Des Blättchens 11. Jahrgang (XI), Berlin, 8. Dezember 2008, Heft 25

Clement macht den Lafontaine – nach rechts

von Peter Richter

Daß Wolfgang Clement der SPD noch einmal einen Gefallen tun würde, damit hatte man kaum noch rechnen können. Er tat es dennoch, indem er die Partei, die nicht die Traute hatte, ihm ihrerseits den Laufpaß zu geben, nun selbst verließ. Besser als seine Genossen hatte er wohl erkannt, daß er weder so sozial noch so demokratisch ist, wie es der Name der SPD verspricht – und zog die Konsequenzen. Das immerhin sollte man ihm zugute halten. Er stellte seine Überzeugung vor einen faulen Kompromiß – so wie einst Oskar Lafontaine; da wundert es nicht, daß einige zwischen beiden Parallelen sehen.
Aber natürlich gibt es zwischen beiden einen großen Unterschied: Lafontaine verließ die SPD, weil er sie nicht mehr sozial und vielleicht auch nicht mehr demokratisch genug fand, während Clement davon wohl eher noch zu viel in der Partei diagnostizierte. Wo der eine in der SPD das Markenzeichen Links zunehmend vermißte, wollte der andere sie nach rechts zerren, was stückweise auch gelang, ihm aber noch nicht genügte. Nun kann er bei der FDP, die das auch schon eilig anbot, oder im Wirtschaftsflügel der CDU eine neue Heimat finden; dort dürften sich Konflikte mit den Parteifreunden in Grenzen halten.
Und das nicht zuletzt deshalb, weil Wolfgang Clement nicht einfach aus der SPD austrat, sondern diesen Austritt auch noch so inszenierte, daß seine Ex-Partei davon einen möglichst großen Schaden davonträgt – zur beträchtlichen Freude der politischen Konkurrenz. Wochenlang hielt er seine Personalie in einer zerstörerischen Diskussion, aber erst als diese beendet wurde, schoß er den Giftpfeil ab. Er folgte damit getreulich dem Beispiel von dreien der vier Abweichler in der hessischen SPD. Auch sie ließen ihre Partei monatelang diskutieren, doch erst als sich eine Entscheidung abzeichnete, schlugen sie zu. Eigentlich handelt so nur jemand, dem es weniger darum geht, seine Genossen für die eigene Überzeugung zu gewinnen, als um den größtmöglichen Schaden für die Partei herbeizuführen, ihre Bestrafung dafür, daß sie mehrheitlich bei ihrer anderen Meinung blieb.