17. Jahrgang | Sonderausgabe | 11. August 2014

Klage der Witwe

von Luise Breiding

Was sind eure Siege, mein Glück ist ja tot?
Was weht ihr mit Fahnen, schwarzweiß und rot?
Kommt, meine Buben, zur Mutter her,
Kommt, ich erzähle euch eine Mär:
Sie klingt so eigen, sie klingt so gut:
Euer Vater ruht! Euer Vater ruht!

Er hat nicht Ruhe im Leben gehabt,
Nach Arbeit, Arbeit ist er getrabt,
Im Sommer, im Winter, in Blut und Wind,
Um Brot zu schaffen, für Weib und Kind.
Die Russenkugel, die meinte es gut:
Euer Vater ruht! Euer Vater ruht!

Ich habe nicht Ruhe – wo find‘ ich Brot,
Dass seine Kinder nicht leiden in Not?
Das Vaterland ist so weit und groß,
Eine kleine Stube haben wir bloß,
Wie bin ich matt! Wie bin ich matt!!

Kommt, Kinder, gebt mir eure Hand,
Wir wandern aus unserm Vaterland.
Der Fluss, der fließt ins ewige Meer –
Die Sterne schwimmen drüber her –
Die milden Sterne! Die linde Flut! –
Da ruht sich‘s gut. Da ruht sich’s gut.

(Im Krieg verboten.)

Der Text wurde erstmals in der Bremer Arbeiter-Zeitung am 9. August 1919 abgedruckt. Mit freundlicher Genehmigung der Herausgeber wurde er entnommen aus: Helmut Donat / Andreas Röpcke (Hrsg.): „Nieder die Waffen – die Hände gereicht!“ Friedensbewegung in Bremen 1898-1958, Katalog zur gleichnamigen Ausstellung des Staatsarchivs Bremen (1989).