16. Jahrgang | Nummer 1 | 7. Januar 2013

Antworten

John Forbes Kerry, Vietnam-Kriegsgegner – Sie sollen Hillary Clinton als künftiger US-Außenminister ablösen, verkündete Mr. President am 21. Dezember 2012 gleichsam als Frohe Botschaft aus dem Weißen Haus. Damit diese auch eine solche werde, rufen wir Ihnen gerne einen Satz wieder ins Gedächtnis, den Sie als zum Kriegsgegner mutierter hochdekorierter Vietnam-Kriegsveteran 1971 dem Kongress ins Stammbuch schrieben: „Wie fordert man einen Mann auf, der Letzte zu sein, der für einen Fehler sterben soll?“ Sie werden eine lange Fehlerliste Ihrer Vorgänger abzuarbeiten haben. Good luck, Mr. Kerry!

Kristina Schröder, planscht gern im Fettnapf – Nun also direkt vor Weihnachten in einem Pressegespräch „das Gott“. Theologisch zwar eher korrekt – dem Schöpfer von allem ist kein Geschlecht zuzuordnen – aber den Zeitpunkt hätten Sie wirklich wieder mal nicht besser wählen können! Mutti sprang Ihnen zwar rasch bei, aber da hatten die Gazetten und die Schandmäuler mit Namen Parteifreundihren Geifer schon wieder verspritzt nach dem Motto: „Die kann nicht Minister!“ Bei diesem Sturm im Wasserglas geriet ganz aus dem Blick, was Sie in dem betreffenden Pressegespräch noch so gucken ließen. Beim Vorlesen von „Pippi Langstrumpf“ nämlich sorgen Sie durch adäquate Übersetzungen dafür, dass ihr Töchterchen politisch unkorrekte Worte wie etwa „Negerkönig“ gar nicht erst mitbekommt. Und bei Hochbegabten kann man bekanntlich nicht früh genug damit anfangen. Das Kind ist immerhin schon 18 Monate! Und unterfordern Sie den Nachwuchs bloß nicht. Wie wäre es als nächstes mit Wilhelm Hauffs „Zwerg Nase“? „Zwerg“ geht natürlich gar nicht. Dafür könnten Sie durch einen ersten Rückgriff auf die fremdsprachliche Abteilung das Niveau durchaus noch etwas heben – … wir schlagen vor: „a vertically challenged man named nose“.

Philipp Rösler, absolute Fehlbesetzung – Als eine der peinlichsten ministeriellen Erscheinungen in der Geschichte der Bundesrepublik scheinen Sie zumindest mitbekommen zu haben, dass Ihre Tage am Kabinettstisch gezählt sind. Zu dieser Erkenntnis gratulieren wir Ihnen. Ihr jüngstes „Positionspapier“ mit der Empfehlung des beschleunigten Verkaufs von Staatsbeteiligungen allerdings ist ein weiterer Beleg dafür, dass Ihnen jeglicher Durchblick abhanden gekommen ist. Für einen – wenn auch gescheiterten – Augenarzt-Azubi ist das schon tragisch. Wir empfehlen Ihnen die Wiederaufnahme des Verfahrens, mit dem Sie Ihre Facharzt-Ausbildung beendeten: Schmeißen Sie doch einfach hin. Das wäre ein großer Dienst am Vaterlande, den wir voller Respekt zu Kenntnis nehmen würden.

Ilse Aigner, NABU-Preisträgerin 2012 – In der Regel erhalten Spitzenpolitiker Preise, Orden und andere Ehrungen für das Amt, das sie gerade innehaben. Egal, ob sie dafür etwas getan haben oder nicht. Das Jackett wird ausgezeichnet, nicht die Person. In Ihrem Falle ist das anders. Der NABU wählte sie aus einer langen Liste potenzieller Kandidaten für den „Dinosaurier 2012“ einzig und allein aufgrund Ihrer politischen Verdienste aus: „Die Bundesministerin erhält den Negativpreis für ihre rückwärtsgewandte Klientelpolitik, die den Prinzipien einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Politikgestaltung widerspricht.“ Das Blättchen gratuliert dem Naturschutzbund für seine kluge Wahl und der Ministerin zu einem wirklich einmal angemessenen Preis!

Wolfgang Schäuble, Aktivrentner – Auch in Ihrem Falle gibt es Menschliches, Allzumenschliches anzumerken, diesmal gar etwas nicht Unsympathisches: Selbstironie. Bezogen auf mokante Anmerkungen zur Ihren offenbar überschaubaren Englischkenntnisse, haben Sie schlagfertig mit dem Satz reagiert: „Aber schlecht gesprochenes Englisch ist schließlich eine der am meisten gesprochenen Sprachen der Welt“. Was die Riege deutscher Toppolitiker betrifft, die sich viel oder gar vorrangig im Ausland bewegen, gehören Sie diesbezüglich gemeinsam mit Westerwelle und Oettinger immerhin zu einem reputierlichen Klub. Nur Angela Merkel scheint firm zu sein im Anglizistischen. Das kann sie sich in der DDR nur widerständig erworben haben.

