von Ove Lieh
Manch einer schimpft auf Horst Köhler. Sie kennen ihn? Das ist der Mann, der sich um die Nachfolge des gegenwärtigen Bundespräsidenten bewerben will. Darüber meckert kaum einer, allerdings ist auch wenig großes Lob zu hören. Was kein Wunder ist bei der üppigen Spargelernte, die noch üppiger ausfiele, wenn man alles reinholen könnte, was da an hellen Köpfen aus dem Boden schießt. Dafür aber ist Spargel ein Produkt, das der Hersteller noch durchschaut, während der Banker ziemlich ratlos dasteht und sich nun noch, da er eigentlich Zuspruch bräuchte, harsche Kritik von ganz oben beziehungsweise von der Seite anhören muß. Monster seien die Banken, die man transparenter machen müsse.
Ein gefährlicher Aufruf – denn wenn die Leute wirklich hinter die Kulissen schauen, wer weiß, was dann passiert? Von den Ossis droht allerdings vorläufig keine Gefahr, denen steckt ihre letzte Aktion noch so in den Knochen, daß sie lieber abwartend zuschauen oder umgekehrt. Man könnte es so sagen: Weil sie nicht mehr frustriert vom Bananeneinkauf ohne Bananen zurückkommen wollten, ließen sie ein neues Geschäftsmodell einführen und kommen jetzt mit Bananen nach Hause, allerdings immer noch frustriert.
Deshalb sollen sie jetzt mal nicht das Thema sein, sondern eben der transparente Horst, der, wie man es von einem zukünftigen Bundespräsidenten erwarten darf, populistisch schwafelt, daß es einem ganz transparent vor Augen wird, seine sauberen, handgewaschenen Finger, da wo er herkommt, wäscht eine Hand die andere, voll auf die schmutzige Wunde der Geldgier legt. Von oben bis ganz unten durchzieht sie obszön unser Land. Obszön oben, weil dort die Beträge astronomisch hoch sind, was bedeutet, daß noch der letzte Mond so viel erhält, als sei er eine Sonne, und unten noch obszöner, weil die Beträge so niedrig sind, daß man nicht einmal ordentliche peanuts davon kaufen könnte.
Während ich nun also unserem Horst auf die Schulter klopfe, gedanklich natürlich, denn niemand würde mir erlauben, in Gegenwart des erleuchteten Erlauchten die Hand zu heben, sei es auch zum Schulterklopfen, hacken andere auf dieselbe ein, weshalb ich meine Hand schnell wieder wegziehe, denn ich kenne erstens die Hackordnung und werde zweitens nicht gern gehackt.
»Markt und Wettbewerb« haben es in Deutschland ohnehin schon schwer, hackt schäumend die FDP in Gestalt von Brüderle und vergißt dabei, sich selbst als Dritten im Bunde zu erwähnen. Schwesterle hat, glaube ich, noch nichts dazu gesagt. Beide haben Recht. Erst recht im Osten, dort hatten es Markt und Wettbewerb immer schon schwer. Der Markt, der immer leergefegt war wie von Zauberbesen, denn echte gab es nicht, und noch mehr der Wettbewerb, der sozialistische, wie er hieß, der in Betrieben und Einrichtungen tobte. Vor allem vor Lachen über sich selbst, denn er sollte nur Sieger hervorbringen. Sozialismus als institutionalisierte Win-Win-Situation. Nichts gewonnen war, als sich die vermeintlichen Sieger am Ende als Verlierer herausstellten. Ein Wettbewerb, der nur Verlierer kennt, ist auch kein richtiger.
Der muß Gewinner und Verlierer erzeugen, deren Anzahl sich nicht unbedingt im Gleichgewicht befinden muß, sondern nur in einer Balance. Optimal sind möglichst viele Verlierer und wenige Gewinner. Die Verlierer geben sich dann im Wettbewerb noch mehr Mühe, auch wenn es zur Ernte des nationalen Spargel noch nicht reicht, aber sie wollen auf den Markt, der inzwischen nicht mehr leergefegt ist, sondern voll, proppevoll, so voll, daß er manchmal kollabieren muß, und die Gewinner müssen sich auch bemühen, vor allem um vor Lachen noch in den Schlaf zu kommen, wenn sie das Gezappel der Verlierer sehen.
PS.: Horst Köhler ist schon Bundespräsident? Na, da sehen sie mal! So transparent ist der, daß man ihn schier nicht bemerkt.
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