von Manfred Orlick
Kaum ein anderer Hollywood-Star war in den Sechzigerjahren den Filmfans in der DDR so bekannt wie Kirk Douglas, der jetzt seinen unglaublichen 100. Geburtstag beging. Diese Bekanntheit hatte er zwei Filmen zu verdanken, die damals auf den Kinoleinwänden zwischen Ostsee und Thüringen flimmerten: „Vincent van Gogh – Ein Leben in Leidenschaft“ (aus dem Jahre 1956) und „Spartacus“ (1960). In der pathetisch überhöhten Lebens- und Leidensgeschichte des holländischen Malers (nach einer Romanvorlage von Irving Stone) brillierte Douglas in der Titelrolle. Er wurde förmlich mit der Rolle eins, so realistisch gestaltete er Zerrissenheit, Besessenheit, Verletzlichkeit und Einsamkeit des Künstlers. Der Film wurde für vier Oscars nominiert, aber nur Anthony Quinn als Paul Gauguin gewann den Preis für die beste männliche Nebenrolle. Kirk Douglas ging leer aus und musste sich unter anderem mit dem Golden Globe Award begnügen. Trotzdem halten viele Filmfreunde „Vincent van Gogh“ für seine beste Rolle.
Der Monumental- und Historienfilm „Spartacus“ basierte auf der Romanvorlage von Howard Fast, der in den 1940er und 50er Jahren dem Zentralkomitee der Kommunistischen Partei der USA angehörte. 1950 verbrachte er drei Monate im Gefängnis, wo wesentliche Teile seines Romans entstanden. Auch der Drehbuchautor Dalton Trumbo stand auf McCarthys berüchtigter Schwarzer Liste und musste jahrelang unter Pseudonymen arbeiten. Kirk Douglas spielte nicht nur den unerschrockenen Gladiator, sondern war gleichzeitig Produzent. Mit der Regie wurde der damals noch relativ unbekannte Stanley Kubrick betraut, der neben Douglas über eine einmalige Starbesetzung (Peter Ustinov, Laurence Olivier, Charles Laughton, Tony Curtis, Jean Simmons) verfügte.
Am 9. Dezember 1916 als Sohn russisch-jüdischer Eltern in Amsterdam/New York geboren, war sein bürgerlicher Name eigentlich Issur Danielowitsch. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und ermöglichte sich durch Gelegenheitsjobs ein Literaturstudium. Nach dem Krieg, in dem Douglas zwei Jahre bei der US Navy gedient hatte, spielte er zunächst an Broadway-Theatern, ehe er 1946 in „Die seltsame Liebe der Martha Ivers“ sein Filmdebüt feierte. Dank seiner überzeugenden schauspielerischen Leistung ließen Hauptrollen nicht lange auf sich warten. Für „Zwischen Frauen und Seilen“ (1949) erntete er bereits seine erste Oscar-Nominierung.
Was folgte, war eine beispiellose, fast fünf Jahrzehnte umspannende Karriere, in der er in knapp hundert Filmen vor der Kamera stand – darunter auch in einigen Literaturverfilmungen (wie „Dr. Jekyll and Mr. Hyde“), für die der ehemalige Literaturstudent ein besonderes Faible hatte. Zu seinen bekanntesten Filmen gehören aber „20.000 Meilen unter dem Meer“, „Die Fahrten des Odysseus“, „Wege zum Ruhm“, „Sieben Tage im Mai“ oder „Archie und Harry – Sie können’s nicht lassen“. Auch gesellschaftskritischer Themen nahm er sich an, so in der Hollywood-Satire „Stadt der Illusionen“ oder in „Reporter des Satans“, einer bitterbösen Abrechnung mit der Klatschpresse. In den Siebzigerjahren versuchte sich Douglas auch als Regisseur, wechselte aber nach zwei Filmen wieder auf die andere Seite der Kamera.
Kirk Douglas war ein Allround-Charakterdarsteller par excellence – stets eine Mischung aus Härte und Zartheit. Mit seiner athletischen Figur, dem bis ins Alter vollen Haar, dem etwas kantigen Gesicht und dem berühmten Grübchen im markanten Kinn konnte er den zerrissenen van Gogh und den rebellischen Spartacus spielen, aber ebenso einen skrupelloser Journalisten oder den coolsten Cowboy. In seiner schauspielerischen Laufbahn war er dreimal für den Oscar nominiert, erhalten hat er ihn aber nur 1996 für sein Lebenswerk.
Kirk Douglas überlebte 1991 einen Hubschrauberabsturz und erlitt 1995 einen ersten schweren Schlaganfall. Seitdem lebt er sehr zurückgezogen. Trotzdem stand er 2004 noch einmal vor der Kamera, zusammen mit Sohn Michael, Enkel Cameron und Exfrau Diana in der Komödie „Es bleibt in der Familie“. Ein Großteil seines Millionenvermögens steckte Kirk Douglas in seine Stiftung „Douglas Foundation“‘ und unterstützt damit soziale Projekte. Zu seinem 90. Geburtstag sagte er noch wehmütig: „Viele meiner Freunde wie Burt Lancaster, Jack Lemmon oder Frank Sinatra sind verstorben. Es macht mich traurig, denn ich bin einer der Letzten.“ Nun wurde einer der letzten verbliebenen Großen der alten Garde, der „Goldenen Filmära“, tatsächlich 100 Jahre alt.
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