Des Blättchens 12. Jahrgang (XII), Berlin, 2. Februar 2009 , Heft 3

Schwarze Löcher

von Helge Jürgs

Die Welt zittert vor dem, was die Wirtschaftskrise ihren Bewohnern wohl noch aufbürden wird. Nicht zu Unrecht, gewiß. Die viel größere Bedrohung der Schöpfung allerdings geht auf diese Weise unter, was von den Finanzapokalyptikern vermutlich auch so gewollt sein dürfte. Denn keine Rede mehr ist von jenem Teilchenbeschleuniger in der Schweiz, dem hochseriöse Experten vor Jahresfrist vorausgesagt hatten, Schwarze Löcher zu produzieren; jene hinterlistigen kosmischen Gebilde also, die unseren schönen blauen Planeten Stück für Stück im Nirvana verschwinden zu lassen in der Lage sind.

Nun ist das Teufelszeug bei Bern derzeit zwar defekthalber stillgelegt, einen Anfangserfolg in besagter Richtung muß es aber bereits gegeben haben, nur, daß darüber in Politik und Medien in seltener Eintracht geflissentlich geschwiegen wird. Um nur einmal unseren Zwei-Personen-Haushalt zu nehmen. Wiewohl wir anerkannte Ordnungsfanatiker sind, fehlt mir seit Einbruch der meteorologischen Kälte einer meiner Handschuhe – einfach weg! Meine Frau hingegen sucht eine ihrer Mützen. Obwohl sie davon fast so viele hat wie Schuhe, kennt sie jeden einzelnen Kopfputz ganz genau und weiß über sein Befinden ebenso Bescheid wie über seinen Aufenthaltsort. Nun aber: weg, spurlos! Genauso meine Monatskarte für den Berliner ÖPNV; schweineteuer, aber nicht aufzufinden.

Oder der Korkenzieher aus Italien – der war zugegebenermaßen geklaut, daß ihn aber Berlusconis Geheimdienst in einer Nacht-und Nebel-Aktion zurückentführt haben könnte, ist wegen des Bagatellcharakters dieses kleinen Diebstahls wohl auszuschließen. Weg jedenfalls – wie die hellbraune Schuhcreme, das vorjährige Weihnachtsbaumlametta und die so handliche Hummergabel. Vom Geld im Portemonnaie wäre noch zu reden, von jenen Abermilliarden, die Banken und Regierungen weltweit auf immer entschwunden sind, ganz zu schweigen; auch das übrigens etwa seit der Inbetriebnahme besagtes Lochproduzenten in der Schweiz.

Jeder einzelne dieser Verluste ließe sich nun durchaus als jenes Mysterium erklären, das jedem von uns immer wieder mal begegnet. Aber alles zusammen?!! Nein, hier ist eingetreten, womit zu rechnen war nach den immer hemmungsloseren Versuchen des Menschen, in die Schöpfung eingreifen zu wollen. Nun haben wir den Salat. Überlegen Sie also schon mal, welche Lieblingslektüre Sie mit ins Off nehmen möchten. Für das Blättchen müßte eigentlich Platz sein. Sooo klein können die Löcher ja nun auch nicht sein.