20. Jahrgang | Nummer 7 | 27. März 2017

Antworten

Ursula von der Leyen, Verfechterin modernen Soldatenhandels – Zu Unrecht wirft man Ihnen vor, Sie wollten allzu eilfertig der Forderung Donald Trumps nach höheren Ausgaben fürs Militär nachkommen. Tatsächlich wollen Sie doch „breiter diskutieren“ und beispielsweise über einen „zusätzlichen Aktivitätsindex“ sprechen. „Wie viel trägt jedes Land tatsächlich unter dem Dach der Nato zur gemeinsamen Sicherheit bei, beispielsweise durch Teilnahme an Einsätzen und Übungen oder durch Bereitstellen von Personal und Material?“, erläuterten Sie Ihre Idee. Die „Bereitstellung von Personal“ ist das Stichwort. Im 18. Jahrhundert sprach man von Soldatenhandel. Man lese Friedrich Schiller, „Kabale und Liebe“, zweiter Akt, zweite Szene:
„Kammerdiener: Seine Durchlaucht der Herzog empfehlen sich Milady zu Gnaden und schicken Ihnen diese Brillanten zur Hochzeit. Sie kommen so eben erst aus Venedig.
Lady Milford: Mensch! was bezahlt dein Herzog für diese Steine?
Kammerdiener: Sie kosten ihn keinen Heller!
Lady: Was? Bist du rasend? Nichts? […]
Kammerdiener: Gestern sind siebentausend Landskinder nach Amerika fort – die bezahlen Alles. […]
Lady: Doch keine gezwungenen?
Kammerdiener: O Gott! – Nein – lauter Freiwillige! Es traten wohl so etliche vorlaute Burschʼ vor die Front heraus und fragten den Obersten, wie theuer der Fürst das Joch Menschen verkaufe. – Aber unser gnädigster Landesherr ließ alle Regimenter auf dem Paradeplatz aufmarschieren und die Maulaffen niederschießen. Wir hörten die Büchsen knallen, sahen ihr Gehirn auf das Pflaster spritzen, und die ganze Armee schrie: Juchhe! nach Amerika!“
Sie werden mit Recht einwenden, dass heute hierzulande niemand mehr erschossen wird, der sich der „Verteidigung westlicher Werte“ durch Krieg verweigert. Und die Freiwilligen schon gar nicht, jedenfalls nicht vor ihrer „Bereitstellung“.

Luxleaks-Whistleblower, „kriminelle“ Helden – Ein Luxemburger Gericht hat Sie, Antoine Deltour und Raphael Halet, auch im Berufungsverfahren für schuldig erklärt und Sie zu Bewährungsstrafen und Bußgeld verurteilt. Der mitangeklagte Journalist Edouard Perrin wurde freigesprochen. Das alles geschah ohne allzu hörbare Proteste. Kein Aufschrei in der EU. Was für eine Heuchelei der Demokraten … Für Whistleblower gibt es keinen Schutz, ist die Botschaft von EU und Luxemburg.
Dabei hat der von Ihnen aufgedeckte Skandal um geheime Steuerabsprachen Luxemburgs mit zahlreichen Unternehmen die EU-Kommission erst dazu gebracht, Steuervermeidung als Problem zu erkennen und zu bekämpfen. Der Gedanke liegt nahe, dass das nur erzwungen hehre Statements zur Beruhigung des Publikums waren. Der Schutz für Whistleblower braucht endlich ein Gesetz. Warten auf EU-Fortschritt, aus dem hoffentlich nicht das allbekannte Warten auf Godot wird.

Mark Rutte, niederländischer Wahlsieger – Zwar hat Ihre Volkspartei für Freiheit und Demokratie bei den jüngsten Parlamentswahlen satte 5 Prozentpunkte verloren, aber Ihren ehemaligen Parteikollegen Geert Wilders und dessen Partei für die Freiheit (also ohne Demokratie) haben Sie deutlich auf Platz zwei verwiesen, was ganz EUropa zum Riesenerfolg erklärte. Nur wenige Kommentatoren wandten ein, Sie seien für diesen Triumph so weit nach rechts gerückt, dass Sie in bedenkliche Nähe Ihres einwandererfeindlichen Konkurrenten gerieten. Sie selbst bezeichneten die Wahl als Teil des Kampfes gegen den „verkehrten Populismus“. Woraus zu folgern ist, dass Sie den „richtigen Populismus“ zu vertreten meinen. Ist es nun „verkehrter“ oder „richtiger“ Populismus, wenn Ihr Landsmann, Finanzminister und Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem mit Blick auf südeuropäische Eurozonenstaaten äußerte: „Ich kann nicht mein ganzes Geld für Schnaps und Frauen ausgeben und anschließend Sie um Ihre Unterstützung bitten. Dieses Prinzip gilt auf persönlicher, lokaler, nationaler und eben auch auf europäischer Ebene.“? Einen treffenden Kommentar lieferte ausnahmsweise – wenn auch in anderem Zusammenhang – EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger, der in einem Interview zugab: „Wir sind alle Populisten.“

Paul Auster, mit Optionen jonglierender Romanautor – Sie haben den Gedanken „was wäre wenn“ für das Leben des Jungen Archie Ferguson ausgemalt. Welche Ereignisse würden sein Leben in ganz andere Richtungen drängen? Vier verschiedene Leben einer Person, ein zum Weiterspielen verführender Gedanke. „Ich lebe mit meinen Romanfiguren durchschnittlich fünf Jahre lang, ehe ich überhaupt zu schreiben anfange“, werden Sie zitiert. Kein Wunder, dass „4321“ zu einem dicken Buch geworden ist, aber in virtuoser Sprache geschrieben – und unbedingt lesenswert.