von Ines Fritz
Dieser Text ist von gepflegten Händen geschrieben, deren Besitzerin eine Entschuldigung dafür sucht, daß sie dem unsinnigen Konsum unseriöser Luxusartikel verfallen ist, die kein Mensch haben muß!
Manchmal, da sieht man jemanden, der hat irgend etwas, der löst etwas aus, so ein diffuses Entzücken! Nicht lange und nicht nachhaltig, nur so einen Moment, oder vielleicht ist es auch nur dieser Moment.
Wahrscheinlich ist es etwas Hormonelles. Jedenfalls ist mir das – was auch immer es sein mag – am letzten Samstag passiert. Ich war Einkaufen, mitten in der Riesenberammlung, so kurz nach dem Zahltag. Kurz vor Weihnachten. Zwischen überfüllten Damentoiletten, verkeilten Einkaufskörben und überteuerten Sonderangeboten, stand er: ein Traum von einem Mann. Und er war echt. Ein handsortiertes Luxusmännchen, mit smartem Blick, dazu passendem Hemd, dem romantischen Charme eines Heimatvertriebenen auf dem Bahnsteig in Richtung Nirgendwo.
Er kam auf mich zu, nahm meine Hand in seine, und mir blieb die Luft weg. In der anderen Hand hielt er eine Flasche Hand- und Nagel-Lotion. Davon kleckste er mir ein winziges Tröpfchen auf meine kalten Hände. Es war das herrlichste pampige Tröpfchen, das mir da entgegenfloß. Es wirkte unschuldig. Mitten im Trubel, mit einem cremekleckernden Gott allein, nur wir zwei. Er schrubbelte zärtlich meine Fingernägel, und ich überlegte, was noch alles zu schrubbeln mir gut täte. Dabei hielt er mir allerlei duftende Absonderlichkeiten vors Gesicht, an denen ich riechen mußte. Ich nickte bei Duft 1, 2 und 3.
Er strahlte mich durch all die duftenden Töpfchen an, und ich hörte ihm andächtig zu. Er redete und strahlte, kleckste und rieb, das alles nur für mich. Ich würde trotzdem nichts kaufen, war ich mir sicher.
Zehn Minuten später war ich um zwanzig Euro ärmer und Besitzerin eines »Hand and Nail-Set« vom Toten Meer. Das ist ein langes dolchförmiges Plaste-Dings mit zwei pastellfarbenen Seiten, eine rosa und eine grau, eine glatt und eine rau, sowie einer Flasche Lotion, die wie ein Obstsalat riecht, und irgend etwas, das aussieht wie Nasentropfen. Seither rede ich mir ein, dieser Mann und dieser Moment sind es wert gewesen.
Aber sicher bin ich mir nicht.
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