschs Rückkehr aus der Emigration 1952 mit Viktor de Kowa. Gleiches gilt für „Die tolle Lola“, die mit Hirschs Orchestermusik noch als Stummfilm mit Lilian Harvey und dann noch einmal 1954 mit Herta Staal adaptiert wurde. Hirsch und seiner Frau gelang es 1933 nach Frankreich zu entkommen, wo er bereits für die „Folies Bergère“ gearbeitet hatte. Nachdem der Westberliner Bürgermeister Ernst Reuter die Hirschs zur Rückkehr bewegen konnte, stellte Hugo Hirsch bitter fest, dass elf Mitglieder seiner Familie, darunter sein Bruder, in den Gaskammern der Nazis umgebracht worden waren. Leider ist der pensionierte Pfarrer Bartmuss kein Musikwissenschaftler und vermag Hirschs Bedeutung für die Unterhaltungsmusik weder theoretisch noch sinnlich erfahrbar zu machen. Aber er hat Akten und Korrespondenzen des Nachkriegsjahrzehnts gründlich recherchiert und beweist, dass ehemalige Nazis wie auch Mitläufer (Boleslaw Barlog spielt eine unrühmliche Rolle) verhinderten, dass Hirsch die Anerkennung zuteil wurde, die er verdiente.

Hartmut Bartmuss, Hugo Hirsch:„Wer wird denn weinen…“, Jüdische Miniaturen bei Hentrich & Hentrich Band 122, Berlin 2012, 108 Seiten, 9,90 Euro.

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Müllsäcke verschandelten 2012 den Stuttgarter Wilhelmsplatz. Sie gehörten zur Filmkulisse des Streifens „Willkommen bei Habib“, der vor dem Hintergrund des Müllarbeiterstreiks von 2006 angesiedelt ist und nun in die Kinos kam. Titelheld des geschickt verzahnten Episodenfilms ist der türkischstämmige Besitzer einer kleinen Imbissgaststätte (Vedat Erincin). Bei ihm kreuzen sich die Geschichten seines Sohnes Neco (Burak Yigit), des gescheiterten Unternehmers Bruno (Thorsten Merten, mit Bart kaum wiederzuerkennen) und des uralten Tüftlers Ingo (Klaus Manchen). Sie alle schlagen sich mit Lebenslügen herum, die, so die Aussage des heiter-melancholischen Films, nur durch Mitmenschlichkeit zu lösen sind. Dass die Generationen ebenso wie die Kulturen keine unüberwindbaren Grenzen darstellen, erzählt Regisseur Michael Baumann in seinem Spielfilmdebüt mit Liebe und Ironie.

Willkommen bei Habib, Farbfilm-Verleih, seit 5. Juni in zahlreichen Kinos.

bebe

Wirsing

Aus den Kulturnachrichten des Deutschlandradios konnte man erfahren, dass ein Ortsbürgermeister im Westerwald auf seiner Facebook-Seite bedauerte, Homosexuelle würden in der BRD nicht mehr strafrechtlich verfolgt. Die Sprecherin las vor: „Die Junge Union des Bundeslandes entschied, dass Heibel sein Amt als Besitzer des Landesvorstandes niederlegen muss.“ Vielleicht stand bei dem Versprecher Sigmund Freud Pate? So manches Vorstandsmitglied, ob in der Politik oder mit bürgerschaftlichem Engagement geriert sich so, als gehöre ihm der ganze Verein!

Fabian Ärmel