19. Jahrgang | Nummer 20 | 26. September 2016

Antworten

Markus Ferber, schwäbischer Gegner reformunwilliger Umverteiler mit Migrationshintergrund – Berechtigterweise treibt Sie die Empörung um. Rotteten sich doch jüngst in Athen sieben Regierungschefs südländischer EU-Staaten zusammen, um eine Abkehr von der bisherigen Krisenverschärfungspolitik der EU zu verlangen. Das geht nun gar nicht! „Wir müssen eine Stabilitätsunion bleiben, und keine Solidarunion“ werden, zitierte Sie das zdf. Und natürlich müsse man zurück zum Rechtsstaat. Schließlich müsse ein Flüchtling in dem Land Asyl beantragen, über das er nach Europa eingereist sei. Pech für die Griechen und die Italiener, wenn sie mit den Problemen alleine bleiben, die wir ihnen ursächlich mit bereiten. Dafür können die „Kommunisten aus dem Süden“ – wie ihr vortrefflicher Fraktionskollege aus dem Europaparlament, Manfred Weber, diese faulen Säcke nannte – fast das ganze Jahr an sonnigen Stränden herumlümmeln. Wir können doch nichts dafür, dass die Wirtschaftsasylanten aus den sogenannten Krisengebieten lieber die Mittelmeer- als die Bodenseeroute wählen! Ach so, Ihr Migrationshintergrund: Aus dem schwäbischen Augsburg wanderten Sie zeitweise für kürzere Zeit nach Pinneberg und München in Bayern. Binnenmigration haben bisher weder die AfD noch ihr Ableger im Geiste, die CSU, als Problem erkannt. Über den Schollenzwang sollte man aber ernsthaft nachdenken!

Sandra Scheeres, Berliner Cleverle – Als Schulsenatorin hatten Sie – was der Berliner Landesregierung kaum jemand mehr zutraut – eine Idee. Sie wollten aus Gründen zwei Oberstufenzentren zusammenlegen. Im Polit-Sprech nennt man das: „Synergieeffekte erzielen“. Die Betroffenen räsonierten. Auch die Schulleiter nölten rum. Der Chef des aufsässigsten Kollegiums wurde bereits vor den Sommerferien versetzt, jetzt hat es den Leiter der zweiten Fusionsschule erwischt. Als dessen Kollegium eine Protestaktion vor Ihrer Schulverwaltung ankündigte, ließen Sie ihm mitteilen, dass er abberufen werde. Die Reaktion des Kollegen war ziemlich weltfremd: „Ich bin geschockt über die Reaktion der Verwaltung“, teilte er der Berliner Morgenpost mit. Ein Gespräch habe er erwartet. Chapeau, Frau Senatorin, mit Ihrer Reaktion hatte also niemand gerechnet. Ein Tipp für die Zukunft: Das Vorbild aller Berliner Regierenden, unser großer König Friedrich, hatte für solche Leute nur eine Ansage: „Ab nach Spandau, zur Besserung!“ Er meinte natürlich die Kasematten der Festung, nicht die dortige Keller-Kneipe. Vielleicht sollten Sie allen Berliner Schulleitern eine individuelle Führung durch das Gebäude Ihrer Verwaltung verordnen? Im Haus an der Keibelstraße wurden mit großer Liebe zum Detail die Knastzellen des Ostberliner Polizeipräsidiums saniert. Langsam wird klar, wozu die noch gebraucht werden. Clever!

Marc Urbatsch, wahlweise Mieter- oder Renditeschützer – Der Tagesspiegel Checkpoint hat Sie kurz vor den Berliner Wahlen als Fan von Dr. Jekyll und Mr. Hyde geoutet. Sie erinnern sich: Das ist die gespaltene Figur bei E.A. Poe, die tagsüber Gutes schafft und nachts herummordet. Für die Grünen traten Sie zu den Abgeordnetenhauswahlen für den Wahlkreis 104 im Berliner Bezirk Mitte an: „Ein Sturm der Veränderung weht durch Moabit und den Brüsseler Kiez. Hat man den Wind im Rücken sieht man viele neue Cafés, Galerien und sanierte Häuserfassaden. Bläst er einem ins Gesicht spürt man steigende Mieten, die Angst sich den Kiez bald nicht mehr leisten zu können und die marode öffentliche Infrastruktur.“ So begründen Sie Ihre Kandidatur. Mit den Ängsten der Mieter kennen Sie sich aus. Die genannten Kollegen fanden heraus, dass Sie als Geschäftsführer der Firma Operatio in Halle/Saale „in großem Stil Mietshäuser“ aufkauften. Sie könnten sich dort „noch mehr vorstellen“, fanden die Tagesspiegel-Kollegen Sie von der Mitteldeutschen Zeitung zitiert. Bertolt Brecht schrieb einst die große Parabel vom möglichen Verhalten der Haifische, wenn sie Menschen wären. Wir finden Brecht wieder einmal bestätigt. Der römische Kaiser Vespasian hat es kürzer ausgedrückt: „Pecunia non olet.“ Geld stinkt nicht.

Neelie Kroes, Briefkastenfirmenteilhaberin – Investigative Journalisten haben Sie erwischt. Sie haben Vermögenswerte und finanzielle Interessen auf den Bahamas verschwiegen. Da sind Sie sicher nicht allein, aber Sie waren von 2004 bis 2010 Wettbewerbskommissarin der EU und von 2010 bis 2014 Kommissarin der EU für die Digitale Agenda. Der Grüne Sven Giegold bezeichnet das als „herausragendes Negativbeispiel für die Beschädigung von Vertrauen in die Politik“. In der Tat herausragend. Als Kommissarin haben Sie das Referat zur Verfolgung von steuerlichen Beihilfen der EU schließen lassen, also Steuersümpfe aktiv beschützt. Inkonsequenz kann man Ihnen also zumindest nicht vorwerfen…

Wolfgang Bosbach, abdankender Mandatsträger (CDU) mit vielseitigen Interessen – Auf die Frage, was Sie mit der neuen Zeit machen werden, die Sie gewinnen werden, wenn Sie im kommenden Jahr nicht wieder zur Bundestagswahl antreten, haben Sie geantwortet: „[…] ich werde garantiert keine Langeweile haben. Es gibt noch viele Dinge im Leben, an denen ich Interesse habe, an Sport, an Reisen, an Familie. Um mich muss sich keiner Sorgen machen.“ Da sind wir einesteils natürlich sehr beruhigt. Andererseits: Wenn Sprache Ausdruck des Denkens ist, dann ist Reihenfolge gleich Rangfolge. Und so gesehen würde uns, gehörten wir zu Ihrer Familie, Ihr Statement doch schwer zu denken geben.