von Jerzy Urban, Warschau
Wir haben in einem Land, das von niemandem angegriffen wird, einen Verteidigungsminister. In den Ohren seiner NATO-Kollegen klingt sein Name, als ob jemand Polnisch nachäfft, was nicht auszusprechen ist – Szczygło. Im Fernsehen demonstriert er den stählernen Blick eines Schmierenschauspielers, der einen Gestapomann verkörpert. Szczygło veranstaltet komische Vorbeimärsche, an denen der Präsident, umgeben von Pferdeärschen, teilnimmt.
Diesem Mann warfen die Medien, die Opposition und seine Vorgänger im Ministeramt den Versuch vor, zu verschweigen, daß ihm unterstellte Soldaten eine Reihe unschuldiger afghanischer Dorfbewohner getötet haben. Als das geschah, hätte dieser Mann unverzüglich Trauer und Mitgefühl für die Familien, deren Angehörige Opfer polnischer Soldaten geworden sind, verlautbaren lassen müssen. Um Entschuldigung bitten müssen. Versprechen müssen, daß es nicht die Absicht ihm Unterstellter gewesen sei, zivile Landeskinder zu töten und er sich bemühe, daß sich eine derartige Tragödie künftig nicht wiederholt. Trauer für unsere Truppen in Afghanistan hätte befohlen werden müssen. Eine Entschädigung angekündigt werden müssen, Ermittlungen und Bestrafung der Schuldigen, falls die ihm Unterstellten sich schuldig gemacht hatten. Statt dessen bezeichnet Szczygło die Opposition als Geier und seine Vorgänger im Ministeramt als »jene Leute«. Beim Versuch des Verteidigungsministeriums, den Unglücksfall zu vertuschen, redet er Stuß in der Art, die Veröffentlichungen über das Geschehen würde die polnischen Soldaten der Rache aussetzen. Als ob die Afghanen nicht wüßten, wer ihre Landsleute getötet hat, und sie auf eine Veröffentlichung in der Gazeta Wyborcza angewiesen wären.
Der Vorfall wirft Licht auf den Hintergrund seiner Arroganz. Szczygło meint, Aufgabe des polnischen Militärs sei die Verteidigung des Staates, der Polen und des eigenen Lebens. Unausgesprochen bleibt dabei, daß ihm das Leben Fremdstämmiger gleichgültig ist.
Diese Gleichgültigkeit des Ministers anderen Völkern gegenüber, die zu befreien wir vorgeben, ist einer der Gründe, sich an Szczygłos Landsleuten, deren sie in Afghanistan habhaft werden können, zu rächen. Am problematischsten dabei ist jene Ansicht, jener Irrglaube, das Leben des Polenstammes sei höher zu bewerten als das Leben brauner Eingeborener. Auf solchem Boden erwächst der Rassismus – und aus dem Rassismus die Fähigkeit für Verbrechen.
Aus: Nie 35/2007, Warszawa; aus dem Polnischen von Gerd Kaiser
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