von Angelika Leitzke
An Judica, dem vierten Sonntage der vorösterlichen Fastenzeit, durften in Dankbarkeit und Freude Unsere Lieben Schwestern – namentlich Schwester Maria Elisabetta und Schwester Maria Hüldegard (Namen von der Redaktion geändert) vom katholischen Franziskanerkonvent der Barmherzigen vom Stift zu Heiligengrabe – nicht unweit der ehemaligen fürstlich-königlichen Residenz zu Potsdam, dessen einstiger Herr, seine Durchlaucht Kurfürst Friedrich Wilhelm, später als Friedrich II. dito königlicher Throninhaber und als Friedrich der Große geehrt und geliebt postum wie in excelsis deo – durften Unsere Lieben Schwestern also ihre vierzigste beziehungsweise silberne Profess ihres mildtätigen Lebens im Dienste Jesu Christo und Unseres Lieben Herrn im oben genannten Konvent in der Kirche St. Peter und Paul zu Postdam – unlängst von morschem einsturzbereitem Gebälk dank wohltätiger Spender befreit – feiern in Conzelebranz mit hohen Vertretern des geistlichen Standes wie Mitgliedern der hiesigen Pfarrgemeinde.
Überreicht wurde ihnen – die als Gottesdienstbeauftragte wohl bekannt und doch auch tatkräftig mit Leib und Seele beim Umzug der Senioren aus dem Altersheim des St. Marienkrankenhauses in das neue caritative Zentrum Zum Heiligen Benediktus mitgewirkt hatten – von Seiner Eminenz, dem Erzbischöflichen Gregorius Kardinal Sterzinsky zu Berlin, einst Hauptwohnsitz des oben erwähnten durchlauchten Kurfürsten von Preußen beziehungsweise seiner späteren Exzellenz, Friedrichs des Großen, nun Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland – kurz BRD – hervorgegangen aus der deutsch-demokratischen – kurz gesagt DDR – und der alten Bundesrepublik freiheitlicherer Gesinnung respektive des östlichen wie westlichen Teils des einst vom Geschlecht der Habsburger, Hohenzollern wie derer von Wittelsbach wohl regierten Landes, sein Amt wohl und weislich in Gedenken an Jesu Christo und weiteren Heiligen vollziehend, ein Rucksack der Größe XS aus leichter Synthetik und waterproof, in welch selbigen der eherne Bischof hineintat nebst Jakobsmuschel noch einige Federn einer Blaumeise zum Zeichen seiner Leichtigkeit und in Gedenken an die mißliche Finanzlage seiner Erzdiözese Berlin, deren leerwerdende Gotteshäuser mokkabraune Muslime mit Inschallah und tollwütige Theaterbesessene mit Tamtam zu erfüllen drohen, welche mitsamt ihres Behältnisses, besagten Sackes, die beiden glückseligen Jubilarinnen nicht nur an die von ihm einst in jungen Jahren vollzogene Pilgerfahrt von Dresden, Gregorius’ kurfürstlicher Heimatstadt, nach Santiago di Compostela erinnern sollten, auf welcher dieser in getreuem Gedenken seines Herrn und in Besinnung auf seine priesterliche Mission und infolge seiner pekuniären Verhältnisse dito nur noch einige Habseligkeiten mit sich führte wie einen Pilgerstab (zusammenklappbar), eine schlichte Gebetskappe (gegen den südlichen Sonnenstich), einige Laiber weißen Brotes und ein paar Baumwollunterhosen gegen die nächtliche Unterkühlung, die nebst oben erwähntem Rucksack, welcher ohnehin nur ein Nachkriegsmodell und auf dem Lazarettflohmarkt erstanden, kein Ding vorstellten, dessen unmäßige Luxuria ihn hätte beschämen müssen.
Verwundert über eine solche Gabe, fragten unsere beiden lieben Jubilarinnen – Schwester Maria Elisabetta und Schwester Maria Hüldegard – nach der Würde dieses Sackes, denn so kostbar leicht erschien ihnen das Geschenk, daß sie zuvörderst einige Freudentränen vergossen und dieselbigen mit den ausgefransten Ärmeln ihrer klösterlichen Tracht abwischten, deren Erneuerung nur eines Griffes in den Klamottenfundus der von seiten des Bistums zwangsaufgelöster Gotteshäuser bedurft hätte, den zu tun sie nicht wagten aus Furcht vor den Horden mokkabrauner Muslime und tollwütiger Theaterbesessener, welche die heiligen Hallen nun gebrandgeschatzt und die edlen Meßgewänder längst für eigene Zwecke genutzt hatten.
Ein Verweis auf die Freiheit von allem Ballast sei dieses Säckchen, erklärte der Erzbischof zu Berlin den erstaunten Frauen und wünschte ihnen zu ihrer Profess-Erneuerung Dankbarkeit, Bescheidenheit und Besinnung auf die Erwählung durch Jesu Christo sowie ein »Gott, schaffe mit Recht«. Und als die beiden christlichen Schwestern ein paar Zähren zerdrückten, erschall ein »Loslassen und Ballast abwerfen« erneut von des Kardinals Gregorius weinroten Lippen – und mit einem fröhlichen »Gott alleine genügt« und der Empfehlung, sie mögen doch weiterhin im Frust des Alltags, der auch Ordenschwestern wie ihnen nicht erspart bliebe, ihre ehrenamtliche Tätigkeit nicht ruhen lassen und Gottes Vorsehung und ewige Liebe nicht vergessen, wollte der bischöfliche Herr zum kalten Büffet schreiten, das die hiesige Pfarrgemeinde zu St. Peter und Paul da mit fleißigen Händen zubereitet hatte.
Doch da versetzten eiapopeia die beiden lieben Schwestern – namentlich Schwester Maria Elisabetta und Schwester Maria Hüldegard – ein munteres »Vergelt’s Gott« und verneigten sich tief vor dem purpurroten Gewandsaum des Erzbischofs, seiner Eminenz Gregorius Kardinal Sterzinsky zu Berlin, um diesem wackeren Manne die Füße zu küssen.
Der aber hob die beiden Liegenden mit sanfter Hand und soweit es ihm seine fortschreitende Kniearthrose erlaubte, auf und versprach ihnen erneut die Seligkeit des Herren, woraufhin er sich, ermattet vom langen Dienst seines Amtstages, an einem gar prächtig schaumgekrönten Bier aus der Hausbrauerei des Heiligen Franziskus-Konvents vom Stift zu Heiligengrabe stärkte, seine Diabetis mellitus endlich vergessend.
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