von Ove Lieh
Kennen Sie Marvin, den paranoiden Androiden? Wenn Sie schon per Anhalter durch die Galaxis gereist sind, ganz sicher. Und dann wissen Sie auch, daß er ein ziemlich depressiver Geselle war. Damit wäre er nicht für jene Aufgabe geeignet, die sich am Horizont der Robotik abzeichnet, der Einsatz als Betreuungsroboter für Alte und Pflegebedürftige. Genau das soll nämlich in gar nicht ferner Zukunft möglich sein, nachdem man bisher in einem Erfurter Baumarkt einen Beratungsroboter aus Ilmenau einsetzt.*
Ich war zwar bisher immer der Meinung, daß Baumärkte ganz bewußt so angelegt waren, daß man überprüfen konnte, ob man zum Heimwerkeln überhaupt taugt. Wer den Nagel nicht findet, wird ihn wahrscheinlich auch nicht in die Wand bekommen. Das ist so ähnlich wie der Dialog, der neulich in einem Computermagazin im Fernsehen stattfand. Als es um die Möglichkeit ging, im BIOS Einstellungen zu verändern, fragte der Moderator, wie man denn ins BIOS käme. »Wenn Sie das nicht wissen«, sagte der Fachmann, »dann haben Sie da auch nichts zu suchen!«
So ist das auch mit den Baumärkten. Wenn Sie ohne Hilfe da nicht das finden, was Sie brauchen, sollten Sie auch nie ohne Hilfe basteln. Der Roboter schadet also mehr als er nützt, weil er das Problem verschleiert. Ganz anders der Roboter als Altenbetreuer. Nicht nur, daß sich die Senioren frühzeitiger als bisher daran gewöhnen können, daß sie am Ende ihres Lebensweges nur noch von Maschinen betreut werden, weil niemand seine wertvolle Lebenszeit dafür verplempern möchte, nein, der Einsatz von Robotern in der Pflege könnte in diesem Bereich auch zu mehr menschlicher Wärme und Anteilnahme führen.
Und die zukünftigen Alten werden kein Problem damit haben, wenn die kleine Intelligenzbestie sie fragt, ob sie schon genug getrunken haben, weil sie die Frage aus ihren Flatrate-Zeiten noch kennen: »Hast Du nicht langsam genug getrunken!?« (Mama) oder »Hast du schon genug getrunken für die 15 Glocken?« (Kumpel). Schwieriger wird es schon mit Fragen danach, wie es einem gehe, weil angesichts des, nun ja!, »Stils« späterer Alter zu vermuten ist, daß die Antwort lauten wird: »Was geht das dich an, Schrotthaufen!?« Ob nun die Aufforderung eines Roboters zum Spaziergang Rheumapatienten wirklich vom Krankenlager hebt, andere Kranke zur Einnahme ihrer Medikamente oder regelmäßigen Blutdruckmessungen bewegt, muß die Zukunft zeigen.
Was man schon absehen kann, ist, daß der Einsatz von Robotern in Behörden ohne größere Probleme möglich sein wird, weil es dort schon seit geraumer Zeit nur noch um die Verwaltung von Daten, die Auswertung von multiple-choice-Fragebögen und die maschinelle Erstellung von inhaltlich strittigen Schreiben geht, die ohne Unterschrift gültig sind. Denken Sie nur an den 2,1-Milliarden-Euro-Umsatzsteuerbescheid an eine Imbißbudenbesitzerin in München. Völlig einer Meinung sind wir dagegen mit einem Beigeordneten eines Landrates, der zu dieser Frage betonte: Der Ersatz des Landrates wäre sicher zu weit gegriffen. Dort hat Intelligenz, ob nun natürlich oder künstlich, wirklich nichts zu suchen.
* »Thüringer Allgemeine« vom 25. Juli 2007, dort auch die kursiv geschriebenen Sätze zitiert.
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