von Erich Kästner
Daß Menschen auf der Suche nach Schönheit auch vor Selbstverstümmelungen nicht Halt machen, ist an sich nichts Neues. Zu Tätowierungen, Piercings, Brust-Operationen und Intimschmuck hat sich inzwischen eine weitere Spielart der schmerzhaften Verschönerung gesellt: die »Designer-Vagina«. Sie ist die neueste Mode in der plastischen Chirurgie. Frauen, die unzufrieden mit dem Aussehen ihres Geschlechtsteils sind, lassen es mit einigen Schnitten verschönern … (Aus: Spiegel online 25. Mai 2007)
Sind sie nicht pfuiteuflisch anzuschauen?
Plötzlich färben sich die Klassefrauen,
weil es Mode ist, die Nägel rot!
Wenn es Mode wird, sie abzukauen
oder mit dem Hammer blauzuhauen,
tun sie’s auch. Und freuen sich halbtot.
Wenn es Mode wird, die Brust zu färben,
oder falls man die nicht hat, den Bauch …
Wenn es Mode wird, als Kind zu sterben
oder sich die Hände gelbzugerben,
bis sie Handschuh’n ähneln, tun sie’s auch.
Wenn es Mode wird, sich schwarzzuschmieren …
Wenn verrückte Gänse in Paris
sich die Haut wie Chinakrepp plissieren …
Wenn es Mode wird, auf allen Vieren
durch die Stadt zu kriechen, machen sie’s.
Wenn es gälte, Volapük zu lernen
und die Nasenlöcher zuzunähn
und die Schädeldecke zu entfernen
und das Bein zu heben an Laternen, –
morgen könnten wir’s bei ihnen sehn.
Denn sie fliegen wie mit Engelsflügeln
immer auf den ersten besten Mist.
Selbst das Schienbein würden sie sich bügeln!
Und sie sind auf keine Art zu zügeln,
wenn sie hören, daß was Mode ist.
Wenn’s doch Mode würde, zu verblöden!
Denn in dieser Hinsicht sind sie groß.
Wenn’s doch Mode würde, diesen Kröten
jede Öffnung einzeln zuzulöten!
Denn dann wären wir sie endlich los.
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