Des Blättchens 10. Jahrgang (X), Berlin, 11. Juni 2007, Heft 12

Kuchen statt Karriere

von Ines Fritz

Auf Grund ihrer Veranlagung seien Männer nicht unbedingt für Hausarbeit oder Kinderbetreuung vorgesehen, sagt Eva Herman dem Focus. Eine Frau sei »viel eher in der Lage, das Haus heimelig zu machen, schöne Blumen aufzustellen und Apfelkuchen zu backen«. Das mache sie selbst zwar in ihrem eigenen Haushalt nicht alles allein, »aber mein Mann macht es auch nicht«.
Für eine Frau aus der DDR ist der Westen eine Zumutung. Okay, Frauen dürfen wählen gehen – zwischen Regen und Traufe. Ja, wir brauchen auch die Männer nicht fragen, ob wir arbeiten dürfen – aber sollte sich das Arbeiten nicht auch irgendwie lohnen? Sicher, wir dürfen auch kinderlos bleiben, aber müssen wir auch? Wir dürfen uns von unseren Männern trennen und sie nach Strich und Faden ausnehmen, wenn uns danach ist. Und wir dürfen ohne Männer leben, dafür aber mit den Kindern. Gewisse Rechte kann man selbst im Westen ankommenden Ostfrauen nicht mehr nehmen.
Nun aber, nachdem die Kinderbetreuung im Osten aus Gründen der Kostenersparnis zurückgebaut wurde, ist Ministerin von der Leyen eingefallen, daß Kinderbetreuungseinrichtungen dringend auszubauen seien. Wer das bezahlen soll, sagt sie nicht wirklich. Daß es wichtig ist, wissen wir alle. Naja, nicht alle. Nicht nur Bischof Mixa nicht. Der befürchtet, daß Frau von der Leyen die Frau zur Gebärmaschine macht. Ein Katholik als verkannter Feminist, der einer Frauen-sind-auch-nur-Menschen-Ideologie den propagandistischen Mißbrauch der weiblichen Gebärfähigkeit vorwirft. Das ist nicht ohne jede Komik.
Dann meldete sich noch Eva Herman zu Wort und ließ sich Respekt für ihren Mut zollen, eine Gegen-den-Strom-Schwimmerin zu sein. Respekt zolle ich ihr auf jeden Fall – in etwa wie einem nackten Irren, der zur Hauptverkehrszeit seine Notdurft auf der Straße verrichtet.
Natürlich habe ich ihr keinen Brief geschrieben und werde daher auch nicht in Liebe Eva Herman abgedruckt. Aus Gründen der Kostenersparnis verwende ich meine doch begrenzten Ressourcen darauf, Artikel für Das Blättchen zu schreiben. Ob Eva das gutheißt, weiß ich nicht.
Toll fände Eva sicher, daß ich zwei Kinder habe. Ich lese zur Abendbrotzeit keine Nachrichten. Wir haben nicht mal einen Fernseher. Und ich habe auch keine Kinderfrau, die mir ein schlechtes Gewissen macht, wenn die Kinder mal krank sind. Ich könnte sie auch nicht bezahlen. Zwei Kinder habe ich, weil ich eher angefangen habe, nämlich mit 25. Da klappt das dann auch noch mal mit einem zweiten. Ich finde Kinder nett, vor allem wenn es mehrere sind. Frau läuft dann seltener Gefahr, um das Kind herumzutanzen wie ums »goldene Kalb«. Selbst ein goldenes Kalb hat auch eine Mutter-Kuh. Ein Drittes bekomme ich nicht, weil mir die Eva Angst macht: Was wird, wenn Emanzipation wirklich einsam macht? Wie gehe ich mit meiner gottgewollten Rolle als Frau um, wenn ich zugleich irgendwie ein Mann sein will? Also kein richtiger Mann, sondern nur ein Arbeitnehmer – aber immerhin. Was wird ein Mann dazu sagen, der keine Frau sein will – und das wollen ja nun wirklich nur wenige. Ständig soll ich wählen müssen, zwischen Eva Herman und Alice Schwarzer, zwischen Mixa und von der Leyen, zwischen Männern und Emanzipation, zwischen Karriere und Kindern; ich habe das Wählen so satt. Bin ich im falschen Film?
Männer rufen derweil verzweifelt nach Vaterschaftstests, und Frauen erinnern sich an die Durchhalteparole der Feminismusbewegung: Mein Bauch gehört mir! Naja, so lange er nicht knurrt. Einig sind sich alle: Kinder sind eine vermeidbare Katastrophe. Für mich bleibt ein Kopfschütteln und politischer Autismus. An Alice Schwarzer habe ich einiges zu kritisieren, an Eva Herman ohnehin. Alice kann man klug nennen, für Eva finde ich keine druckbaren Worte. Alice als Galionsfigur des bürgerlichen Feminismus hat zumindest erreicht, daß Frauen keine Kinder kriegen müssen. Männer aber auch nicht. Frauen dürfen statt dessen arbeiten. Männer aber auch. Eva Herman schafft es zumindest, daß Arbeitslosigkeit für Frauen irgendwie erträglich wird. Sie dürfen sich anderweitig ausgelastet fühlen. Genügend Eigenkapital und entsprechendes Alter vorausgesetzt, versteht sich. Und mit mindestens einem Kind zum Anbeten. Falls es trotzdem Probleme gibt, hilft dann ein leckeres Stückchen Apfelkuchen.