von Rolf Geffken
Ja, ja, man hört es landauf landab aus den Häusern des DGB: Die junge Hafenfachgewerkschaft „contterm“ hatte sich unmittelbar nach ihrer Gründung unter die Fittiche des „Christlichen Gewerkschaftsbundes“ (CGB) begeben. Stimmt. Nur: Dieser Geburtsfehler der „contterm“ ist inzwischen Geschichte. Die Zusammenarbeit mit dem CGB ist längst beendet. Es gibt keine Kontakte mehr. Doch bisweilen hängt dies immer noch als von manchen gefördertes Gerücht im Raum: „contterm“ sei vielleicht eine „gelbe Gewerkschaft“… Die Realität spricht eine ganz andere Sprache. „contterm“ hat die Arbeitgeber nicht zum Freund. Die junge Gewerkschaft hat zu Hauf Feinde. In der Sprachregelung der Arbeiterbewegung war eine „gelbe Gewerkschaft“ bislang, wer von Unternehmern finanziert wird und ihnen hörig ist. Doch „gelb“ sind an „contterm“ mittlerweile nur noch die Warnwesten, auf deren Rücken deutlich „contterm“ zu lesen ist. Diese gelben Warnwesten sind für die Hafenunternehmen nun der Stein des Anstosses. Nachdem schon vor zwei Jahren Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt ausdrücklich vor „contterm“ gewarnt hatte und in diesem Zusammenhang ein „Tarifeinheitsgesetz“ befürwortete, gehen die Hafenunternehmer jetzt selbst dazu über, Mitglieder der Gewerkschaft gezielt unter Druck zu setzen.
So wurden Hafenarbeiter des Gesamthafenbetriebs (GHB) Bremen von Vorgesetzten des Arbeitgebers und auch von Vorgesetzten der Bremer Lagerhaus-Gesellschaft (BLG) aufgefordert, ihre Warnwesten mit dem Rückenaufdruck „contterm“ auszuziehen. Warnwesten mit einem solchen Aufdruck seien „nicht erwünscht“. In einem Falle wurde einem Arbeiter für den Wiederholungsfall sogar damit gedroht, ihm jeden weiteren Zugang zum Betriebsgelände zu verwehren. „contterm“ berichtet darüberhinaus, dass in einem weiteren Fall einem Arbeiter sogar mit dem Abbruch seiner Ausbildung gedroht worden sei.
Der Anwalt von „contterm“ hat nun GHB und BLG aufgefordert, jegliche weitere Verbote dieser Art zu unterlassen. Er wies in einem an beide Firmen gerichteten Schreiben darauf hin, dass es entgegen deren Behauptungen keine „Kleiderordnung“ gäbe, die das Tragen von Westen mit einem solchen Aufdruck verbiete. Im Übrigen verstiessen die Verbote eindeutig gegen das in Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes verankerte Grundrecht auf Gewerkschaftswerbung. Die Anordnungen seien willkürlich und durch nichts gerechtfertigt. Sie richteten sich eindeutig gegen das Erstarken einer kritischen gewerkschaftlichen Kraft in den Hafenbetrieben. Von seiten der Gewerkschaft ver.di war bislang nichts zum Thema zu vernehmen. Im Gegenteil: „contterm“ verweist darauf, dass deren defensive Tarifpolitik in den Häfen seitens der Unternehmen offenbar nachhaltig belohnt werde. So werde seitens der Hafenbetriebe, insbesondere aber beim GHB, ver.di in jeder nur erdenklichen Weise unterstützt. Noch wenige Tage vor Ausspruch der „Warnwestenverbote“ habe verdi auf dem Betriebsgelände für sich werben können.
Kurze Zeit nachdem die Unternehmensleitungen die anwaltliche Aufforderung zur Unterlassung weiterer Verbote erhalten hatten, legten sie noch einmal nach: Nun wurde sogar ein Mitglied des Betriebsrates(!) des GHB aufgefordert, die Warnweste abzulegen. Der blieb allerdings hart und erklärte dem Vorgesetzten: „Zeig mir die Kleiderordnung.“ Darauf der Vorgesetzte: „Mach ich!“ Doch der Betriebsrat berichtete später: „Ich habe ihn danach nicht mehr gesehen.“ Interessant aber ist, was einer der Vorgesetzen offenbarte: „Das ist von allerhöchster Stelle !“ Dieser Umstand müsste aus Sicht von „contterm“ nun nicht nur ein gerichtliches Nachspiel haben sondern auch zu politischen Konsequenzen führen: Beim GHB sitzen „an allerhöchster Stelle“ nämlich auch Vertreter von ver.di. Bei der BLG sind es Vertreter des Landes Bremen. Tatsächlich haben von ver.di dominierte Betriebsräte in Bremen versucht, „contterm“ das Recht auf Teilnahme an Betriebsversammlungen streitig zu machen. „Ein eindeutig rechtswidriger Vorgang, gegen den wir uns zur Wehr gesetzt haben“, erklärt der erste Vorsitzende Wolfgang Kurz.
Doch nicht nur die Unternehmer reagieren zunehmend nervös. So kam es seitens des Bundestagskandidaten der SPD Gunnar Wegener in Cuxhaven zur Absage der Teilnahme an einer Podiumsdiskussion, weil die dazu einladende Kanzlei RAT & TAT in ihrem Rundbrief die Gewerkschaft „contterm“ positiv erwähnt haben soll: Der Kandidat ist zugleich Vorsitzender von ver.di im Elbe-Weser-Distrikt. Sogar SPD-Mitglieder und andere DGB-Gewerkschafter haben in Stellungnahmen dazu bezweifelt, ob solche Reaktionen angemessen sind. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass die allein durch die Existenz von „contterm“ ausgelösten Konflikte damit nicht beendet sind.
Nach Abschluss dieses Artikels erreichte den Verfasser die Nachricht, dass der Gesamthafenbetrieb Bremen dem Anwalt ultimativ verkündete: „Die Arbeiter des GHB haben die Warnwesten zu tragen, die wir ihnen geben!“ Punkt. Bei soviel hanseatischer Gutsherrenart ist nun ein arbeitsgerichtlicher Grundsatzprozess unausweichlich.
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