Annette Schavan, B i l d u n g s m i n i s t e r i n – Die Promotionskommission der Universität Düsseldorf hat nach eingehender Prüfung Ihrer Doktorarbeit empfohlen, ein Verfahren zur Aberkennung Ihres akademischen Titels zu eröffnen. Dazu fällt uns – wie so oft – Tucholsky ein, der in solchen Fällen folgende Richtigstellung anbot: „Das einzige an der Doktorarbeit, was von mir ist, ist die ehrenwörtliche Versicherung, daß sie von mir ist.“

Mohammed ElBaradei, lupenreiner Demokrat von Donau und Nil – Nach dem Referendum über die neue ägyptische Verfassung erklärten Sie, man habe „wahrscheinlich eine Schlacht verloren, aber am Ende werden wir den Krieg wahrscheinlich gewinnen.“ Ganz uneigennützig natürlich, weil: „Alles was ich will, ist sicherzustellen, dass das Land auf den richtigen Weg kommt.“ Das ist hübsch. Man mag die Muslim-Brüder mögen oder nicht mögen. Man kann Präsident Mohammed Mursis Verfassungstext grottig finden oder ihn über den grünen Klee loben – ein Abstimmungsergebnis ist ein Abstimmungsergebnis ist ein Abstimmungsergebnis. Demokraten haben das zu respektieren. Und sich zuvörderst die Frage zu stellen, weshalb sie denn die Abstimmung verloren haben. Weshalb, in Allahs Namen, gelang es Ihnen, Mohammed ElBaradei nicht, die Volksmassen, die Husni Mubarak zum Teufel jagten, für Ihre Ideen zu gewinnen? Haben die Ihnen etwa nicht über den Weg getraut? Sie kündigten an, nach „gewonnenem Krieg“ wieder nach Wien – dort waren Sie Chef der Internationalen Atomenergie-Behörde, hatte die nicht irgendwie ihre Finger im Irak im Spiele? – zurückgehen zu wollen. Unser Rat: Gehen Sie gleich. Ersparen Sie Ihrem Volk Ihren Krieg. Die rauchenden Trümmerstädte in den Nachbarländern Ägyptens reichen vollauf, um den Triumph der westlichen Wertegemeinschaft überzeugend darzustellen.

Tim Cook, Apple-Chef – 2012 endet mit einer schockierenden Nachricht, die mit Ihrem Namen verbunden ist: Sie haben als Nachfolger von Steve Jobs im abgelaufenen Geschäftsjahr lediglich 4,2 Millionen Dollar verdient, wohingegen 2011 für Sie als damaligen Vizechef des Apfelunternehmens fast 378 Millionen abfielen. Wir sind von soviel Opferbereitschaft für eine gute Sache zutiefst gerührt und bitten um Ihre Bankverbindung, um Sie mit Überschussmitteln des Blättchens wenigstens ein wenig aus dem Elend zu erlösen.

Alawaleed bin Talal Saud, Gebeutelter – Sie gehören zu den 16 Top-Milliardären dieser Welt, die 2012 ein Minus auf Ihrem Konto verbuchen mussten, das nun kümmerliche 28,2 Milliarden Dollar ausweist. Nach dem Bloomberg-Milliardärs-Index ist es bei den anderen um insgesamt 241 Milliarden weiter nach oben gegangen; als Spitzenreiter ist – noch vor Bill Gates – derzeit der Mexikaner Carlos Slim Helú mit 75,4 Milliarden ausgewiesen. Im Gegensatz zu Ihnen haben andere also die Ärmel hochgekrempelt, sonst kommt man zu soviel Geld schließlich nicht.

Simon-Wiesenthal-Zentrum, US-amerikanischer Antisemitismus-Wächter – Sie haben den Journalisten und Herausgeber des Freitag, Jakob Augstein, wegen dessen wiederholter Kritik an der Politik der israelischen Regierung unter Benjamin Netanjahu, die sich – dies nur am Rande – mit der Haltung vieler Israelis deckt, auf Ihrer Liste der weltweit zehn schlimmsten Antisemiten auf Platz neun gesetzt und sich dabei als Leumundszeugen auf Henryk M. Broder und dessen Verdikt berufen: „Jakob Augstein ist kein Salon-Antisemit, er ist ein lupenreiner Antisemit, eine antisemitische Dreckschleuder, ein Überzeugungstäter, der nur Dank der Gnade der späten Geburt um die Gelegenheit gekommen ist, im Reichssicherheitshauptamt Karriere zu machen.“ Nun gehört Broder – Christian Bommarius nannte ihn in der Berliner Zeitung treffend eine trostlose Witzfigur – hierzulande allerdings bereits seit längerem zu jener Phalanx sich öffentlich Äußernder, die kein erstzunehmender Mensch ernst nehmen würde. Und so liefern Sie mit Ihrer Einstufung Augsteins leider ein Beispiel dafür, dass auch ein sehr ehrenhaftes Anliegen wie der „Kampf gegen Antisemitismus und Holocaust-Leugnung sowie für die Verteidigung der Sicherheit der Juden weltweit“ – so die Formulierung auf Ihrer Homepage – nicht a priori vor Torheit schützt.