14. Jahrgang | Nummer 20 | 3. Oktober 2011

Antworten

Heiner Flassbeck, Wirtschaftswissenschaftler – Nicht nur dank Ihrer Tätigkeit als Chef-Volkswirt bei der UNO-Organisation für Welthandel und Entwicklung (UNCTAD) in Genf haben Sie sich den Ruf eines exzellenten Analysten sozialökonomischer Entwicklungen erworben. Auch publizistisch vermögen Sie es, die zumeist komplexen und damit schwierigen Zusammenhänge wirtschaftlichen Geschehens und deren Bezüglichkeit zur Politik so stringent wie zugleich verständlich darzustellen. Dies ist nicht eben vielen Autoren gegeben. Das Blättchen freut sich, seinen Lesern künftig Beiträge von Ihnen vorstellen zu können.

Frank Schirrmacher, FAZ-Grande – „Im bürgerlichen Lager werden die Zweifel immer größer, ob man richtig gelegen hat, ein ganzes Leben lang. Gerade zeigt sich in Echtzeit, dass die Annahmen der größten Gegner zuzutreffen scheinen“, hatten Sie zu Verwunderung und/oder Verdruss vieler Ihrer konservativen Kombattanten unlängst in Erwägung gezogen und gemutmaßt, dass die Linke mit ihrer Kapitalismuskritik am Ende doch recht gehabt hat. Dazu fällt uns freilich umgehend Kurt Tucholskys offenbar weitsichtiges Bonmot ein, dass der Sozialismus erst siegen wird, wenn es ihn nicht mehr gibt.

Heckler & Koch, Mordinstrumentenbauer – Ihr bei Kriegführenden in aller Welt hochbeliebtes Rüstungsunternehmen versteht sich laut Ihrer Auskunft an den anfragenden MdB-Abgeordneten Michael Schlecht von den Linken „als Teil der Sicherheitsinfrastruktur der freiheitlich-demokratischen Welt.“ Solch semantische Volte verdient unseren Respekt. Wenn irgendwann einmal die bereits verlautbarte Idee einer Wiedereinführung des Eisernen Kreuzes Realität werden wird, ist Ihre friedensfördernde Firma gewiss einer der ersten Anwärter. Wir sind in beiderlei Hinsicht guter Dinge.

Dick Cheney, vormaliger amerikanischer Vize-Präsident – Auf das unmenschliche Waterboarding angesprochen, haben Sie uns wissen lassen: „Es war keine Folter, es war ein Programm, das wir mit großer Vorsicht zusammengestellt haben. Alle Vernehmungstechniken haben wir an unseren eigenen Leuten im Training erprobt. Sie wurden von Präsident George W. Bush, dem Nationalen Sicherheitsrat, dem Justizministerium genehmigt, und sie standen im Einklang mit internationalen Verpflichtungen und Abkommen.“
Ein weiteres Zitat ist das Einzige, was einem zu Verbrechern wie Ihnen einfällt: „Ich kann gar nicht soviel fressen, wie ich kotzen möchte“ (Max Liebermann)

Annette Schavan, christdemokratische Bildungsministerin – „Der Papst ist nicht nur das Oberhaupt der katholischen Kirche, sondern auch einer der größten Denker unserer Zeit“, haben Sie uns über die Westdeutsche Allgemeine wissen lassen. Wenn man bedenkt, dass Benedikt der weltweit einzige Denker mit einem attestierten Unfehlbarkeitsanspruch ist, ist Ihnen da ein klassisches Understatement gelungen.

Klaus-Peter Siegloch, Frontenwechsler – Schön, dass Sie als umtriebig bekannter TV-Journalist mit 65 nicht in den Ruhestand getreten sind, sondern nun neuerlich Gutes tun, diesmal halt als Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). Sah man Sie jahrelang als einen mit objektiver Gnadenlosigkeit der Wahrheit verpflichteten Anchorman der heute-Sendung im ZDF, so konnte man Sie jüngst im RBB erleben, wie Sie mit gewohnter (zumindest innerer) Überzeugung für die ausgedehnteren Betriebszeiten des neuen Berliner Großflughafens plädierten. Weiß der Kuckuck, warum uns Leute wie Sie an Sören Kierkegaards bösen Ausspruch von 1846 über Journalisten erinnern, die da lauten: „Wehe, wehe über die Tagespresse! Käme Christus jetzt zur Welt, so nähme er, so wahr ich lebe, nicht Hohepriester aufs Korn, sondern die Journalisten!“

 Christopher Lauer, Piratenprimus – „Ich spiele Theater seit der fünften Klasse, ich traue mir das zu“, haben Sie Ihre Kandidatur für den Fraktionsvorsitz der Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus begründet. Selten ist die Hauptbefähigung heutiger Parlamentarier so ehrlich vorgetragen worden wie durch Sie. Viel Glück also bei Ihrer künftigen Tätigkeit. Vielleicht springt ja irgendwann mal der Iffland-Ring für Sie heraus. Gönnen würden wir es Ihnen auf alle Fälle.

Silvio Berlusconi, italienischer Politclown – Dass Sie ein altersgeiler Schürzenjäger sind, der, da die Damenwelt ihm nicht mehr freiwillig zu Füßen fällt, einer Schauspielerin schon mal die Moderation eines Schlagerfestivals anbieten lässt, damit sie mit ihm das Lager teilt, daran haben wir uns nachgerade gewöhnt. Auch dass eine andere Dame, die zu Ihrer Erbauung mal im Kostüm einer Nonne einen Striptease hingelegt hat, zur Regionalrätin im Parlament der Lombardei befördert wurde, regt uns angesichts der allgegenwärtigen Degeneration der bürgerlich parlamentarischen Demokratie nicht wirklich auf. Jetzt aber ist das Maß (für unsere bayerischen Leser: die Maß) voll: Sie haben, so war in der Zeitung Il Fatto Quotidiano zu lesen, unsere Kanzlerin eine „culona inchiavabile“ genannt, was mit „überdimensioniertes, unhandliches Gesäß“ nur äußerst unzureichend übersetzt ist. Kriege sind schon wegen geringfügigerer Majestätsbeleidigungen geführt worden! Wir neigen zwar nicht zur Gewalt, aber wir werden bis zu Ihrer überfälligen Demission sowohl Pasta als auch Pizza und jeglichen italienischen Tropfen die kalte Schulter zeigen.